Krieg gegen die Ukraine ++ Armeechef warnt vor Stellungskrieg ++
Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee hat vor einem Stellungskrieg mit Russland gewarnt. Der Bedarf an humanitärer Hilfe in der Ukraine ist nach Angaben des UN-Nothilfebüros nach wie vor groß. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.
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Armeechef: Ukraine muss Stellungskrieg vermeiden
Der Kampf gegen die russischen Invasoren entwickelt sich nach Angaben des Oberbefehlshabers der ukrainischen Armee zu einem Stellungskrieg. Damit einher gingen zermürbende Kämpfe und kaum Bewegung an den Fronten, schreibt General Waleri Saluschni in einem Beitrag für "The Economist". Davon könnte Russland profitieren und seine militärische Schlagkraft wieder aufbauen. Die ukrainische Armee benötige neue Fähigkeiten wie eine bessere Luftwaffe, um diese Art der Kriegsführung zu beenden. Saluschni fordert zudem, dass die Armeereserven aufgestockt und dass mehr Ukrainer einberufen werden können.
Selenskyj beschwört europäische Einigkeit
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sein Land als wichtigen Teil eines künftigen vereinten Europas. "Ich bin zuversichtlich, dass die Ukraine unser Europa stärker denn je machen wird. Und wir arbeiten so hart wie möglich daran, dass unserem Beitritt zur Europäischen Union nichts mehr im Wege steht", sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft am Abend. Er erinnerte an das Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht vor 30 Jahren am 1. November 1993. Dieser habe "den Grundstein für die moderne europäische Einigung" gelegt, sagte Selenskyj. Der Vertrag bedeutete damals die Gründung der Euopäischen Union mit einer Wirtschafts -und Währungsgemeinschaft und einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.
Zwar gebe es in vielen EU-Mitgliedsländern europakritische Stimmen, sagte Selenskyj - oft gerade in Staaten, die für den Erhalt des Friedens und der Ordnung in Europa wichtig seien. Beispiele nannte er nicht. Aber die EU habe immer bewiesen, dass sie Krisen überwinden könne und stärker werde, 'wenn die Feinde Europas nur Schwäche erwarten', betonte der Präsident.
Ukrainischer Soldat von Moskau-treuem Gericht verurteilt
Ein ukrainischer Soldat ist von einem von Russland eingerichteten Gericht in der Region Donezk im Osten der Ukraine zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dem Mann werde vorgeworfen, zwischen Februar und April 2022 in der von Russland angegriffenen ukrainischen Stadt Mariupol die "Festnahme und Tötung" von insgesamt acht Zivilisten nahe seiner Stellung befohlen zu haben, erklärte das für die Verfolgung schwerer Straftaten zuständige russische Ermittlungskomitee. Demnach wurden zudem zwei Soldaten, welche die Befehle ausgeführt haben sollen, zu 30 Jahren Haft verurteilt. Am Dienstag hatte das selbe Gericht im von pro-russischen Separatisten kontrollierten Donezk bereits drei weitere ukrainische Kriegsgefangene zu lebenslanger Haft verurteilt.
Die russische Armee hatte die Hafenstadt Mariupol, in der die nun verurteilten Soldaten ihre Taten begangen haben sollen, in den ersten Monaten ihres Angriffs auf die Ukraine weitgehend zerstört. Die ukrainische Armee hatte hartnäckigen Widerstand geleistet. Bei den Kämpfen wurde mutmaßlich auch viele Zivilisten getötet.
Ukraine: Mehr als 260 Zivilisten durch Minen getötet
In der Ukraine sind nach Angaben des Militärs inzwischen mehr als 260 Zivilisten durch Minen und ähnliche Sprengsätze getötet worden. Zudem gebe es 571 Verletzte, teilte der Generalstab auf Telegram mit. Die Regierung in Kiew geht davon aus, dass 174.000 Quadratkilometer des Landes - etwa ein Drittel - möglicherweise von Minen und gefährlichen Hinterlassenschaften des Kriegs betroffen sind.
Bulgarien weist russischen Journalisten aus
Bulgarien hat einen russischen Journalisten wegen angeblicher Spionagetätigkeit des Landes verwiesen. Der in Sofia akkreditierte Korrespondent der russischen Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta", Aleksandr Gazak, habe Bulgarien verlassen, teilte die bulgarische Agentur für nationale Sicherheit (DANS) mit. Gazak werden demnach Tätigkeiten vorgeworfen, die die nationale Sicherheit des EU- und NATO-Mitgliedstaates Bulgarien gefährden könnten. Konkrete Handlungen wurden nicht genannt.
