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Erdbeben in der Türkei und Syrien ++ Syriens Gesundheitssystem "am Anschlag" ++

Stand: 08.02.2023 23:31 Uhr

Der Leiter von Ärzte ohne Grenzen Deutschland, Katzer, warnte im Brennpunkt, das syrische Gesundheitssystem sei völlig überlastet. Die EU will Syrien und die Türkei mit finanziellen Hilfen in Millionenhöhe unterstützen. Die Entwicklungen von Mittwoch zum Nachlesen.

08.02.2023 • 23:31 Uhr

Liveblog endet

Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Rettungskräfte seien zu spät eingetroffen, Baumängel in Kauf genommen worden - die Kritik am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wächst. Zu Recht, meint Burak Copur, Politikwissenschaftler und Türkeiforscher, im Interview mit den tagesthemen. Das Erdbeben selbst sei zwar als höhere Gewalt zu werten, sein Ausmaß aber hausgemacht und selbstverschuldet.

Die türkische Regierung habe Warnungen ignoriert, so Copur, und nicht in Katastrophenschutz investiert. Der Wissenschaftler wirft der Türkei "eklatantes Staatsversagen" vor.

Burak Copur, Politikwissenschaftler und Türkei-Forscher, zur wachsenden Kritik an Erdogan

tagesthemen, tagesthemen, 08.02.2023 22:30 Uhr

Wachsende Kritik an der türkischen Regierung wegen später oder fehlender Hilfe nach Erdbeben

Gabriele Dunkel, ARD Istanbul, tagesschau, tagesschau, 08.02.2023 20:00 Uhr

Die Türkei bemüht sich nach Angaben von Außenminister Mevlüt Cavusoglu um internationale Hilfe für die Erdbebengebiete auf der syrischen Seite der Grenze. Die Türkei vernachlässige das Thema nicht, sagte der Minister. Die Hilfe müsse dorthin gelangen, wo sie in Syrien benötigt werde. Deshalb versuche die türkische Regierung, eine Öffnung der von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergänge zu erreichen. Es gehe um eine humanitäre Situation, nicht um eine politische.

Die Grenzübergänge sind seit Jahren wegen der Spannungen zwischen der Türkei und der Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geschlossen. Der türkische Außenminister sagte, der Grenzübergang Cilvegözü sei bereits geöffnet und führe in die von der Opposition kontrollierte Provinz Idlib. Allerdings seien die Straßen in dem Gebiet schwer beschädigt, was die Hilfe erschwere. Die Türkei öffnete seinen Angaben zufolge ihren Luftraum für Flüge, die internationale Hilfsgüter zu syrischen Flughäfen wie dem in Aleppo bringen.

Brennpunkt: Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien

Brennpunkt 20:15 Uhr

Christian Katzer, der Leiter der Ärzte ohne Grenzen Deutschland, berichtet im Brennpunkt von extrem schwierigen Arbeitsbedingungen für die Helfer in Nordysrien. Auch auf Grund des langanhaltenden Bürgerkrieges sei die gesundheitliche Infrastruktur in dem Land "extrem prekär".

Nun wurden durch das Beben noch weitere Krankenhäuser beschädigt und zerstört. "Das Gesundheitssystem ist am Anschlag," so Katzer. Die Menschen übernachteten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt im Freien. "Es fehlt an internationaler Unterstützung in diesem Gebiet."

Es brauche "unbedingt internationalen Druck" auf die syrische Regierung, weitere Grenzübergänge für Hilfslieferungen zu öffnen.

"Gesundheitliche Infrastruktur sehr prekär", Christian Katzer, Ärzte ohne Grenzen, zur Situation in Syrien

Brennpunkt 20:15 Uhr

Der Malteser Hilfsdienst stockt seine Hilfe in Syrien auf. "Wir werden jetzt die lebensrettenden Maßnahmen erhöhen", sagte der Leiter der Nothilfeabteilung der Malteser International, Oliver Hochedez, am Abend im ZDF. "Wir werden versuchen, Medikamente (...) auch an Krankenhäuser zu entsenden." Nötig seien auch Zelte. "Es ist bitterkalt."

Die Hilfsorganisation ist nach seinen Angaben bereits seit zehn Jahren vor allem im Gesundheitssektor in Syrien im Einsatz. Seit den Erdbeben würden verstärkt Verwundete behandelt. "In den letzten zwei, drei Tagen sind es über 100 Operationen, die wir auch durchgeführt haben mit den syrischen Ärzten vor Ort", sagte Hochedez, "Wir sehen viele Menschen, die auf der Straße eine Unterkunft eingerichtet haben." Viele seien traumatisiert.

Nach den schweren Erdbeben sind erste Rettungsteams aus den USA in der Türkei angekommen. Das teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Zwei Such- und Rettungsteams aus den USA seien auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik eingetroffen und könnten in Kürze ihre Arbeit aufnehmen, teilte Pentagon-Sprecher Pat Ryder mit. Bereits am Dienstag hätten in Incirlik stationierte Flugzeuge des US-Militärs mit dem Transport von Ersthelfern in die am stärksten betroffenen Gebiete begonnen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erodgan hat einen raschen Wiederaufbau angekündigt. Innerhalb eines Jahres sollten alle Trümmer in den zehn betroffenen Provinzen beseitigt und die Häuser wiederaufgebaut sein, sagte Erdogan bei einem Besuch in der Provinz Hatay. Dort kamen mehr als 3300 der über 9000 Todesopfer des Bebens auf der türkischen Seite der Grenze ums Leben. Erdogan räumte Unzulänglichkeiten bei der Reaktion der Behörden auf das Beben ein. Aber auch das Wetter habe die Such- und Rettungsmaßnahmen behindert, sagte er. Auf eine Katastrophe solchen Ausmaßes könne man sich nicht vorbereiten. Überlebende in der Provinz Hatay sagten, Rettungskräfte seien zu spät eingetroffen, um ihre Angehörigen noch zu retten. Die Einsätze wurden durch die Zerstörung der Landebahn des Flughafens von Hatay erschwert.

