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Stand: 18.10.2004 00:00 Uhr

CDU-Chefin Angela Merkel hat eine weitere Niederlage einstecken müssen: Die Nachfolge des Finanz- und Wirtschaftsexperten Friedrich Merz in der Unions-Fraktionsspitze konnte Merkel erst im zweiten Anlauf regeln, da der frühere Parteichef Wolfgang Schäuble ihr eine Absage erteilte. Die Funktionen von Merz in der Fraktionsspitze sollen jetzt auf zwei Fachpolitiker aus der zweiten Reihe aufgeteilt werden. Sven Kuntze berichtet. Die neue Woche beginnt wie die alte geendet hatte, mit politischen Turbulenzen bei der CDU. Vergangene Woche war Friedrich Merz, der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, von Bord gegangen, was seiner Laune sichtbar gut bekommen ist. Sven Kuntze: "Wann, Herr Merz, dürfen wir mal wieder mal mit ihnen reden?" Friedrich Merz, CDU: "Wenn sie mal die Kameras ausschalten bevor wir miteinander reden, dann reden wir auch miteinander." Guter Mann. Kennt den engen Zusammenhang zwischen Redseligkeit und Kopf und Kragen. Auch Frau Merkels Wunschkandidat für den vakanten Posten, Wolfgang Schäuble, sagte heute ab. Wolfgang Schäuble, CDU, stellvertretender Fraktionsvorsitzender: "Es ist mir schwergefallen, dem Wunsch meiner Vorsitzenden nicht Rechnung zu tragen. Eine Führungskrise sehe ich überhaupt nicht, die Äußerung habe ich auch gar nicht verstanden. Natürlich hat die Union einige schwierige Debatten und natürlich haben wir auch ein bisschen zu viele öffentliche Debatten, anstatt gemeinsame, interne Beratungen. Das ist war. Aber das soll ja auch mit dem heutigen Tag besser werden. Ich will einen Beitrag dazu leisten." Die Bekanntgabe des Verzichts von Wolfgang Schäuble gehörte sicherlich zu den bitteren Pflichten der Fraktionsvorsitzenden am heutigen Tage. Angela Merkel, CDU, Parteivorsitzende: "Ich habe mich überhaupt gar nicht dramatisch geirrt, sondern ich habe Wolfgang Schäuble ein Angebot unterbreitet und ich glaube aus der Natur der Sache heraus ist vollkommen klar, dass er mit seinem Sachverstand auch diese Funktion hätte ausfüllen können." Übers Wochenende war sein Name von dritter Seite der Presse zugespielt worden, ohne das sein Einverständnis vorlag. Ein handwerklicher Fehler, den ein Fraktionsmitglied kommentierte: Das hätte besser laufen müssen. Sven Kuntze: "Wäre es gescheiter gewesen, den Namen Schäuble nicht zu nennen, bevor dieser zugesagt hatte?" Peter Altmaier, CDU: "Ich glaube, es macht wenig Sinn über verschüttete Milch nachzudenken, entscheidend ist, dass wir jetzt ein vernünftiges Konzept präsentieren, das die Union nach vorne bringt." Statt Wolfgang Schäuble wird Ronald Pofallla, Jurist und diplomierter Sozialpädagoge, dem Wirtschaftsminister im Bundestag die Stirn bieten und Hans Eichel bekommt es mit dem Diplommathematiker Dr. Michael Meister zu tun. Sven Kuntze: "Werden sie irgendwelche anderen Akzente setzen als ihr Vorgänger?" Michael Meister, CDU: "Nein, wir haben die selbe Linie gefahren, wir waren uns einig in der Vorgehensweise, in den Inhalten und deshalb werde ich diese Linie ganz gezielt weiterführen, die der Friedrich Merz eingeschlagen hat." Freilich, das war nicht die einzige Turbulenz, die heute zu bewältigen war. Übers Wochenende hatte der Ministerpräsident Thüringens, Dieter Althaus, die Vermutung nicht von der Hand gewiesen, Frau Merkel könnte Opfer einer Intrige werden. Solche Wortmeldungen aus den eigenen Reihen können ungewöhnliche Sprengkraft entwickeln, aber auch das Gegenteil bewirken. Die Betroffenen scharen sich um die Vorsitzende, um weiteren Schaden abzuwenden. Christian Wulff, CDU, Ministerpräsident Niedersachsen: "Ich denke, dass manches, was so gesagt wird, besser nicht hätte gesagt werden sollen, dass sich auch nicht alles durch tiefgreifende Klugheit auszeichnet und dass wir in schwierigen Zeiten vor allem kluge Äußerungen brauchen. Der Bundesparteitag wird zeigen, dass er hinter Angela Merkel steht. Das ist einfach so und darüber so viel zu spekulieren lenkt eigentlich ab von schwierigen Inhalten Fragen, die zu klären sind." Ole von Beust, CDU, Erster Bürgermeister Hamburg: "Intrigen sehe ich nicht und Frau Merkel ist eine hervorragende Vorsitzende, sie wird auch diese Aufgaben und Pflichten für die Partei mit uns gemeinsam lösen." Welche Rolle das vergiftete Wort von der Intrige in Zukunft spielen wird, ist ungewiss. Mag durchaus sein, es war eine Ungeschicklichkeit, die bald vergessen sein wird.

Sendungsbild der tagesthemen
Player: videoSchäubles Absage erhöht Druck auf Merkel
tagesthemen, 22:30 Uhr, tagesthemen, 18.10.2004 22:30 Uhr