FDP nach Berlin-Wahl Kurs halten reicht aber nicht
Die FDP erleidet zum fünften Mal eine Niederlage auf Landesebene - und trägt nur teilweise selbst die Verantwortung dafür. Damit sie wieder Erfolge verzeichnen kann, braucht sie Leuchtturmprojekte.
In der Politik gibt es kein Mitleid. Aber wenn es das gäbe, müsste man jetzt eigentlich Mitleid mit der FDP haben. Denn sie steckt in einer Sackgasse, und sie ist nur zum Teil selbst schuld daran.
Die Liberalen können nichts dafür, dass seit einem Jahr in Deutschland eine Krisenpolitik gefordert ist, die Rekordverschuldung und hohe Staatsausgaben mit sich bringt - beides ist gegen liberale Grundwerte und verscheucht liberale Wähler. Aber die FDP kann etwas dafür, dass sie zwar mehr Tempo bei Digitalisierung und Planungsverfahren verspricht, aber niemand den Eindruck hat, dass sie diese Versprechen auch einlöst.
Die Liberalen können zwar nichts dafür, dass sie bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus jetzt viele Wählerinnen und Wähler an die CDU verloren haben, weil die der SPD eins auswischen wollten. Aber sie konnten etwas dafür, dass sie auf Landesebene woanders Wahlen verloren, ob nun in Nordrhein-Westfalen wegen der Schulpolitik oder in Niedersachsen wegen einer Kampagne für Atomstrom.
Ideen für Änderung fehlen
Die FDP hat ein Problem: eine Serie von Misserfolgen bei Wahlen auf Landesebene. Binnen anderthalb Jahren erleidet sie zum fünften Mal eine Niederlage - in Saarbrücken, Kiel, Düsseldorf, Hannover und jetzt in Berlin. Und die Reaktion der Parteispitze ist praktisch jedes Mal die gleiche: Die Liberalen wollen Kurs halten.
Parteichef Christian Lindner und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bekräftigen erneut, man sehe sich als Garant einer Politik der Mitte in der Ampel. Auf Landesebene habe sich eben nur noch nicht die Erkenntnis durchgesetzt, dass die FDP für Modernisierung stehe.
Diese Haltung ist nicht überzeugend. Wenn man bei so vielen Wahlen unterliegt, müsste die Führung der Partei doch nachdenklich werden und Ideen für Änderungen entwickeln.
Klar, die FDP ist in der Zwickmühle: Wenn sie sich weiter links positioniert, etwa in Sachen Tempolimit oder Autobahnbau, dann wählen alle lieber gleich das Original, also die Grünen. Wenn sie sich konservativer gibt, etwa in Sachen Zuwanderung, könnte sie Wähler an die Union verlieren - und außerdem eigene Ideen für reguläre Zuwanderung unterlaufen.
Es braucht Erfolge liberaler Politik
Wenn sich die FDP allerdings auf ihrer jetzigen Position verschanzt, wie es momentan den Anschein hat, dann wirkt sie isoliert und uneinsichtig. Nach dem Motto: Schuld sind immer die Anderen. Diese Haltung könnte dazu führen, dass auch die Wahl in Bremen im Mai und in Hessen und Bayern im Herbst jeweils nicht gut ausgeht für die FDP.
Was die Partei brauchen würde, wären Leuchtturmprojekte, die auch als Erfolge liberaler Politik wahrgenommen werden. Also vieles, was auf den Wahlplakaten in Berlin versprochen wurde: mehr Effizienz und Tempo etwa, wie es die FDP-Wählerschaft erwartet.
Wenn das gelingen sollte, hätte die FDP noch eine Chance, bei der nächsten Wahl auch mal wieder zu gewinnen. Wenn nicht, sieht es schlecht aus. Denn die Wähler werden der FDP bestimmt nicht aus der jetzigen Sackgasse heraushelfen. Diesen Weg müssen die führenden Köpfe der Partei schon selbst finden.