Lafontaine Dieser Austritt ist auch ein Nachtreten
Lafontaines Austritt belegt die Entfremdung von seiner Partei. Die Linke ist bunter, ökologischer und feministischer geworden, meint Kerstin Palzer. Das Nachtreten des einstigen Über-Vaters wird Folgen haben.
Oskar Lafontaine ist aus der Linkspartei ausgetreten. Der Partei, die er selbst mitgegründet hat, deren Parteivorsitzender er war. Das ist nicht die Entscheidung eines 78-jährigen, müde gewordenen Politikers, das ist auch nicht ein Ereignis, das nur auf regionaler Ebene im Saarland spielt, sondern das ist ein politischer Paukenschlag mit Auswirkungen auf die Linke insgesamt.
So bitter es für die amtierende Führung der Linken ist, bei Umfragen, wer die bekanntesten Köpfe der Linken sind, werden meistens drei Namen genannt: Gregor Gysi, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine.
"Oskars Baby"
Lafontaine hat diese Partei nicht nur mitgegründet, er hat sie maßgeblich geprägt. Er wollte eine linke Partei für den "kleinen Mann" und er gründete sie sich.
Lafontaine, den so viele mögliche Wählerinnen und Wähler noch als die Galionsfigur seiner Partei ansehen, ist intern jedoch längst als Faktotum bewertet worden, zumindest von den Jüngeren. Diese Partei ist schon seit Langem nicht mehr "Oskars Baby". Neue linke Generationen sind am Kampf der Arbeiterklasse deutlich weniger interessiert als Lafontaine. Die Linke ist bunter, ökologischer und feministischer geworden. Vor allem aber ist sie zerstrittener.
Enttäuschter Lafontaine
Das Buch seiner Frau Sahra Wagenknecht, in dem sie mit den Lifestyle-Linken in der eigenen Partei abrechnet, hat die Kluft zwischen dem Ehepaar Lafontaine-Wagenknecht und einem großen Teil der Partei nur klarer gemacht. Lafontaine war schon lange enttäuscht von seiner Partei, die ihm längst nicht mehr gehorcht, die längst Entscheidungen trifft, die ihm nicht passen. Er nennt das "Kursänderung".
Als er damals 2005 aus der SPD austrat, begann er etwas Neues: "seine" Linke. Jetzt ist sein Austritt aus der Linken nur noch ein Nachtreten. Denn selbst wenn Lafontaine bundesweit keine Ämter mehr inne hatte, die Strahlkraft seines Namens ist noch da. Und dessen ist sich ein Mann wie Lafontaine sehr bewusst.
Der Über-Vater
Mit seinem Austritt unmittelbar vor der Landtagswahl im Saarland riskiert er nicht nur, dass die Linke im Saarland an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Mit seinem Austritt verstößt Lafontaine die eigene Partei wie ein ungezogenes Kind, das nun ohne den Über-Vater zurechtkommen muss. Man ahnt, er würde sich freuen, wenn dieses Kind nun endgültig scheitert. Und vorstellbar auch, dass jetzt Lafontaines Frau der Partei den nächsten Tritt versetzt. Die Linke ist derzeit nicht in der Verfassung, sich davon zu erholen.