Eurovision Song Contest Niederländer Joost Klein ausgeschlossen
Erstmals ist mit dem Niederländer Klein ein Künstler kurz vor dem Finale vom ESC ausgeschlossen worden. Zu den Gründen gibt es nun weitere Erklärungen. Auch der Umgang mit der israelischen Teilnehmerin sorgt für Schlagzeilen.
Eklat in Malmö: Erstmals in der Geschichte des Eurovision Song Contest (ESC) ist ein Teilnehmer vom laufenden Wettbewerb ausgeschlossen worden. Wenige Stunden vor dem Finale verkündete die Europäische Rundfunkunion EBU das Aus für den Niederländer Joost Klein.
Anzeige von Frau aus dem Produktionsteam
Grund sind Polizeiermittlungen, nachdem eine Frau aus dem ESC-Produktionsteam Anzeige erstattet hatte. Nach ARD-Informationen soll Klein die Frau geschlagen haben. Der Vorfall ereignete sich am Donnerstag nach dem zweiten ESC-Halbfinale.
Laut dem niederländischen Fernsehsender Avrotros hängt der Vorfall mit unerwünschten Filmaufnahmen zusammen. "Entgegen klar getroffener Absprachen wurde Joost gefilmt, als er gerade von der Bühne kam und in den Greenroom (Anm.: Der Bereich, in dem sich die Künstler aufhalten) eilen musste", teilte Avrotros mit. "In diesem Moment gab Joost wiederholt zu verstehen, dass er nicht gefilmt werden wolle. Dies wurde nicht beherzigt. Dies führte dazu, dass Joost eine bedrohliche Bewegung in Richtung der Kamera machte. Dabei hat Joost die Kamerafrau nicht berührt." Der Sender kritisierte den Ausschluss Kleins als unverhältnismäßig.
Kein Zusammenhang mit israelischer Sängerin
Avrotros ist Teil des niederländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks NPO. Auch dort wurde die Disqualifizierung Kleins bedauert: "Die NPO hält dies für eine sehr drastische Entscheidung." Für die Millionen von Song-Contest-Fans in den Niederlanden und in anderen Ländern Europas sei dies eine Enttäuschung. Man werde den Verlauf der Ereignisse nach dem Wettbewerb mit allen Beteiligten eingehend bewerten.
Der Ausschluss hat auch nach Aussagen der EBU nichts mit Kleins Verhalten gegenüber der israelischen Sängerin Eden Golan zu tun, wie vorher gemutmaßt wurde. Er hatte sich bei ihrer Befragung auf der Pressekonferenz die niederländische Flagge über den Kopf gezogen und dazwischengeredet, was als respektlos gewertet wurde und als Ausdruck seiner Kritik an Israel.
Polizei ermittelt wegen Einschüchterung
Der Sprecher der Polizei von Malmö, Pelle Vamstad, sagte der Nachrichtenagentur AFP zu den Vorwürfen gegen Klein, "die Polizei ermittelt wegen Einschüchterung. Die Straftat wurde am Donnerstagabend in der Malmö-Arena begangen." Der Verdächtige sei angehört worden. "Er befindet sich nicht in Haft." Näheres teilte er nicht mit.
Sie verfolge eine Null-Toleranz-Politik gegenüber unangemessenem Verhalten, erklärte die EBU. Man wolle allen Mitarbeitern des Wettbewerbs ein sicheres Arbeitsumfeld bieten. Während die Ermittlungen liefen, wäre es daher für Klein "nicht angebracht, weiter am Wettbewerb teilzunehmen", hieß es.
Das Finale des 68. Eurovision Song Contest wird nun mit 25 teilnehmenden Ländern stattfinden. Das Erste überträgt die Veranstaltung ab 21 Uhr live.
Der Vorfall hat auch Auswirkungen auf den Ablauf der Veranstaltung. So erklärte die EBU: "Alle Teilnehmer behalten ihre Nummer in der offiziellen Startreihenfolge. Es wird kein Lied an Position 5 geben."
Bei der Zuschauer-Abstimmung am Abend werden die Niederlande keine Punkte erhalten können. Die niederländischen Zuschauerinnen und Zuschauer dürfen aber abstimmen. Es darf nach ESC-Regeln nicht für das eigene Land gestimmt werden.
Von Politik und Problemen überschattet
Der Rauswurf Kleins ist nicht das einzige Problem, das den ESC überschattet. Seit Tagen ist der Umgang mit Israel ein bestimmendes Thema des Musikwettbewerbs. In Malmö nahmen in den vergangenen Tagen Tausende Menschen an propalästinensischen Demonstrationen teil und forderten, Israel wegen seines militärischen Vorgehens im Gazastreifen vom ESC auszuschließen. Auch heute marschierten Tausende propalästinensische Demonstranten durch die Stadt.
Während des Auftritts der Israelin Eden Golan im Halbfinale gab es Buhrufe in der Halle, schwedische Ordner mussten einem Zuschauer eine palästinensische Flagge abnehmen - der ESC ist erklärtermaßen eine unpolitische Veranstaltung. Wenige Stunden vor dem Finale machte zudem die norwegische Punkte-Ansagerin einen Rückzieher. Die Sängerin Alessandra Mele begründete den Schritt mit dem israelischen Vorgehen im Gazastreifen.
Ungeachtet der Proteste qualifizierte sich Golan aber souverän für das Finale. Sie wird von den Buchmachern inzwischen hinter dem Kroaten Baby Lasagna sogar als Favoritin auf den Sieg im ESC-Finale gesehen.