Zerstörungen im Wasserkraftwerk von Krywyj Rih
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ Raketen auf Selenskyjs Heimatstadt ++

Stand: 14.09.2022 23:22 Uhr

Krywyj Rih, Heimatstadt von Präsident Selenskyj, ist nach Behördenangaben von russischen Marschflugkörpern getroffen worden. Außenministerin Baerbock fordert, schnell über Panzerlieferungen an die Ukraine zu entscheiden. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

14.09.2022 • 23:22 Uhr

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Damit beenden wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Nach einem russischen Angriff droht der ukrainischen Stadt Krywyj Rih nach Angaben der Regierung in Kiew eine Überschwemmung. Der Angriff habe hydrotechnische Infrastruktur in der zentralukrainischen Stadt beschädigt und im Fluss Inhulez zu einem Pegelanstieg geführt, erklärte der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Kyrylo Tymoschenko, auf Telegram. Seinen Angaben zufolge besteht im Stadtzentrum und in einem weiteren Stadtteil der 600.000-Einwohner-Stadt Hochwassergefahr. Bisher sei die Situation "unter Kontrolle", erklärte Tymoschenko. Einsatzkräfte versuchten, "die Bedrohung so schnell wie möglich zu beseitigen".

Die zentralukrainische Industriestadt Krywyj Rih ist nach Behördenangaben von russischen Marschflugkörpern getroffen worden. Durch den "massiven Raketenangriff" seien hydrotechnische Anlagen schwer beschädigt worden, teilte der Verwaltungschef des Gebietes Dnipropetrowsk, Valentin Resnitschenko, mit. In einigen Teilen der Heimatstadt von Präsident Selenskyj sei die Wasserversorgung ausgefallen. Nicht verifizierte Videos zeigten außerdem, dass der Fluss Ingulez rasch anstieg. Der Fluss wird vor der Stadt gestaut.

Resnitschenko sprach von sieben Marschflugkörpern, die aus der Entfernung von russischen Kampfflugzeugen abgefeuert worden seien. Auch die Transportinfrastruktur sei angegriffen worden. Angaben über Opfer gab es zunächst nicht. Im Präsidialamt in Kiew war die Rede von acht anfliegenden Raketen. Vizechef Kyrylo Tymoschenko sprach von einem Terrorakt, weil kritische Infrastruktur geroffen worden sei.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat nach einem Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin momentan keine Hoffnung auf baldige Friedensverhandlungen zwischen Moskau und Kiew. "Es wäre naiv zu glauben, dass wir der Möglichkeit eines Friedensabkommens nahe sind", sagte er. Zwar seien die Vereinten Nationen bereit, in jeglicher Hinsicht an einer diplomatischen Lösung zu arbeiten, die Chancen dafür seien gegenwärtig aber "minimal", erklärte Guterres nach einem Telefonat mit Putin.

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht keine Einsicht bei Russlands Präsident Wladimir Putin, dass der Angriff auf die Ukraine am 24. Februar ein Fehler war. Es sei trotzdem wichtig, mit dem russischen Präsidenten immer wieder zu sprechen und ihm klar zu machen, dass sich die russischen Truppen aus der Ukraine zurückziehen müssten, erklärte er zu seinem Telefonat mit Putin am Dienstag.

In der Debatte um eine Lieferung von Kampfpanzern in die Ukraine schloss Scholz deutsche Alleingänge erneut aus. "Deutschland gehört zu den Ländern, die die Ukraine am meisten unterstützen: finanziell, humanitär, aber auch was Waffenlieferungen betrifft", sagte er. Die bereits zur Verfügung gestellten schweren Waffen seien "entscheidend für die Entwicklung des Konflikts im Osten der Ukraine" und hätten dazu geführt, dass die Ukraine "sehr sichtbar ihr eigenes Land zu verteidigen in der Lage ist".

