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75 Jahre Grundgesetz Harter Kampf für die Gleichberechtigung

Stand: 23.05.2024 09:04 Uhr

Zum Parlamentarischen Rat, der das Grundgesetz erarbeitet hat, gehörten neben 61 Männern nur vier Frauen. Doch sie haben ihre Spuren in der Verfassung hinterlassen. Eine von ihnen lehnte das gesamte Werk am Ende dennoch ab.

Ernst Reuter bei der Unterzeichnung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 in Bonn.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wurde am 23. Mai 1949 in Bonn vom Parlamentarischen Rat der Länder verkündet und trat einen Tag später in Kraft. Es stellt die unantastbare Würde des Menschen in den Mittelpunkt und schreibt die Grundrechte fest wie die Religionsfreiheit, die Meinungs- und Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit und die Reisefreiheit. Zudem legt es die Trennung von Gesetzgebung, Regierung und Gerichtsbarkeit sowie die Aufgaben von Bund, Ländern und Kommunen fest.

 Helene Wessel, Helene Weber, Friederike Nadig und Elisabeth Selbert

61 Männer und vier Frauen gehörten dem Parlamentarischen Rat an, der das Grundgesetz erarbeitete. Die Frauen waren Helene Wessel (Zentrumspartei), Helene Weber (CDU) sowie die Sozialdemokratinnen Friederike Nadig und Elisabeth Selbert (v.l.n.r.).

Elisabeth Selbert (Archivbild: 1953)

Vor allem der SPD-Politikerin Selbert ist es zu verdanken, dass die Gleichberechtigung von Frau und Mann in Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes Aufnahme fand.

Mitglieder des Parlamentarischen Rats bei der konstituierenden Sitzung in der Pädagogischen Akademie in Bonn am 02.09.1948.

Im Parlamentarischen Rat drang sie auf die klare Formulierung "Männer und Frauen sind gleichberechtigt", die zweimal abgelehnt wurde. Selbert startete eine Öffentlichkeitskampagne und erzeugte damit politischen Druck, sodass ihr Vorschlag im Januar 1949 die entscheidende Hürde nahm. Selbert selbst sprach von einer "Sternstunde meines Lebens", wenngleich patriarchale Bestimmungen im Familienrecht teils noch jahrzehntelang Gültigkeit hatten.

Helene Weber (Archivbild: 08.03.1956)

Im Parlamentarischen Rat machte sich vor allem Helene Weber für die Verankerung des Elternrechts im Grundgesetz stark. Der vollen Gleichstellung der Frau im Ehe- und Familienrecht stand sie aber zurückhaltend gegenüber. Weil sie christliche Wertvorstellungen und sozialstaatliche Grundrechte im Grundgesetz vermisste, hat sie das gesamte Werk bei der Schlussabstimmung vom 8. Mai 1949 abgelehnt.

Frieda Nadig (undatiert)

Weil die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung nach 1945 Frauen waren, die außerdem den Großteil der Versorgungsleistungen für die Familien schulterten, vertrat Frieda Nadig - die andere sozialdemokratische Kämpferin für die Gleichberechtigung - die Position, dass Frauen im Familien- und Eherecht gleichgestellt werden müssten. Während es die Gleichheit von Mann und Frau in Artikel 3 schaffte, scheiterte Nadig mit ihrer Forderungen nach "gleichem Lohn für gleiche Arbeit".

Konrad Adenauer (3.v.r.) spricht am 23. Mai 1949 im Parlamentarischen Rat.

Nach knapp neun Monaten ging ein harter Kampf um die Gleichberechtigung und die Verankerung im Grundgesetz zu Ende. Und doch - der Tag der Unterzeichnung war für Deutschland ein historischer Tag, dessen Bedeutung Adenauer als Präsident des Parlamentarischen Rats mit folgenden Worten würdigte: "Heute, am 23. Mai 1949, beginnt ein neuer Abschnitt in der wechselvollen Geschichte unseres Volkes: Heute wird nach der Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eintreten."