EU-Gipfel einigt sich auf Sonderklausel Der Weg für den Lissabon-Vertrag ist frei
Die EU-Staaten haben auf ihrem Gipfel die letzte politische Hürde für die Annahme des Lissabon-Vertrags aus dem Weg geräumt: Die 27 Staats- und Regierungschefs akzeptierten eine Sonderklausel für Tschechien. Weiter offen ist der Kampf um die Top-Jobs an der EU-Spitze - nur einer ist wohl aus dem Rennen: der britische Ex-Premier Blair.
Von Peter Heilbrunner, SWR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Die EU steht kurz vor dem Ziel. Wenn alles glatt geht, dann steht dem Inkrafttreten des EU-Reformvertrages kaum noch etwas im Wege. Während des Abendessens haben sich 27 europäischen Staats- und Regierungschefs auf eine Ausnahmeklausel für Tschechien geeinigt - das Land hat den Lissabon-Vertrag als letztes noch nicht ratifiziert. Das Ganze käme ihm vor wie ein Marathon, aber einer mit Hürden, scherzte am Ende des ersten Tages ein zufriedener EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. "Die letzte politische Hürde haben wir nun aus dem Weg geräumt", so der Portugiese an der Spitze der EU-Kommission weiter.
Große Erleichterung nach monatelangem Stillstand: Kommissionspräsident Barroso.
In wenigen Tagen wird das tschechische Verfassungsgericht über eine Klage gegen den Reformvertrag verhandeln. Wenn die Richter grünes Licht geben, dann endlich könnte Präsident Vaclav Klaus seine Unterschrift unter den Vertrag setzen. Spätestens zum ersten Januar dürfte die Reform dann in Kraft treten.
Keine Chance für Blair ...
Bis dahin werden auch die Top-Jobs an der Spitze der EU besetzt sein müssen, also der Posten des EU-Präsidenten und des gemeinsamen Außenministers. Dabei zeichnet sich ab, dass Tony Blair, der britische Ex-Premier, keine Chance mehr auf das Amt des ersten EU-Präsidenten hat. Die eigene Parteienfamilie, die Sozialdemokraten, verweigert ihm die Unterstützung. Damit läuft es auf ein Rennen um den Vorsitz zwischen dem luxemburgischen Regierungschef Jean-Claude Juncker und seinem niederländischen Kollegen Jan Peter Balkenende hianus.
Lachende Rivalen: Jean-Claude Juncker und Jan Peter Balkenende.
Es sei noch zu früh für eine Entscheidung, warb Fredrik Reinfeldt, der schwedische Ministerpräsident und derzeitige EU-Vorsitzende um Geduld. "Wir müssen uns erst einmal über die Aufgaben des EU-Ratspräsidenten klar werden. Das kann natürlich nicht unabhängig von den Personen geschehen, die dafür in Frage kommen." Nun also wird an der Stellenbeschreibung gearbeitet - steht die, dann können sich die 27 für einen der Bewerber entscheiden. Spätestens Mitte November könnte es soweit sein.
... keine Fortschritte beim Klimaschutz
Nicht vorangekommen sind die Gipfelteilnehmer bei den Verhandlungen über das EU-Mandat für den Weltklimagipfel in Kopenhagen. Die Ost-Europäer wollen sich an Finanzhilfen für die Entwicklungsländer weiterhin nicht beteiligen. Frankreich und Deutschland warnen davor, sich zu früh auf die Höhe der Unterstützung festzulegen. "Es geht jetzt darum, dass die USA und China zum Beispiel deutlich machen, was sie bereit sind sind, beizutragen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Rund 100 Milliarden Euro jährlich brauchen die Entwicklungsländer, schätzen Experten, um mit den Folgen des Klimawandels fertig zu werden und den Ausstoß klimaschädlicher Abgase zu senken. Aus eigener Kraft können diese Länder diese Mammutaufgabe nicht schultern.