Nahost-Krieg ++ Baerbock für EU-Kontrollmission an Gaza-Grenze ++
Außenministerin Baerbock hat angeregt, die EU-Kontrollmission an der Grenze zwischen Gaza und Ägypten wieder aufzunehmen. In Berlin erinnerten Angehörige und Prominente an die Hamas-Geiseln. Alle Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.
- Dutzende Tote bei Luftangriff auf Rafah gemeldet
- Baerbock regt EU-Kontrollmission an Gaza-Grenze an
- Angehörige und Prominente fordern Freilassung der Hamas-Geiseln
- Raketenangriff auf Großraum Tel Aviv
- CSU-Generalsekretär nennt Habecks Israel-Kritik "beschämend"
- Erneut Massenproteste gegen Netanyahu in Israel
- Lkw passieren offenbar wieder Grenzübergang Kerem Schalom
Ende des Liveblogs
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Mindestens 22 Tote in Rafah gemeldet
Nach palästinensischen Angaben ist die Zahl der Toten bei einem Angriff auf Zelte von Geflüchteten in Rafah gestiegen. Ärzte im Gazastreifen sprachen von mindestens 22 Toten, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Unklar sei, wie viele Menschen sich noch in eingestürzten oder brennenden Zelten befänden. Die von der Hamas kontrollierte Verwaltung im Gazastreifen sprach von mindestens 30 getöteten Palästinensern.
Auch der Palästinensische Rote Halbmond erklärte, das getroffene Gebiet sei eine der ausgewiesenen humanitären Zonen für jene, die wegen der israelischen Kampfhandlungen zur Evakuierung gezwungen gewesen seien. Israelischen Medien zufolge prüft das Militär die Berichte über den Vorfall.
Israels Militär: Sieben Hisbollah-Mitglieder getötet
Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben bei Luftangriffen im Südlibanon sieben Kämpfer der schiitischen Hisbollah-Miliz getötet. Es werde auch weiterhin ein hartes Vorgehen gegen die Miliz geben, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Die Hisbollah teilte laut der israelischen Zeitung Times of Israel zuletzt mit, dass sechs ihrer Mitglieder getötet worden seien.
Dutzende Tote bei Luftangriff auf Rafah gemeldet
Nach Angaben aus Medizinerkreisen sind bei israelischen Luftangriffen in Rafah Dutzende Palästinenser getötet beziehungsweise verletzt worden. Die Vorfälle hätten sich in einem für Flüchtlinge vorgesehenen Gebiet ereignet, sagte ein Insider aus Kreisen medizinischer Versorgungskräfte der Nachrichtenagentur Reuters. Die Nachrichtenagentur AP berichtete unter Berufung auf palästinensische Sanitäter von mindestens 22 Toten.
Israels Militär: Palästinenser bei Angriff auf Soldaten erschossen
Israelische Soldaten haben nach Armeeangaben in der Nähe von Hebron im Westjordanland einen Palästinenser erschossen, der mutmaßlich einen Messerangriff auf einen Armeeposten ausführen wollte. Soldaten seien nicht verletzt worden, hieß es. Das Gesundheitsministerium der palästinensischen Autonomiebehörde teilte mit, es sei von den israelischen Sicherheitsbehörden über den Tod des Angreifers informiert worden. Es handle sich um einen 14 Jahre alten Jugendlichen.
Damit wurden seit Jahresbeginn nach Angaben der Armee bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften, versuchten Anschlägen und Angriffen militanter Siedler 191 Palästinenser im Westjordanland getötet; seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober sind es damit 497.
Tote durch israelischen Beschuss im Libanon gemeldet
Nach Angaben von Personen aus libanesischen Sicherheitskreisen sind bei israelischen Luftangriffen im Süden des Libanon mindestens acht Menschen gestorben. Parallel erklärte die radikal-islamische Hisbollah-Miliz im Libanon, bei israelischen Angriffen seien vier ihrer Kämpfer getötet worden, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Man habe mit Raketenbeschuss auf israelische Einheiten im Grenzbereich beider Länder reagiert.