In der Türkei ist eine 75-Jährige 60 Stunden nach der Erdbeben-Katastrophe aus den Trümmern befreit worden. Nach sechsstündigen Rettungsarbeiten sei die Frau in der schwer getroffenen Provinz Hatay aus einem eingestürzten Haus befreit worden, berichtete die Onlinezeitung Gazete Duvar. Die Suche nach ihrem an Alzheimer erkrankten Ehemann brachen die Retter wegen fehlender technischer Ausrüstung schließlich ab. Allein in der Türkei starben bislang mehr als 9000 Menschen. Aus Syrien wurden zuletzt 2662 Tote gemeldet. Mehr als 56.000 Menschen wurden in den beiden Ländern verletzt. Es wird befürchtet, dass angesichts vieler Vermisster noch mehr Leichen gefunden werden.

In der Südprovinz Adiyaman gelang es Feuerwehrleuten, ein sieben Monate altes Baby aus den Trümmern gerettet. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, wurde das Baby zwei Tage nach den Beben in ein Krankenhaus gebracht. Auch im südtürkischen Hatay befreiten Retter ein Baby 58 Stunden nach der Katastrophe. Die Helfer stiegen in eine Lücke zwischen den eingestürzten Hauswänden, wickelten das Baby in eine Decke und hoben es heraus, wie Aufnahmen der Nachrichtenagentur DHA zeigten. In Kahramanmaras wurde ein einjähriges Kind mit seiner schwangeren Mutter nach 56 Stunden lebend unter den Trümmern hervorgeholt, wie DHA berichtete. Das Gesicht des Mädchens war weiß vor Staub. Der Vater war schon zuvor lebend gerettet worden.

Die Bergungsarbeiten sind ein Rennen gegen die Zeit: Die kritische Überlebensgrenze für Verschüttete liegt normalerweise bei 72 Stunden.

08.02.2023 • 19:14 Uhr

Twitter-Ausfälle in der Türkei

Twitter ist in der Türkei teilweise nicht erreichbar gewesen. Die Nutzer konnten über mehrere türkische Mobilfunkanbieter nicht mehr auf den Kurzbotschaftendienst zugreifen. Der Grund für die Störung ist unklar. An Twitter selbst schienen sie aber nicht zu liegen. Mit Hilfe eines VPN-Dienstes, der ein privates Netzwerk simuliert und damit den eigenen Standort verschleiern kann, gelang es Reportern der Nachrichtenagentur AFP nach wie vor problemlos, Twitter zu benutzen. Laut der Website netblocks.org, die den Netzwerkverkehr von Websites weltweit beobachtet und über Störungen und staatliche Abschaltungen berichtet, war der Zugang zu Twitter "bei mehreren Internetanbietern in der Türkei" eingeschränkt.

Twitter war genau zu dem Zeitpunkt nicht mehr erreichbar, als Erdogan erstmals nach dem Beben die beiden am heftigsten von den Schäden betroffenen türkischen Provinzen besuchte. Zahlreiche Menschen hatten sich in zuvor in Onlinenetzwerken über sein Katastrophenmanagement beklagt. Das Verkehrs- und Infrastrukturministerium war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Die Behörde für Informations- und Kommunikationstechnologien (BTK), die Institution, die solche Beschränkungen auferlegen könnte, ist dem Verkehrsministerium unterstellt.

08.02.2023 • 18:21 Uhr

EU plant Geberkonferenz

Zur Unterstützung der Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammen mit dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson eine internationale Geberkonferenz ausrichten. Die Veranstaltung sei für März in Brüssel geplant, teilten beide Seiten mit, ohne ein konkretes Datum zu nennen. "Wir alle sind erschüttert von den verheerenden Auswirkungen der Erdbeben, die sich diese Woche in der Türkei und in Syrien ereignet haben", sagte von der Leyen. Schweden hat derzeit den Vorsitz der EU-Staaten inne.

08.02.2023 • 18:17 Uhr

Bangladesch schickt Rettungsteam

Bangladesch will ein Such- und Rettungsteam mit 70 Mitgliedern in die Region schicken. Das Team bestehe unter anderem aus medizinischem Personal, Feuerwehrleuten und Streitkräften, teilte das Außenministerium in der Hauptstadt Dhaka mit. Es sollte am Mittwochabend (Ortszeit) mit einem Flieger der Luftwaffe in die Türkei fliegen. Für Donnerstag verkündete Bangladesch einen Tag der Trauer für die mehr als 11.000 Verstorbenen in der Türkei und in Syrien. In Moscheen im ganzen muslimisch geprägten Land solle es dann spezielle Gebete für ihren ewigen Frieden geben.

Italienische Feuerwehrleute haben in den Trümmern eines eingestürzten Hauses in der Türkei einen jungen Mann gerettet. Der 23-Jährige sei in der Stadt Antakya lokalisiert worden, wie die Feuerwehr mitteilte. Nach neun Stunden gelang es den Spezialkräften demnach, den Verschütteten aus den Ruinen des Wohnhauses herauszuholen. Die italienische Feuerwehr hatte am Dienstag rund 50 Mitglieder einer Such- und Rettungseinheit sowie modernes Gerät nach Adana nahe Antakya an die türkische Mittelmeerküste geflogen. In der Nacht konzentrierten sich die Helfer samt Suchhunden dann auf ein fünfstöckiges Wohnhaus, das wegen des Erdbebens eingestürzt war.

