"Bringt sie zurück nach Hause" steht auf einem Protestschild bei einer Demonstration für die Freilassung weiterer Geiseln
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Nahost-Krieg ++ Neue Gespräche zu Geisel-Freilassungen geplant ++

Stand: 10.01.2024 23:22 Uhr

Eine israelische Delegation ist zu Verhandlungen über eine Freilassung weiterer Hamas-Geiseln in Kairo eingetroffen. Bundesaußenministerin Baerbock sieht keine Völkermord-Absichten beim israelischen Vorgehen im Gazastreifen. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

10.01.2024 • 23:22 Uhr

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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat bekräftigt, Israel habe keine Absicht, den Gazastreifen dauerhaft zu besetzen oder die Zivilbevölkerung zu vertreiben. "Israel kämpft gegen Hamas-Terroristen, nicht die palästinensische Bevölkerung, und wir tun dies in voller Übereinstimmung mit dem internationalen Recht", sagte er am Abend.

Am Donnerstag beginnt am höchsten Gericht der Vereinten Nationen, dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, ein Verfahren zum Gaza-Krieg. Südafrika hatte Israel Ende 2023 verklagt, weil es in der militärischen Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen einen Verstoß gegen die UN-Völkermordkonvention sieht. Netanyahu sagte dazu: "Die israelische Armee unternimmt alles in ihrer Macht Stehende, um Schaden an Zivilisten zu minimieren, während die Hamas alles in ihrer Macht Stehende tut, um ihn zu maximieren, indem sie palästinensische Zivilisten als menschliche Schutzschilde benutzt."

Jordaniens König Abdullah II., Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas haben gefordert, weiter auf einen Waffenstillstand im Krieg zwischen Israel und der Hamas zu drängen. Sie hätten "die Notwendigkeit bekräftigt, den Druck aufrechtzuerhalten", erklärten die drei Männer nach einem Treffen in der jordanischen Küstenstadt Akaba.

Sie betonten zudem die "Notwendigkeit, die nachhaltige Bereitstellung ausreichender Hilfsgüter" für die Menschen im Gazastreifen sicherzustellen. In der Erklärung warnten Abdullah, al-Sisi und Abbas vor "Versuchen, Teile Gazas wiederzubesetzen". Sie bekräftigten außerdem ihre "Ablehnung aller israelischen Pläne zur Vertreibung von Palästinensern im Westjordanland und im Gazastreifen".

Vier Sanitäter in einem Rettungswagen sind nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmonds bei einem israelischen Angriff im Gazastreifen getötet worden. Sie seien getroffen worden, während sie in Dair al-Balah im zentralen Abschnitt des Küstenstreifens Verletzte transportierten, schrieb die Organisation auf der Plattform X, vormals Twitter. Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe den Bericht.

Das UN-Menschenrechtsbüro teilte mit, bei einem Angriff auf ein Wohngebäude neben dem Al-Aksa-Krankenhaus in Dair al-Balah seien insgesamt 13 Menschen getötet worden, darunter die vier Sanitäter. Der Krankenwagen sei ebenfalls getroffen worden. Das Menschenrechtsbüro warf Israel vor, Zivilisten zu gefährden, weil es Einwohner anderer Teile des Gazastreifens dazu aufgefordert habe, nach Dair al-Balah zu flüchten - während es weiterhin Luftangriffe auf die Stadt gebe.

Israels Kriegskabinett berät am Abend über die Bemühungen zur Freilassung weiterer Geiseln im Gazastreifen. Nach unbestätigten israelischen Medienberichten soll Katar einen neuen Vorschlag für einen Deal vorgelegt haben. Wie der Nachrichtensender Channel 13 berichtete, sehe der Vorschlag vor, alle Geiseln im Gegenzug für einen vollständigen Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen freizulassen. Die Führung der Hamas solle demnach im Rahmen der Vereinbarung ins Exil gehen.

Israel hatte bisher einen Rückzug der Armee vor einer Zerstörung der Hamas und Freilassung der 136 verbliebenen Geiseln abgelehnt. Auch die Hamas-Führung ist nicht bereit, den Gazastreifen zu verlassen und die Kontrolle des Gebiets aufzugeben. Deshalb gelten die Chancen auf eine Einigung zwischen Israel und der Hamas als gering.

An der Klagemauer in der Jerusalemer Altstadt haben Tausende für die Rückkehr der Geiseln im Gazastreifen gebetet. Die Betenden folgten einem Aufruf der beiden israelischen Oberrabbiner David Lau und Jitzchak Josef, die zu einem "kleinen Versöhnungstag" (Jom Kippur Katan) eingeladen hatten, "um zu weinen, zu flehen und die himmlische Barmherzigkeit für ganz Israel zu erflehen".