EU-Chefdiplomat wirft Israel gefährliche Eskalation vor
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat Israel beschuldigt, bindende Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs zu missachten und der Gewalt extremistischer Siedler freie Hand zu lassen. Das besetzte Westjordanland könne "jederzeit explodieren", sagte Borrell bei einem Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Mustafa in Brüssel. Zugleich verurteilte er den neuerlichen Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Tel Aviv und Zentralisrael. "Das muss aufhören", forderte er.
Der EU-Vertreter und der palästinensische Regierungschef berieten auf Einladung von Norwegens Außenminister Espen Barth Eide in Brüssel über Möglichkeiten, die Autonomiebehörde in Ramallah gegenüber der Hamas zu stärken, die im Gazastreifen das Kommando führt.
Baerbock regt EU-Kontrollmission an - Proteste aus Publikum
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat angeregt, die EU-Kontrollmission an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten wieder aufzunehmen. Eine solche Mission könnte dazu beitragen, dass bei einer Öffnung der Grenze humanitäre Hilfsleistungen in den Gazastreifen gelangen könnten, sagte Baerbock bei einer Diskussion mit Bürgern beim "Demokratiefest" in Berlin. Sie wolle beim EU-Außenministertreffen am Montag in Brüssel "dafür werben, dass wir die EU-Mission wieder dahin zurückbringen".
Die EU hatte 2005 nach dem Rückzug Israels aus dem Gazastreifen die Kontrollmission EUBAM Rafah an die Grenze zu Ägypten entsandt. Die Kontrolle des Grenzverkehrs sollte auch einen Beitrag zum Vertrauen zwischen Israel und der Palästinenserregierung leisten. Nach der Machtübernahme durch die Hamas im Gazastreifen 2007 wurde die Mission ausgesetzt.
Baerbocks Auftritt bei der Veranstaltung wurde zeitweise lautstark von propalästinensischen Demonstranten gestört. Sie warfen der Bundesregierung Korruption und Einseitigkeit vor und forderten Baerbock unter anderem auf, die Waffenlieferungen an Israel sofort zu stoppen. Mehrere Teilnehmer mussten laut Nachrichtenagentur dpa den Veranstaltungsort, das Tipi am Kanzleramt, teils unter heftigem Protest verlassen. Baerbock bat das Sicherheitspersonal, nicht gewaltsam gegen die Demonstranten vorzugehen.
"Stop the Genocide" steht auf einem Transparent, dass eine Frau während der Veranstaltung mit Baerbock hält. Laut dpa versuchte die Außenministerin, die Fragen ruhig zu beantworten - sei aber im Zuge der Tumulte im Saal ebenfalls teils laut geworden.
Drohung mit Meuterei gegen Minister Gallant - Israeli festgenommen
Im Zusammenhang mit einem Video, in dem ein als Soldat gekleideter Mann mit einer Meuterei gegen den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant gedroht hat, ist es zu einer Festnahme gekommen. Eine Person sei in Gewahrsam genommen worden, teilte das israelische Militär laut Nachrichtenagentur AP mit.
Der Mann hatte in dem Video gesagt, er und Zehntausende weitere Soldaten wollen die Befehle von Gallant ablehnen, weil dieser die Schaffung einer palästinensischen Verwaltung im Gazastreifen nach Ende des Krieges vorgeschlagen hatte. Der Mann sagte, er wolle allein Ministerpräsident Benjamin Netanyahu die Treue schwören. Das Video wurde im Internet vielfach geteilt. Wann es aufgenommen wurde und ob der Mann aktiver Soldat ist, blieb unklar.
Angehörige und Prominente fordern Freilassung der Hamas-Geiseln
Angehörige und Prominente haben auf dem Bebelplatz in Berlin-Mitte an die israelischen Geiseln in der Hand der Hamas erinnert und ihre Freilassung gefordert. Auf dem kürzlich symbolisch zum "Platz der Hamas-Geiseln" umbenannten Ort neben der Staatsoper wurden Stühle mit den Bildern und Namen der am 7. Oktober 2023 in Israel entführten Menschen aufgebaut.
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, betonte, für die Geiseln dauere das Drama seit acht Monaten an. Sie hofften immerzu, freizukommen und bangten gleichzeitig in jedem Moment um ihr Leben. Auch für die Familien sei dies "eine enorme Belastung und Folter".
