Der Kommentar
Stand: 20.11.2006 00:00 UhrZum Amoklauf von Emsdetten der Kommentar von Udo Grätz vom Westdeutschen Rundfunk. "Das einzigste, was ich intensiv in der Schule beigebracht bekommen habe war, dass ich ein Verlierer bin." Das schrieb der Amokläufer in seinem Abschiedsbrief. Ein 18-Jähriger, der bekannt war für Spaß an Waffen und Computerspielen, ein Außenseiter, der gerne Uniformen trug. Morgen sollte er wegen unerlaubten Waffenbesitzes vor Gericht stehen. Schon vor zwei Jahren kündigte er den Amoklauf an. Jetzt fragen sich wieder alle: Warum hat keiner was gemerkt? Die Lehrer, die Familie, die Mitschüler. Auch die ersten Konsequenzen werden gefordert: Eine Lehrergewerkschaft will ein Frühwarnsystem. Ein Frühwarnsystem für Amokläufer? Innenpolitiker wollen ein Verbot von Killerspielen am Computer. Fragt sich nur: wer soll das überwachen? Und der Verband der Schulpsychologen fordert - na was wohl - natürlich mehr Schulpsychologen. Dabei haben wir das alles schon einmal erlebt. Nach dem Amoklauf an einer Erfurter Schule vor vier Jahren. Da tötete ein ehemaliger Schüler 16 Menschen - auch aus Rache. Vielleicht hilft uns diesmal der Abschiedsbrief des Amokläufers im Münsterland weiter. Er wollte Rache, weil er sich als Verlierer sah. Wir müssen uns alle fragen, wie wir mit Verlierern umgehen. Auf dem Arbeitsmarkt, in der Schule, in der Familie. Es darf nicht passieren, dass sich Menschen auf Dauer als Verlierer sehen, als ewig Unterlegene, chancenlos. Denn wer sich als ewiger Verlierer sieht, der sieht oft nur noch einen Ausweg: Gewalt. Eine besonders schlimme Form haben wir heute im Münsterland erlebt.