Neben Psalmenlesungen und Vergebungsgebeten (Slichot) wurde für die Sicherheit der Geiseln und der israelischen Soldaten gebetet. Angehörige der von der Hamas Entführten hatten an dem voll besetzten Platz Bilder der Geiseln und Transparente mit der Forderung "Bring them home now", zu Deutsch: "Bringt sie jetzt nach Hause".

Menschen nehmen an einem öffentlichen Massengebet vor der Klagemauer in der israelischen Altstadt von Jerusalem teil, bei dem die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gefordert wird.

Die belgische Entwicklungsministerin Caroline Gennez hat scharfe Kritik an der Nahost-Politik der deutschen Bundesregierung geübt. "Es ist schwer zu begreifen, dass sich Deutschland von dieser israelischen Regierung, die eine schamlose Kolonisierungspolitik betreibt, so vor den Karren spannen lässt", sagte Gennez dem Magazin "Knack" und setzte hinzu, es stelle sich die Frage, ob Deutschland zwei Mal "auf der falschen Seite der Geschichte" stehen werde.

Der deutsche Botschafter in Belgien, Martin Kotthaus, äußerte Unverständnis für die Äußerungen von Gennez und vor allem über den offensichtlichen Vergleich des israelischen Vorgehens im Gazastreifen mit der systematischen Vernichtung von Bevölkerungsgruppen während des Nationalsozialismus. Vergleiche der Shoah mit dem, was derzeit passiere, verböten sich von selbst.

Zur Position der Bundesregierung zum Gaza-Krieg schrieb er auf X: Israel habe das Recht, sich gegen den anhaltenden Terror der Hamas zu verteidigen. Zugleich müsse es dabei alles tun, die Zivilbevölkerung zu schützen und dafür sein militärisches Vorgehen anpassen.

Der israelische Parlamentsvizepräsident Nissim Vaturi sagte im Radio, Palästinenser, die noch im Norden des Gazastreifens seien, sollten als Teilnehmer der Kämpfe betrachtet und eliminiert werden. Dort beherbergen die Vereinten Nationen (UN) nach eigenen Angaben noch etwa 160.000 Menschen, die sich auch nach der mehrfachen Aufforderung Israels nicht in den Süden des Gazastreifens zurückgezogen haben.

Zulgeich bekräftigte Vaturi, der zur Likud-Partei Netanyahus gehört und für seine scharfen Worte bekannt ist, seine Forderung nach einer Zerstörung großer Teile der Gegend: "Ich habe gesagt, die Terroristen sollten verbrannt werden. Ich denke nicht, dass dies unangemessen ist." Er stehe zu seinen Worten.

Vaturis Einlassung wird von einigen als Grundlage für die Behauptung angeführt, Israel plane im Gazastreifen einen Völkermord an den Palästinensern zu verüben oder ein solcher sei bereits im Gange. Der Staat Südafrika etwa wirft Israel vor dem Internationalen Gerichtshof vor, sein Vorgehen habe "völkermörderischen Charakter" und Vertreter des Landes hätten völkermörderische Absichten geäußert. Die entsprechende Verhandlung in Den Haag soll am Donnerstag beginnen.

Ägyptens Hauptstadt bereitet weitere Verhandlungen über die Freilassung weiterer Geiseln in der Gewalt der Hamas vor: Eine israelische Delegation traf nach Angaben der Nachrichtenagentur AP heute in Kairo ein, um entsprechende Gespräche zu führen. Auch US-Außenminister Antony Blinken wird am Donnerstag in Kairo erwartet.

Ägypten, Katar und die USA sind bei früheren Verhandlungen als Vermittler zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas aufgetreten. Bei ihrem Überfall auf Israel hatte die Hamas 1.200 Menschen ermordet und etwa 200 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Etwa die Hälfte der Geiseln wurde während einer einwöchigen Feuerpause im November im Austausch gegen palästinensische Gefangene freigelassen. Seither haben Vermittler versucht, eine weitere Übereinkunft zu erreichen.

Libanons Übergangspremier Nadschib Mikati hat zu einem Waffenstillstand im Gazastreifen sowie zu einer Zwei-Staaten-Lösung aufgerufen. "Die Zeit ist reif für eine dauerhafte und gerechte Lösung der palästinensischen Frage", sagte er laut libanesischen Medienberichten bei einem Treffen mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Beirut. Er betonte, der Libanon respektiere alle einschlägigen internationalen Resolutionen, um eine dauerhafte Stabilität im Süden des Landes zu erzielen.