In Pazarcik, 50 Kilometer nördlich von Gaziantep, treffen Hilfslieferungen ein, wie ARD-Korrespondentin Katharina Willinger berichtet. Auch in dieser Stadt habe es große Schäden und viele Opfer gegeben, da hier das Epizentrum gelegen habe. Von Stunde zu Stunde werde es schwieriger, noch Überlebende zu finden. Doch die Helfer haben weiterhin die Hoffnung, Menschen retten zu können. Die Wut sei vielerorts sehr groß, da die Hilfe schleppend angelaufen sei.

"Wut auf Regierung sehr groß", Katharina Willinger, ARD Istanbul, zzt. Pazarcik, zur Kritik an Tempo des Krisenmanagements

tagesschau24 17:00 Uhr

Das schwere Erdbeben in der Türkei und Syrien ist auch von Sensoren in den Atommülllagern Asse und Morsleben registriert worden. Die Messdaten hätten ergeben, dass das Beben keine Schäden in den beiden Anlagen verursacht habe, teilte die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) in Peine mit. Die bundeseigene Gesellschaft betreibt die beiden Lagerstätten für radioaktive Abfälle. Die hoch empfindlichen Sensoren hatten auch das Tsunami-Beben 2011 in Japan und den Vulkanausbruch Anfang 2022 in Tonga wahrgenommen. Im früheren DDR-Endlager Morsleben in Sachsen-Anhalt lagern rund 37.000 Kubikmeter Atommüll, im ehemaligen Salzbergwerk Asse II ist es ungefähr die dreifache Menge.

Karte von der Türkei und Syrien mit mehreren Erdbeben (Stand 6.2.23 12 Uhr)

Eine schwer beschädigte Straße im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) so weit repariert worden, dass Hilfsgüter befördert werden können. Die WHO könne so die Opfer in Nordsyrien mit Notfallmaterial aus einem Lager in der Türkei versorgen, sagte deren Vertreter in der Türkei, Batir Berdiklischew, per Videolink an die Zentrale in Genf. Zudem seien zwei Frachtmaschinen mit WHO-Material startbereit, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Die erste sollte am Donnerstag, die zweite am Freitag in Damaskus eintreffen. In Syrien waren Klagen laut geworden, dass zwar viel Hilfe in der Türkei, aber wenig in Syrien eintrifft.

Die Frachtgesellschaft Lufthansa Cargo organisiert für Freitag einen ersten Hilfsflug, mit dem Hilfsgüter in die Türkei gebracht werden sollen. Diese seien von türkischen Gemeinden gesammelt worden. Für den Flug soll die größte verfügbare Maschine vom Typ Boeing 777 eingesetzt werden, die rund 110 Tonnen Fracht transportieren kann. Die Güter sollen vor Ort der türkischen Katastrophenschutzbehörde Afad zur Verfügung gestellt werden.

Die Zahl der Menschen, die in der Türkei und in Syrien durch die schweren Erdbeben ums Leben gekommen sind, ist laut der Nachrichtenagentur dpa auf mehr als 11.700 angestiegen. Die dpa beruft sich auf Behördenangaben. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte von mindestens 9057 Todesopfern in den betroffenen Regionen seines Lande gesprochen. Knapp 57.000 Menschen seien in beiden Ländern verletzt worden. In Syrien waren von den Behörden mindestens 2662 Tote gemeldet worden.

Hunderttausende Einwohnerinnen und Einwohner der von den Erdbeben betroffenen Gebiete in Syrien haben nach Regierungsangaben ihre Häuser verlassen müssen. Etwa 298.000 Menschen seien betroffen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf Regierungsangaben. Das Land habe 180 Notunterkünfte eröffnet.

Die staatlichen Angaben beziehen sich in der Regel nur auf die von der Regierung kontrollierten Gebiete. Wie viele Menschen in den von Rebellen gehaltenen Regionen Syriens ihre Häuser verlassen mussten, ist noch unklar.

Das Erste informiert auch heute Abend nach der Tagesschau um 20 Uhr in einem Brennpunkt über die Entwicklungen nach den schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien.

Die EU will die Türkei und Syrien nach den verheerenden Beben finanziell unterstützen. Dafür soll Syrien 3,5 Millionen Euro an Soforthilfe erhalten, für die Türkei sind drei Millionen Euro vorgesehen. Das kündigte das EU-Gremium per schriftlichem Statement an. Den Angaben zufolge handelt es sich um eine der größten Hilfsaktionen jemals im Rahmen des Katastrophenschutzmechanismus. Laut Kommission sind mittlerweile etwa 1500 Rettungskräfte aus 20 EU-Ländern sowie aus Albanien, Montenegro und Serbien in den Erdbebenregionen im Einsatz.

Der Handel an der Istanbuler Börse soll fünf Arbeitstage lang unterbrochen werden, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Zudem werden alle Transaktionen, die am 8. Februar stattgefunden haben, rückwirkend als ungültig erklärt. Nach den schweren Erdbeben war der türkische Markt an der Börse eingebrochen. Daraufhin war schon am Vormittag ein zeitlicher Handelsstopp erfolgt.

Im südtürkischen Hatay konnten Rettungskräfte nach 58 Stunden ein vier Monate altes Kind aus einem eingestürzten Wohnhaus retten. Nun wird nach den Eltern des kleinen Mädchens gesucht, wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete.

Nach den Beben in Syrien fehlt es den dort lebenden Menschen an den grundlegendsten Dingen: Trinkwasser, Kleidung, Hygieneprodukte. Die Bergungsarbeiten kommen hier deutlich stockender voran, als im Nachbarland Türkei, wie Anna Osius berichtet.

Mit einem Eintrag in das Kondolenzbuch im türkischen Generalkonsulat in München hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder seine Anteilnahme nach den Erdbeben ausgedrückt. Nun gehe es darum, in dieser "schweren Notlage" Hilfe zu leisten.

