Kyrill I., Patriarch der Russisch-Orthodoxen Kirche
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Krieg gegen die Ukraine ++ Kanada verhängt Sanktionen gegen Kyrill ++

Stand: 11.07.2022 22:43 Uhr

Kanada hat Sanktionen gegen den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. verhängt. Der türkische Präsident Erdogan und sein russischer Amtskollege Putin haben am Telefon über eine Lösung der Getreidekrise gesprochen. Der Liveblog zum Nachlesen.

11.07.2022 • 22:43 Uhr

Ende des Liveblogs

Für heute schließen wir diesen Liveblog. Wir danken für Ihr Interesse und informieren Sie auch am Dienstag in einem neuen Liveblog zum Krieg in der Ukraine.

Generalbundesanwalt Peter Frank hat die Hoffnung auf schnelle Erfolge bei der Strafverfolgung von Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg gedämpft. "Bitte erwarten Sie nicht, dass wir morgen oder übermorgen irgendwelche Beschuldigte identifiziert haben", sagte Frank beim Jahrespresseempfang der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Im Völkerstrafrecht brauche man "einen langen Atem". Er zog Parallelen zum syrischen Bürgerkrieg, der 2011 begonnen hatte. Erst 2019 sei in Deutschland die erste Anklage erhoben worden. Bis zum ersten rechtskräftigen Urteil seien zehn Jahre vergangen.

Zum Ukraine-Krieg gebe es "namentlich noch überhaupt keine personenbezogenen Ermittlungsverfahren", sagte Frank. Seine Behörde hatte dazu im März sogenannte Strukturermittlungen eingeleitet. Dabei geht es darum, zunächst ohne konkrete Beschuldigte möglichst breit Beweise zu sichern.

Sollten die Strafverfolger einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher in Deutschland ausfindig machen, bekäme nach Franks Angaben zuerst der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Bescheid. Falls dort nicht ermittelt wird, könnte es zur Anklage durch die Bundesanwaltschaft kommen. Dabei geht es um mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, vorwiegend von russischer Seite. Die Ermittlungen sind aber grundsätzlich offen angelegt - sie könnten sich also auch gegen Ukrainer richten, die sich schuldig gemacht haben.

Der pro-russische Ortsvorsteher eines von russischen Truppen besetzten Dorfes in der ukrainischen Region Charkiw ist bei einem Anschlag auf sein Auto getötet worden. Jewgeny Junakow aus der Ortschaft Welikij Burluk im Nordosten der Ukraine sei nach der Explosion einer Autobombe gestorben, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. Die laut Tass vor kurzem gegründete pro-russische "militärische Zivilverwaltung" in der Region bezeichnete die Explosion als einen von ukrainischen Behörden verübten "Terroranschlag".

Russische Truppen halten Teile der Region Charkiw besetzt, die gleichnamige Stadt ist weiterhin unter ukrainischer Kontrolle. Tass zufolge wollen die pro-russischen Behörden ihre Verwaltung in den besetzten Teilen der Region Charkiw in der Stadt Kupjansk einrichten. Ein ehemaliger Polizeichef soll sie leiten. In der besetzten südlichen Region Cherson und der teilweise besetzten Region Saporischschja sind bereits pro-russische Verwaltungen gegründet worden.

Angriffe auf pro-russische Behörden haben in beiden Regionen in den vergangenen Wochen zugenommen. Vertreter der von Moskau unterstützen Regierung der Region Cherson hatten erklärt, sie hätte einen Anschlag auf ihren Verwaltungschef vereitelt. 

Russlands Präsident Putin hat ein Dekret erlassen, das es allen Ukrainern ermöglichen soll, schnell an einen russischen Pass zu gelangen. Bisher galt das nur für einige Regionen. Kiew verurteilte den Erlass scharf - dieser sei ein "weiterer Eingriff in die Souveränität und in die territoriale Unabhängigkeit" der Ukraine.

11.07.2022 • 19:33 Uhr

Kanada: Sanktionen gegen Kyrill

Nach Großbritannien hat nun auch die kanadische Regierung Sanktionen gegen den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. wegen seiner Unterstützung des Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängt. Sie setzte das 75-jährige Kirchenoberhaupt und weitere 28 Personen am 7. Juli auf die Sanktionsliste. Bei den 29 handele es sich um "russische Desinformations- und Propagandaakteure", erklärte die Regierung. Die britische Regierung hatte bereits im Juni Kyrills Vermögenswerte in Großbritannien eingefroren und ein Einreiseverbot gegen ihn beschlossen.

In Moskau soll morgen eine diplomatische Vertretung der selbst ernannten Volksrepublik Donezk eröffnet werden. Die Zeremonie findet im Beisein des russischen Außenministers Sergej Lawrow statt. Russland hatte die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk im ostukrainischen Donbass wenige Tage vor Kriegsbeginn als unabhängig anerkannt.

Der vor dem russischen Einmarsch reichste Ukrainer, Rinat Achmetow, hat wegen der drohenden Aufnahme in ein Register für Oligarchen sein Mediengeschäft aufgegeben. Seine Mediengruppe werde alle TV- und Print-Lizenzen dem Staat überschreiben sowie die Internetmedien einstellen, erklärte Achmetow in einer Mitteilung. Zur Mediengruppe gehören elf Fernsehsender, die Nachrichtenseite Segodnya.ua und der Online-TV-Service OLL.TV. Mehr als 4000 Menschen arbeiten für die Gruppe. Die Gesamtinvestitionen bezifferte Achmetow auf umgerechnet mehr als 1,5 Milliarden Euro.