Die Bundesregierung hat Waffenlieferungen an Saudi-Arabien genehmigt. Regierungssprecher Steffen Hebestreit bestätigte in Berlin einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", nach dem es um den Export von 150 Luft-Luft-Lenkflugkörpern des Typs "Iris-T" geht. Laut "Spiegel" geht dies aus einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums an den Wirtschaftsausschuss des Bundestags hervor.

Nach dem Bericht hat der Bundessicherheitsrat Ende vergangenen Jahres den Export der Lenkflugkörper genehmigt. Dem Bundessicherheitsrat gehören Kanzler Olaf Scholz (SPD) sowie weitere Minister an.

Die Nachricht kommt kurz nach Aussagen aus der Bundesregierung, nach denen Saudi-Arabien wegen seiner Annäherung an Israel auf grünes Licht der Bundesregierung für die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets hoffen darf. Entsprechende Äußerungen von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) haben die Rückendeckung von Olaf Scholz (SPD). In Teilen ihrer eigenen Partei kamen Baerbocks Äußerungen dagegen weniger gut an. Verwiesen wurde auf die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien.

Der Gazastreifen ist nach den Worten von Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas ein integraler Bestandteil der Hoffnungen auf einen eigenen Palästinenser-Staat. Er dürfe nicht durch den Krieg zwischen Israel und der radikal-islamistischen Hamas abgetrennt werden, sagt Abbas anlässlich des Besuchs von US-Außenminister Antony Blinken in Ramallah im Westjordanland.

Die palästinensische Bevölkerung dürfe weder aus dem Gazastreifen noch aus dem von Israel besetzten Westjordanland vertrieben werden, erklärt Abbas der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zufolge. Er fordert zudem die "Einberufung einer internationalen Friedenskonferenz, um die israelische Besetzung des Landes Palästina mit Ostjerusalem als Hauptstadt zu beenden". So würden Frieden und Sicherheit für alle geschaffen.

Außenministerin Annalena Baerbock sieht in Israels Vorgehen im Nahostkrieg keine Absicht zum Völkermord. Einen Tag vor Beginn einer Anhörung zur südafrikanischen Völkermord-Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag sagte die Grünen-Politikerin: Fakt sei, dass Völkermord per Definition die Absicht voraussetze, Angehörige einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten. "Diese Absicht kann ich bei Israels Selbstverteidigung gegen eine bewaffnete Terrororganisation der Hamas nicht erkennen", sagte Baerbock in der libanesischen Hauptstadt Beirut.

Israel muss sich erstmals wegen des Vorwurfs von Völkermord vor dem Internationalen Gerichtshof verantworten. Südafrika hat das Land vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen verklagt.

Deutschland stellt dem Libanon weitere 15 Millionen Euro zur Verfügung, damit die libanesische Armee besser für die Sicherheit im Süden des Landes sorgen kann. Je stärker die UN-Beobachtermission Unifil "in diesen Zeiten unterstützt wird, je stärker wir die libanesische Armee unterstützen können, desto stärker kann unser gemeinsamer Beitrag zu einer Deeskalation sein", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beim Besuch der Unifil in der libanesischen Hauptstadt Beirut.

Eine gut ausgestattete und ausgebildete libanesische Armee, deren Soldaten wie in jeder anderen Armee bezahlt würden, "ist genauso wichtig wie eine handlungsfähige libanesische Regierung", sagte Baerbock. Eine solche Armee sei ein unverzichtbarer Bestandteil, um wirksame Kontrolle über libanesisches Territorium auszuüben und bewaffnete Milizen und Terrororganisationen einzudämmen. Dabei sei die Zusammenarbeit der Unifil mit der libanesischen Armee zentral.

Einen Tag vor einer Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zum Nahostkrieg und zu Völkermord-Vorwürfen gegen Israel hat ein israelischer Politiker erneut gefordert, Gaza niederzubrennen. Der rechte Knesset-Abgeordnete von der Regierungspartei Likud, Nissim Vaturi, verteidigte im Gespräch mit dem Radiosender Kol Barama seinen inzwischen gelöschten Beitrag auf der Online-Plattform X (vormals Twitter). Vor knapp anderthalb Monaten schrieb Vaturi: "Gaza jetzt niederbrennen und nicht weniger!"

In dem Radiointerview sagte Vaturi, dass er seinen X-Post, den er im November geschrieben hatte, nicht bereue und zu seinen Worten stehe. "Ich sagte 'Gaza niederbrennen'. Niederbrennen, was heißt das? Hineingehen und sie zerreißen."