Auch Armenien schickt Helfer in die Erdbebenregionen in der Türkei und in Syrien. Dem Innenministerium des Landes zufolge wurden 27 Helfer in die Türkei und 29 Helfer nach Syrien geschickt. Vor allem im Hinblick auf die Türkei eine bedeutsame Geste, da das politische Verhältnis zwischen Armenien und der Türkei sowohl aus historischen Gründen als auch wegen des Konflikts um die Gebirgsregion Berg-Karabach schwer belastet ist.

08.02.2023 • 15:20 Uhr

Debatte um Sanktionen gegen Syrien

Die USA und Deutschland haben Kritik des syrischen Regimes zurückgewiesen, dass bestehende Sanktionen die Hilfe für die Erdbebenregionen blockieren würden. Das Außenministerium in Damaskus warnte in einer auf Twitter verbreiteten Mitteilung: "Manchmal graben sie mit bloßen Händen durch die Trümmer, weil die Geräte dafür verboten sind."

Die USA und die EU hatten nach Beginn des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2011 scharfe Sanktionen gegen Syrien verhängt. In Bezug auf die Strafmaßnahmen gelten jedoch Ausnahmen, was humanitäre Hilfe und Hilfslieferungen betrifft.

Diesen Fakt hob auch das US-Außenministerium hervor. "Jegliche US- oder internationale Sanktionen enthalten humanitäre, medizinische, Essens- und andere Ausnahmen", hieß es von der Behörde. Auch eine Sprecherin des Auswwärtigen Amtes wies den Vorwurf klar zurück. Die Sanktionen richteten sich gezielt gegen das syrische Regime und dessen Unterstützer, während man negative Folgen für die Zivilbevölkerung so weit wie möglich vermeide. Lebensmittel, Medikamente und schweres Gerät für die Bergung von Verschütteten seien von den Sanktionen "ausdrücklich ausgenommen".

Infolge der schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien erhöht die Bundesregierung ihre humanitäre Hilfe für die beiden Länder um 26 Millionen Euro. Das teilte das Auswärtige Amt mit. 25 Millionen sollen dabei an zwei Hilfsfonds der Vereinten Nationen gehen, eine Million Euro soll demnach der Hilfsdienst der Malteser erhalten.

Die Bundeswehr fliegt rund 50 Tonnen Hilfsgüter in das Katastrophengebiet. Die Ware werde mit drei Transportflugzeugen vom Typus Airbus A400M vom Militärflughafen im niedersächsischen Wunstorf aus in das Gebiet geschickt, bestätigte ein Sprecher der Luftwaffe der Nachrichtenagentur dpa. Der Abflug sei für Donnerstagvormittag geplant. Am Morgen waren ehrenamtliche Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) Baden-Württemberg mit sieben Lastwagen aus dem Großraum Ulm nach Niedersachsen aufgebrochen, wie ein Sprecher des THW mitteilte.

Bepackt waren sie mit knapp 2000 Feldbetten, Schlafsäcken und Decken. Auch Zelte, Heizgeräte und Isomatten werden in das Krisengebiet gebracht. Die Hilfsgüter stammen aus dem Logistikzentrum des Auswärtigen Amtes im Großraum Ulm. Der Bestand ist dort speziell für solche Notfälle eingelagert.

In Iskenderun ist am Mittag ein Mann lebend aus den Trümmern gerettet worden. Das berichtet ARD-Korrespondent Markus Rosch aus der Stadt. Die Hilfe laufe an, vielleicht etwas zu spät, das mache einige Menschen wütend. Doch man müsse bedenken, dass es sich um eine Katastrophe großen Ausmaßes handele. 23 Millionen Menschen in zehn Provinzen seien betroffen.

"Vor einer halben Stunde ist ein Mann hier lebend geborgen worden", Markus Rosch, ARD Istanbul, zzt. Iskenderun (Türkei)

tagesschau 14:00 Uhr

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BBK) koordiniert die deutsche Hilfe für die Erdbebenregionen in der Türkei und Syrien. Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW), der Bundespolizei und Rettungsspezialisten von ISAR Germany seien bereits im Einsatz, erklärte das Bundesamt in Bonn. Über NATO und EU seien Lieferungen von medizinischem Material und Ausrüstung zur Unterbringung und zur Notstromversorgung angefragt. Sie würden schnell auf den Weg gebracht, um die lokalen Behörden bei der Bewältigung der Krise zu unterstützen. Das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum (GMLZ) im BBK bereite weitere Hilfen vor.

BBK-Präsident Ralph Tiesler erklärte, wegen des Ausmaßes der Zerstörung und der vielen Menschen, die bei eisigen Temperaturen in den betroffenen Gebieten ausharrten, sei besonders schnelle und effektive Hilfe nötig.

Vodafone und Telefónica erlassen vorerst die Kosten für Telefonate und SMS nach Syrien und in die Türkei. Auch das Roaming vor Ort werde nicht in Rechnung gestellt. Vielerorts sei allerdings die Kommunikationsinfrastruktur in den Krisengebieten zerstört, erklärte ein Vodafone-Sprecher. Um dringend benötigte Mobilfunk-Netze schnellstmöglich aufzubauen, bringe Vodafone sogenannte Instant-Networks und freiwillige Technik-Experten auch aus Deutschland zu den Menschen. Diese lieferten Basis-Mobilfunk für Betroffene genauso wie für Retter und Helfer vor Ort. Zuvor hatte bereits die Deutsche Telekom erklärt, allen Telekom- und Congstar-Kunden rückwirkend ab dem 6. Februar 00.00 Uhr bis zum 15. Februar 24.00 Uhr Telefonate und SMS aus Deutschland in die Türkei und nach Syrien über das Mobilfunk- und Festnetz kostenfrei zu schalten.

