Sonnenuntergang über Hochhäusern in Singapur.
Podcast

"Ideenimport" Wie Städte bezahlbaren Wohnraum erhalten

Stand: 25.11.2022 05:05 Uhr

Wien gilt als internationales Vorbild für günstige Mieten, in Singapur besitzen längst nicht nur Reiche Wohneigentum: Der "Ideenimport"-Podcast zeigt Ansätze, wie Wohnen in Großstädten bezahlbar bleiben kann.

Schon bevor die Nebenkosten in die Höhe schossen, war Wohnen in Deutschland teuer: Ob kaufen oder mieten - besonders in und um Großstädte steigen die Preise stetig. Und auch mit dem Neubau von Wohnungen kommt Deutschland kaum hinterher. Besonders hart treffen hohe Preise die, die ohnehin schon am wenigsten haben.

Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat 2021 eine Studie zum Wohnen in deutschen Großstädten veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass fast die Hälfte der rund 8,4 Millionen Haushalte, die zur Miete in einer deutschen Großstadt wohnen, mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Warmmiete ausgeben. Etwa ein Viertel der Haushalte muss sogar mindestens 40 Prozent ihres Einkommens für Miete und Nebenkosten ausgeben - und fast eine Million Haushalte sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens. Wie es anders geht, das zeigt die neue Folge von "Ideenimport" - dem Auslandspodcast der tagesschau.

Ideenimport, 25.11.2022 05:00 Uhr

Wien: Wohnen als Menschenrecht

Österreichs Hauptstadt Wien gilt als internationales Vorbild für günstige Mieten. Das Geheimnis liegt im von der Stadt selbst vorangetriebenen Wohnungsbau: In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war dringend neuer Wohnraum nötig. Deshalb kaufte die Stadt große Flächen Baugrund und begann selbst, Wohnungen zu errichten. Bis heute hält sie, mit ein paar Unterbrechungen, an dieser Baupolitik fest.

Grund für diese klare Linie ist das Verständnis, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. Deshalb habe die Stadt stets "an dem kommunalen Wohnbau und am geförderten Wohnbau festgehalten und sich keinen Trends hingegeben, die Privatisierung und die freien Kräfte des Marktes verfolgt haben", erklärt Karin Ramser, Direktorin der kommunalen Hausverwaltung Wiener Wohnen.

Seit 2018 gilt für Wohnbauprojekte von nicht-städtischen Investoren sogar, dass zwei Drittel der Wohnungen als geförderte Wohnfläche entstehen müssen. Dass die Stadt das fordern kann, hat einen Grund: Wer in Wien bauen möchte, muss Baugrund der Stadt verwenden, denn diese verkauft nie den Baugrund, sondern nur ein Baurecht. Fördergelder gibt es nur im Austausch für günstige Mieten.

Der Karl-Marx-Hof in Wien wurde 1930 eröffnet und steht unter Denkmalschutz.

Der Karl-Marx-Hof in Wien wurde 1930 eröffnet und steht unter Denkmalschutz.

Wohneigentum: In Singapur die Norm

Singapur zählt zu den weltweit teuersten Städten, wenn es um Mieten auf dem freien Markt geht. Aber trotzdem ist es für die einheimische Bevölkerung sehr einfach, Wohneigentum zu besitzen: Grund dafür ist das sogenannte "Housing and Development Board", kurz HDB. Gegründet wurde es Anfang der 1960er-Jahre, kurz vor der Unabhängigkeit Singapurs von Großbritannien. Damals lebten rund zwei Drittel der Bevölkerung in Slums, das HDB sollte möglichst schnell für günstigen, aber auch angemessenen Wohnraum sorgen. Heute besitzen rund 80 Prozent der Bevölkerung Wohneigentum.

Hinter Singapurs Chinatown ragt ein HDB-Wohnkomplex in die Höhe.

Hinter Singapurs Chinatown ragt ein HDB-Wohnkomplex in die Höhe: Dass Eigentumswohnungen dort nicht nur für Reiche erschwinglich sind, liegt an der Wohnraumpolitik der Stadt.

Dabei leben in Singapur längst nicht nur Superreiche: Durch subventionierte Preise und günstige Finanzierung können auch sozial schlechter gestellte Bürger sich eine HDB-Wohnung leisten. Die Wohnungen gibt es als Erbpacht für 99 Jahre. Dass die HDB-Wohnungen nicht nur vermietet werden, ist Teile einer Philosophie. Die Regierung in Singapur ist überzeugt, dass Menschen auf Eigentum ganz anders achtgeben als auf eine Mietwohnung.

Mehr dazu, wie Wien und Singapur es für ihre Bevölkerung möglich machen, günstig zu wohnen und was Deutschland daraus lernen kann, erzählen die ARD-Korrespondenten Wolfgang Vichtl und Sandra Ratzow im "Ideenimport" - dem Auslandspodcast der tagesschau.

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Ideensuche im tagesschau-Podcast

Für viele Fragen, die im Alltag immer wieder aufkommen, gibt es irgendwo auf der Welt garantiert schon gute Ideen, mögliche Vorbilder und Lösungsansätze: Wie besser mit stark steigenden Energiepreisen umgehen? Was tun, um sich gesünder zu ernähren? Warum leben Menschen in anderen Ländern teils länger?

Der Auslandspodcast der tagesschau sucht und findet sie - zusammen mit den Korrespondentinnen und Korrespondenten in den 30 Auslandsstudios der ARD. Ideenimport will den Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand weiten und mit frischen Ideen für neuen Input in politischen und gesellschaftlichen Debatten sorgen.

Ideenimport erscheint ab dem 22. April 2022 jeden zweiten Freitag. Sie können den Podcast jederzeit zu Hause oder unterwegs auf Ihrem Smartphone hören - jeden zweiten Freitagmorgen finden Sie eine neue Folge auf unserer Webseite, in der ARD-Audiothek und auf zahlreichen weiteren Podcast-Plattformen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 03. April 2022 um 18:40 Uhr in der Sendung "Hintergrund".