Kremlkritiker Alexej Nawalny Ein Kämpfer gegen Putins Machtapparat
Stand: 16.02.2024 16:06 UhrEinschüchterung, Giftanschlag, Straflager - das Leben von Alexej Nawalny war geprägt vom Kampf gegen Putins Machtapparat. Er bezahlte diesen Kampf schließlich mit seinem Leben. Eindrücke in Bildern.
Alexej Nawalny hat seinen jahrelangen Kampf gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin wie viele prominente Kremlkritiker vor ihm mit dem Leben bezahlt. Der berühmteste politische Gefangene des Landes starb am 16. Februar im Alter von 47 Jahren nach Angaben der Justiz in einer sibirischen Strafkolonie.
Der Jurist trat im Jahr 2000 der Partei Jabloko bei, einem Sammelbecken demokratisch-liberaler Kräfte in Russland. 2007 wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Ab 2013 war Nawalny unter anderem Vorsitzender der 2012 als Volksallianz gegründeten Fortschrittspartei.
Bekannt wurde Nawalny ab 2009 als Blogger mit Beiträgen zur Korruption in Staatsunternehmen auf seiner Website LiveJournal. Sowohl russische als auch internationale Medien wurden so auf ihn aufmerksam.
2011 gründete Nawalny die über Spenden finanzierte Nichtregierungsorganisation "Fonds zur Korruptionsbekämpfung". Zusammen mit seinem Team recherchierte er über staatliche Veruntreuung und Korruption.
Am 5. Dezember 2011 wurde er festgenommen und zu 15 Tagen Haft verurteilt, weil er als Redner auf Kundgebungen gegen Wahlmanipulationen aufgetreten war, die schließlich niedergeschlagen wurden.
Jahrelang hatte Russlands Justiz versucht, ihm Gesetzesverstöße nachzuweisen. 2012 erhebt sie Anklage gegen ihn. Ihm wurde vorgeworfen, 10.000 Kubikmeter Holz des Betriebs Kirowles im Wert von umgerechnet mehreren 100.000 Euro veruntreut zu haben. Beobachter sprachen von politischer Willkürjustiz. Trotz seiner Verurteilung wurde er wieder auf freien Fuß gesetzt.
Dadurch konnte er seinen Wahlkampf in Moskau fortsetzen. Dort bewarb er sich bei der Bürgermeisterwahl im September 2013 um Russlands drittmächtigsten Posten (nach Präsident und Ministerpräsident) und landete mit respektablen 27,2 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz hinter dem Putin-nahen Amtsinhaber Sergej Sobjanin (51,4 Prozent).
Es begannen massive Einschüchterungsversuche der russischen Behörden. Zudem wurde Nawalny Opfer von tätlichen Angriffen und musste sich nach einer Säureattacke einer Augenoperation unterziehen.
Nach einer Demonstration, zu der er aufgerufen hatte, wurde er im März 2017 festgenommen und zu 15 Tagen Arrest verurteilt. Anlass für die Proteste waren Enthüllungen von Nawalnys Stiftung über ein Korruptionsnetz und die angebliche Verstrickung von Ministerpräsident Dimitrij Medwedew.
Auch im Juni 2017 brachte Nawalny bei Anti-Korruptions-Protesten in zahlreichen russischen Städten trotz aller Schikanen der Behörden wieder Zehntausende auf die Straße, was ihm selbst einen weiteren Arrest einbrachte. Die Süddeutsche Zeitung errechnete, dass Nawalny seit der Verkündigung seiner Präsidentschaftskandidatur "im Schnitt jeden fünften Tag hinter Gittern verbracht" habe.
Im Dezember 2017 lehnte die zentrale Wahlkommission mit Verweis auf seine Vorstrafen die Zulassung Nawalnys als Präsidentschaftskandidat ab.
Im Vorfeld der Wahlen zur Moskauer Stadtverordnetenversammlung Anfang September 2019 rief Nawalny zu weiteren Protestaktionen auf. So demonstrierten im Juli mehr als 20.000 Menschen für die von der Staatsmacht verhinderte Zulassung unabhängiger Kandidaten bei der Wahl. Bei niedriger Wahlbeteiligung erlitt die Kremlpartei Einiges Russland bei den landesweiten Kommunal- und Regionalwahlen im September schließlich eine ziemliche Niederlage.
2020 gründete er eine neue "Stiftung zur Verteidigung der Rechte", mit der er um Spenden für weitere Recherchen und Aktionen bat.
Im August 2020 überlebt er einen Giftanschlag. Auf einem innerrussischen Flug war er plötzlich zusammengebrochen. Zunächst wurde er in Russland behandelt, dann in die Berliner Charité verlegt. Dort wurde eine Vergiftung mit einem Nervengift festgestellt.
Im Januar 2021 kehrte Nawalny nach Russland zurück, obwohl er den Giftanschlag dem Kreml anlastete. "Ich habe keine Angst und ich rufe euch auf, auch keine Angst zu haben", sagte er bei seiner Ankunft am Flughafen. Kurz darauf wurde Nawalny vor den Kameras der ganzen Welt festgenommen.
Nawalny saß seit 2021 in Haft. Ihm wurde unter anderem Extremismus vorgeworfen. Mehrere Gerichte verhängten in fragwürdigen Prozessen langjährige Freiheitsstrafen gegen den bekannten Kritiker Wladimir Putins. Insgesamt sollte er mehrere Jahrzehnte hinter Gittern verbringen. Zuletzt verbüßte er in der Strafkolonie in Charp in der russischen Polarregion eine 19-jährige Haftstrafe.