08.02.2023 • 14:23 Uhr

Retter aus Zypern in der Türkei

Trotz schwerer Spannungen mit der Türkei und der Besetzung des Nordteils der Insel durch türkische Truppen sollen 21 Retter aus der EU-Republik Zypern in den Erdbebengebieten eingesetzt werden. Die Aktion werde unter der Schirmherrschaft der EU stattfinden. Die Regierung in Ankara habe dies akzeptiert, teilte ein Sprecher des zyprischen Außenministeriums mit. Es ist das erste Mal nach 1974, dass die Türkei eine Beteiligung von griechisch-zyprischen Beamten in ihrem Territorium erlaubt. Die Türkei erkennt die Republik Zypern nicht an.

Italien will in den nächsten Tagen ein Schiff der Marine mit Hilfsgütern in die Erdbebengebiete schicken. Der Chef des italienischen Zivilschutzes, Fabrizio Curcio, sagte, mit dem Schiff sollten unter anderem Ausrüstungen und Gerätschaften für ein Feldspital, weiteres Spezialequipment, Elektronik und Zelte transportiert werden. Zudem werden Ärzte und Helfer in die Erdbebengebiete im östlichen Mittelmeer geschickt. Curcio sagte, er hoffe, dass das Schiff noch vor dem Wochenende starten könne.

Weil Italien häufig von Erdbeben heimgesucht wird, hat das Land gut ausgebildete Spezialisten, Gerätschaften und Ablaufpläne für derartige Katastrophen. Am Montag und Dienstag hatte Rom bereits zwei Flugzeuge mit Erdbebenhelfern und Hunden in die Türkei geschickt.

08.02.2023 • 13:50 Uhr

Die Lage in Iskenderun

ARD-Korrespondent Markus Rosch berichtet aus Iskenderun in der Provinz Hatay über die Lage im Katastrophengebiet. Auch hier gibt es viele Zerstörungen. Am Hafen der rund 250.000 Einwohner zählenden Stadt ist ein Feuer ausgebrochen.

08.02.2023 • 13:41 Uhr

Erdogan sagt finanzielle Hilfe zu

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat bei seinem Besuch im von den Erdbeben schwer zerstörten Kahramanmaras den Opfern der Katastrophe finanzielle Hilfe zugesagt. Betroffene Familien erhielten jeweils 10.000 Türkische Lira (rund 500 Euro) Soforthilfe, versprach Erdogan.

Er kündigte zudem die Einrichtung von Sammelunterkünften an. "Wir können niemals zulassen, dass unsere Bürger auf der Straße bleiben", sagte Erdogan.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Erdbebenopfern in der Türkei und Syrien Hilfe versprochen. "Die Bundesregierung hat den türkischen Behörden unverzüglich Hilfe zugesagt", sagte er in seiner Regierungserklärung. Man stehe in engem Kontakt mit den UN, um Hilfe auch in das syrische Erdbebengebiet zu bringen.

"Jetzt zeigt sich wieder einmal, wie lebenswichtig dieser grenzüberschreitende Zugang ist, für den wir uns seit Jahren einsetzen", sagte Scholz Er dankte den Menschen in Deutschland für eine sehr große Hilfsbereitschaft. Dies zeige auch, "wie nah wir uns unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit türkischen oder syrischen Wurzeln fühlen".

Der Bundestag gedachte in einer Schweigeminute der Opfer der Katastrophe. "Das Ausmaß an Tod, Zerstörung und Leid erschüttert uns zutiefst", sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.

Gedenken im Bundestag an die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien

Im Bundestag wurde eine Schweigeminute für die Erdbebenopfer abgehalten.

Die deutsche Luftwaffe bereitet nach Angaben aus Bundeswehrkreisen die Lieferung von Hilfsgütern in die Erdbebenregion vor. Am Donnerstag sollen demnach drei Transportmaschinen des Typs A400M vom Stützpunkt Wunstorf in Niedersachsen aus mit Hilfsmaterial in Richtung Türkei starten. Die Hilfsgüter kämen vom Technischen Hilfswerk (THW) und würden per Konvoi aus Süddeutschland nach Wunstorf gebracht.

"Die Lage in Nordsyrien ist aufgrund des lang anhaltenden Bürgerkriegs sehr schwierig für die Menschen", sagt Christian Katzer, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen, im Interview mit tagesschau24. Es gebe zwar Krankenhäuser in der Region, doch viele seien beschädigt. "Es fehlt an internationaler Hilfe, da muss unbedingt sehr schnell etwas passieren."

Weitere internationale Kolleginnen und Kollegen seien auf dem Weg nach Syrien, um die Teams vor Ort zu unterstützen. Das Hauptproblem sei, nach Nordsyrien zu gelangen. Der einzig funktionierende Grenzübergang aus der Türkei sei beschädigt.

Christian Katzer, Geschäftsführer "Ärzte ohne Grenzen", zu den Versorgungsbedingungen in den Erdbebenregionen

tagesschau24 11:00 Uhr

Zwei Tage nach den schweren Erdbeben hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Probleme bei den Hilfsmaßnahmen eingeräumt. Es habe einige Schwierigkeiten bei der ersten Krisenreaktion gegeben, sagte Erdogan bei einem Besuch im Katastrophengebiet in der Provinz Kahramanmaras im Süden des Landes.

Es habe Probleme mit den Straßen und Flughäfen gegeben, dies alles werde aber von Tag zu Tag besser. Nun seien die Abläufe wieder normal, sagte Erdogan angesichts von Klagen aus der Bevölkerung über mangelnde Hilfsressourcen und eine zu langsame Reaktion der Behörden.

08.02.2023 • 12:40 Uhr

Hilfe kommt vielerorts nicht an

Es gebe zu wenig Hilfe von staatlicher Seite, ist immer wieder aus einigen Erdbebenregionen in der Türkei zu hören. Viele Menschen sind verzweifelt. Sie harren auch am dritten Morgen nach dem Beben im Freien aus. Helfer verteilen warme Mahlzeiten und Wasser.