Stühle mit den Fotos der Menschen, die von der Hamas im Oktober 2023 entführt worden, stehen auf dem Bebelplatz in Berlin.
Raketenangriff auf Großraum Tel Aviv - Hamas reklamiert Angriff für sich
Die Hamas hat das erste Mal seit vier Monaten erneut Raketen auf den Großraum Tel Aviv gefeuert. Im Stadtzentrum von Tel Aviv waren mehrere Explosionen zu hören. In mehreren Städten im Großraum der Küstenmetropole gab es Raketenalarm. Zwei Frauen wurden nach Sanitäter-Angaben leicht verletzt, als sie in Schutzräume eilten.
Laut israelischen Militärangaben wurden acht Raketen aus der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens auf die israelische Küstenmetropole abgefeuert. Einige der Geschosse seien abgefangen worden. Der militärische Hamas-Arm reklamierte einen "großen Raketenangriff" auf Tel Aviv für sich. Es handele sich dabei um eine Reaktion "auf die zionistischen Massaker gegen Zivilisten", hieß es in der Erklärung der Al-Kassam-Brigaden auf einem Telegram-Kanal.
Raketenalarm im Großraum Tel Aviv
Erstmals seit mehreren Monaten hat es wieder Raketenalarm im Großraum Tel Aviv gegeben. Sirenen ertönten, meldeten mehrere Nachrichtenagenturen übereinstimmend. Die militant-islamistische Hamas erklärte laut der Nachrichtenagentur AP, sie habe vom Gazastreifen aus Raketen abgefeuert. Einwohner berichteten von mehreren Explosionen, die auch im Stadtzentrum zu hören waren. Es gibt noch keine Berichte über Verletzte oder Sachschäden.
Gläubige durchbrechen Sperren auf Meron-Berg
Gut drei Jahre nach einem schweren Unglück an einem jüdischen Wallfahrtsort im Norden Israels ist es dort zu Konfrontationen zwischen streng religiösen Juden und der Polizei gekommen. Israel hatte den Ort in diesem Jahr wegen des Dauerbeschusses durch die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah aus Sicherheitsgründen für die Feierlichkeiten zu Lag Baomer geschlossen.
Am Samstagabend durchbrachen jedoch Hunderte Gläubige nach Medienberichten trotzdem Absperrungen und lieferten sich Konfrontationen mit der Polizei. Die Polizei teilte mit, die Gläubigen hätten mit ihrem Verhalten sich selbst und die Sicherheitsbeamten in Gefahr gebracht. Sie hätten die Polizisten bei gewaltsamen Ausschreitungen mit Gegenständen beworfen.
Berlins Innensenatorin für Verbot von spezifischem Dreieck-Symbol
Nach der zwischenzeitlichen Besetzung eines Instituts der Berliner Humboldt-Universität (HU) durch propalästinensische Demonstranten hat Berlins Innensenatorin Iris Spranger das Verbot eines weiteren Hamas-Symbols angeregt. "Ich würde ein Verbot des Symbols begrüßen", sagte die SPD-Politikerin dem Tagesspiegel.
Das mit der Spitze nach unten ausgerichtete rote Dreieck war nach Angaben der Universität während der Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaft der HU mehrfach an die Wände geschmiert worden. Die HU hatte mitgeteilt, dass sie Strafanzeige wegen des Verwendens von Kennzeichen einer verbotenen Organisation erstatte.
Lkw passieren offenbar wieder Grenzübergang Kerem Schalom
Über den Grenzübergang Kerem Schalom sind offenbar wieder Hilfslieferungen in den Gazastreifen möglich. Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Qahera News berichtete, 200 Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern seien von Rafah nach Kerem Schalom gefahren, die Einfahrt in den blockierten Gazastreifen habe begonnen. Auch vier Lastwagen mit Treibstoff seien Teil des Transports.
Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte sich in einem Gespräch mit seinem US-Kollegen Joe Biden verständigt, die Lieferung humanitärer Hilfe, die von den Vereinten Nationen bereitgestellt werde, über den Grenzübergang Kerem Schalom "vorläufig" zuzulassen.
