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Parteien haben wenig gelernt

Stand: 11.04.2008 14:24 Uhr

Die großen Parteien haben aus den zahlreichen Spenden- und Schmiergeldskandalen nur unzureichende Konsequenzen gezogen. Zu dieser Auffassung kommt die Organisation "Transparency International", die sich den Kampf gegen Korruption und für mehr Transparenz auf ihre Fahnen geschrieben hat. Sie hatte Bundestagsabgeordnete aller Parteien nach ihren Standpunkten zu Themen wie Parteienfinanzierung und Bestechung befragt. Dorothee Bamberger berichtet: Hier haben sie es schwarz auf weiß: die beiden großen Parteien haben aus ihren Spendenskandalen nichts gelernt. Nicht einmal die Kosten für den laufenden Wahlkampf sind sie bereit offenzulegen. Kritik: Dieter Biallas, Transparency International: "Wir meinen, dass im Zeitalter der elektronischen Informationsmöglichkeiten sehr viel mehr Transparenz möglich ist, als die Parteien sich selbst zumuten." Größtes Problem in Deutschland ist die Korruption am Bau. Aber das Gesetz der rot-grünen Regierung, nach dem korruptionsverdächtige Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden sollen, wird im Bundesrat von Union und FDP blockiert. Dabei könnte das gerade jetzt beim Wiederaufbau nach dem Hochwasser hilfreich sein Dieter Biallas, Transparency International: "Wenn es also eine Liste gäbe auf der solche Unternehmen verzeichnet würden, wäre sehr viel leichter zu entscheiden ob man freihändig vergibt oder nicht. Also dieses aktuelle Beispiel passt ziemlich gut in das, was wir im Allgemeinen vertreten ." Von der Union dazu ein kräftiges 'Ja, aber': Wolfgang Bosbach, stellvertretender CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender: "Wir wollen nicht, daß es eine Liste gibt, wo Firmen auf bloßen Verdacht hin aufgenommen werden. Denn das führt ja dazu, daß Firmen keine öffentlichen Aufträge mehr erhalten, dann können Arbeitsplätze verloren gehen oder gar der gesamte Betrieb in Gefahr geraten und wenn sich dann Jahre später herausstellt, dass der Verdacht unbegründet war, hat man bitteres Unrecht getan. Deswegen muß der Korruptionsverdacht schon berechtigt und die Korruption bewiesen sein." Unlautere Methoden bei der Vergabe öffentlicher Aufträge könnten auch im Nachhinein noch beanstandet werden, wenn denn die SPD den Mumm gehabt hätte mit dem Informationsfreiheitsgesetz Akteneinsicht für jedermann zu garantieren. Aber da, sagen die Korruptionshüter, haben sie sich von den Beamten ausbremsen lassen Ludwig Stiegler, SPD-Fraktionsvorsitzender: "Es war eben in dieser Schlusshektik im Juli zeitlich einfach nicht mehr drin. Die Beamten hätten mich nicht gestört, ich sage immer: der Gesetzgeber sind wir, da lassen wir uns nicht von Beamten stören. Aber mich stört natürlich, wenn zum Beispiel das Kanzleramt oder die Geheimdienste sagen: Wir brauchen Regelungen, die unsere Arbeit nicht gefährden. Dann muss ich dem ernsthaft nachgehen." In einem weiteren Wahlprüfstein wurden die Parteien gefragt, ob sie denn künftig auch Unternehmer bei Korruption strafrechtlich belangen wollen. Mit dem Ergebnis: Björn Rhode-Liebenau, Transparency International: "Einzig die CDU ganz spannenderweise hat gesagt, ja wir wollen das in der nächsten Legislaturperiode prüfen. Dazu wären ganz erhebliche Änderungen im Strafgesetzbuch und im Verfahrensrecht der Strafprozessordnung notwendig." Und das, so die Vertreter von Transparency, wäre ein wichtiger Fortschritt im Kampf gegen die Korruption. Über Korruption in Deutschland sprach Anne Will mit Wolfgang Schaupensteiner, Oberstaatsanwalt in Frankfurt/Main.

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tagesthemen, 22:31 Uhr, tagesthemen, 03.09.2002 22:31 Uhr