Immer wieder beklagen türkische Menschen zu wenig Hilfe und Unterstützung von staatlicher Seite

Gabriele Dunkel, ARD Istanbul, tagesschau 12:00 Uhr

Die syrische Regierung hat einen Antrag auf Katastrophenhilfe an die EU gestellt. Das Hilfsersuchen umfasse eine lange Liste an gängigen Katastrophenschutzgütern, sagte der für das EU-Krisenmanagement zuständige Kommissar Janez Lenarcic bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Demnach fragt Syrien etwa nach Medikamenten, Lebensmitteln und nach medizinischen Geräten. "Ich ermutige die EU-Staaten, auf die Anfrage zu reagieren", sagte Lenarcic.

08.02.2023 • 12:29 Uhr

Rettungsarbeiten in Sanliurfa

ARD-Korrespondentin Katharina Willinger berichtet aus der 800.000 Einwohner zählenden Stadt Sanliurfa. Hier biete sich ein anderes Bild als gestern in Adiyaman, sagt sie. In Sanliurfa sei der Katastrophenschutz AFAD zusammen mit Feuerwehr und Militär mit Rettungs- und Bergungsarbeiten beschäftigt. Mit jeder Minute schwinde aber die Wahrscheinlichkeit, dass noch Überlebende gerettet werden können.

"Hier versucht man, mit den Rettern noch alles möglich zu machen", Katharina Willinger, ARD Istanbul, zzt. Sanliurfa (Türkei)

tagesschau 12:00 Uhr

Die Zahl der Todesopfer nach den Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet ist auf mehr als 11.000 gestiegen. Wie der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, liege die Zahl alleine für die Türkei nun bei mehr als 8500. Aus Syrien wurden zuletzt 2270 Tote gemeldet. Erdogan ist derzeit im Katastrophengebiet unterwegs.

08.02.2023 • 12:01 Uhr

Türkische Börse setzt Handel aus

Der Handel an der Istanbuler Börse ist vorerst ausgesetzt worden. "Unsere Börse hat beschlossen, den Handel mit Aktien, Futures und Optionen zu stoppen", hieß es in einer Stellungnahme der Börse. Zuvor war der Handel nach dem Erreichen bestimmter Verlustschwellen bereits zweimal automatisch unterbrochen worden. Wann der Handel wieder aufgenommen werden soll, wurde nicht mitgeteilt.

08.02.2023 • 12:00 Uhr

Erdogan besucht Erdbebengebiet

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist in den Erdbebengebieten im Südosten des Landes angekommen. Er sei in der Provinz Kahramanmaras und auf dem Weg zu einer für die Erdbebenopfer errichteten Zeltstadt, teilte das Präsidialamt mit. Erdogan wollte auch die Provinz Hatay besuchen. Beide Gebiete sind stark von den Beben getroffen und haben Tausende Tote zu verzeichnen.

Vielerorts klagen Betroffene über fehlende oder nur schleppende Hilfe bei der Bergung Verschütteter. Aus Istanbul und der Küstenmetropole Izmir machten sich unterdessen zwei mit Geräten beladene Schiffe auf den Weg ins Erdbebengebiet, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Sie hätten unter anderem schweres Gerät wie Kräne geladen.

08.02.2023 • 11:57 Uhr

Flaggen in Berlin auf halbmast

Nach den schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien hängen die Flaggen am Mittwoch in Berlin auf halbmast. Das hatte der Senat am Dienstag mit sofortiger Wirkung beschlossen. Aus Solidarität mit den Erdbebenopfern werden tagsüber alle Flaggen an öffentlichen Gebäuden auf halbe Höhe gesetzt. Die Trauerbeflaggung gilt bis zum Mittwochabend.

Nach den schweren Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet sind 50 Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) zum Hilfseinsatz in Gaziantep im Südosten der Türkei eingetroffen. Ihre Aufgabe sei es, verschüttete Menschen zu orten, zu retten und erstzuversorgen, sagte der Sprecher des THW-Landesverbandes Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Michael Walsdorf.

Nach der Landung am Morgen würden sie zunächst Fahrzeuge beladen und dann in ihr Einsatzgebiet fahren. Das Team habe vier Rettungshunde und rund 16 Tonnen Ausstattung dabei. Dazu gehöre auch schweres Gerät wie Betonkettensägen.

Die Helfer seien vor Ort in Kontakt mit den Koordinierungsteams der Vereinten Nationen und des Katastrophenschutzes der Türkei. Nach Ankunft in ihrem zugewiesenen Gebiet würde das Team sich teilen: Ein Teil lege direkt mit der Suche nach Verschütteten los, der andere werde das Camp für die Helfer aufbauen, sagte Walsdorf.

08.02.2023 • 10:24 Uhr

Opferzahl steigt auf mehr als 9500

Nach Angaben der türkischen Behörden, der syrischen Regierung und der Helfergruppe Weißhelme ist die Zahl der Toten auf mehr als 9400 gestiegen. Aus der Türkei wurden 6957 Tote gemeldet, aus Gebieten unter Kontrolle der syrischen Regierung 1250 und aus der Rebellenhochburg Idlib 1280.

Mehr als 9500 Tote sind in der Türkei und in Syrien inzwischen bestätigt

tagesschau24 10:00 Uhr
08.02.2023 • 09:49 Uhr

Syrien: Baby in Trümmern geboren

Im Norden Syriens ist nach Krankenhausangaben ein Baby in den Trümmern zur Welt gekommen und hat überlebt. Dem kleinen Mädchen gehe es gut, sagte der behandelnde Arzt Hani Maruf im Krankenhaus Afrin der Nachrichtenagentur dpa. "Ihr Zustand ist stabil, aber sie hat einige Rippen gebrochen." Die Mitarbeiter des Krankenhauses gaben dem Mädchen den Namen Aja.

