Sportanlagen sind vom Hochwasser der Mindel in Bayern überflutet (Archiv)
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Hochwasser in Süddeutschland ++ Weitere Tote in Bayern gefunden ++

Stand: 05.06.2024 17:28 Uhr

Die Zahl der Toten in Bayern infolge des Hochwassers ist Polizeiangaben zufolge auf vier gestiegen. Die Atommüll-Zwischenlager in den Hochwassergebieten sind bisher vom Wasser verschont geblieben. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

05.06.2024 • 19:32 Uhr

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Für heute schließen wir den Liveblog zum Hochwasser. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Die Zahl der Todesopfer infolge des Hochwassers in Bayern ist Polizeiangaben zufolge auf vier gestiegen. Eine 79 Jahre alte Frau sei am Mittwoch leblos im Mindelkanal in Schwaben entdeckt worden, teilten die Beamten mit. Sie war demnach am Sonntag in Jettingen-Scheppach bei Augsburg als vermisst gemeldet worden.

In Regensburg in Bayern haben Einsatzkräfte begonnen, kontrolliert Wasser an den Schutzwänden am Donauufer vorbeifließen zu lassen. "Wir haben einen völlig durchnässten Boden", sagte der Leiter des Regensburger Tiefbauamts, Michael Köstlinger. Aus Sorge, der Boden und damit die Schutzelemente in der Werftstraße könnten plötzlich versagen, lasse man einen gewissen Zufluss zu und schalte die Pumpen ab. Die Hoffnung sei mehr Stabilität für den Untergrund und damit auch für die Schutzwände durch den Wasserdruck auf beiden Seiten.

Am Dienstagabend hatten Bewohner in Regensburg etwa 30 Häuser räumen müssen, weil der Untergrund wegen des hohen Grundwassers immer weicher wurde. 

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) will von den Hochwasserschäden betroffene Sportvereine unterstützen und stellt dafür einen Grundstock von 100.000 Euro zur Verfügung. Dieses Geld biete die Basis für ein Spendenkonto. Der DOSB will sich mit den Landessportbünden der betroffenen Regionen austauschen, um die Mittel zu verteilen. 

Die Bodenseekreis-Gemeinde Meckenbeuren kehrt nach dem Hochwasser der vergangenen Tage langsam wieder zur Normalität zurück. "Der Krisenstab hat heute seine Arbeit eingestellt", sagte eine Gemeindesprecherin. "Dank des sonnigen Wetters sind die Aufräumarbeiten besonders gut vorangegangen." Eine geflutete Grundschule im Ortsteil Kehlen soll an diesem Donnerstag wieder öffnen. Das Wasser sei abgepumpt worden und der Strom sei auch wieder da. Alle Wahllokale stünden bereit für die Kommunal- und Europawahlen an diesem Sonntag. Vollgelaufene Abwasserkanäle seien mittlerweile gespült und wieder funktionstüchtig gemacht worden, zudem seien alle Straßen wieder befahrbar. "Gemessen an dem, was war, haben wir schon wieder ein großes Stück Normalität zurück", sagte die Sprecherin.

Karte: Hochwasser-Warnungen

Karte: Aktuelle Hochwasser-Warnungen.

Mit einem Sonderfonds der Notfallallianz Kultur will die Kulturstiftung der Länder die Rettung von Kulturgütern aus den aktuellen Hochwasserlagen in Deutschland unterstützen. Damit soll insbesondere die Bergung, Erstversorgung, Konservierung und Restaurierung von regional wie national bedeutendem Kulturgut gefördert werden, wie die Stiftung mitteilte. Der Fonds richtet sich demnach an gemeinnützige und öffentlich zugängliche kulturelle Einrichtungen. Projekte können mit bis zu 5.000 Euro gefördert werden. Die Kulturstiftung der Länder fördert im Auftrag der 16 Bundesländer Initiativen und Projekte in den Bereichen Kunst und Kultur.

