Blick in den Bundestag

Spenden an Parteien Fehlende Transparenz bei parteinahen Vereinen

Stand: 26.11.2024 17:37 Uhr

Im aktuellen Bundestagswahlkampf zeichnet sich ein Rekord bei den Großspenden für Parteien ab. Dabei kritisieren Experten eine Konstruktion, die die wahren Spender verschleiern kann. Die Gesetzeslücke müsse geschlossen werden.

Von Claudia Butter und Daniel Hoh, SWR

In einem Gebäude direkt neben der Parteizentrale der Grünen in Berlin ist schon die heiße Wahlkampfphase angebrochen. Hier leitet Godje Hansen das Fundraising-Team. Ihre Kolleginnen und Kollegen rufen Parteimitglieder an, um zu fragen, ob sie nicht Lust hätten, etwas Geld zu spenden. Der Telefondienst läuft im Schichtbetrieb, rund 1.200 Mitglieder rufen sie täglich an, offenbar mit Erfolg.

"Seit dem Ampel-Bruch kommen deutlich mehr Spenden rein", erzählt Hansen, "das brachte hier wirklich eine Veränderung". Insgesamt will die Partei deutlich mehr als 10 Millionen Euro in den Wahlkampf investieren. Auch die anderen Parteien benötigen gerade jetzt viele Spenden - um Werbekampagnen zu planen, Flyer zu drucken, Veranstaltungen zu organisieren.

Großspenden von parteinahen Vereinen

Der inzwischen gestartete Bundestagswahlkampf lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit derzeit wieder stärker auf die Großspenden. Dabei fallen in diesem Jahr zwei Parteien mit einer ungewöhnlichen Konstruktion auf: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die WerteUnion, die vom ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen geführt wird.

Ende September hat ein Verein namens "BSW - Für Vernunft und Gerechtigkeit e.V." 1,2 Millionen Euro an das BSW gespendet. Das gleiche Prinzip findet sich bei der WerteUnion: Die Partei erhielt in diesem Jahr schon vier Spenden à 50.000 Euro vom "WerteUnion Förderverein e.V.".

Experten kritisieren Konstruktion über Vereine

Andreas Polk von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin sieht solche Konstruktionen kritisch. Denn: "Das Problem ist, dass wir momentan durch dieses Konstrukt nicht nachvollziehen können, wer denn da gespendet hat", sagt Polk. Der Volkswirtschaftler, der seit Langem zum Thema Lobbyismus forscht, verweist auf das Parteiengesetz in Deutschland, das ein Gebot zur Transparenz vorsehe. "Und wenn man dieses Gebot unterwandert, dann setzt man sich eben dem Verdacht aus, dass man das demokratische System schaden möchte", so Polk.

Laut Gesetz sind die Parteien in Deutschland verpflichtet, jede Spende, die mehr als 10.000 Euro beträgt, öffentlich zu machen. In ihren Rechenschaftsberichten müssen sie die jeweilige Person, Körperschaft oder das Unternehmen nennen. Spenden von mehr als 35.000 Euro müssen die Parteien sofort an die Bundestagsverwaltung melden, die diese dann zeitnah auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Fließt das Geld allerdings erst an einen Verein und von dort wiederum an eine Partei, bleibt der ursprüngliche Spender im Dunkeln. Als Spender taucht nur der Verein auf. Und in die Finanzen von Vereinen kann in Deutschland niemand von außen ohne weiteres hineinschauen.

Wirtschaftsprüfer legt Bericht zu Großspenden vor

Ralph Suikat, der Schatzmeister des BSW, räumt ein, dass die Konstruktion über einen Verein "eine gewisse Intransparenz generieren kann". Deshalb lässt seine Partei die Spenden inzwischen von einem Wirtschaftsprüfer analysieren, der Beträge von mehr als 10.000 Euro noch einmal separat auflistet. So tauchen für die Zeit von Januar bis Ende Juli 2024 insgesamt sechs Personen auf, die an den BSW-Verein größere Beträge gespendet haben.

Suikat kündigt an, dass bald noch einmal "ein mittlerer fünfstelliger Betrag" vom BSW-Verein an die Partei BSW überwiesen werde. Der Verein ist 2023 ins Leben gerufen worden, um die Parteigründung im Januar 2024 unter anderem finanziell vorzubereiten. Seitdem hat sich der Verein quasi überlebt. Deshalb plant das BSW, den Verein bis Ende dieses Jahres abzuwickeln. Mitglieder seien schon mehrfach darum gebeten worden, nicht mehr an den Verein, sondern direkt an die Partei zu spenden, erzählt Suikat.

Vertrauen ist gut, Kontrolle wäre besser

Die WerteUnion hingegen will an ihrem Förderverein festhalten und über diesen offenbar auch in Zukunft an die Partei spenden. Laut Alexander Mitsch, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der WerteUnion, speisen sich die Großspenden à 50.000 Euro vor allem aus den regelmäßigen Mitgliedsbeiträgen der Vereinsmitglieder. In der Vergangenheit habe es mal eine Spende in Höhe von 10.000 Euro gegeben. "Darüber hinaus ist mir nicht bekannt, dass es größere Spenden gab", sagt Mitsch. Nachprüfbar ist das für die Öffentlichkeit nicht.

Für die Jura-Professorin Sophie Schönberger bleiben Spenden über parteinahe Vereine ein Einfallstor für möglichen Missbrauch - das dringend geschlossen werden sollte: "Ich würde tatsächlich sagen, diese Konstruktion über die Vereine, da haben wir eine Gesetzeslücke", sagt sie. "Wir hatten vorher dieses Problem nicht, jetzt kommen diese Konstruktionen auf, dafür ist das Gesetz meiner Meinung nach nicht ausreichend gerüstet, da müsste nachgesteuert werden."

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