Nach einem Raketenangriff auf den Ort Tschassiw Jar im ostukrainischen Gebiet Donezk ist die Zahl der aus einem zerstörten Wohnhaus geborgenen Toten auf mehr als 30 gestiegen. Der ukrainische Zivilschutz sprach am Montag von insgesamt 31 gefundenen Leichen. Neun Menschen seien seit dem Wochenende lebend aus den Trümmern gerettet worden. Die Räumungsarbeiten dauerten weiter an. Wie viele Menschen noch vermisst wurden, war nicht bekannt.

In Charkiw stieg die Zahl der getöteten Menschen auf sechs, 31 weitere wurden nach ukrainischen Angaben verletzt. Stunden zuvor waren bei drei russischen Raketenangriffen demnach Wohngebiete in Charkiw getroffen worden.

Der russischen Regierung zufolge wollen der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan bald zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen. Zuvor hätten beide miteinander telefoniert und über Getreidelieferungen gesprochen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf russische Angaben. Dabei sei über eine Zusammenarbeit beim Export und einer sicheren Passage über das Schwarze Meer diskutiert worden.

Der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge erklärte Erdogan, dass es Zeit sei, einen Plan der Vereinten Nationen für einen Seekorridor für den Export von ukrainische Getreide umzusetzen.

Angesichts der Sorgen vor einem russischen Gaslieferstopp wegen des Ukraine-Kriegs planen Deutschland und Tschechien ein gemeinsames Erdgassolidaritätsabkommen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der tschechische Industrie- und Handelsminister Jozef Sikela unterzeichneten in Prag eine entsprechende Absichtserklärung. "Wir helfen uns gegenseitig mit der Gasversorgung und werden das auch aus Deutschland für Tschechien tun", sagte Habeck über die Kooperation innerhalb Europas. Tschechien ist fast komplett von russischen Gasimporten abhängig.

Die Bundesregierung treibt den Ersatz von Gaskraftwerken durch Steinkohlemeiler voran. Nachdem in der vergangenen Woche ein entsprechendes Gesetz das Parlament passiert hatte, haben sich Regierungskreisen zufolge die Ministerien heute auf die noch nötige Verordnung verständigt. Am Mittwoch solle diese im Kabinett beschlossen werden. Damit kann die sogenannte Netzreserve abgerufen werden.

Das betrifft zunächst Anlagen, die eigentlich in diesem und im kommenden Jahr abgeschaltet werden sollen. Mit der Verordnung werde festgestellt, dass Anlagen aus der Netzreserve wegen der ausgerufenen Alarmstufe des Notfallplans Gas befristet am Strommarkt teilnehmen können.

Die Lage um die russische Exklave Kaliningrad hat sich weiter zugespitzt. Das EU-Land Litauen weitete die Beschränkungen für den Handel mit der russischen Ostsee-Exklave aus, nachdem die Sanktionen der Europäischen Union gegen Moskau in Kraft getreten sind. Zu den zusätzlichen Waren, die seit heute Morgen im Transit zwischen Russland und Kaliningrad verboten sind, gehören Beton, Holz, Alkohol und Industriechemikalien auf Alkoholbasis, sagte ein Sprecher des litauischen Zolls.

Brasilien steht nach den Worten seines Präsidenten Jair Bolsonaro kurz vor einem neuen Gasabkommen mit Russland. Ziel sei es, günstigeres Gas aus Russland zu importieren, sagte Bolsonaro, ohne Details zu nennen. Vor dem Hintergrund von schlechten Umfragewerten und Wahlen im Oktober sind Bolsonaro, der auch ein gutes Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin pflegt, hohe Treibstoffpreise ein Dorn im Auge.

Russland erleichtert allen Ukrainern den Zugang zur russischen Staatsbürgerschaft. "Alle Bürger der Ukraine haben das Recht, die Staatsbürgerschaft der russischen Föderation nach einem vereinfachten Verfahren zu beantragen", hieß es in einem veröffentlichten Dekret von Präsident Wladimir Putin.

Das vereinfachte Verfahren galt bislang nur für Bewohner der von Russland besetzten ukrainischen Gebiete. Für Donezk und Luhansk wurde das Schnellverfahren im Jahr 2019 eingeführt. Seither besorgten sich mehr als 720.000 Einwohner der Separatistengebiete auf diesem Weg russische Pässe - das sind etwa 18 Prozent der dortigen Bevölkerung.

Seit Ende Mai, drei Monate nach dem Beginn der russischen Invasion, wurde das Schnellverfahren auch für die Einwohner der Regionen Saporischschja und Cherson angeboten. Die Region Cherson ist nahezu vollständig von Russland besetzt, die Oblast Saporischschja teilweise.

Der niederländische Premier Mark Rutte hat der Ukraine bei einem Besuch in Kiew weitere Waffenlieferungen zugesagt. "Es ist wichtig, dass wir hier jetzt helfen und dafür sorgen, dass die Ukraine sich selbst verteidigen kann", sagte Rutte in der ukrainischen Hauptstadt dem niederländischen TV-Sender NOS. "Es hört nicht auf." Die Niederlande haben der Ukraine nach eigenen Angaben bislang Waffen im Wert von knapp 173 Millionen Euro geliefert, darunter auch Panzerhaubitzen. Fünf der schweren Geschütze wurden bereits geliefert, drei weitere sollen folgen.

