Video
Stand: 27.04.2005 00:00 UhrDas Bundeskabinett hat sich auf die Eckpunkte eines tariflichen Mindestlohns verständigt. Danach soll es auch anderen Branchen als der Bauwirtschaft offen stehen, einen entsprechenden Mindestlohn zu vereinbaren. Laut Bundeskanzler Gerhard Schröder soll die Erweiterung des Entsendegesetzes dazu beitragen, dass deutsche Unternehmen nicht mit Billiglöhnen "kaputtkonkurriert" werden. Brigitte Abold berichtet: Mit ihnen begann die öffentliche Debatte: deutsche Fleischer. Knapp 30.000 von ihnen mussten gehen, weil Billiglohnkräfte aus Osteuropa ihren Job übernahmen. Die arbeiteten zum Teil für kaum mehr als drei Euro in der Stunde, die Deutschen bekamen rund 13 Euro. Damit Löhne - wie diese - nicht noch weiter nach unten rutschen, hat die Regierung heute das Entsendegesetz, das bislang für Bau galt, ausgeweitet. Will sagen, ausländische Arbeitnehmer aller Branchen sollen künftig den deutschen Lohnvorgaben unterworfen sein. Kein staatlicher Mindestlohn also, sondern ein von den Tarifparteien ausgehandelter. Gerhard Schröder, Bundeskanzler, SPD: „Das ist der, wie ich finde, angemessene Versuch dafür zu sorgen, dass in Deutschland nach den Regeln gearbeitet wird, die wir uns hier in Deutschland gegeben haben. Das betrifft Entlohnung, das betrifft Arbeitssicherheit, das betrifft ökologische Sensibilität.“ Ein Teil des Problems bleibt, sagen Arbeitgeber. Viele der Fleischer kommen als Selbständige, nicht betroffen von dem neuen Gesetzesvorhaben für Arbeitnehmer. Deswegen und weil die Arbeitgeber fürchten, dass deutsche Arbeitskräfte dadurch noch weniger wettbewerbsfähig werden, heute Kritik, aus dem Mund des BDI-Chefs - jedoch dezent. Jürgen Thumann, BDI Präsident: „Wir brauchen mehr Flexibilisierung in Deutschland. Das wissen wir alle. Wir reden da alle lange genug darüber.“ Die Union wird da deutlicher: zunächst hatte sie Zustimmung signalisiert. Jetzt aber meldet sie Bedenken an. Sie will nur eine befristete Ausdehnung. Im Bundesrat will sie das Vorhaben stoppen. Ronald Pofalla, stellvertr. CDU/ CSU-Fraktionsvorsitzender: „Dies würde die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns durch die Hintertür bedeuten. Damit würde der Arbeitsmarkt betoniert und nicht flexibilisiert.“ Die Gebäudereiniger jedenfalls wollen als erste möglichst schnell eine Art Mindestlohn einführen. Angepeilt sind wohl etwas mehr als 1000 Euro monatlich. Das liegt eher an der unteren Skala deutscher Löhne, im Vergleich zur Konkurrenz aus Osteuropa mit 200 Euro, ist es aber gigantisch hoch. Um zu überleben, hofft man auf das neue Gesetz. Voraussetzung ist ein bundesweiter Tarifvertrag. Die Gewerkschaften wollen dafür sorgen, schließen aber wegen regionaler Unterschiede weitere Maßnahmen nicht aus. Kritik an der Union: Michael Sommer, DGB Vorsitzender: „Man kann nicht Krokodilstränen heulen über Missstände zum Beispiel im Fleischerhandwerk oder wo sonst, und wenn dann konkrete Maßnahmen eingereicht werden, dann sagt man so ‚mit uns nicht’.“ Die Baubranche arbeitet seit Jahren mit Mindestlöhnen. Die Zahl der Jobs sank trotzdem dramatisch, nach Ansicht Betroffener aber weniger stark als ohne Regelungen.