Wegen Hochwasser und Unwetterschäden können auf mehreren Bahnstrecken in Bayern auch am Mittwoch keine Züge fahren. Gesperrt seien unter anderem die ICE-Strecken zwischen Donauwörth und Augsburg sowie zwischen Nürnberg und Würzburg, teilte die Bahn mit. Auch die stark beanspruchte Fernverkehrs-Achse zwischen Ulm und Augsburg sei nur eingeschränkt befahrbar. Deshalb endeten einige Fahrten früher, andere Züge verspäteten sich demnach um etwa 45 Minuten. Auch die Eurocity-Express-Verbindung von München nach Zürich blieb demnach am Mittwoch zwischen Lindau und der bayerischen Landeshauptstadt unterbrochen. Zudem blieb die Intercity-Route von Ulm in Richtung Kempten und Oberstdorf im Allgäu zunächst gesperrt. Im Regionalverkehr komme es auf vielen Routen ebenfalls zu Zugausfällen und erheblichen Verspätungen.

"Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit", sagt der Hochwasserexperte Holger Schüttrumpf. Laut dem Uniprofessor aus Aachen seien nur neun von 168 vereinbarten Maßnahmen des Nationalen Hochwasserschutzprogramms umgesetzt worden (Stand Mai 2023). Den Plan hatten Bund und Länder 2013 gemeinsam aufgelegt. Aber: "Insgesamt ist Deutschland ganz gut aufgestellt", bilanziert Schüttrumpf. Maßnahmen seien auf dem Weg, es tue sich viel. Das Thema sei insgesamt sehr komplex, weil unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen.

Zu lange Planungs- und Genehmigungszeiten würden jedoch wichtige Maßnahmen wie Hochwasser-Rückhaltebecken und Deichrückverlegungen bremsen, sagt der Experte. Das Bundesumweltministerium von Steffi Lemke (Grüne) verspricht hier Besserung. Im neuen Hochwasserschutzgesetz, an dem die Bundesregierung derzeit in Kooperation mit den Ländern arbeite, sollen auch Vorschläge zur Beschleunigung der Verfahren enthalten sein, teilt das Ministerium auf Anfrage mit.

Um gegenzusteuern, sollen nach Angaben von Lemke deutschlandweit knapp 33.000 Hektar als neue Rückhalteflächen geschaffen werden. Laut Professor Schüttrumpf nicht genug: Insgesamt brauche es viel mehr freie Flächen, um Wasser im Ernstfall abzufangen.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein fordert angesichts des Hochwassers in Süddeutschland die schnelle Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden. "Wir alle sehen, dass Extremwetterereignisse zunehmen. Naturkatastrophen wie Unwetter oder Stürme dürfen weder Menschen in den finanziellen Ruin treiben noch in vollem Umfang alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern belasten", sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Er wolle das Thema bei der nächsten MPK am 20. Juni "wieder auf den Tisch legen und Bewegung vom Bund einfordern".

Die Länder hatten über den Bundesrat die Bundesregierung bereits vor mehr als einem Jahr aufgefordert, einen Vorschlag für eine bundesgesetzliche Regelung zur Einführung einer Pflichtversicherung vorzulegen. Eine hierzu später eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll nach Angaben des Bundesjustizministeriums bis zur nächsten MPK mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 20. Juni ein Ergebnis vorlegen.

Derzeitige Lage in den Hochwassergebieten

Barbara Fuß, BR, tagesschau, 05.06.2024 12:00 Uhr

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger glaubt nicht, dass mehr Flutpolder in der aktuellen Hochwasserkrise geholfen hätten. Gäbe es jetzt schon mehr Polder an der Donau, wären die aktuell wohl gar nicht eingesetzt worden, sagte er dem Hörfunkprogramm BR24. Die Hauptschäden habe es an kleineren Flüssen vor der Donau gegeben, nicht an der Donau selbst. Er forderte zugleich mehr dezentrale Maßnahmen beim Hochwasserschutz. Es gehe auch um kleinere Maßnahmen wie das Hochlegen von Kellerschächten oder die Sicherung von Heizöltanks.

Zuletzt war Kritik an der Staatsregierung laut geworden, weil sie mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Beschluss zum Bau von sieben großen Flutpoldern erst zwei Projekte verwirklicht hat. Aiwanger wies darauf hin, mit welchen Hindernissen der Polderbau verbunden wäre - es gehe um viel Ackerland, die betroffenen Grundbesitzer hätten "natürlich keinen Spaß daran". Flutpolder sind eingedeichte Rückhalteflächen oder Senken, die bei Hochwasser gezielt geflutet werden.