Entsetzen über Schüsse auf jüdische Grundschule in Toronto
Auf eine jüdische Mädchenschule in der kanadischen Metropole Toronto sind mehrere Schüsse abgegeben worden. Bei dem Vorfall vom Samstag sei niemand verletzt worden, teilte die Polizei mit. Die mutmaßlichen Täter seien aus einem dunklen Wagen ausgestiegen und hätten auf die Bais-Chaya-Mushka-Grundschule im Viertel North York gefeuert. Dabei sei die Fassade der jüdischen Schule beschädigt worden.
Der Vorfall ereignete sich vor dem Hintergrund wachsender Spannungen wegen des Kriegs im Gazastreifen. Die Polizei in Toronto kündigte an, ihre Präsenz in North York, aber auch an anderen Schulen sowie Synagogen zu verstärken.
CSU-Generalsekretär nennt Habecks Israel-Kritik "beschämend"
CSU-Generalsekretär Martin Huber hat Vizekanzler Robert Habeck für seinen Vorwurf des Völkerrechtsbruchs an Israel scharf kritisiert. "Die Aussagen von Robert Habeck sind unfassbar und beschämend", sagte Huber der Nachrichtenagentur dpa. Der Wirtschaftsminister gieße "Öl ins Feuer der ohnehin schon antisemitisch aufgeheizten Stimmung in Deutschland".
Habeck hatte Israels Vorgehen im Gaza-Krieg zuvor ungewöhnlich deutlich kritisiert. "Selbstverständlich muss Israel sich an das Völkerrecht halten. Und die Hungersnot, das Leid der palästinensischen Bevölkerung, die Angriffe im Gazastreifen sind - wie wir jetzt auch ja gerichtlich sehen - mit dem Völkerrecht nicht vereinbar", sagte der Wirtschaftsminister am Samstag in einem Gespräch mit Bürgern beim Demokratiefest in Berlin.
Erneut Massenproteste in Israel
In Israel ist es erneut zu Massenprotesten gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gekommen. Wie die Zeitung Times of Israel in der Nacht berichtete, hatten sich regierungskritische Demonstranten am Samstagabend an mehreren Orten in Israel versammelt, um den Rücktritt von Netanyahu, vorgezogene Wahlen und eine Einigung über die Freilassung der von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln zu fordern.
Bei einer zentralen Kundgebung in Tel Aviv sei es zu Festnahmen von Demonstranten gekommen. Die Organisatoren hätten die Zahl der Teilnehmer der Kundgebung in Tel Aviv mit mehr als 80.000 Menschen angegeben, hieß es. Auch an anderen Orten, darunter Jerusalem, Haifa, Caesarea und Rehovot, sei es zu Protesten gekommen.
Hamas veröffentlicht Video von Gefangennahme israelischer Soldaten
Nach Angaben der islamistischen Terrororganisation Hamas soll ein Video sowie Fotos die Gefangennahme von israelischen Soldaten bestätigen. Sie veröffentlichte ein Video, auf dem zu sehen ist, wie eine verletzte Person in einem Tunnel über den Boden geschleift wird, sowie Fotos, die militärische Ausrüstung und Waffen zeigen.
Die Inhalte sind nicht unabhängig bestätigt. Die Hamas machte keine Angaben darüber, wie viele israelische Soldaten gefangen genommen worden sein sollen.
Israel weist Hamas-Erklärung zu entführten Soldaten zurück
Das israelische Militär hat die Behauptung der militant-islamistischen Hamas zurückgewiesen, die erklärt hatte, mehrere israelische Soldaten im Norden des Gazastreifens gefangen genommen zu haben. "Die IDF (Israelische Verteidigungsstreitkräfte) stellen klar, dass es keinen Vorfall gibt, bei dem ein Soldat entführt wurde", so das Militär in einer Erklärung.
Der Sprecher der Al-Kassam-Brigaden, Abu Ubaida, teilte zuvor in einer aufgezeichneten Botschaft mit, seine Kämpfer hätten eine Gruppe israelischer Soldaten in Jabalia in einen Hinterhalt gelockt und einige von ihnen gefangen genommen.
Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen
Vizekanzler Habeck kritisiert Israels Vorgehen im Gaza-Krieg als völkerrechtswidrig. Israel hält am Militäreinsatz in Rafah fest - trotz der Forderung des Internationalen Gerichtshofs, die Offensive zu stoppen.