Das Heimatdorf der Familie nahe der türkischen Grenze wurde von den Erdbeben schwer getroffen. Dem Arzt zufolge kam die gesamte Familie des Mädchens bei der Katastrophe ums Leben - beide Eltern sowie vier Geschwister und eine Tante. Vermutet wird, dass die Mutter kurz nach der Geburt starb.

Humanitäre Hilfe muss nach Einschätzung von Ärzte ohne Grenzen nun auch schnell in die syrischen Erdbebengebiete kommen. "International ist es wichtig, dass Teams relativ zügig auch nach Syrien in dieses Gebiet kommen und die Menschen dort unterstützen", sagte die stellvertretende Vorsitzende Parnian Parvanta der Nachrichtenagentur dpa. Dabei gehe es um Nahrungsmittel und Decken, aber auch um Hilfe beim Wiederaufbau. Das Problem sei, dass das Gebiet seit Jahren unter dem Bürgerkrieg leidet.

Der türkische Botschafter in Berlin, Ahmet Basar Sen, hat den vom Erdbeben betroffenen Syrern die Hilfe seines Landes zugesagt. "Wir solidarisieren uns auch mit dem syrischen Volk", sagte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. "Die Türkei hilft den Syrern, sowohl auf der türkischen Seite als auch auf der anderen Seite der syrischen Grenze.".

Ob die Türkei weitere Grenzübergänge zu Syrien öffnen werde, ließ der Botschafter offen. "Je nach Sicherheitslage müssen das vor Ort die türkischen Behörden entscheiden." Dies werde in dieser schwierigen Lage aber "bestimmt geprüft", sagte er.

Außerdem bat er um weitere Hilfen aus Deutschland. Um Menschen aus den Trümmern zu befreien, seien mehr Rettungskräfte nötig. Zerstörte Straßen und niedrige Temperaturen erschwerten die Rettungsarbeiten im Krisengebiet. "Das ist eine Jahrhundertkatastrophe, vielleicht eine Jahrtausendkatastrophe", betonte der Botschafter. Das Ausmaß der Zerstörung sei so groß, dass in zehn Provinzen annähernd 15 Millionen Menschen betroffen seien.

08.02.2023 • 09:21 Uhr

"Dramatische Lage" in Iskenderun

Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei kann der Großbrand im Containerhafen von Iskenderun offenbar immer noch nicht gelöscht werden, berichtet ARD-Korrespondent Markus Rosch. Die Lage sei dramatisch: Die Nächte seien kalt und die Menschen müssten auf den Straßen übernachten. Außerdem würden weitere Nachbeben in der Provinz befürchtet, so Rosch.

Markus Rosch, ARD Istanbul, zzt. Iskenderun, zur aktuellen Lage im Erdbebengebiet auf türkischer Seite

tagesschau24 09:00 Uhr

Die Zahl der Todesopfer nach dem verheerenden Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet ist in der Türkei auf 6234 gestiegen. Das teilte die Katastrophenschutzbehörde Afad nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu mit. Mehr als 37.000 Menschen seien verletzt worden. Insgesamt stieg die Zahl der Todesopfer in der Türkei und in Syrien damit auf 8504. Mehr als 40.000 Menschen wurden verletzt.

Der türkische Oppositionsführer hat Präsident Recep Tayyip Erdogan nach dem schweren Erdbeben Versagen vorgeworfen. "Wenn jemand hauptverantwortlich für diesen Verlauf ist, dann ist es Erdogan", sagte Kemal Kilicdaroglu, Chef der größten Oppositionspartei CHP, in einem Video, das er am frühen Morgen auf Twitter teilte.

Erdogan habe es versäumt, das Land in seiner 20-jährigen Regierungszeit auf solch ein Beben vorzubereiten, kritisierte Kilicdaroglu. Er warf Erdogan zudem vor, die Erdbebensteuer, die für die Vorsorge gedacht ist, verschwendet zu haben.

Kilicdaroglu war in die Erdbebenregion gereist, Erdogan wird Medienberichten zufolge am Mittwoch dort erwartet, voraussichtlich reist er nach Adiyaman.

Internationale Medien berichten derzeit über ein Foto, das von der Türkei über Großbritannien und die USA bis nach Asien um die Welt gegangen ist. Die "New York Post" schreibt von einem "tragischen Foto". Die "Daily Mail" bezeichnet es als "Foto, das das Herz der Welt gebrochen hat". Die Zeitung "El Universo" bezeichnet es als "herzzerreißendste Foto des Erdbebens in der Türkei".

Der Fotograf Adem Altan hat die Szene für die Nachrichtenagentur AFP festgehalten: Mesut Hancer hält die Hand seiner 15-jährigen Tochter Irmak, die bei dem Erdbeben in Kahramanmaras nahe des Epizentrums des Bebens ums Leben kam.

Mesut Hancer hält die Hand seiner 15-jährigen Tochter Irmak, die bei dem Erdbeben in Kahramanmaras nahe dem Epizentrum des Bebens ums Leben kam.

Rettungskräfte haben in der Südosttürkei eine Frau 52 Stunden nach dem schweren Erdbeben aus den Trümmern befreit. Bilder des Senders NTV zeigten, wie die Einsatzkräfte in der Provinz Kahramanmaras die Frau auf einer Trage zum Krankenwagen trugen. Sie wurde demnach aus einem eingestürzten Hotel gerettet.

Die Provinz Kahramanmaras wurde schwer vom Beben getroffen, dort lag das Epizentrum. Verletzte werden teilweise zur Behandlung in die Millionenmetropole Istanbul gebracht, wie der Sender weiter berichtete.

08.02.2023 • 06:27 Uhr

Etwa 60.000 Helfer im Einsatz

Nach Angaben des türkischen Vizepräsidenten Fuat Oktay sind etwa 16.150 Rettungs- und Suchteams im Einsatz - sie seien in alle betroffenen Provinzen und Bezirke entsandt worden. Insgesamt seien etwa 60.000 Helfer vor Ort. Der Regierungspolitiker sagte, dass in der Nacht internationale und lokale Teams vor allem in die Provinzen Adiyaman, Hatay und Kahramanmaras gebracht würden, teils auf dem Luftweg. Die Wetterbedingungen ließen solche Flüge zu, was die Arbeit erleichtere.

