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Stand: 12.04.2008 17:40 Uhr

Die Akten im Fall um die angebliche Datenvernichtung im Kanzleramt werden geschlossen. Die Bonner Staatsanwaltschaft teilte am Donnerstag mit, dass die mehrjährigen Ermittlungen im Verfahren um die "Löschung von Computerdateien im Bundeskanzleramt" und den "Verlust der so genannten Leuna-Akten" beendet seien. Es habe sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben, der eine Anklageerhebung gerechtfertigt hätte. Das Verfahren werde eingestellt. Die Akten würden noch dem Bundeskanzleramt zur Stellungnahme zugeleitet, hieß es. Die fraglichen Datenbestände wurden offensichtlich nur falsch abgelegt oder umkopiert. Werner Sonne berichtet. Was geschah tatsächlich im alten Bonner Kanzleramt? Gab es eine Nacht- und Nebel-Aktion, bei der große Mengen Daten gelöscht und Akten beiseite geschafft wurden? Der Verdacht war schwer wiegend, den die Schröder-Regierung später gegenüber der Mannschaft seines Amtsvorgängers Helmut Kohl erhob. Wurden also bewusst die Umstände vertuscht, unter denen die Leuna-Raffinerie von der Kohl-Regierung an die Franzosen verkauft wurde? Hier sei kräftig Schmiergeld geflossen, so behaupteten französische Quellen mehrfach. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages beschäftigte sich damit viele Monate. Aber ebenso wie bei den Überprüfungen des Generalbundesanwalts konnte auch hier der Bestechungsvorwurf gegen Kohl nicht bewiesen werden. Was die Leuna-Akten aus den Beständen des alten Kanzleramtes anging, war sich die Schröder-Regierung allerdings sicher: Sie waren zu einem wesentlichen Teil verschwunden. Zu diesem Schluss kam vor allem Burkhard Hirsch, der ehemalige Sonderermittler der Bundesregierung. Er legte einen Bericht vor, der dieses ganz konkret beweisen sollte. Doch die Bonner Staatsanwälte waren anderer Meinung. Sie wollten das Verfahren schon längst einstellen. Massiver Druck aus dem Kanzleramt und auch von Bürgern zwangen sie, weiter zu machen – bis jetzt. Aber nun ist das Signal eindeutig: Jetzt scheinen sich die Staatsanwälte sicher: Es gibt keinen Tatverdacht. Friedrich Apostel, Staatsanwaltschaft Bonn: "Wir haben noch einmal sämtliche Akten ausgewertet und ein Gutachten eingeholt. All diese Bemühungen, Klarheit in die angeblich verschwundenen Akten und gelöschten Daten zu bringen, haben nicht zu einem Ergebnis geführt, von dem man sagen könnte, dass ein strafrechtlich bewehrter Vorwurf vorliegt." Erleichterung darüber bei Helmut Kohls ehemaligem Kanzleramtsminister: Friedrich Bohl, ehemaliger Kanzleramtsminister: "Dies ist ja eine Kampagne, die den Zweck verfolgte, das Ansehen der ehemaligen Bundesregierung unter Helmut Kohl zu beschädigen. Es ist auch gar keine Frage, dass dies keine Pressekampagne war. Und vor diesem Hintergrund freue ich mich sehr, dass die Verdächtigungen nun aus der Welt sind. Ich würde auch ein Wort der Entschuldigung – insbesondere bei den ehemaligen Mitarbeitern – seitens der Initiatoren dieser Kampagne für angebracht halten." Doch im Kanzleramt schwieg man heute dazu. Kein Wort der Aufklärung, wie solch ein krasser Widerspruch zustande kommen kann. Das Verfahren der Justiz sei noch nicht abgeschlossen. Bei der Justiz wartet man aber genau darauf: auf die abschließende Stellungnahme der Bundesregierung bis Ende Mai. So bleiben am Ende nur viele Fragezeichen. Die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft stehen gegen die Ergebnisse der Sonderermittlers. Geklärt ist die Affäre damit nicht. Ulrich Wickert sprach mit dem ehemaligen Sonderermittler der Bundesregierung, Burkhard Hirsch, über die Einstellung der Ermittlungen.

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tagesthemen, 22:30 Uhr, tagesthemen, 17.04.2003 22:30 Uhr