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat mit Russlands Präsident Wladimir Putin über das Getreideabkommen mit der Ukraine gesprochen. Sie hätten auch russische Exporte von Nahrungsmitteln und Dünger diskutiert, sagt Guterres. Es sei absolut wichtig, dass Hindernisse diesbezüglich aus dem Weg geräumt würden. Er habe sich mit Putin auch über Kriegsgefangene und die Lage im von Russland kontrollierten AKW Saporischschja im Süden der Ukraine ausgetauscht.

In der Debatte über die mögliche Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine fordert Außenministerin Annalena Baerbock rasche Entscheidungen. Zum Wunsch der Ukraine nach solchen Panzern sagte die Grünen-Politikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", darüber könne nur gemeinsam entschieden werden, "in einer Koalition und international".

Baerbock fügte hinzu: "In der entscheidenden Phase, in der sich die Ukraine aber gerade befindet, halte ich das aber auch nicht für eine Entscheidung, die lange hinausgezögert werden sollte." "Unsere Waffenlieferungen helfen offensichtlich sehr deutlich, Menschenleben zu retten", sagte die Ministerin.

Also müsse sich "eine menschenrechtsgeleitete Außenpolitik ständig fragen, wie wir durch weitere Lieferungen helfen können, noch mehr Dörfer zu befreien und damit Leben zu retten". Baerbock bejahte die Frage, ob sie den Wunsch der Ukraine nach deutschen "Leopard 2"-Panzern verstehen könne.

Die Ministerin sagte, die deutsche Waffenhilfe müsse sich erstens daran orientieren, wie noch mehr von jenem Gerät geliefert werden könne, das schon jetzt "so effizient hilft", also Flugabwehr, Artillerie und Raketenwerfer. Zweitens müssten Instandsetzung und Munitionslieferung verstärkt werden. Baerbock sagte weiter, sie wolle mit der Rüstungsindustrie besprechen, ob eigene Produktionslinien für fehlende Munition geschaffen werden könnten, etwa für die Flugabwehrpanzer "Gepard".

Ungarn hat nun doch davon abgesehen, eine Verlängerung von EU-Sanktionen gegen Russland zu blockieren. Das Verfahren zur Beschlussfassung sei erfolgreich abgeschlossen worden, sagte eine Sprecherin der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft der Nachrichtenagentur dpa. Der Beschluss werde nun im Amtsblatt der EU veröffentlicht, womit die Sanktionen um ein halbes Jahr verlängert werden.

Konkret geht es um Strafmaßnahmen gegen mittlerweile mehr als 1200 Personen wegen ihrer Unterstützung der Ukraine-Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin. Sie sehen vor, die Vermögenswerte der Betroffenen einzufrieren und sie nicht mehr in die EU einreisen zu lassen.

Nach Angaben von EU-Diplomaten aus der vergangenen Woche wollte Ungarn eigentlich erreichen, dass die Strafmaßnahmen gegen drei russische Oligarchen aufgehoben werden. Die rechtsnationale Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban hatte zuletzt mehrere Sanktionen gegen Russland blockiert oder Änderungen erzwungen. Ohne Verlängerung wären die Sanktionen an diesem Donnerstag ausgelaufen.

Nach dem Fund von Leichen mit Folterspuren in vormals von Russland besetzten Gebieten in der Region Charkiw haben Staatsanwälte die Einrichtung von Ermittlungsteams angekündigt. Demnach wurden sechs Leichen mit Anzeichen von Folter in während der ukrainischen Gegenoffensive zurückeroberten Dörfern entdeckt.

"Wir haben ein schreckliches Bild von dem, was die Besatzer getan haben, insbesondere in der Region Charkiw", sagte Generalstaatsanwalt Andrij Kostin. "Städte wie Balaklija, Isjum stehen in einer Reihe mit Butscha, Borodjanka, Irpin." Der Leiter der Charkiwer Staatsanwaltschaft, Oleksandr Filtschakow, sagte, Leichen seien in den Dörfern Hrakowe und Salisnytschne gefunden worden, etwa 60 Kilometer südöstlich der Stadt Charkiw.

