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Streit um Arbeit

Stand: 10.04.2008 20:37 Uhr

Der künftige Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster (SPD), hat mit seinen Vorschlägen zur Kürzung von Arbeitslosengeld eine Kontroverse quer durch die Parteien ausgelöst. Er hatte in einem Spiegel-Interview gefordert, das Arbeitslosengeld für Ältere stufenweise auf unter 32 Monate zu kürzen. Außerdem soll bei Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen gespart werden. Kritik kam aus der Opposition und aus den eigenen Reihen; Bundeskanzler Gerhard Schröder aber sprach Gerster sein Vertrauen aus.   Noch nicht im Amt und schon gestolpert auf dem glatten Berliner Parkett. Es sei problematisch, dass ältere Arbeitslose bis zu drei Jahren Geld vom Arbeitsamt bekommen, hatte Florian Gerster in einem Interview gesagt, es eigentlich gar nicht so gemeint, und doch die Genossen in der Hauptstadt heftig verschreckt. Florian Gerster (SPD), designierter Präsident der Bundesanstalt für Arbeit: "Das Verschrecken war im wesentlichen auf Missverständnisse durch Verkürzungen zurückzuführen. Und wenn ich gestern Abend Gelegenheit hatte, und auch heute und später, dies deutlich zu machen, dann glaube ich werden diese Missverständnisse auch wieder eingefangen werden." Man könne es sich nicht leisten, Ältere auf das Abstellgleis zu stellen, wenn gleichzeitig Fachkräfte fehlen, so Gerster weiter in dem umstrittenen Interview. Doch das war beim SPD-Parteivorstand heute morgen noch nicht recht angekommen. Ottmar-Schreiner, SPD-Fraktion: "Ich halte es für falsch, in den Mittelpunkt der Diskussion jetzt die Frage der Leistungsniveaus zu stellen. Wir haben keine zu üppigen Leistungen im Falle von Arbeitslosigkeit und wenn die Leistungen weiter abgesenkt werden gibt es nicht mehr Beschäftigung bei hoher Arbeitslosigkeit, sondern mehr Armut." Der Arbeitsminister, heute zu Besuch beim Arbeitsamt in Lörrach, setzt seinem künftigen Mitarbeiter gleich mal Grenzen. Vorschläge machen darf er, entschieden wird in Berlin. Walter Riester (SPD), Bundesarbeitsminister: "Die Regierung hat nicht vor, die Bezüge der Arbeitslosen zu kürzen, um das deutlich zu machen. Wenn Florian Gerster Diskussionsbeiträge einbringt, sich an der Debatte beteiligen will, dann ist er natürlich herzlich gern eingeladen, er hat ja eine wichtige Aufgabe." Da lacht sich der politisch Gegener ins Fäustchen. Gerster sei schon vor dem Amtsantritt beschädigt, heißt es bei der CDU/CSU. Der Regierung fehle der Reformwille. Friedrich Merz, CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender: "Ich bin ja mal gespannt, was die Bundesregierung jetzt macht. Da wollen sie jemanden ins Amt hieven, der dezidierte Vorstellungen dazu hat, wie man die Arbeitsmarktpolitik wieder vom Kopf auf die Füße stellt, und der kriegt noch bevor er ins Amt kommt von allen Seiten Sperrfeuer." Gleichzeitig aber kritisiert die Union selber die Sparvorschläge des künftigen Arbeitsamtchefs. Angela Merkel, CDU-Bundesvorsitzende: "Auf dem Rücken der Älteren jetzt die ersten Veränderungen durchzuführen, ist nicht richtig." Wenn die Schelte von allen Seiten gleichermaßen kommt, kann ich so falsch nicht liegen, mag sich Florian Gerster denken. Immerhin hat er für seine künftige Arbeit die ersten Pflöcke eingerammt. Und auf den Kanzler kann er sich verlassen, obwohl er ihm mit seinen unvorsichtigen Äußerungen mitten im Wahlkampf einen Bärendienst erwiesen hat. Gerhard Schröder (SPD), Bundeskanzler: "Herr Gerster war nie als Verwaltungsbeamter vorgesehen, sondern war immer und soll auch immer jemand sein, der konzeptionell denkt und das, was er denkt auch sagt." Florian Gerster (SPD), designierter Präsident der Bundesanstalt für Arbeit: "Ich fühle mich sehr wohl, ich fühle mich bestärkt, ich fühle mich getragen von den Entscheidungsträgern, die das auch tragen müssen, einschließlich Bundesarbeitsminister Riester." Übermorgen tritt die Kommission zur Reform der Arbeitsämter zusammen. Auch dort will Florian Gerster kräftig mitreden.

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tagessthemen, 22:30 Uhr, tagesthemen, 04.03.2002 22:30 Uhr