Auf seiner Nahostreise hat US-Außenminister Antony Blinken bei einem Gespräch mit Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas die Unterstützung der USA für "konkrete Schritte" hin zu einem palästinensischen Staat zugesichert. Wie US-Außenamtssprecher Matthew Miller erklärte, habe Blinken noch einmal Washingtons Haltung bekräftigt, dass es einen palästinensischen Staat an der Seite Israels geben müsse - "wobei beide in Sicherheit und Frieden" leben sollten.

Blinkens Autokonvoi war in Ramallah im besetzten Westjordanland angekommen, wo Dutzende Demonstranten Schilder mit Aufschriften wie "Stoppt den Genozid" und "Blinken, du bist nicht willkommen" hochhielten.

Es ist Blinkens vierte Reise in den Nahen Osten seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas. Die Reise umfasste bereits Etappen in der Türkei, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Israel. Laut US-Außenministerium ist heute noch eine Weiterreise nach Bahrain geplant, um mit dem dortigen König Hamad über die Vermeidung einer regionalen Eskalation des Gazakriegs zu sprechen. Bahrain ist ein Partner der USA und Mitglied der internationalen Koalition zur Sicherung des Seehandels im Roten Meer gegen Raketen- und Drohnenangriffe der pro-iranischen Huthi-Miliz im Jemen.

Die israelische Armee hat ihre Angiffe auf die Stadt Chan Yunis im Süden und das Viertel Al-Maghasi im Zentrum des Gazastreifens fortgesetzt. Im Laufe des vergangenen Tages hätten Truppen rund 150 Hamas-Ziele angegriffen, teilte das Militär mit. In Chan Yunis wurden demnach Dutzende Hamas-Terroristen getötet. Im dichtbesiedelten Flüchtlingsviertel Al-Maghasi seien zudem 15 unterirdische Tunnel freigelegt worden; bei weiteren Einsätzen habe das Militär Raketenwerfer, Drohnen und Sprengsätze entdeckt.

Karte: Gazastreifen, schraffiert: von der israelischen Armee kontrollierte Gebiete

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee

Großbritanniens Verteidigungsminister Grant Shapps hat den Huthi-Rebellen angesichts des neuen Angriffs auf den Schiffsverkehr im Roten Meer mit Konsequenzen gedroht. Das Marineschiff "HMS Diamond" habe gemeinsam mit US-Kriegsschiffen über Nacht den "bisher größten Angriff" abgewehrt, teilte Shapps auf der Plattform X (früher Twitter) mit. Es seien mehrere Angriffsdrohnen zerstört worden, die auf die "Diamond" und auf Handelsschiffe zugesteuert seien. Die Crew sei nicht verletzt worden, auch das Schiff der Navy sei nicht beschädigt worden.

"Großbritannien hat gemeinsam mit seinen Verbündeten bereits klar gemacht, dass diese illegalen Angriffe absolut inakzeptabel sind", schrieb Shapps, "und wenn sie fortgesetzt werden, werden die Huthis die Konsequenzen tragen. Wir werden die nötigen Maßnahmen ergreifen, um unschuldige Leben und die weltweite Wirtschaft zu schützen."

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist vor dem Hintergrund der aktuellen Spannungen zwischen Israel und der Schiitenmiliz Hisbollah mit dem geschäftsführenden libanesischen Premierminister Nadschib Mikati zusammengekommen. Bei dem Gespräch in der Hauptstadt Beirut dürfte es unter anderem um die Frage gehen, wie angesichts der sich verschärfenden Auseinandersetzungen zwischen Israel und der vom Iran unterstützten Miliz ein Flächenbrand in der Region verhindert werden kann.

Anschließend wollte sich die Bundesaußenministerin bei einem Besuch der UN-Beobachtermission UNIFIL über die Lage an der nördlichen Grenze Israels zum Libanon informieren. Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Terrormiliz Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober haben die Auseinandersetzungen zwischen Israel und der mit der Hamas verbündeten Hisbollah deutlich zugenommen.

Israels Armee setzt ihre Angriffe in der Stadt Chan Yunis und im Gebiet des Flüchtlingsviertels Al-Magasi im Zentrum des Gazastreifens fort. Die israelischen Truppen hätten im Laufe des vergangenen Tages rund 150 Ziele der islamistischen Terrororganisation Hamas angegriffen, teilte das Militär mit.

