OnlyFans Goldgrube für Agenturen
Prominente, Models, Pornodarstellerinnen - auf OnlyFans bieten sie ihre Inhalte von zu Hause aus an. Macht die Plattform Sexarbeit wirklich sicher und selbstbestimmt? SWR-Recherchen zeigen, wie Agenturen das Geschäft unterwandern.
Die Plattform OnlyFans bietet seit der Gründung 2016 Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, Prominenten zu folgen und sie zu kontaktieren. Sie schließen Abonnements ab, um ihnen nah zu sein und exklusive Inhalte zu erhalten. Ein Konzept, das seit Beginn der Corona-Pandemie vor allem Erotikmodels und Pornodarstellerinnen und Pornodarsteller nutzen, um ihre Inhalte zu vertreiben.
Seit Bestehen der Plattform hat sich ein Geschäftsmodell um sie herum entwickelt. Ein Teil davon sind externe Management-Agenturen, die Models Beratung anbieten. Viele dieser Agenturen stellen in Aussicht, unter ihrer Anleitung ohne großen Aufwand horrende Geldsummen verdienen und innerhalb weniger Wochen große Reichweiten gewinnen zu können. OnlyFans "Content-Creator" treten monatlich 20 Prozent der generierten Einnahmen als Provision an die Plattform ab. Recherchen des SWR-Investigativ-Formats VOLLBILD zeigen nun, dass einige der Agenturen hohe Provisionen von bis zu zwei Dritteln für Ihre Dienstleistungen verlangen.
"Passwort geändert, alles rausgelöscht"
VOLLBILD hat mehrere Models getroffen, die bei OnlyFans-Agenturen unter Vertrag stehen oder standen. Sie berichteten von Grenzüberschreitungen und finanzieller Ausbeutung durch die Agenturen. Im Interview berichtet "Content-Creatorin" Laura, dass sie beim Dreh von Erotikvideos zu Handlungen gedrängt worden sei. Als sie den Vertrag kündigte, habe die Agentur ihr ihren Account abgenommen. "Passwort geändert, alles rausgelöscht und diesen Account dann jemand anderem gegeben", sagte die 20-Jährige. Den Account habe sie bis heute nicht wiedererhalten. Da sie VOLLBILD den Namen ihrer ehemaligen Agentur nicht nennen wollte, konnte diese nicht mit den Vorwürfen konfrontiert werden.
OnlyFans-Models wie Laura berichten von Ausbeutung und Grenzüberschreitungen.
Eine ehemalige "OnlyFans-Creatorin", die sich Roxie nennt, berichtet von Netzwerktreffen, auf denen sie zum Dreh pornografischer Videos gedrängt worden sei, die zuvor nicht vereinbart gewesen wären. "Weil die Kamera dann schon lief und da auch so ein gebuchter Filmmensch war, habe ich da irgendwelche Sachen gemacht, die ich vorher nicht abgesprochen hatte. Wie es auch so oft ist, muss dazu gesagt werden...". Unter den psychischen Schäden aus ihrer Zeit bei OnlyFans leide sie bis heute. Darum kann sie nach eigenen Angaben derzeit keiner Arbeit nachgehen und lebt von Grundsicherung.
Kein politischer Anspruch
Laut der Medienwissenschaftlerin Lisa Andergassen ginge der Boom um die Plattform mit einer regelrechten "Goldrauschstimmung" einher, aus der sich auch die Agenturen gründeten. "OnlyFans wird immer gerne als feministisch beschrieben", so die Expertin. "Das ist ein Geschäftsmodell. Da gibt es überhaupt kein Bewusstsein oder politischen Anspruch, in irgendeiner Form, der feministisch zu nennen wäre." Andererseits könne die Plattform den Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern Sicherheit bieten, da sie ihre Inhalte von zu Hause aus produzieren können.
OnlyFans wurde von dem Briten Timothy Stokely gegründet und erlebte 2020 mit der Corona-Pandemie einen Boom. Bis 2021 hat sich die Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer um fast 130 Prozent auf knapp 200 Millionen erhöht. Stars wie die US-amerikanische Rapperin Cardi B oder das deutsche Promipaar Michael Wendler und Laura Müller bieten dort ihren Bezahl-Content an.
Auf ihrer Website schreibt OnlyFans: "Wir haben uns dazu verpflichtet, die sicherste digitale Medienplattform der Welt aufzubauen." Die Frage, wie das Unternehmen gegen ausbeuterische Agenturen vorgeht, beantwortete OnlyFans auf VOLLBILD-Anfrage nicht. Rechtlich gesehen seien Creator selbst verantwortlich für den Inhalt, den sie verbreiten, so OnlyFans. Ein Schutz durch die Plattform ist kaum gegeben.
Der Film zum Thema ist abrufbar unter www.youtube.de/vollbild und in der ARD-Mediathek.