Ein Mann in Saporischschja schließt eine in die ukrainische Fahne gehüllte Kriegsgefangene in die Arme.
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ Mehr als 200 Gefangene ausgetauscht ++

Stand: 17.10.2022 22:07 Uhr

Zwischen der Ukraine und Russland hat es einen weiteren Gefangenenaustausch gegeben - 108 Frauen kehrten in die Ukraine zurück. Die russische Hauptstadt Moskau meldet, die Ziele der Teilmobilmachung erreicht zu haben. Die Entwicklungen im Liveblog.

Das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja war in Folge russischer Angriffe zeitweise erneut von der externen Stromversorgung abgeschnitten. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA teilte mit, Dieselgeneratoren hätten die Sicherheitssysteme mit Strom versorgt. Inzwischen erhalte das Atomkraftwerk wieder Strom von außerhalb über das Umspannwerk eines nahe gelegenen Wärmekraftwerks, das vergangene Woche wieder in Betrieb genommen worden sei. Außerdem seien drei Lastwagen mit Dieselkraftstoff am Kernkraftwerk eingetroffen.

Die Anlage ist das größte Atomkraftwerk Europas. Die insgesamt sechs Reaktoren wurden wegen der Kämpfe heruntergefahren, Strom wird aber weiter für den Betrieb wichtiger Sicherheitssysteme benötigt.

Für die ukrainische Präsidentengattin Olena Selenska war immer klar, dass ihr Mann Wolodymyr in dem russischen Angriffskrieg auf seinem Posten bleibt. "Ich wusste von Anfang an, dass er Kiew nicht verlassen wird", sagte Selenska der "Bild" in Kiew. "Wenn ein Land im Krieg ohne Führung bleibt, dann wird es erschüttert."

Selenskyj hatte die Hauptstadt nach dem russischen Angriff am 24. Februar nicht verlassen; dies gilt als wichtige Weichenstellung im Widerstand gegen die Invasion. Damals wie heute trachteten russische Spezialkräfte ihm nach dem Leben, sagte Selenska. Sie versuche, nicht darüber nachzudenken.

Das US-Verteidigungsministerium erwägt offenbar, für das Starlink-Satellitennetzwerk von Elon Musk zu zahlen, das zur Wiederherstellung der Kommunikation in der Ukraine beigetragen hat. Das berichtet das US-Magazin "Politico" unter Berufung auf zwei an den Diskussionen beteiligte US-Beamte. Musks Unternehmen SpaceX, das Starlink betreibt, und das Pentagon haben den Bericht bislang nicht kommentiert. Musk hatte am Freitag gesagt, dass SpaceX Starlink in der Ukraine nicht auf unbestimmte Zeit finanzieren könne. Am Wochenende machte er einen Rückzieher und behauptete, dass das Unternehmen den Dienst weiterhin finanzieren werde. Starlink hat der ukrainischen Zivilbevölkerung und dem Militär geholfen, während des Krieges online zu bleiben. Das System stellt schnelle Internet-Verbindungen direkt über eigene Satelliten her.

Die USA haben die jüngsten Angriffe Russlands auf die ukrainische Hauptstadt Kiew und an anderen Orten in der Ukraine scharf verurteilt. Sie demonstrierten aufs Neue die Brutalität des russischen Präsidenten Wladimir Putin, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. "Wir werden das ukrainische Volk weiterhin unterstützen und dafür sorgen, dass es das hat, was es braucht, um seinen mutigen Kampf fortzusetzen", sagte sie. Am Freitag hatten die USA neue Militärhilfe mit einem Volumen von bis zu 725 Millionen Dollar (745,6 Millionen Euro) angekündigt.

Im Rahmen eines Gefangenenaustauschs sind 108 Ukrainerinnen von Russland freigelassen worden. Der ukrainische Präsidentenberater Andrij Jermak teilte auf Online-Plattformen mit, es handele sich um einen "rein weiblichen Austausch" mit Moskau. Die Frauen seien überwiegend Armeeangehörige. Bei 37 Freigelassenen handele es sich um Frauen, die nach wochenlangem Widerstand aus dem Stahlwerk Asowstal in Mariupol evakuiert worden waren. Das Stahlwerk war von den russischen Truppen belagert worden. Jermak veröffentlichte Fotos von den Frauen, von denen einige Mäntel und Militärkleidung trugen.