Insbesondere in Chan Yunis ist die Armee nach eigenen Angaben gegen Hamas-Terroristen vorgegangen und hat mehrere getötet. In Al-Magasi seien zudem 15 unterirdische Tunnelschächte freigelegt worden. Bei weiteren Einsätzen in dem Gebiet im Zentrum des Gazastreifens entdeckten die Truppen außerdem Raketenwerfer, Drohnen und Sprengsätze, wie das Militär weiter mitteilte.

Infolge der israelischen Militäreinsätze sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde seit Kriegsbeginn 23.210 Menschen getötet worden. Zudem wurden demnach fast 59.200 weitere Menschen verletzt. Diese Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der jordanische König Abdullah II. empfängt heute den ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu Gesprächen über den Krieg zwischen Israel und der radikal-islamistischen Hamas. Das Treffen im Badeort Akaba am Roten Meer sei Teil der jordanischen Bemühungen, "die arabischen Positionen zu koordinieren, um einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen und die ununterbrochene Lieferung humanitärer Hilfe zu gewährleisten", teilte der Königspalast in Amman mit. 

Bei einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken hatte der jordanische König Washington am Sonntag aufgerufen, Israel zu einem "sofortigen Waffenstillstand" zu drängen und die durch den Gaza-Krieg verursachte humanitäre Krise zu beenden. Abdullah II. warnte vor "den katastrophalen Auswirkungen" einer Fortsetzung des israelischen Militäreinsatzes.

Die Streitkräfte der USA und Großbritanniens haben nach US-Angaben 18 Drohnen und drei Raketen über dem Roten Meer abgeschossen. Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen habe mit den Drohnen und Raketen internationale Schifffahrtswege attackiert, teilte das US-Zentralkommando Centcom mit. Berichte über Verletzte oder Schäden liegen demnach nicht vor.

Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen Anfang Oktober hat die Huthi-Miliz wiederholt Schiffe vor der Küste des Jemen attackiert.

Eine ehemalige Geisel der Hamas hat im israelischen Parlament von sexuellen Übergriffen auf andere festgehaltene Frauen berichtet. Auch Folter hätten Frauen erleiden müssen, sagte Aviva S. in einer Sondersitzung in der Knesset, die das Schicksal der noch 136 im Gazastreifen verbliebenen Geiseln zum Thema hatte.

S. war nach dem beispiellosen Großangriff und Massaker der Hamas und anderer Extremistengruppen im Süden Israels am 7. Oktober mit rund 240 anderen Menschen in den Gazastreifen verschleppt worden. 51 Tage war sie in Geiselhaft, ehe sie und mehr als 100 weitere Ende November im Rahmen einer Feuerpause aus der Gewalt der Hamas freikamen. Israel entließ im Gegenzug 240 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist am Abend zu einem Besuch im Libanon eingetroffen - der letzten Station ihrer mehrtägigen Nahost-Reise. Im Mittelpunkt ihrer Gespräche sollen die regionalen Erschütterungen stehen, die durch den Krieg zwischen Israel und der militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas ausgelöst worden waren. Am Mittwoch will Baerbock in Beirut mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Nadschib Mikati sowie Armeechef Joseph Aoun zusammenkommen.

Gabor Halasz, ARD Berlin, zzt. Rafah, tagesschau, 10.01.2024 05:53 Uhr

Israels Oberster Gerichtshof hat einen Antrag internationaler Medien auf ungehinderten Zugang zum Gazastreifen abgelehnt. Das Gericht begründete sein Urteil mit Sicherheitsbedenken. Unabhängig in das Palästinensergebiet einreisende Journalisten könnten demnach die Sicherheit der israelischen Soldaten gefährden, indem sie deren Standort oder andere Details zum Militäreinsatz preisgeben.

Das Gericht erklärte, es sei bestrebt, zwischen der Sicherheit von Journalisten und Soldaten und der "Pressefreiheit" abzuwägen. Auch wenn das Verbot "nicht die volle Ausübung (...) der Pressefreiheit ermöglicht", sei es "ausgewogen und angemessen" angesichts der "derzeitigen extremen Sicherheitslage" im Gazastreifen. Zudem werde ausländischen und israelischen Journalisten in Begleitung von Armee-Vertretern ein begrenzter Zugang zu dem von der islamistischen Hamas kontrollierten Gebiet ermöglicht.

Israels Armee behauptet, einen Luftwaffen-Kommandeur der Schiitenmiliz Hisbollah im Süden des Libanon getötet zu haben. Hamas-Chef Hanija ruft muslimische Länder zu Waffenlieferungen auf. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. Januar 2024 um 13:00 Uhr in den Nachrichten.