Die Atommüll-Zwischenlager in Bayern und Baden-Württemberg sind bisher von Hochwasserschäden verschont geblieben. Auch in das Zwischenlager im schwäbischen Gundremmingen, das nur wenige Hundert Meter von der Donau entfernt liegt, sei bisher kein Wasser eingedrungen, teilte die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mit.

Benachbarte Flächen seien zwar in Gundremmingen wie auch im südhessischen Biblis überflutet worden. Die Sicherheit der Zwischenlager sei aber gewährleistet. Das gelte auch für die fünf weiteren Atommüll-Zwischenlager in Süddeutschland, teilte die BGZ mit. Dort sei die Hochwasserlage bisher aber auch weniger dramatisch gewesen. Bei der Wahl der Standorte sei der Schutz vor Überflutungen mitbedacht worden.

Auch wenn die Pegelstände sinken, müssen sich Betroffene wohl noch gedulden. "Das Donautal ist eng und die Donau fließt nur langsam. Deswegen dauert es sehr lange bis die Pegelstände langsam wieder zurückgehen", sagt Andreas Wagner vom ARD-Wetterkompetenzzentrum. Für die Aufräumarbeiten ruft er zur Vorsicht. "Wo Hochwasser ist, da ist auch Schlamm, Glätte und Geröll. Man kann stürzen, man kann ins Wasser fallen und dann besteht auch wieder Lebensgefahr." Ist das Wasser im vollgelaufenen Keller mit Öl verseucht, sollte man die Feuerwehr zur Hilfe rufen, rät er.

Auch wer aktuell noch einen trockenen Keller in den betroffenen Gebieten habe, sollte dennoch seine Wertsachen von dort in Sicherheit bringen. Denn durch das Hochwasser steige auch das Grundwasser, erklärt Wagner. "Wenn das Hochwasser so lange steht, kann es auch noch einige Tage später dazu kommen, dass bei steigendem Grundwasserspiegel Häuser betroffen sind, die jetzt noch nicht betroffen sind."

Andreas Wagner, HR, mit Erläuterungen zum Umgang mit dem Hochwasser

tagesschau24, 05.06.2024 10:00 Uhr

In Baden-Württemberg hat die Hochwasserzentrale am Morgen Entspannung und überwiegend fallende Wasserstände gemeldet. Lediglich im Oberrhein am Pegel Speyer gab es noch leicht steigende Tendenzen. Die Schäden werden zunehmend sichtbar - etwa in der Region Heilbronn-Franken. Freibäder wurden überschwemmt und müssen geschlossen bleiben, Sportanlagen stehen teils noch unter Wasser, wie der SWR berichtet. In Lauffen am Neckar (Kreis Heilbronn) spülte das Wasser verunreinigten Schlamm in die Innenstadt. Ein überfluteter Kinderspielplatz musste abgesperrt werden. Im Schlamm befänden sich Fäkalien, Öl oder Medikamentenrückstände, sagte ein Sprecher der Stadt.

Auch die Landwirtschaft beklagte viele Schäden, neben der Region Heilbronn auch die Bodenseeregion. Viele Wiesen seien verschlammt, sagte Franz Schönberger vom Bauernverband Allgäu-Oberschwaben laut SWR. Der Ackerbau habe stark gelitten, vor allem Mais. Durch die Wassermassen seien Böden verklebt, dadurch komme keine Luft mehr an die Pflanzen. Verluste gebe es auch beim Futter für Milchvieh.

Die Suche nach einem im Hochwasser-Einsatz vermissten Feuerwehrmann in Schwaben geht nach Angaben der Polizei auch weiter. Der 22-Jährige sei bisher nicht gefunden worden, sagte ein Polizeisprecher in Kempten. Polizeikräfte sollten an Land und mit Drohnen aus der Luft nach dem Vermissten suchen. 

Der junge Mann war in der Nacht zum Sonntag in Offingen nahe der Grenze zu Baden-Württemberg mit einem Boot der DLRG-Wasserrettung gekentert. Die übrigen vier Einsatzkräfte an Bord konnten sich an Land retten und blieben unverletzt. Der 22-Jährige gilt seither als vermisst. Noch habe man die Hoffnung, ihn lebend zu finden, sagte der Polizeisprecher. "Die Chancen werden aber von Tag zu Tag ein bisschen weniger."