Im Streit um die Einschränkungen des Güterverkehrs in die russische Exklave Kaliningrad durch Litauen diskutieren Russland und Belarus ein gemeinsames Vorgehen gegen das EU-Land. Im Zusammenhang "mit den von Litauen verhängten illegalen Beschränkungen des Warenverkehrs" seien "mögliche gemeinsame Schritte" diskutiert worden, teilte der Kreml mit. Der russische Präsident Wladimir Putin und der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko hatten zuvor telefoniert.

In Tschassiw Jar weiter südlich in der umkämpften Region Donezk suchen Rettungskräfte nach dem Beschuss eines fünfstöckigen Wohnhauses weiter nach Überlebenden, mindestens 19 Menschen kamen bei dem Angriff vom Samstag ums Leben. Die ukrainische Regierung erwartet, dass die russischen Streitkräfte eine Großoffensive in Donezk vorbereitet.

Zivile Opfer im Osten des Landes: Ukraine plant Gegenschlag im Süden

Joscha Bartlitz, HR, tagesschau 16:00 Uhr

Seit Beginn des russischen Einmarsches vor viereinhalb Monaten werden in der Ukraine offiziellen Angaben zufolge rund 7000 Militärs vermisst. Darunter seien Soldaten, Nationalgardisten, Grenzsoldaten und Geheimdienstleute, sagte der ukrainische Vermisstenbeauftragte Oleh Kotenko im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Der Großteil der Vermissten werde in russischer Gefangenschaft vermutet. Allein die Armee habe dabei etwa 2000 Soldaten als verschollen registriert.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit mehreren Konzernchefs über Fragen der Energiesicherheit und Einschränkungen in den Lieferketten beraten. Die Regierung teilte danach nur mit, dass widerstandsfähige Lieferketten und der Freihandel für die Bundesregierung zentrale Anliegen blieben. Die Unternehmenschefs - die meisten von ihnen von Dax-Unternehmen - hätten über Probleme der hohen Energiepreisen berichtet. Die Bundesregierung wolle mit einer Diversifizierung der Energiequellen, einer beschleunigten Energiewende und gesetzlichen Schritten Engpässe möglichst vermeiden.

Die Europäische Union will gegen den illegalen Waffenhandel im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg vorgehen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sagte bei einem Treffen der europäischen Innenminister in Prag, nicht alle der zahlreichen Waffen in der Ukraine seien "in den richtigen Händen". Gemeinsam mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau wolle die EU deshalb die organisierte Kriminalität bekämpfen.

Als mögliches Einfalltor gilt die Grenze zwischen der Ukraine und Moldau, wie die amtierende Generaldirektorin der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Aija Kalnaja, in Prag sagte: "Dort können geschmuggelte Waffen hauptsächlich ankommen", sagte sie. 

Die chemische Industrie stellt den Vorrang privater Haushalte bei der Zuteilung von Gas im Notfall infrage. Die Sicherung der Arbeitsplätze und damit das Einkommen sei für die Familien sehr wichtig und "steht für die Gesellschaft höher als die vollständige Sicherstellung der privaten Gasversorgung", sagte der Präsident des Chemieindustrieverbands VCI, Christian Kullmann, der "Süddeutschen Zeitung". "Was nützt es, wenn die Haushalte zwar weiter Gas bekämen, es aber nicht mehr bezahlen könnten?"

Russlands Armee hat einen verheerenden Beschuss des ukrainischen Ortes Tschassiw Jar am Wochenende als einen Angriff auf rein militärische Ziele dargestellt. Mit präzisionsgelenkten Waffen sei ein Stationierungspunkt einer ukrainischen Brigade zerstört worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow. Zu dem ukrainischen Vorwurf, es handele sich um einen gezielten Angriff auf eine Wohngegend, äußerte er sich nicht.

Angesichts des Protestes der Ukraine gegen die geplante Lieferung der gewarteten russischen Nord-Stream-1-Turbine von Kanada hat die Bundesregierung darauf verwiesen, dies falle nicht unter EU-Sanktionen. Eine Regierungssprecherin sagte in Berlin, man habe die Kritik der Ukraine zur Kenntnis genommen. Die EU-Sanktionen beträfen nicht den Gastransit. Dies sei auch aus gutem Grund so. Bei den Sanktionen gegen Russland sei ein entscheidendes Kriterium, dass diese der EU und Deutschland nicht mehr schaden als Russland.

In einer gestern veröffentlichten Erklärung von Außen- und Energieministerium in Kiew hieß es, man sei "zutiefst enttäuscht" über die Entscheidung der kanadischen Regierung, im Fall der Turbine eine Ausnahme von den gegen Russland verhängten Sanktionen zu machen.

Die EU muss sich nach Einschätzung des derzeitigen Vorsitzenden des Innenministerrats auf weitere Flüchtlinge aus der Ukraine vorbereiten. "Wir alle hoffen, dass die Situation besser wird, aber das Ende des Krieges sehen wir noch nicht", sagte der tschechische Innenminister Vit Rakusan am Rande von Beratungen mit EU-Kollegen in Prag. Man müsse auf nächste Wellen von Ankünften vorbereitet sein.