Ein 50-köpfiges Team des Technischen Hilfswerks (THW), das auf die Ortung und Rettung von verschütteten Menschen spezialisiert ist, befindet sich auf dem Flug in die Türkei. Die Gruppe ist mit 16 Tonnen Technik und Ausrüstungen mit einem Charterflugzeug vom Flughafen Köln/Bonn in der Nacht gestartet, wie ein Sprecher des THW der Nachrichtenagentur dpa sagte.

Ankunftsziel sei die Stadt Gaziantep. Dort werde mit den türkischen Behörden der Einsatzort in der Erdbebenregion festgelegt. Das THW rechnet angesichts des Ausmaßes der Zerstörungen und der Nachbebengefahr mit einem schwierigen und möglicherweise auch längeren Einsatz im Erdbebengebiet der Türkei, wie THW-Präsident Gerd Friedsam vor dem Abflug des Teams deutlich machte.

Nach den Erfahrungen aus früheren Auslandseinsätzen bei anderen schweren Erdbeben weltweit gehe er davon aus, dass "wir noch zig Helferinnen und Helfer dorthin entsenden werden", sagte Friedsam.

Die Vereinten Nationen prüfen nach eigenen Angaben alle Möglichkeiten, um humanitäre Hilfe in den Nordwesten Syriens zu bringen. Die Zufahrtsstraße zum Grenzübergang Bab al-Hawa von der Türkei nach Nordsyrien sei aktuell beschädigt, weswegen Hilfslieferungen in das von Rebellen gehaltene Gebiet im Nordwesten des Bürgerkriegslandes unterbrochen werden mussten, erklärte UN-Sprecher Stéphane Dujarric. Der Grenzübergang selbst sei jedoch intakt.

Bab al-Hawa ist der einzige Grenzübergang, über den die UN aktuell Hilfsgüter in die Gegend bringen können. Die Vereinten Nationen bereiteten jedoch einen Konvoi vor, der die Konfliktlinien innerhalb Syriens überqueren solle, sagte Dujarric. Dies würde vermutlich eine neue Vereinbarung mit der Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nötig machen, dessen Truppen die von Aufständischen gehaltenen Gebiete belagern.

In Syrien ist bislang in vielen betroffenen Gebieten noch immer keine Hilfe von Außen da

tagesschau 09:00 Uhr

Deutschland werde alles tun, um den betroffenen Regionen zu helfen, sagte Vizekanzler Robert Habeck in Washington. "Die Hilfsleistungen sind ja schon angelaufen."

Der türkische Botschafter in Deutschland, Ahmet Basar Sen, hat sich von der Erdbebenhilfe der internationalen Gemeinschaft für sein Land beeindruckt gezeigt. Das türkische Volk sei sehr dankbar und "überwältigt von der raschen Unterstützung unserer Nachbarn und Freunde in der jetzigen Notsituation", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Er dankte der deutschen Gesellschaft und Regierung für ihre "enge und intensive Solidarität". "In solch schwierigen Zeiten ist es gut zu wissen, dass wir uns auf unsere Freunde in Europa uneingeschränkt verlassen können."

Zudem bedeute es dem türkischen Volk sehr viel, dass gerade Griechenland "noch schneller als die meisten anderen Staaten seine Unterstützung anbot", betonte Sen. Die Beziehungen zwischen der Türkei und seinem westlichen Nachbarn sind unter anderem wegen Grenzstreitigkeiten in der Ägäis angespannt. "Wir alle hoffen nun, nach Bewältigung der Notsituation, auf eine weitere Periode der pragmatischen Zusammenarbeit und des konstruktiven Dialogs unserer beiden Länder", so der Botschafter.

Die Zahl der Todesopfer nach dem verheerenden Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet ist neuen Behördenangaben zufolge auf 8164 gestiegen. Mehr als 39.200 Menschen wurden demnach verletzt. Alleine in der Türkei gibt es mindestens 5894 Tote und mehr als 34.810 Verletzte, wie der türkische Vizepräsident Fuat Oktay am späten Dienstagabend mitteilte.

Zudem seien durch das schwere Erdbeben am Montag mindestens 5775 Gebäude eingestürzt. In Syrien starben laut dem dortigen Gesundheitsministerium sowie der Rettungsorganisation Weißhelme 2270 Menschen.

Als Reaktion auf das verheerende Erdbeben in Syrien und der Türkei erlässt die Deutsche Telekom nach eigenen Angaben vorerst die Kosten für Telefonate in die beiden Länder. "Aufgrund der aktuellen Lage und der großen Herausforderung für die Beteiligten schaltet die Telekom allen Telekom- und congstar-Kunden rückwirkend ab dem 06.02.2023 (00.00 Uhr) bis zum 15.02.2023 (24.00 Uhr) Telefonate und SMS aus Deutschland in die Türkei und nach Syrien über das Mobilfunk- und Festnetz der Telekom kostenfrei", teilte das Telekommunikationsunternehmen mit.

Auch Anrufe aus der Türkei und Syrien heraus sind laut einem Tweet vorübergehend kostenfrei. Angehörige der Betroffenen der Erdbebenkatastrophe könnten so leichter in Verbindung bleiben, hieß es weiter. Außerdem würden Helfer vor Ort dadurch unterstützt.

Laut dem türkischen Außenminister Cavasoglu sind Rettungskräfte aus 36 Ländern im Einsatz. Kanzler Scholz hat dem türkischen Präsidenten Erdogan weitere umfassende Hilfe versprochen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 08. Februar 2023 ab 09:00 Uhr.