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Politik der Prozente

Stand: 12.10.2007 05:18 Uhr

Mit einem Investitionsprogramm von rund 15 Milliarden Euro will Bundeskanzler Gerhard Schröder der deutschen Wirtschaft unter die Arme greifen. Je die Hälfte davon sind für Wohnungssanierungen und kommunale Investitionen vorgesehen. Darüber hinaus kündigte Schröder weitreichende Reformen bei der Renten- und Gesundheitspolitik sowie auf dem Arbeitsmarkt an. Dabei geht auch um eine mögliche Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld auf zwölf Monate. Joachim Wagner berichtet. Der Kanzler war sichtlich gut gelaunt als er vor der SPD-Fraktion die Grundzüge seiner Regierungserklärung skizzierte. Sie hat in Berlin inzwischen viele Namen. Wunder-Rede, Überlebens-Rede oder Ruck-Rede. Ein Ruck jedenfalls ging nicht durch die Fraktion. Der Kanzler blieb vage, weil er seine Überraschungstrümpfe erst am Freitag ausspielen will. Michael Müller, SPD, stellvertretender Fraktionsvorsitzender: "Wissen Sie, wenn in einem Raum 300 Leute sind und vor dem Raum etwa die gleiche Zahl von Journalisten ist, dann würde ich auch sehr begrenzt sein, zu konkret zu werden." Der Bundeskanzler will Reformen des Gesundheitssystems, der Gemeindefinanzen sowie des Arbeitsrechts bis zum Sommer in Gesetzesform gießen. Gerhard Schröder, SPD, Bundeskanzler: "Wir müssen die sozialen Sicherungssysteme neu justieren. Nicht um sie abzuschaffen oder gewaltig einzuschränken, sondern um sie bei veränderten wirtschaftlichen Bedingungen erhalten zu können." Neues Wachstum will die Bundesregierung mit einem kreditfinanzierten Investitionsprogramm in Höhe von 15 Milliarden Euro anstoßen. Etwa zum Straßenbau oder zur Altbausanierung. Franz Müntefering, SPD-Fraktionsvorsitzender: "Da geht es um die Möglichkeit im privaten Bereich und im Bereich der Kommunen. Durch Hilfen, durch Zinshilfen für günstige Kredite, dazu beizutragen, dass dort neue zusätzliche Impulse entstehen." Die Lohnnebenkosten will die Bundesregierung vor allem durch eine Reform des Gesundheitssystems senken. Franz Müntefering, SPD-Fraktionsvorsitzender: "Es soll bei der paritätisch finanzierten, solidarischen Krankenversicherung in Deutschland bleiben. Dass aber gesprochen werden muss über die Frage, ob der Leistungskatalog der Krankenversicherungen so bestehen bleiben muss, wie er zur Zeit ist." Zahnersatz soll entgegen ersten Überlegungen im Leistungskatalog bleiben. Sport- und Freizeitunfälle hingegen möglicherweise herausfallen. Bundeskanzler Schröder will den Kündigungsschutz lockern. Arbeitnehmer sollen künftig wählen können zwischen Kündigungsschutzklage oder einer gesetzlich geregelten Abfindung. Ein Vorstoß mitten ins Herz der Sozialdemokratie. Michael Müller, SPD, stellvertretender Fraktionsvorsitzender: "Also bei dem Thema stört mich sehr, dass das so hochgehoben wird. Ich glaube unser zentrales Problem in Deutschland ist nicht der Kündigungsschutz. Wenn Sie sich die Zahlen anschauen, ist die Personalfluktuation in Deutschland höher als in fast jedem anderen Land." Reihhold Robbe, SPD: "Ich bin überzeugt davon, dass auch die Gewerkschafter das verstehen, nicht zu einer Einschränkung des Kündigungsschutzes kommen, sondern zu einer vermehrten Einstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern." Positiv aufgenommen wurde bei den Grünen, dass Schröder gleich nach der SPD zu ihnen in die Fraktion kam, um frühe Kommunikationspannen zu vermeiden. Christine Scheel, Bündnis 90/Die Grünen: "Er schlägt einen Weg ein, den wir gerne sehen. Den wir auch gut unterstützen können." Bei den Grünen hatte es Schröder offenbar leichter als bei den Genossen. Dort nur freundlicher Beifall statt Begeisterung. Viele sehen in der Rede am Freitag die letzte Chance, das Steuer in dieser Legislaturperiode noch herumzureißen und zweifeln, ob dies gelingen kann.

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tagesthemen, 22:30 Uhr, tagesthemen, 11.03.2003 22:30 Uhr