In diesem Video-Screenshot sind Busse auf dem Flugplatz Tschkalowski bei der Ankunft russischer Soldaten zu sehen. (Aufnahme: 04.11.2022)
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Krieg gegen die Ukraine Offenbar deutscher Gefangener ausgetauscht

Stand: 13.06.2023 18:00 Uhr

Bei einem Gefangenenaustausch zwischen der Ukraine und Russland ist offenbar ein Deutscher freigekommen. Er hatte auf russischer Seite gekämpft und ist nun in Russland - offenbar mithilfe eines AfD-Abgeordneten.

Von Von Lennart Banholzer, Sebastian Pittelkow und Katja Riedel (NDR/WDR)

Ein deutscher Staatsbürger, der im Krieg gegen die Ukraine auf russischer Seite kämpfte und in Gefangenschaft geriet, ist nach Informationen von NDR und WDR offenbar im Zuge eines Gefangenenaustauschs freigekommen. Demnach soll Alexander F. offenbar auf eigenen Wunsch nach Russland ausgereist sein.

In den von Russland besetzten sogenannten Volksrepubliken im Osten der Ukraine soll sich der 40-Jährige schon seit 2014 aufhalten. Übergesiedelt sei er damals aus Frankfurt am Main, wo er zuletzt gelebt hatte. Er soll in der Ukraine geboren worden und als Kind nach Deutschland gezogen sein, heißt es in Medienberichten. Nach seiner Ausreise aus Deutschland habe er sich den von Russland gestützten Separatisten angeschlossen, wie "T-Online" zuerst im November in einem Artikel über den Fall berichtet hatte. 

Alexander F. ist einer von nur wenigen bislang bekannten Fällen deutscher Staatsbürger, die in diesem Krieg in Gefangenschaft geraten sind. Ein AfD-naher Verein und ein Bundestagsabgeordneter der AfD sollen sich für Alexander F.s Freilassung bis in höchste politische Kreise in Russland eingesetzt haben - vorbei an offiziellen diplomatischen Wegen der Bundesregierung. 

Im Fernsehen präsentiert

So komplex wie der Fall Alexander F. ist, so schwierig ist es auch, die Stationen seiner Gefangenschaft nachzuvollziehen. Das russische Staatsfernsehen zeigte zuletzt offenbar Alexander F., wie er Anfang Januar nach einem Austausch von Kriegsgefangenen zwischen der Ukraine und Russland vor einem russischen Militärflugzeug steht - als Ortsmarke ist "Oblast Moskau" angegeben.

Der Mann, der Alexander F. optisch entspricht, grüßt seine Mutter auf Russisch und sagt, er sei endlich ausgetauscht worden. An seiner Militäruniform trägt er das schwarz-orangene Georgsband, das als Symbol für die Unterstützung Putins gilt. Alexander F. war offenbar Teil eines größer angelegten Gefangenenaustauschs, bei dem jeweils 50 Soldaten die Frontlinie wechselten. In ukrainische Kriegsgefangenschaft war er laut Medienberichten im Herbst geraten.

Keine offiziellen Informationen über Austausch

Dem Auswärtigen Amt ist der Fall Alexander F. bekannt. Die deutsche Botschaft in Kiew habe mit dem Inhaftierten in Kontakt gestanden. Über einen Gefangenenaustausch hat das Ministerium bislang keine Erkenntnisse, heißt es aus dem Auswärtigen Amt auf Anfrage. Alexander F. oder dessen Mutter waren für NDR und WDR bisher nicht zu erreichen.

Über seine Schwester ließ er ausrichten, nur "live" und vor Ort mit Journalisten kommunizieren zu wollen - im von Russland besetzten Donezk. Die russische Botschaft in Berlin sowie russische Behörden äußerten sich auf Anfrage nicht zu dem Fall. Auch die Botschaft der Ukraine in Berlin teilte auf Anfrage mit, sie habe zum Verbleib Alexander F.s keine Informationen. 

AfD setzte sich für den Kämpfer ein

Anders scheint dies bei Vertretern und Unterstützern der AfD zu sein. Nach Informationen von WDR und NDR betrieben der AfD-Bundestagsabgeordnete Stefan Keuter und ein AfD-naher Verein offenbar über Monate eine fragwürdige Schattendiplomatie. Demnach soll Alexander F. nach seiner Gefangennahme Unterstützung des Vereins Vadar e.V. erhalten haben, der sich gemeinsam mit dem Abgeordneten bei russischen Behörden für einen Gefangenenaustausch F.s eingesetzt hat.

Ein Schriftwechsel, den der AfD-Bundestagsabgeordnete Stefan Keuter und der Vereinsvorsitzende Ulrich Oehme, ehemals selbst AfD-Abgeordneter im Bundestag, an die sogenannte russische Kommissarin für Menschenrechte, Tatjana Moskalkowa, versandt haben sollen, liegt NDR und WDR vor. Alexander F. wolle, so heißt es in einem Schreiben, "auf keinen Fall nach Deutschland zurück, da er Angst vor Strafverfolgung in Deutschland hat". Er wolle in Russland leben. Russland möge sich für einen Austausch Alexander F.s einsetzen.

Keuter, der den Vorgang auf Anfrage bestätigt, sowie der Vereinschef bitten in dem Brief zugleich darum, gemeinsam mit der russischen Menschenrechtskommissarin eine Pressekonferenz abhalten und "persönlich vor Ort sein" zu dürfen, wenn der Austausch gelinge. Daraufhin soll Moskalkova den AfD-Leuten bestätigt haben, dass Alexander F. im Zuge eines Austauschs nach Russland zurückgebracht worden sei. Nun halte er sich in Moskau auf.

Der AfD-Abgeordnete Keuter bekräftigt sein Vorgehen auf Anfrage und lehnt den Begriff der "Schattendiplomatie" ab. Er unterstellt der Bundesregierung, Gesprächskanäle nicht ausreichend zu nutzen. "Ich sehe es als Aufgabe der Opposition an, Gespräche zu führen und Gesprächskanäle offen zu halten", so Keuter.

Immer wieder hatten Funktionäre der AfD und deren politisches Umfeld sich in der Vergangenheit für prorussische Positionen eingesetzt. So hatten sie etwa für die Aufhebung von Sanktionen plädiert - auch nach Beginn des russischen Angriffskriegs. Auch Mandatsträger traten immer wieder im russischen Staatsfernsehen auf.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Februar 2023 um 23:25 Uhr.