Das russische Verteidigungsministerium bestätigte den Gefangenenaustausch und erklärte, 100 Menschen seien nach Russland zurückgekehrt, darunter 72 Seeleute, die seit Februar 2022 von der Ukraine festgehalten worden seien. Von den Ukrainerinnen, die freigelassen worden seien, hätten sich zwei "dafür entschieden, in Russland zu bleiben".

Die russische Hauptstadt Moskau hat nach Behördenangaben die Ziele der von Präsident Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung erreicht und die Einberufungen beendet. Das teilte der Militärkommissar der Stadt, Maxim Loktjew, russischen Agenturen zufolge mit. Er machte keine Angaben darüber, wie viele Männer in Moskau seit dem 21. September eingezogen worden seien. Freiwillige könnten sich weiter zum Dienst in der Armee melden.

Auch Bürgermeister Sergej Sobjanin sagte, Moskau habe seine Aufgabe in der Mobilisierung erfüllt. Den Einberufungsbescheiden, die nun noch an Wohnort oder Arbeitsstelle einträfen, müsse nicht mehr gefolgt werden. Das Verwaltungsgebiet Moskau rund um die Hauptstadt meldete ebenfalls das Ende der Mobilisierungsmaßnahmen.

Um die hohen russischen Verluste im Krieg gegen die Ukraine auszugleichen, hatte Putin angeordnet, 300.000 Reservisten zu mobilisieren. Auch wenn es offiziell nur um eine Teilmobilmachung ging, musste fast jede russische Familie damit rechnen, dass ihre Männer eingezogen werden. Hunderttausende Männer setzten sich in benachbarte Länder wie Finnland, Georgien oder Kasachstan ab.

17.10.2022 • 18:25 Uhr

Austausch von 220 Gefangenen

Russland und die Ukraine werden nach Angaben eines von Russland unterstützten Separatistenführers heute 220 Gefangene austauschen. Laut Denis Puschilin ist die Freilassung von 110 Ukrainern und 110 Russen geplant. Unter den Russen seien 30 Soldaten und 80 "zivile Seeleute". Bei den Ukrainern handele es sich zum Großteil um Frauen. Einige der Frauen waren nach ukrainischen Angaben seit 2019 inhaftiert, nachdem sie von russlandtreuen Kräften in östlichen Regionen der Ukraine festgenommen worden waren.

Die EU-Länder sind sich nach polnischen Angaben im Grundsatz einig, dass Sanktionen gegen den Iran verhängt werden sollten, sollte der Iran Russland tatsächlich mit Drohnen beliefert haben. Das sagte Polens Außenminister Zbigniew Rau nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel.

Ein Militärflieger der russischen Luftstreitkräfte ist in der südrussischen Stadt Jejsk in ein Hochhaus geflogen. Fünf Stockwerke des Wohnblocks sollen in Flammen stehen. Laut russischem Verteidigungsministerium soll der Grund dafür ein durch einen Maschinenbrand ausgelöster Absturz des SU-34-Kampfjets sein. Die zwei Mann aus dem Cockpit des Bombers hätten sich mit Fallschirmen gerettet. Angaben über Opfer am Boden gab es zunächst nicht. Nicht verifizierte Videos und Fotos, die angeblich aus der Stadt stammen, zeigten eine Explosion dicht an einem mehrstöckigen Wohnhaus und einen großen Brand. Das Ministerium sprach von einem Übungsflug. Jejsk liegt am Asowschen Meer, einem Seitenmeer des Schwarzen Meers, und nahe der Grenze zur Ukraine.

Das Verteidigungsministerium von Belarus hat angekündigt, dass russische und belarusische Truppen in Belarus ein gemeinsames Manöver mit scharfer Munition durchführen werden. Auch Flugabwehrraketen sollten zum Einsatz kommen. Dies berichtet die russische Nachrichtenagentur Interfax.

Russland schickt nach amtlichen Angaben bis zu 9000 Soldaten sowie Hunderte Einheiten Technik nach Belarus. Erwartet würden rund 170 Panzer, 200 gepanzerte Kampffahrzeuge und Artillerie, teilte der Leiter der Abteilung für internationale militärische Zusammenarbeit im belarusischen Verteidigungsministerium, Waleri Rewenko, in Minsk mit. Er habe Militärattachés der Botschaften mehrerer Länder darüber unterrichtet.

