Wahlpannen in Berlin Unsere Demokratie wurde fahrlässig beschädigt
Es gab Hinweise auf ein drohendes Wahlchaos in Berlin - doch die Hauptstadt ist ihrem Ruf als Pannenmetropole treu geblieben. Das schadet der Demokratie - und ruft nach einer unabhängigen Überprüfung.
Das war Panne. Aus der Superwahl wurde die Superpanne. Nur eines hat geklappt: Die Hauptstadt ist ihrem Ruf treu geblieben: Verwaltung kann sie nicht. Erst einmal Respekt vor den mehr als 30.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfern. Sie haben versucht zu retten, was nicht mehr zu retten war.
Seit August gab es hinter den Kulissen deutliche Hinweise auf ein drohendes Wahlchaos. Weder Pandemie noch Marathon kamen überraschend. Genug Gründe, den Wahltag ganz besonders gut vorzubereiten. Geendet hat die Wahl im Chaos - mit selbst kopierten Wahlzetteln, geschlossenen Wahllokalen.
Verantwortung wird hin- und hergeschoben
Nach dem Desaster wird die Verantwortung jetzt zwischen dem Land und den Bezirken hin- und hergeschoben. So groß ist die Verzweiflung. Rot-Rot-Grün hat in den letzten fünf Jahren diese Stadt regiert. Was aus der gemeinsam angekündigten Verwaltungsreform geworden ist, haben wir am vergangenen Sonntag gesehen. Und seit heute wird munter eine Neuauflage dieser Koalition sondiert.
Jetzt wird nachgezählt, neu ausgezählt, und erst Mitte des Monats werden wir das amtliche Endergebnis kennen. Es wäre daher billig, schon heute nach Neuwahlen zu rufen. Doch wie groß ist die Panne? Reden wir über Hunderte, Tausende oder Zehntausende Stimmen, die nicht richtig abgegeben werden konnten?
Kein Überblick - auch fünf Tage danach
Fünf Tage nach der Wahl hat noch niemand einen Überblick in der Pannenmetropole. Unsere Demokratie wurde fahrlässig beschädigt. Das wird nachwirken: Bei denen, die ewig in den Wahllokalen warten mussten, und erst recht bei jenen, die die Demokratie ohnehin geringschätzen. Jetzt muss sie mühsam repariert werden, die Demokratie: durch zählen, wieder zählen und bitte durch eine unabhängige Überprüfung. Genau dafür gibt es in unserer Demokratie ein Sicherheitsnetz. In Berlin ist es der Verfassungsgerichtshof.
Und ja, es ging hier gerade nicht um ein fernes Land, sondern um unsere Hauptstadt.