Die Hochwasserlage hat sich in Passau etwas beruhigt. "Aber man muss warten, was denn zum Vorschein kommt, wenn das Wasser wieder alles freigibt", sagt BR-Reporter Martin Gruber. Laut des Oberbürgermeisters werde es immense Schäden geben, zum Beispiel an Gebäuden, in Restaurants, bei Privatleuten oder in Läden. "Da wird man erst später eine Bilanz ziehen können."

Martin Gruber, BR, zur Hochwasserlage in Passau

Morgenmagazin, 05.06.2024 05:30 Uhr

Die Hochwasserlage in Regensburg in Bayern bleibt angespannt. Der Pegelstand sinke sehr langsam auf hohem Niveau, sagte eine Sprecherin der Stadt am Morgen. Laut Hochwassernachrichtendienst (HND) lag der Pegelstand der Donau weiter bei über sechs Metern - normal sind etwa drei Meter. 

Am Dienstagabend evakuierten die Einsatzkräfte etwa 30 Häuser entlang einer Straße an dem Fluss, weil der Untergrund wegen des hohen Grundwasserspiegels immer weiter aufweichte. Die Stabilisierung der Schutzwände an der Werftstraße werde auch am Mittwoch weiter im Fokus des Katastrophenschutzes stehen, sagte die Sprecherin. "Das ist unsere Schwachstelle."

Angesichts der Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland bescheinigen Klimaschützer der Bundesregierung mangelnden Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderwärmung. Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe nun zum vierten Mal in diesem Jahr ein Hochwassergebiet besucht, sagte Luisa Neubauer von der Klimaschutzbewegung Fridays for Future der Nachrichtenagentur dpa.

"Diese Besuche sind nichts anderes als Symbolpolitik mit bitterem Nachgeschmack, solange Olaf Scholz seine Randbemerkungen zur Klimakrise auf dem Nachhauseweg schon wieder vergisst: Erst gestern hat der Expertenrat für Klimafragen klargestellt, dass Deutschland auf dem Weg ist, seine Klimaziele für 2030 zu verfehlen." Sie forderte, Scholz müsse Klimaschutz jetzt zur Chefsache machen und konkrete Maßnahmen umsetzen, um Menschen und Klima zu schützen.

Bayerns Staatsregierung hat mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Beschluss zum Bau von sieben großen Flutpoldern zum Schutz vor extremen Hochwassern erst zwei der damals geplanten Projekte verwirklicht. Das bestätigt das Umweltministerium in München auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Flutpolder sind eingedeichte Rückhalteflächen, die bei Hochwasser Wasser aufnehmen können.

"Der Polder Weidachwiesen ist in Betrieb und wurde auch aktuell genutzt. Der Polder Riedensheim ist einsatzbereit", teilte eine Sprecherin mit. "Solche Projekte erfordern umfangreiche Planungen und anschließende Baumaßnahmen und benötigen deshalb Zeit", erläuterte Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Geplant war die Fertigstellung aller sieben Polder bis 2020, wie in einem Bericht des Landesamts für Umwelt zum Flutpolderprogramm aus dem Jahr 2018 nachzulesen.

Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) sind zwar in Bayern für heute und morgen weitere Schauer und Gewitter zu erwarten - Starkregen sei aber nur am östlichen Alpenrand wahrscheinlich. 

Auch in Baden-Württemberg sind laut DWD morgen einzelne Schauer oder Gewitter möglich - heute soll es weitestgehend trocken bleiben.

In Passau fallen laut der Stadtverwaltung langsam die Wasserstände. Der Scheitel der Flüsse Donau und Inn sei erreicht. Der Wasserstand der Donau lag am Dienstagabend nach Angaben des Hochwassernachrichtendienst (HND) bei etwa 9,70 Metern. Normal sind hier Wasserstände von an die sechs Meter. Der Pegelstand am Inn ging von gut sieben Metern auf knapp 6,70 Meter zurück. Es werde davon ausgegangen, dass die Pegelstände in den nächsten Stunden weiter sinken, teilte die Stadtverwaltung mit. Allerdings werde der Donaupegel langsamer fallen.