Zudem verwies Rakusan darauf, dass sich einige Aufnahmeländer bereits heute an ihren Belastungsgrenzen sehen. Ihm zufolge muss deswegen auch über Solidarität und über zusätzliche finanzielle und organisatorische Hilfen geredet werden.

Die Bundesregierung bemüht sich um eine rasche Lösung für den angeschlagenen Energieversorgers Uniper. Das sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin. Einzelheiten nannte sie nicht. Eine Regierungssprecherin wollte keine Stellung dazu nehmen, dass die finnische Regierung keine Hoffnung darauf gemacht hatte, dass sich Unipers Mehrheitsaktionär Fortum an den Rettungsmaßnahmen für den deutschen Energiekonzern weiter beteiligt.

Russische Soldaten bekommen nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums bei ihrer Offensive im Osten der Ukraine nicht die nötigen Pausen. Auf Onlinevideos sei zu sehen, dass mindestens eine Panzerbrigade, die seit dem Beginn des Krieges im Februar im Einsatz ist, mental und körperlich erschöpft sei, teilte das Ministerium bei Twitter mit. Das Fehlen geplanter Pausen von intensiven Kämpfen sei sehr wahrscheinlich eines der größten Personalprobleme für das russische Militär, hieß es vom Ministerium.

Der russische Gasriese Gazprom hat auch seine Lieferungen an Österreich weiter gekürzt. Der österreichische Energieversorger OMV teilte mit, Gazprom habe ihn darüber informiert, dass in Baumgarten nahe der slowakischen Grenze rund 70 Prozent weniger Gas ankomme als bestellt. Mitte Juni hatte Gazprom die Lieferung nach Österreich bereits um die Hälfte gesenkt. 

Kurz zuvor hatte bereits der italienische Energieversorger Eni mitgeteilt, es komme weniger Gas aus Russland im Land an. Die Menge sank im Vergleich zu den Vortagen um rund ein Drittel. Gazprom hatte seine Lieferungen nach Italien, Österreich und Frankreich schon Mitte Juni reduziert.  

Die Versorgungssicherheit mit Gas ist laut Bundeswirtschaftsministerium derzeit gewährleistet. Die Lage sei aber angespannt und werde sehr genau beobachtet, sagt eine Ministeriumssprecherin. Die Ausrufung der Notfalllage stehe derzeit nicht an.

Der Chef der US-Luftwaffe, General Charles Brown, ist zu Gesprächen über die militärische Zusammenarbeit in Deutschland eingetroffen. Brown besuchte das Taktische Luftwaffengeschwader 73 "Steinhoff" in Laage (Mecklenburg-Vorpommern), wo er am Mittag mit einer kleinen Delegation eintraf. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben die USA Truppenverstärkungen bei den NATO-Verbündeten in Europa angekündigt.

Mit der Lieferung einer Gasturbine durch Kanada entfällt einer Sprecherin der Bundesregierung zufolge der von Russland genannte Grund für die reduzierten Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1.

Russland hat nach eigenen Angaben in der ukrainischen Großstadt Dnipro mehrere Munitionsdepots mit Raketen getroffen. Die Depots dienten zur Lagerung von Raketenwerfern und Artilleriewaffen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Zudem sollen Aufmärschplätze der ukrainischen Streitkräfte nahe Charkiw im Nordosten der Ukraine getroffen worden sein.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will bei der Sicherstellung der Gasversorgung mit Tschechien und Österreich zusammenarbeiten. "Natürlich wachsen unsere Sorgen darüber, dass Russland Gaslieferungen ganz offensichtlich als politische Waffe einsetzt, um die Preise in die Höhe zu treiben, Märkte zu verunsichern und Chaos zu verbreiten", sagte Habeck. "Daher müssen wir bei einer weiteren Zuspitzung der Lage solidarisch agieren und uns eng abstimmen." Es müsse eine stärkere europäische Zusammenarbeit bei der Sicherung der Gasversorgung geben, sagte Habeck.

Der Linken-Politiker Klaus Ernst hat sich dafür ausgesprochen, dass Deutschland weiter Gas aus Russland beziehen sollte. "Wenn bei uns das Gas fehlt, sind wir ruiniert", sagte Ernst den Sendern RTL/ntv. Das Wichtigste sei jetzt, die Energieversorgung dieser Republik zu sichern. "Es wird zappenduster, wenn wir das nicht tun", sagte Ernst, der Vorsitzender des Energie-Ausschusses im Bundestag ist. Es dürfe auch nicht die alleinige Lösung sein, jetzt Gas aus Ländern wie Katar zu beziehen. "Die Araber, bei denen wir jetzt mehr Gas holen, sind auch keine Musterknaben der Demokratie." Deutschland könne sich "aussuchen, von wem der Bösen wir unsere Energie holen", sagte Ernst. "Und da bin ich dann für den billigsten - und das ist Russland".

Siemens Energy will die in Kanada gewartete Turbine für die Gasleitung Nord Stream 1 "so schnell wie möglich zu ihrem Einsatzort" bringen. Die politische Entscheidung der kanadischen Regierung sei für die Ausfuhrgenehmigung ein "notwendiger und wichtiger erster Schritt", sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. "Aktuell arbeiten unsere Experten mit Hochdruck an allen weiteren formalen Genehmigungen und der Logistik; dabei handelt es sich unter anderem um Vorgänge, die der Export- und Importkontrolle unterliegen." Nähere Angaben zum Zeithorizont für die Lieferung machte Siemens Energy demnach nicht.