Von vier Leichen mit Folterspuren in Salisnytschne hatte die Staatsanwaltschaft von Charkiw bereits am Dienstag berichtet. Filtschakow sagte, Ermittler hätten auch davon erfahren, dass Anwohner in der zurückeroberten Stadt Balaklija von russischen Soldaten getötet und vergraben worden seien.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach bei seinem Besuch in Isjum von einem schockierenden Anblick, der ihn jedoch nicht überrasche. Die gleichen Bilder habe man aus Butscha und anderen Gebieten gesehen, aus denen die russischen Soldaten abzogen. "Die gleichen zerstörten Gebäude, getöteten Menschen." In Butscha in der Nähe der Hauptstadt Kiew wurden nach dem hastigen Abzug der russischen Truppen Ende März Leichen von Zivilisten gefunden, von denen viele Spuren von Folter aufwiesen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Estland hat in Zusammenarbeit mit Deutschland ein weiteres Feldlazarett in die Ukraine zur Unterstützung im Kampf gegen Russland entsandt. Das Projekt wurde nach estnischen Angaben von Deutschland mit rund 7,7, Millionen Euro unterstützt. Wie das Zentrum für Verteidigungsinvestitionen in Tallinn mitteilte, besteht das verlegbare Feldlazarett unter anderem aus acht medizinischen Spezialcontainern und mehreren Zelten.
Es könne von einem geschulten Team innerhalb einer Stunde aufgebaut werden. Vollständig errichtet betrage die Größe des Krankenhauses etwa 425 Quadratmeter.

Estland und Deutschland haben der Ukraine bereits im März ein in gemeinsamer Initiative gefertigtes Feldlazarett geliefert. Bislang sind darin estnischen Angaben zufolge fast 2000 Menschen mit unterschiedlich schweren Verletzungen medizinisch versorgt worden.

Nach der Zurückeroberung großer Gebiete von den russischen Angreifern im Zuge der dramatischen Großoffensive der ukrainischen Armee insbesondere im Raum Charkiw tut sich aus Sicht einer Washingtoner Denkfabrik eine neue Front in dem Krieg auf. Offenbar werde der Fluss Oskil, ein Nebenfluss des Siwerskyj Donez, zur neuen Front, erklärte das Institut für Kriegsstudien. Er fließt überwiegend in südlicher Richtung und repräsentiert weitgehend den östlichen Rand der Region Charkiw.

"Ukrainische Streitkräfte setzen lokale Bodenangriffe fort, um russische Positionen hinter dem Oskil-Fluss zu bedrohen", teilte das Institut mit. "Es ist unwahrscheinlich, dass die russischen Truppen stark genug sind, weitere ukrainische Vorstöße entlang des gesamten Oskil-Flusses zu verhindern, weil sie keine Verstärkungen zu erhalten scheinen. Und ukrainische Truppen werden wahrscheinlich in der Lage sein, diese Schwäche auszunutzen, um die Gegenoffensive über den Oskil-Fluss hinweg fortzusetzen, wenn sie sich dazu entschließen", hieß es.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer Rede zur Lage der EU die europäische Solidarität mit der Ukraine beschworen und den Mitgliedstaaten Erleichterungen in der Energiekrise versprochen. Sie kündigte in Straßburg an, inmitten der stockenden russischen Militäroffensive in der Ostukraine nach Kiew zu reisen. Zudem versprach sie den Mitgliedsländern hohe Einnahmen durch die geplante Abschöpfung der Gewinne von Stromerzeugern. 

Bei von der Leyens drittem Kiew-Besuch seit dem russischen Einmarsch vor knapp sieben Monaten stehen Wirtschaftsfragen im Mittelpunkt. Sie wolle mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über einen "nahtlosen" Zugang der Ukraine zum EU-Binnenmarkt beraten, sagte sie. Begleitet wird sie von der ukrainischen First Lady Olena Selenska, die die Ansprache der Kommissionschefin als Ehrengast im Europaparlament verfolgt hatte

Die Bundesregierung hat die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Gaslieferungen auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss eine sogenannte Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen, die die Reform in den Bundestag einbringen wollen. Demnach soll auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 nur sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer anfallen.

