Streit um den Zuschnitt des Wirtschaftsministeriums
Stand: 20.10.2005 00:00 UhrDer Zuschnitt des künftigen Ministeriums für Wirtschaft und Technologie, das CSU-Chef Edmund Stoiber im Fall einer Großen Koalition übernehmen will, sorgt zunehmend für Streit. Die SPD wehrt sich dagegen, dass Stoiber dem Finanzministerium die Europaabteilung wegnehmen will. Und auch in der Union selbst wird darüber gestritten, wieviele Abteilungen aus dem Forschungsministerium zu Stoiber abwandern sollen. Christian F. Wulf berichtet: Wer hoch hinaus möchte auf dieser Welt, der sollte sich der Raumfahrt bedienen. Unendliche Weiten, phantastische Abenteuer - die Luft- und Raumfahrt ist der Publikumsliebling unter den Wissenschaften. Und auch deshalb hat dieser Mann ein Auge darauf geworfen. Edmund Stoiber. Um sein zukünftiges Wirtschaftsministerium wenigstens ein bisschen wie ein Superministerium aussehen zu lassen, will er sich gleich mehrere Abteilungen des Forschungsministeriums einverleiben. Neben der Luft- und Raumfahrt auch die Bereiche Informationstechnologie und Nano-Technologie, vielleicht auch die Biotechnologie. Insgesamt geht es um ein viertel des Ressortetats und - viel wichtiger - Stoiber würde fast die Hälfte aller Forschungsmittel verteilen. Edmund Stoiber, designierter Wirtschaftminister, CSU: „Das ist eine Verabredung von Frau Merkel, Herrn Schröder, Herrn Müntefering und mir. Frau Merkel wird als Kanzlerin den Zuschnitt konkreter vornehmen. Das macht alles Sinn.“ Stoibers Ambitionen kommen nicht von ungefähr. Viele der betroffenen Hightech-Forschungsinstitute befinden sich in Bayern, vor allem aber die dazugehörige Industrie, die Stoiber seit Jahren kennt, schätzt und fördert. Einen Aufschrei dagegen gibt es im Ministerium. Denn ohne die Zukunftstechnologien fühlte man sich hier amputiert. Edelgard Bulmahn, Bundesforschungsministerin, SPD: „Das wäre einfach fatal. Weil wir gerade das Zusammenwirken, die Vernetzung brauchen und das habe ich selber auch als Ministerin sehr stark nach vorne getrieben. Deshalb müssen diese sinnvollen Zusammenhänge eben auch zusammenbleiben.“ Und auch von Seiten der Wissenschaft hagelt es Kritik an Stoibers Begehrlichkeiten: Hans-Olaf Henkel, Präsident Leibnitz-Gesellschaft: „Wir dürfen nicht unterscheiden zwischen anwendungs- und grundlagenorientierter Forschung. Das gehört zusammen. Wir müssen dafür sorgen, dass die verschiedenen Forschungsgebiete miteinander kommunizieren. Interdisziplinär heißt das. Meine Erfahrung aus der Wirtschaft ist: Wenn sie zwei Bosse haben, dann ist niemand verantwortlich.“ Sauer auf Stoiber sind aber auch die Bildungspolitiker in der Unions-Fraktion, von denen sich einige heute zu ersten Koalitionsgesprächen mit der SPD trafen. Nach dem Ärger um die Seehofer-Nominierung der zweite handfeste Unions-Streit in dieser Woche. Die designierte Forschungsministerin jedenfalls will nicht so kampflos klein bei geben: Annette Schavan, designierte Bundesforschungsministerin, CDU: „Darüber werden wir in den nächsten Tagen sprechen. Das ist nichts, was man öffentlich verhandelt, sondern das bleibt intern.“ Bis Anfang nächster Woche wollen sich CDU und CSU über die Sache noch mal unterhalten haben. Und nicht nur Annette Schavan hofft, dass Stoibers Höhenflug dann so endet, wie jeder Raumflug - nämlich hart.