Anders als die Bundesregierung macht die finnische Regierung keine Hoffnung darauf, dass sich Unipers Mehrheitsaktionär Fortum an den Rettungsmaßnahmen für den strauchelnden deutschen Energiekonzern weiter beteiligt. Als Fortums Mehrheitseigner wiederum sehe die finnische Regierung es für den Konzern nicht als möglich an, mehr in Uniper zu investieren, sagte Europaministerin Tytti Tuppurainen, die auch die finnischen Staatsbeteiligungen beaufsichtigt, der finnischen Nachrichtenagentur STT.

Der finnische Staat hält gut 50 Prozent der Fortum-Aktien. Dem finnischen Konzern gehören wiederum rund 78 Prozent an Uniper. Fortum hat seinem deutschen Ableger bereits rund vier Milliarden Euro als Barmittel und nochmal genauso viel als Garantien zu Verfügung gestellt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Eigentümer hingegen in die Pflicht nehmen: "Es gehört ja jemandem, auch jemandem, der solvent ist und der stützen kann", hatte der Grünen-Politiker dem Deutschlandfunk gesagt.

Die Zahl Menschen aus der Ukraine, die in die Länder der Europäischen Union einreisen, hat nach EU-Angaben wieder das Niveau vor der russischen Invasion erreicht. Bis zum Beginn des neuen Schuljahres werden weitere Menschen kommen, sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Es würden aber auch Menschen gehen. "Was die Flüchtlingsströme betrifft, ist die Situation jetzt stabil. Die Zahl der Grenzübertritte zwischen der EU und der Ukraine ist auf dem Niveau vor dem Krieg", so Johansson. Im Moment kämen demnach fast genauso viele Menschen in die EU wie in die Ukraine zurückkehrten.

Die Grenzschutzagentur Frontex hatte Ende Juni erklärt, dass seit dem Krieg gegen die Ukraine mehr als sechs Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in die EU geflohen und etwa 3,1 Millionen von ihnen wieder in ihre Heimat zurückgekehrt seien.

Der Gouverneur der russischen Exklave Kaliningrad hat ein vollständiges Verbot des Warenverkehrs zwischen den drei baltischen Staaten - Estland, Lettland, Litauen - und Russland vorgeschlagen. Damit reagierte Anton Alichanow auf die von den Behörden in Kaliningrad als Blockade bezeichneten Handelsbeschränkungen durch Litauen. "Als Gegenmaßnahme schlagen wir vor, den Warenverkehr (einschließlich des Transits aus Drittländern) zwischen den drei baltischen Staaten und Russland vollständig zu verbieten", teilte Alichanow. Kaliningrad selbst soll demnach ausgenommen werden.

Litauen hatte die Beschränkungen für den Warenverkehr durch sein Gebiet nach Kaliningrad zuvor ausgeweitet als Folge von EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Kriegs gegen die Ukraine.

Wegen des Krieges in der Ukraine haben Russlands Behörden die Flugverbote im Süden des eigenen Landes bis zum 18. Juli verlängert. Betroffen sind viele beliebte Sommerferienorte der Russinnen und Russen. Insgesamt elf Flughäfen blieben weiterhin gesperrt, darunter der im Schwarzmeer-Kurort Anapa, in Rostow am Don und in der Großstadt Krasnodar, teilte die Luftfahrtbehörde Rosawiazija mit. Auch die Flughäfen von Gelendschik, Woronesch sowie in Simferopol auf der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sind demnach weiter von Luftraumbeschränkungen betroffen.

Russland hatte nach der Invasion in die Ukraine am 24. Februar mehrere Flughäfen im Süden des Landes geschlossen und die Flugverbote immer wieder verlängert.

Durch russischen Beschuss auf die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine sind nach Angaben des Gouverneurs der Region drei Menschen getötet und mindestens 28 verwundet worden. Drei Raketen seien auf zivile Gebäude abgefeuert worden, schrieb Oleg Sinegubow bei Telegram. "Das ist absoluter Terrorismus." Eine der Raketen habe eine Schule zerstört, eine zweite ein Wohngebäude und die dritte sei neben einer Lagerhalle eingeschlagen.

Ein Mitarbeiter des ukrainischen Präsidialamtes sagte der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, dass Wohngebiete getroffen worden seien, als Russland die Stadt mit Raketen aus Mehrfachraketenwerfern beschoss. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen.

Russland hat die Gaslieferungen nach Italien um etwa ein Drittel reduziert. Das habe der russische Staatskonzern Gazprom mitgeteilt, teilte der teilstaatliche Energieversorger Italiens, Eni, mit. Statt wie gewohnt 32 Millionen Kubikmetern je Tag würden nun voraussichtlich 21 Millionen Kubikmeter je Tag geliefert. Sollte es zu "neuen und deutlichen Veränderungen" kommen, wolle Eni weitere Informationen bereitstellen.

Seit dem Ausbruch des Angriffskrieges in der Ukraine will Italiens Regierung unter Ministerpräsident Mario Draghi unabhängig von russischen Gas-Lieferungen werden. Das Land bezieht einen Großteil seiner Gas-Importe aus Russland. Die italienische Regierung schloss deshalb neue Abkommen mit anderen Gas-Lieferanten, etwa Aserbaidschan, Katar und Algerien.