Die Bundesregierung formulierte zugleich die Erwartung, dass die Unternehmen diese Senkung eins zu eins an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben - und die Gaspreise entsprechend senken. So sollen die wegen des russischen Kriegs in der Ukraine erheblich gestiegenen Gaspreise und auch der Preisanstieg durch die geplante Gasumlage abgefedert werden.

In Polen leben derzeit nach Regierungsangaben rund 1,3 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine. "Laut Statistik gehen in der letzten Zeit mehr Menschen zurück in die Ukraine, sie verlassen Polen", sagte Vize-Innenminister Pawel Szefernaker. Gleichzeitig beobachten die Behörden eine Binnenmigration der Ukrainer innerhalb Polens. Szefernaker sagte weiter, rund 600.000 ukrainische Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter hätten eine vorübergehende persönliche Identifikationsnummer (Pesel) bekommen, die in Polen den Umgang mit Behörden und dem staatlichen Gesundheitssystem erleichtert. Mehr als 400.000 Menschen aus dieser Personengruppe hätten bereits legale Arbeit gefunden.

In den Monaten nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar hatte Polen eine sehr große Zahl von Flüchtlingen aufgenommen. Im Juni sprach Regierungschef Mateusz Morawiecki von mehr als zwei Millionen Menschen, die in dem Land Schutz gefunden hätten. In Deutschland waren Ende August im Ausländerzentralregister knapp 985.000 Ukraine-Flüchtlinge erfasst. Ein Teil von ihnen dürfte bereits wieder ausgereist sein.

Der Bundeswehr-Generalinspekteur hat davor gewarnt, die jüngsten Erfolge der Ukraine im Krieg gegen Russland bereits als umfassende Gegenoffensive zu sehen. General Eberhard Zorn sagte dem Nachrichtenmagazin "Focus": "Ich bin mit den Begriffen vorsichtig“. Er sehe allenfalls Gegenstöße, mit denen man Orte oder einzelne Frontabschnitte zurückgewinnen, aber nicht Russland auf breiter Front zurückdrängen könne, so Zorn. 

Die ukrainische Armee agiere zwar klug, sagte Zorn, dennoch bezweifle er, ob die Ukrainer wirklich die Kraft für eine Gegenoffensive hätten: "Sie bräuchten eine Überlegenheit von mindestens drei zu eins."

Ein Gericht auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim hat gegen sechs Personen einer Hochzeitsgesellschaft Haftstrafen verhängt. Grund: Es wurde ein ukrainisches Lied gesungen. Laut Medienberichten, ordnete das Gericht in der Stadt Bachtschissarai Haftstrafen zwischen fünf und 15 Tagen sowie Ordnungsstrafen von umgerechnet mehr als 800 Euro an. Das Lied wurde in den Berichten als "Kampflied ukrainischer Nationalisten" bezeichnet.

Das patriotische Lied wurde zum Symbol des ukrainischen Widerstands gegen den russischen Einmarsch vom Februar. Als rechtliche Grundlage dienten dem Gericht Paragrafen zum Verbot "nazistischer Symbolik" und das Verbot zur Diskreditierung der russischen Streitkräfte. Bachtschissarai ist eine Hochburg der krimtatarischen Minderheit auf der Schwarzmeerhalbinsel, die zu großen Teilen die russische Oberhoheit ablehnt. Die Krim war im Frühjahr 2014 von Russland annektiert worden. Ihre Rückholung auch mit militärischen Mitteln ist eines der erklärten Ziele der Führung in Kiew.

14.09.2022 • 12:43 Uhr

Selenskyj besucht Isjum

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat heute Isjum besucht. Die Stadt war erst in der vergangenen Woche von ukrainischen Truppen zurückerobert worden. Der Ort gilt als wichtiger Knotenpunkt in der nordöstlichen Region Charkiw. Dabei nahm er an einer Zeremonie zur Hissung der ukrainischen Nationalflagge teil. "Unsere blau-gelbe (Flagge) weht über dem befreiten Isjum", teilte der Staatschef in sozialen Netzwerken mit.