Pistorius: Deutschland muss Verteidigungskrieg führen können
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius will die Bundeswehr so aufstellen, dass sie kriegstüchtig ist. "Wir müssen uns auch darauf einstellen, dass wir im äußersten Fall angegriffen werden könnten", sagte der SPD-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Dann müssen wir in der Lage sein, einen Verteidigungskrieg zu führen."
Die Notwendigkeit der Vorbereitung darauf gelte nicht nur kurzfristig, betonte Pistorius. "Unabhängig davon, welche Parteien ab 2025 das Sagen haben, sie werden sich dieser Verantwortung nicht verweigern können." Wenn das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr aufgebraucht sei, müsse es "eine dauerhafte Abbildung" des NATO-Ziels, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, "im regulären Haushalt" geben.
Seoul: Nordkorea liefert Russland eine Million Artilleriegeschosse
Nordkorea hat Russland südkoreanischen Angaben zufolge eine Million Artilleriegeschosse im Austausch für Ratschläge hinsichtlich von Satellitentechnologie geliefert. Der südkoreanische Geheimdienst NIS habe herausgefunden, dass "mehr als eine Million Artilleriegeschosse übergeben wurden", sagte der Abgeordnete Yoo Sang Bum nach einer nicht-öffentlichen Parlamentssitzung in Seoul. Demnach hat Nordkorea im Austausch technische Ratschläge von Moskau für den Start eines militärischen Aufklärungssatelliten erhalten. Die von Pjöngjang zur Verfügung gestellte Munition könne die russische Artillerie im Krieg gegen die Ukraine zwei Monate lang mit ausreichend Geschossen versorgen, erläuterte Yoo.
Weiter Zuversicht im Hinblick auf internationale Hilfen
Trotz des Krieges im Nahen Osten bleiben die Menschen in der Ukraine zuversichtlich, auch weiterhin internationale Hilfe zu erhalten. Mit Blick auf den Angriff der Hamas auf Israel empfinden sie Mitgefühl, berichtet ARD-Korrespondentin Susanne Petersohn.
Russisches Militär droht mit schnellem Abschuss von F-16
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat noch vor der Ankunft der ersten westlichen Kampfjets vom Typ F-16 in der Ukraine von deren Abschuss innerhalb von drei Wochen gesprochen. Im vergangenen Monat habe die russische Flugabwehr "mehr als 1.400 Luftangriffsobjekte des Gegners, darunter 37 Flugzeuge und sechs taktische Raketen ATACMS abgeschossen", behauptete Schoigu bei einer Ministeriumssitzung. Bei diesem Tempo würden die F-16-Kampfjets innerhalb von 20 Tagen vernichtet.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Tote und Verletzte nach russischen Angriffen
Beim Beschuss von 118 Orten in der Ukraine durch die russischen Streitkräfte sind Behördenangaben zufolge mindestens vier Menschen getötet und 14 verletzt worden. Im südukrainischen Cherson schlug am Morgen ein russisches Geschoss in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern ein und tötete eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung. Zwei ihrer Kollegen wurden nach Angaben der lokalen Militärbehörde teilweise schwer verletzt. Von den Behörden veröffentlichte Videoaufnahmen vor Ort deuteten aufgrund der Schwere der Schäden und dem mutmaßlichen Einschlagskrater auf einen Drohnenangriff hin.
Eine russische Drohne tötete auch in der nordöstlich von Cherson gelegenen Region Dnipropetrowsk eine 59-jährige Frau und verletzte sechs Menschen, wie die regionale Staatsanwaltschaft mitteilte. Weitere Opfer gab es zuvor im Osten und Nordosten des Landes. In der umkämpften Region Donezk kam regionalen Behörden zufolge ein 58-jähriger Mann durch russischen Beschuss ums Leben, während vier Menschen im Alter zwischen 54 und 73 Jahren verwundet wurden. Einen Toten und einen Verletzten gab es nach Angaben des ukrainischen Innenministers nahe der im Vorjahr befreiten Frontstadt Kupjansk im Nordosten des Landes.
UN: Rund 18 Mio. Menschen in Ukraine brauchen humanitäre Hilfe
Der Bedarf an humanitärer Hilfe in der Ukraine ist nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA mehr als anderthalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs enorm. Derzeit benötigten rund 18 Millionen Menschen irgendeine Form humanitärer Hilfe, sagte OCHA-Direktor Ramesh Rajasingham vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.
