Condi und Angie
Stand: 06.12.2005 00:00 UhrDie amerikanische Außenministerin Condoleeza Rice hat bei ihrem Treffen mit Kanzlerin Merkel den Kurs ihrer Regierung in der CIA-Affäre verteidigt. Gefangenentransporte seien üblich und bereits vor dem 11. September gängige Praxis. Rice verwies auf den Kampf gegen Terror und die Notwendigkeit des Schutzes der Bürger. Über das transatlantische Verhältnis nach dem deutschen Regierungswechsel sprach Anne Will mit Außenministerin Rice in Berlin. Joachim Wagner berichtet. Wie zwei alte Bekannte bei der Besichtigung einer neuen Wohnung. So wirkten Kanzlerin Merkel und Außenministerin Rice beim Blick aus dem Kanzleramt. Zwei Machtfrauen, die sich heute mit Glacé-Handschuhen behandelten. Kein öffentliches Wort etwa zum heiklen Thema CIA-Flüge über Deutschland. Aber Merkel mahnte: Angela Merkel, CDU, Bundeskanzlerin: „Wir müssen immer wieder eine Balance finden zwischen einem entschlossenen Kampf gegen die, die die Werte der Freiheit bedrohen, und auf der anderen Seite natürlich auch die Wahl der Mittel so gestalten, dass sie den demokratischen Prinzipien in unseren Ländern – das sage ich ganz speziell auch für Deutschland – gehorchen und entsprechen.“ Außenministerin Rice betonte, dass die USA beim Krieg gegen den Terrorismus keine Gesetze verletzt hätten, aber kein Kommentar zu angeblichen Geheimgefängnissen, den CIA-Gefangenenflügen und Entführungen. Nur im Zusammenhang mit dem irrtümlich als Terrorverdächtigen verschleppten Deutschen, El-Masri, deutete sie die Möglichkeit von Fehlern an. Condoleezza Rice, US-Außenministerin: „Bei jeder Politik passieren einmal Fehler. Aber wir versprechen unseren Partnern, wenn so etwas geschieht, dann werden wir die Fehler korrigieren.“ Kanzlerin Merkel verwandelte gedankenschnell die Möglichkeit eines Fehlers in das Eingeständnis eines Fehlers. Angela Merkel, CDU, Bundeskanzlerin: „Wir haben über den einen Fall gesprochen, der von der Regierung der Vereinigten Staaten natürlich auch als ein Fehler akzeptiert wurde.“ Wie glatt das diplomatische Parkett ist, merkte Kanzlerin Merkel wenige Stunden später. Über die Agenturen ließ Rice dementieren, sie habe im Fall El-Masri Fehler zugegeben, offenbar aus juristischen Gründen. Das Kidnapping El-Masri’s macht auch alter wie neuer Bundesregierung weiter Sorgen. Bisher hatte sie immer behauptet von CIA-Gefangenenflügen und Entführungen nichts gewusst zu haben. Von der Verschleppung El-Masri’s soll Innenminister Schily aber nach einem Bericht der Washington Post bereits im Mai 2004 von US-Botschafter Coats erfahren haben. Nach ARD-Informationen hat Schily damals aber nicht einmal das Kanzleramt unterrichtet. Denn Steinmeier, zu der Zeit Koordinator für die Geheimdienste, hat von dem Fall erst einen Monat später erfahren. Frank-Walter Steinmeier, SPD, Bundesaußenminister: „Ich habe im Juni 2004 durch ein Anwaltsschreiben, was im Kanzleramt damals bei uns eingegangen ist, von diesem Fall erfahren. Es sind daraufhin staatsanwaltliche Ermittlungen eingeleitet worden.“ Das ist El-Masri, heute morgen aus Deutschland zugeschaltet, zu einer Pressekonferenz der American Civil Liberties Union in Washington. Obwohl über vier Monate zu Unrecht in CIA-Haft, haben ihn die US-Einwanderungsbehörden nicht einreisen lassen. Die Bürgerrechtsorganisation will seinen Fall nutzen, um die Bush-Regierung wegen illegaler CIA-Entführungen und Inhaftierungen zu verklagen. Khaled El-Masri: “Ich erwarte eine Aufklärung des Falles, warum man mir das angetan hat und eine offizielle Entschuldigung.” Es ist durchaus denkbar, dass der Fall El-Masri eines Tages Rechtsgeschichte schreiben wird.