Selenskyj kündigte dabei ein weiteres Vorrücken der ukrainischen Armee an. "Wir bewegen uns nur in eine Richtung - vorwärts und bis zum Sieg", unterstrich der 44-Jährige.

Das russische Präsidialamt hat die Invasion in die Ukraine verteidigt. Die Behörde begründete dies mit den anhaltenden Bestrebungen der Ukraine, der NATO beitreten zu wollen. Ein solcher Schritt würde für Russland eine Bedrohung darstellen, was den "militärischen Sondereinsatz" in der Ukraine nach wie vor notwendig mache.

In Deutschland ist die Debatte über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, speziell weitere Panzer, neu aufgeflammt. Ein klares Ja oder Nein kommt vom Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, in dieser Frage zwar nicht - doch für ihn steht fest, dass "die Unterstützung für die Ukraine entschlossen fortgesetzt" werden müsse.

Das liege auch im europäischen Interesse, denn es gehe nicht nur um das Fortbestehen demokratischer Werte in der Ukraine, sondern auch "um unsere eigene Sicherheit", betonte der SPD-Politiker im Interview mit tagesschau24.

Doch wie auch Bundeskanzler Olaf Scholz warnte Roth vor nationalen Alleingängen. Es brauche eine gemeinsame Lösung und für Deutschland den Rückenwind der EU und auch der USA.

"Es geht auch um unsere eigene Sicherheit", Michael Roth, SPD, zur Diskussion über Waffenlieferungen

tagesschau24 11:00 Uhr

Einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, nähert sich die Front im Osten der Ukraine der Grenze des von russischen Separatisten besetzten Gebietes um Luhansk. Das habe ein Kommandeur der selbst erklärten "Volksrepublik Luhansk" der russischen Nachrichtenagentur Tass berichtet.

Beim Weltkongress der Religionen, der derzeit in der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan stattfindet, fehlt Patriarch Kyrill I. Dennoch hat sich das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche nun zu Wort gemeldet. In einer auf dem Kongress verlesenen Nachricht beklagt er eine "falsche Darstellung historischer Ereignisse". Der von einigen Regierenden in dieser Welt gewählte Kurs von Diktatur, Rivalität und Konfrontation sei ein Beitrag zur Zerstörung der Menschheit, so Kyrill. Welche Regierenden er damit meint, ließ er jedoch offen. Kyrill I rechtfertigt den Krieg gegen die Ukraine und propagiert seit Jahren eine "russische Welt", zu der auch die Ukraine gehöre. Papst Franziskus hatte zuvor in seiner Eröffnungsrede gemahnt, die Religionen sollten sich niemals in den Dienst weltlicher Macht stellen und niemals zu Gewalt aufrufen.

Die Folgen des Krieges in der Ukraine haben starke Auswirkungen auf die deutsche Chemiebranche. "Wir müssen uns im wahrsten Sinne des Wortes warm anziehen, um diesen Winter und auch das kommende Jahr zu überstehen", erklärte jetzt der Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Evonik-Chef Christian Kullmann. Wegen stark gestiegener Energie- und Rohstoffpreisen sowie anhaltenden Lieferengpässe müssen einige Unternehmen bereits ihre Produktion herunterfahren.

Bereits im zweiten Quartal 2022 brach die Produktion in der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie im Vergleich zum Vorjahr um 5,4 Prozent ein. Ohne das Pharmageschäft ging sie sogar um mehr als acht Prozent zurück. Den Betrieben falle es trotz steigender Umsätze immer schwerer, die hohen Energie- und Rohstoffkosten an ihre Kunden weiterzugeben, warnte der VCI. Bei vielen Unternehmen gingen die Erlöse schon zurück, erste schrieben bereits rote Zahlen.