Das britische Militär sieht nach eigenen Angaben keine Geländegewinne ukrainischer und russischer Truppen. Sowohl bei russischen Angriffen als auch bei einer ukrainischen Gegenoffensive gebe es keine Gebietsgewinne, twitterte das britische Verteidigungsministerium. Zwar werde der russische Artilleriebeschuss im nördlichen Donbass fortgesetzt, "jedoch wahrscheinlich ohne größere Gebietsgewinne". Die ukrainischen Streitkräfte wiederum setzten zwar die russische Verteidigungslinie bei Cherson unter Druck, "wahrscheinlich ebenfalls ohne Gebietsgewinne zu erzielen", heiß es.

Die Zahl der Todesopfer nach einem russischen Raketenangriff auf ein Wohnhaus in Tschassiw Jar im Osten der Ukraine ist auf 18 gestiegen. Man bemühe sich weiterhin, Überlebende in den Trümmern zu finden, teilten die ukrainischen Rettungskräfte mit. "18 Menschen wurden getötet, sechs Menschen wurden aus den Trümmern gerettet, etwa 137 Tonnen Schutt wurden beseitigt", hieß es. Zu zwei Eingeschlossenen konnte demnach Kontakt hergestellt werden.

Das fünfstöckige Wohngebäude war zuvor durch Raketenbeschuss zerstört worden. Russland bestreitet, Zivilpersonen angegriffen zu haben.

Litauen hat die Beschränkungen für den Handel mit der russischen Exklave Kaliningrad ausgeweitet. Dieser Schritt erfolge, da die bereits angekündigten Sanktionen der Europäischen Union nun schrittweise in Kraft träten, sagte ein Sprecher der litauischen Zollbehörde. Man folge den EU-Sanktionen. Zu den sanktionierten Waren gehörten demnach Beton, Holz, Alkohol und Industriechemikalien auf Alkoholbasis. Litauen setzte die bisherigen EU-Sanktionen auch auf der Transitverbindung zwischen Russland und Kaliningrad um, was zu heftigen Protesten Russlands führte.

Die Unsicherheit über Gaslieferungen aus Russland bleibt nach Angaben des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, bestehen. "Wir haben aus Russland ganz unterschiedliche Signale", sagte Müller im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. "Es gibt Sprecher des Kremls, die sagen in Kombination mit der Siemens-Turbine: Man könne wieder wesentlich mehr liefern. Es gab aber auch sehr martialische Ansagen aus dem Kreml. Ehrlich gesagt, es weiß keiner." Müller appellierte an alle, Gas zu sparen.

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner, hat das Handeln von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in der aktuellen Gaskrise kritisiert. "Permanente Panikmache hilft uns allen nicht weiter. Und es mangelt auch nicht an der Beschreibung der Lage, jetzt geht es ums Handeln", sagte die CDU-Politikerin. "Wir warten immer noch darauf, dass die Bundesregierung uns ihren Plan vorlegt, sollte das Gas von Russland aus nicht mehr fließen."  Es bedürfe einer klaren Faktenlage, welche Wirtschaftsbereiche unverzichtbar sind, die etwa für die Medizinbranche oder Lebensmittelbranche Lebenswichtiges herstelle, so Klöckner.

Die Idee von "Wärmeinseln" für Menschen, die im Winter wegen hoher Kosten ihre Wohnung nicht mehr heizen können, wies Klöckner zurück. "Wärmeinseln für Ärmere bereitzustellen, das kann sicher nicht die Lösung sein", sagte die CDU-Politikerin der "Rheinischen Post". "So weit sollten wir es in Deutschland nicht kommen lassen. Keiner sollte in seinen vier Wänden frieren müssen."

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hatte angesichts der Gaskrise vorausschauende Maßnahmen für den Winter angemahnt. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg regte an, "Wärmeinseln" oder Wärmeräume insbesondere für ältere Menschen vorzusehen.

Die russische Armee greift nach Angaben des ukrainischen Generalstabes massiv die Stadt Charkiw an und bereitet eine Großoffensive im Osten des Landes vor. Raketenwerfer und Panzer seien im Einsatz. Es sei eine Bombardierungswelle begonnen worden, die bereits mehrere Städte im Osten getroffen habe, hieß es von ukrainischer Seite. Diese Angriffe dienten demnach der Vorbereitung einer Großoffensive.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russlands Behörden haben die Homepage der Tageszeitung "Welt" blockiert. Auf Gesuch der Generalstaatsanwaltschaft ist die Seite aus dem russischen Internet heraus nicht mehr erreichbar, wie aus einem Register der Medienaufsicht Roskomnadsor hervorgeht. Die "Welt" hatte nach Russlands Einmarsch begonnen, unter dem Titel "Krieg in der Ukraine" Nachrichten auch auf Russisch zu veröffentlichen. Zudem beschäftigte das Blatt zwischenzeitlich die russische Journalistin Marina Owsjannikowa, die Mitte März mit einer Protestaktion in Russlands Staatsfernsehen bekannt geworden war. Seit Kriegsbeginn gehen die russischen Behörden verstärkt gegen ausländische und vor allem gegen kritische russische Medien vor.

Die Buchungen für die Durchleitung von Gas durch die Gaspipeline Nord Stream 1 sind auf Null gefallen, wie aus Daten auf der Website des Betreibers hervorging. Damit wird auch der Gasfluss auf Null sinken.