Das ukrainische Statistikamt sowie die EU-Statistikbehörde Eurostat gaben die Bevölkerung vor dem Krieg, den Russland im Februar 2022 begonnen hatte, mit rund 41 Millionen Einwohnern an. Nach Kriegsbeginn verließen Millionen das Land, ein Teil kehrte im Laufe der Zeit wieder zurück. Wie viele Menschen derzeit in der Ukraine leben, ist daher unklar. Laut Rajasingham gelten zehn Millionen Menschen weiterhin als vertrieben, sei es im eigenen Land oder als Flüchtlinge in anderen Ländern.
Angesichts des Kriegs im Nahen Osten warnte Rajasingham zudem davor, die Ukraine aus den Augen verlieren. Die kritische Infrastruktur habe beträchtlichen Schaden erlitten, damit sei die Versorgung der Menschen mit Strom, Wasser, Heizung und Telekommunikation gefährdet. Das sei angesichts des nahenden Winters mit erwarteten Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius Grund für besonders große Sorge.
Ukraine: Größter russischer Angriff seit Jahresbeginn
Russland hat nach ukrainischen Angaben binnen 24 Stunden mehr als 118 Orte in zehn Regionen angegriffen. "Das ist die größte Anzahl an Städten und Dörfern, die seit Beginn des Jahres angegriffen wurden", erklärte Innenminister Ihor Klymenko in Onlinemedien.
Russland greift Ölraffinerie an
Russland hat nach ukrainischen Angaben die Ölraffinerie in Krementschuk in der zentralen Region Poltawa angegriffen. Die Raffinerie sei in Brand geraten, teilte die Militärverwaltung der Region auf Telegram mit. Inzwischen sei das Feuer gelöscht. Berichte über Verletzte gebe es bislang nicht, man versuche mehr über das Ausmaß der Schäden zu erfahren. Die Raffinerie, die den Angaben zufolge nicht in Betrieb war, wurde seit der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 bereits mehrfach angegriffen.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
2023 bislang 14 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen getötet
Die Zahl der getöteten Mitarbeiter von Hilfsorganisationen im Krieg gegen die Ukraine hat sich von vier im vergangenen Jahr auf bisher 14 in diesem Jahr mehr als verdreifacht. Das teilte das UN-Nothilfebüro OCHA mit. In den ersten neun Monaten dieses Jahres hätten sich mehr als 500 humanitäre Organisationen in der Ukraine engagiert - die meisten vor Ort. Von dieser Hilfe profitierten den Angaben zufolge neun Millionen Menschen.
Luftalarm in Sewastopol
In der Hafenstadt Sewastopol auf der Krim herrscht Luftalarm, der Verkehr auf der Krim-Brücke sowie der Schiffsverkehr wurden eingestellt. Das teilten die von Russland eingesetzten Beamten auf der Halbinsel mit.
Moskau: Zwei ukrainische Drohnen abgefangen
Die russische Luftabwehr hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau erneut zwei ukrainische Drohnen über dem westrussischen Grenzgebiet Kursk abgefangen. Am späten Dienstagabend sei ein Versuch Kiews vereitelt worden, "einen Terroranschlag auf Einrichtungen im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation zu verüben", teilte das Ministerium in der Nacht auf Telegram mit. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.
Selenskyj rechnet mit weiteren militärischen Erfolgen
Ungeachtet der derzeit schwierigen Lage an der Front hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen Landsleuten für die Zukunft weitere militärische Erfolge in Aussicht gestellt - insbesondere in der Schwarzmeerregion. "Die moderne Welt ist so gestaltet, dass sie sich zu schnell an den Erfolg gewöhnt. Als die Aggression in vollem Umfang begann, haben viele Menschen auf der Welt erwartet, dass die Ukraine nicht standhalten würde", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Mittlerweile werden die kolossalen Leistungen unseres Volkes, aller unserer Soldaten, einfach als gegeben angesehen." Selenskyj fügte hinzu: "Der Erfolg der Ukraine im Kampf um das Schwarze Meer wird in die Geschichtsbücher eingehen, auch wenn das derzeit nicht mehr so oft diskutiert wird."
Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen
US-Verteidigungsminister Austin hat im US-Kongress um weitere Militärhilfen für die Ukraine geworben. Der britische Geheimdienst sieht die russische Armee im Süden der Region Cherson unter Druck.