14.09.2022 • 10:04 Uhr

EU-Hilfe für zerstörte Schulen

Ursula von der Leyen kündigte an, dass die EU für den Wiederaufbau zerstörter ukrainischer Schulen 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen wird. "Denn die Zukunft der Ukraine beginnt in ihren Schulen", sagte die EU-Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union in Straßburg. Die Angriffe Russlands haben ihren Angaben nach mehr als 70 Schulen in der Ukraine zerstört. Der Wiederaufbau des Landes werde massive Ressourcen benötigen. "Wir werden uns auch auf lange Sicht engagieren", kündigte von der Leyen an.

In ihrer Rede zur Lage der Union kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute in Straßburg an, dass die Ukraine in die EU-Zone für kostenloses Roaming aufgenommen werden soll. Damit wäre es für ukrainische Mobilfunkkunden möglich, auch ohne Zusatzkosten in der EU mobil im Netz zu surfen. Gleiches würde für EU-Verbraucher gelten, die in der Ukraine unterwegs sind.

Zur Unterstützung der Ukraine will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erneut in das von Russland angegriffene Land reisen. Sie werde heute für Gespräche mit Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Kiew reisen, sagte die deutsche Politikerin im Straßburger Europaparlament. Man müsse darauf hinarbeiten, dass die Ukraine einen Zugang zum europäischen Binnenmarkt habe und umgekehrt. "Unser Binnenmarkt ist eine der größten Erfolgsgeschichten Europas", sagte von der Leyen. Nun sei es an der Zeit, ihn auch für die "ukrainischen Freundinnen und Freunde" zu einer Erfolgsgeschichte zu machen. Mittlerweile haben die 27 EU-Staaten der Ukraine den Status als EU-Kandidat erteilt.

14.09.2022 • 09:14 Uhr

USA zeigen sich optimistisch

Die schnellen Vorstöße ukrainischer Truppen in den vergangenen Tagen sorgen für vorsichtigen Optimismus - auch bei der US-Regierung. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte: "Was Sie sehen, ist sicherlich eine Verschiebung, ein Momentum der ukrainischen Streitkräft". Die russischen Truppen hätten ihre Kampfpositionen verlassen und ihre Vorräte zurückgelassen. Kirby betonte gleichzeitig, dass Russland weiterhin große militärische Fähigkeiten habe.

Die russische Regierung plant, nach einem Medienbericht den Export von Düngemitteln durch Zölle zu verteuern. Das solle dem russischen Haushalt Zusatzeinnahmen von umgerechnet 1,75 Milliarden Euro pro Jahr sichern, schrieb die Tageszeitung "Kommersant". Die Entscheidung darüber sei praktisch getroffen, jetzt werde über den konkreten Zollsatz verhandelt, berichtete das Blatt unter Berufung auf Regierungskreise. Kremlchef Wladimir Putin hatte kürzlich die westlichen Sanktionen beklagt, die die Ausfuhr russischer Dünge- und Lebensmittel behinderten und damit eine Hungerkrise in den armen Ländern provozierten.

Die Frau des ukrainischen Präsidenten, Olena Selenska, wird heute als Ehrengast im EU-Parlament in Straßburg der Rede zur Lage der Europäischen Union zuhören. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte Selenskas Besuch am Abend im Kurznachrichtendienst Twitter an und fügte hinzu: "Der Mut des ukrainischen Volkes hat die Welt berührt und inspiriert." Der russische Angriffskrieg in der Ukraine dürfte eines der Themen sein, zu denen sich die Kommissionschefin am Mittwoch ab 9.00 Uhr äußert. In der jährlichen Rede zur Lage der EU erläutert von der Leyen dem Europäischen Parlament die Prioritäten ihrer Politik.

Die auf das Jahr hochgerechnete Inflation in der Ukraine könnte nach Worten von Ministerpräsident Denys Schmyhal 2023 auf 30 Prozent steigen. Der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr sehe ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts von 4,6 Prozent bei einer Inflation von bis zu 30 Prozent vor, sagt Schmyhal der Agentur Interfax zufolge. Das wäre der höchste Wert seit dem Jahr 2015, in dem die Preisbeschleunigung 48,7 Prozent betrug. Fast die Hälfte des Etats sei für Ausgaben für die Sicherheit und Rüstung geplant.