Nach einem Raketenangriff mit vielen Toten in der Stadt Tschassiw Jar im Gebiet Donezk hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj russischen Soldaten mit Konsequenzen gedroht. Der Angriff habe einmal mehr gezeigt, dass Russlands Truppen vorsätzlich auch in Wohngebieten töteten, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. "Die Bestrafung ist für jeden russischen Mörder unvermeidlich", sagte Selenskyj. "Nach solchen Angriffen werden sie nicht sagen können, dass sie etwas nicht gewusst oder nicht verstanden haben."

Zugleich habe Selenskyj der ukrainischen Armee befohlen, besetzte Gebiete im Süden des Landes zurückzuerobern, sagte der er ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow der britischen "Sunday Times". Insbesondere die Küstengebiete seien für die ukrainische Wirtschaft von großer Bedeutung. Zivilistinnen und Zivilisten wurden zur Flucht aufgerufen.

Die Bundesregierung wird nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock alles dafür tun, dass eine weitere Verknappung russischer Gaslieferungen nicht zu einer Spaltung der Gesellschaft führt. "Wenn wir weniger Energie haben, wenn wir weniger Wärmeversorgung haben, dann werden wir dafür sorgen, dass es gerecht zugehen wird", sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrem japanischen Amtskollegen Yoshimasa Hayashi in Tokio. Neuerliche Forderungen aus der Union, die restlichen drei deutschen Atomkraftwerke länger am Netz zu lassen, wies Baerbock erneut strikt zurück.

Russland sei unberechenbar, nicht nur im Krieg gegen die Ukraine, sondern auch mit Blick auf die Einhaltung von Regeln, die man zum Beispiel bei Energielieferungen habe, so Baerbock. "Deswegen werden alle unterschiedlichen Szenarien vorbereitet."

Die Bundesregierung hat sich erleichtert gezeigt über die Lieferung Kanadas einer Siemens-Turbine für die Gaspipeline Nord Stream 1. "Wir begrüßen die Entscheidung unserer kanadischen Freunde und Verbündeten", teilte Kanzler Olaf Scholz mit. Die Regierung in Ottawa hatte zuvor erklärt, man werde eine Ausnahme von den Russland-Sanktionen machen und die in Kanada gewartete Turbine nach Deutschland zurückschicken. Die Regierung der Ukraine rief Kanada dazu auf, die Entscheidung zurückzunehmen. Siemens Energy kündigte an, die Turbine schnellstmöglich an seinen Einsatzort bringen zu wollen.

Hintergrund der Verhandlungen zwischen der deutschen und kanadischen Regierung ist, dass Russland die Drosselung von Gaslieferungen durch die Nord-Stream-1-Pipeline unter anderem mit der fehlenden Turbine begründete. Die Bundesregierung hatte indes betont, sie halte dies für vorgeschoben. Russland setze Gaslieferungen als politische Waffe ein. "Es ist ein vorgeschobener Grund. Und diesen vorgeschobenen Grund versuchen wir zu nehmen. Und vielleicht löst das ja etwas", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck im Deutschlandfunk. Russland hatte erklärt, die Gaslieferungen nach Europa würden wieder erhöht, wenn die Turbine zurückkomme.

11.07.2022 • 06:26 Uhr

Wartung von Nord Stream 1 läuft an

Die schrittweise Abschaltung der zuletzt wichtigsten Verbindung für russisches Erdgas nach Deutschland hat begonnen. Seit 6.00 Uhr werde der Gasfluss für die langfristig angekündigten Wartungsarbeiten heruntergefahren, sagte ein Sprecher der Nord Stream AG der Nachrichtenagentur dpa. Bis der tatsächliche Fluss komplett auf Null stehe, werde es noch einige Stunden dauern. Für den Markt seien bereits keine Lieferungen mehr veranschlagt.

Laut Betreibergesellschaft sollen die Arbeiten bis zum 21. Juli dauern. In diesen zehn Tagen werde kein Gas durch die Pipeline nach Deutschland befördert. Den Angaben zufolge werden unter anderem Sicherheitssysteme, die Stromversorgung, der Brand- und Gasschutz sowie Absperr- und Isolierungsventile überprüft und gegebenenfalls instandgesetzt oder kalibriert. Auch Software-Updates werden durchgeführt.

Der scheidende ukrainische Botschafter Andrij Melnyk blickt wehmütig auf seinen bevorstehenden Abschied aus Deutschland. Seine Amtszeit werde formell "vermutlich in wenigen Wochen zu Ende gehen", sagte Melnyk der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dann würden er und seine Familie in die Ukraine zurückkehren. "Deutschland bleibt in unseren Herzen", sagte der Botschafter. "Der Abschied fällt uns schwer." 

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor ein Dekret unterzeichnet, mit dem er Diplomaten aus Deutschland und einer Reihe weiterer Länder abberief. Neben Melnyk wurden auch die Botschafter in Tschechien, Norwegen, Ungarn, Indien, Nepal, den Malediven, Sri Lanka und Bangladesch zurück nach Kiew beordert. Melnyk war seit Dezember 2014 Botschafter in Berlin. Deutschlands Politik hatte er angesichts des russischen Angriffskriegs in seiner Heimat immer wieder scharf kritisiert und der Bundesregierung eine zu zögerliche Haltung insbesondere in der Frage der Waffenlieferungen vorgeworfen.

Der FDP-Vize-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hat sich kritisch gegenüber jüngsten Äußerungen von Altkanzler Gerhard Schröder über dessen Kontakt zu Kremlchef Wladimir Putin gezeigt. "Grundsätzlich ist es natürlich immer besser, auch mit den Führungsspitzen von autoritären Staaten im Gespräch zu bleiben, und niemand kann dies dem Ex-Kanzler verwehren", sagte Kubicki den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wer aber meint, Deutschland hätte eine diplomatische Bringschuld, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, verdreht die Tatsachen. Das ist jedenfalls kein ernst zu nehmender Beitrag, der den Krieg beenden hilft."

Schröder hatte zuvor der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt, er wolle trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine seine "Gesprächsmöglichkeiten mit Präsident Putin" nicht aufgeben. Vor dem Hintergrund der Debatte über Waffenlieferungen an die Ukraine sagte er: "Warum konzentriert man sich auf die Lieferung von Waffen?" Er glaube nicht an eine militärische Lösung. "Der Krieg ist nur durch diplomatische Verhandlungen zu beenden."

Kubicki sagte dazu: "Mir ist es völlig egal, ob Gerhard Schröder glaubt, dass mit Wladimir Putin eine Verhandlungslösung erarbeitet werden könne. Ich halte eine solche mittlerweile für ziemlich unrealistisch."

Nach dem russischen Raketenangriff auf ein fünfgeschossiges Wohnhaus in der Stadt Tschassiw Jar in der ostukrainischen Region Donezk haben die Rettungskräfte die Suche nach Verschütteten fortgesetzt. Unter den Trümmern vermuten die Bergungsmannschaften etwa zwei Dutzend Menschen, darunter ein Kind. Mindestens 15 Menschen sind bei dem Angriff ums Leben gekommen.

Feuerwehrleute und Mitglieder eines Rettungsteams räumen die Szene, nachdem ein Gebäude durch Beschuss teilweise zerstört wurde.

Bei einem russischen Angriff auf Wohnblöcke in der Stadt Tschassiw Jar sind nach Angaben des ukrainischen Rettungsdienstes mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Noch immer werden 23 Menschen vermisst, hieß es.

Die CSU hat sich angesichts der drohenden Kostenexplosion der Gewerkschaftsforderung nach einem staatlichen Gaspreisdeckel für Privathaushalte angeschlossen. "Was jetzt notwendig ist, ist ein Grundbedarfspreisdeckel beim Gas", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der "Augsburger Allgemeinen". "Ohne eine solche Begrenzung wird es viele private Zahlungsunfähigkeiten geben, weil die Menschen ihre Abschlagszahlungen nicht mehr leisten können." Zuvor hatten bereits der DGB und die IG Metall einen Gaspreisdeckel für den Privatbedarf gefordert.

Die Sicherheitsbehörden haben seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine 701 anti-russische und 592 anti-ukrainische Straftaten in Deutschland registriert. Das berichtet Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Petr Bystron. Das Bundeskriminalamt hat für strafrechtlich relevante Ereignisse, die mit dem Krieg in Verbindung stehen, eine spezielle Informationssammelstelle eingerichtet. Hinzu kommen reguläre Meldungen aus der Kategorie politisch motivierte Kriminalität. Zuletzt hatten die Sicherheitsbehörden Anfang April laut Angaben aus dem Bundesinnenministerium 383 anti-russische Straftaten und 181 anti-ukrainische Delikte in Deutschland gezählt.

Mehr als 146.000 aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche sind an deutschen Schulen aufgenommen worden. Angesichts des anhaltenden russischen Angriffskriegs brauchten sie "volle Unterstützung", sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger der "Rheinischen Post". Die Integration in das Bildungssystem sei ein enormer Kraftakt, so die FDP-Politikerin. Im kommenden Schuljahr werde die Schulpflicht nach anfangs "sehr pragmatischen Umgang überall greifen müssen". Natürlich hoffe man weiter auf eine möglichst schnelle Rückkehr der Kinder und Jugendlichen in ihre Heimat. "Wir müssen uns aber auch auf eine längerfristige Perspektive hier einstellen", sagte Stark-Watzinger.

Die Bundesagentur für Arbeit hat bisher 144.000 Integrationskurse für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine genehmigt. 52.000 Geflüchtete hätten ihren Kurs bereits begonnen, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf einen Lagebericht der Bundesagentur. Fast 900.000 Bürgerinnen und Bürger aus der Ukraine sind demnach seit Kriegsbeginn am 24. Februar nach Deutschland eingereist. Bis Ende Juni hätten sich 353.424 Ukrainerinnen und Ukrainer bei Arbeitsagenturen, Jobcentern und anderen kommunalen Stellen gemeldet. Davon seien 265.153 im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 67 Jahren, davon mehr als Dreiviertel weiblich. Zugleich zählen die Familienkassen inzwischen knapp 121.000 Anträge auf Kindergeld, wie es weiter hieß.

Die Ukraine ruft Zivilisten in besetzten Gebieten wegen geplanter Rückeroberungsoffensiven zur Flucht auf. Präsident Selenskyj droht russischen Soldaten nach einem Angriff auf ein Wohnhaus mit Konsequenzen. Die Entwicklungen von Sonntag zum Nachlesen.