In der Diskussion über die Lieferung von Panzern in die Ukraine wirft CDU-Chef Friedrich Merz der Bundesregierung unnötiges Zögern vor. Er hätte Exportgenehmigungen für Schützenpanzer des Typs Marder erteilt, die auf den Höfen der Industrie stehen und nicht für Bundeswehr im Einsatz sind, sagte Merz in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". In diesem Punkt stimme er mit der FDP und den Grünen überein. Zusammen hätte man dafür auch eine Mehrheit im Bundestag, merkte der Unionsfraktionsvorsitzende an. Der russische Krieg gegen die Ukraine dauere nun fast sieben Monate an, betonte Merz. Die Ukraine sei zwar erstaunlich gut aufgestellt, um sich zu verteidigen. "Aber wir hätten mehr tun können." Das sei auch die Meinung vieler Europäer, die auf eine Entscheidung Deutschlands warteten.

Der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch stellt eine Offensive auf die östliche Provinz Luhansk in Aussicht. "Es gibt jetzt einen Angriff auf Lyman, und es könnte einen Vorstoß auf Siwersk geben", sagt Arestowytsch in einem auf YouTube veröffentlichten Video in Bezug auf die zwei Städte. Er gehe von einem erbitterten Kampf um die Stadt Swatowo aus, da Russland seiner Ansicht nach dort Versorgungslager stationiert habe. "Und das ist es, was sie am meisten fürchten - dass wir Lyman einnehmen und dann auf Lyssytschansk und Sjewjerodonezk vorrücken. Dann wären sie von Swatowo abgeschnitten." Denis Puschilin, Chef der selbsternannten Volksrepublik Donezk, erklärt in einem Videobeitrag, dass Lyman weiterhin in ihrer Hand sei. "Die Situation hat sich stabilisiert. Der Feind versucht natürlich, in kleinen Gruppen vorzurücken, aber die (von Russland geführten) alliierten Streitkräfte schlagen sie vollständig zurück."

14.09.2022 • 02:56 Uhr

US-Regierung sieht neue Dynamik

Die US-Regierung sieht angesichts militärischer Erfolge der ukrainischen Truppen eine neue Dynamik im Krieg mit Russland. "Ich denke, was Sie sehen, ist sicherlich eine Verschiebung, ein Momentum der ukrainischen Streitkräfte, insbesondere im Norden", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach der Rückeroberung zahlreicher Orte im Osten und Süden des Landes versprochen, den Bewohnern wieder ein normales Leben zu ermöglichen. Vielerorts seien die ukrainischen Truppen derzeit noch dabei, die Lage zu stabilisieren, und russische Soldaten, Saboteure und Kollaborateure festzunehmen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Fernsehansprache. "Es ist sehr wichtig, dass gemeinsam mit unseren Soldaten, mit unserer Flagge, das gewöhnliche, normale Leben in das von der Besetzung befreite Territorium kommt." Als Beispiel nannte er die Bewohner eines Dorfes, die nach monatelanger russischer Besatzung bereits wieder ihre Renten ausgezahlt bekommen hätten.

Nach der Rückeroberung von Gebieten in der Ostukraine stoßen die ukrainischen Behörden dort nach eigenen Angaben auf Hinweise für mutmaßliche Verbrechen der russischen Besatzungsmacht. So berichtete der ranghohe ukrainische Polizist Serhij Bolwinow aus der Stadt Balaklija, dass die Invasoren im örtlichen Polizeirevier ein Foltergefängnis unterhalten hätten. Im Keller seien während der mehrere Monate dauernden Besatzung immer etwa 40 Menschen eingesperrt gewesen. "Die Besatzer nahmen diejenigen mit, die beim Militär dienten oder dort Verwandte hatten, und suchten auch nach denen, die der Armee halfen", schrieb der Leiter der Ermittlungsabteilung bei der Polizei Charkiw auf Facebook. Nach Zeugenaussagen seien Gefangene mit Stromschlägen gefoltert worden.

Stephan Laack, WDR, 14.09.2022 05:15 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 14. September 2022 um 07:10 Uhr.