Zuvor hatten Russlands Präsident Wladimir Putin und der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko über die Bildung einer gemeinsamen Militäreinheit informiert. Die Gruppe sei in der Lage, sich für den Fall eines Angriffs aus dem Westen zu verteidigen, sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Alexander Wolfowitsch.

Im Winter war ein gemeinsames Manöver von russischen und belarusischen Soldaten in den Angriff auf die Ukraine übergegangen. Lukaschenko hatte Militärbasen in Belarus für russische Angriffe auf die Ukraine bereitgestellt. Die Ukraine sieht Belarus deshalb als Kriegspartei. Belarus hatte bisher stets betont, sich nicht an dem Krieg in der Ukraine beteiligen zu wollen.

Ein Berater des ukrainischen Präsidenten, Mychajlo Podoljak, beschuldigt den Iran, für den Einsatz von Drohnen bei russischen Angriffen gegen Zivilisten verantwortlich zu sein. Kiew behauptet, Russland habe im Iran hergestellte Shahed-136-Drohnen eingesetzt. Auf Twitter schrieb Podoljak: "Der Iran ist für den Mord an Ukrainern verantwortlich. Ein Land, das seine eigenen Menschen unterdrückt, gibt nun den russischen Monstern Waffen für den Massenmord im Herzen Europas." Sanktionen gegen den Iran seien nicht genug, so Podoljak weiter.

Nach dem Sabotageakt gegen die Bahn hat Verkehrsminister Volker Wissing eine Stabsstelle für Infrastruktursicherheit eingerichtet. Der Verkehrsminister hält im Zusammenhang mit Russlands Krieg gegen die Ukraine auch die deutsche Infrastruktur für ein potenzielles Angriffsziel. "Dieser Krieg hat gezeigt, dass Infrastrukturen ein wichtiges Ziel militärischer Strategie und damit auch potenzieller Angriffe sind", sagte Wissing dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. 

Zweck der neuen Stabsstelle sei, die Abteilungen mit ihren bestehenden Sicherheitsmechanismen und Kompetenzen besser zu vernetzen. Auf die Frage, ob er nach der Sabotage gegen die Bahn mit weiteren Anschlägen rechne, erklärte Wissing: "Unsere Infrastrukturen sind die Lebensadern unserer Gesellschaft. Das macht sie aus der Sicht potenzieller Angreifer zu einem attraktiven Ziel."

Bei russischen Angriffen auf verschiedene Städte der Ukraine sind heute nach ukrainischen Angaben mindestens sieben Menschen getötet worden. In Kiew seien vier Tote geborgen worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. 19 Menschen seien aus den Trümmern eines Hauses gerettet worden. Unter den Toten in Kiew sei auch eine schwangere Frau gewesen. Die Behörden in Sumy sprachen von mindestens drei Toten und neun Verletzten. Am Morgen seien drei russische Raketen in ein ziviles Ziel eingeschlagen, teilte Gouverneur Dmytro Schywyzkji mit. "Unter den Trümmern befinden sich noch immer Menschen." Berichte über russische Angriffe gab es auch aus den Gebieten Dnipropetrowsk und Odessa.

Innenminister Denys Monastyrskyj zufolge wurden in Kiew auch zwei Rettungskräfte verletzt. Insgesamt habe Russland mit etwa 40 Drohnen angegriffen, von denen fünf Kiew getroffen hätten, sagte Monastyrskyj der Agentur Ukrinform zufolge. Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die neuen Angriffe mit Raketen und Drohnen als Terror gegen die Zivilbevölkerung. In der Region Mykolajiw trafen russische Drohnen nach Angaben von Gouverneur Witali Kim das Areal eines Unternehmens für Sonnenblumenöl. Ein Feuer brach aus, die Flüssigkeit ergoss sich daraufhin aus Tanks auf umliegende Straßen.

Die Bundeswehr sucht nach einem wirksamen Konzept, um ihre Standorte und Übungsplätze gegen die Ausspähung durch Drohnen zu schützen. Solche Überflüge hätten "ein unmittelbares Gefährdungspotential", wenn auf Übungsplätzen ukrainische Soldaten in der Ausbildung seien, sagte die Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Martina Rosenberg, bei einer öffentlichen Anhörung im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags.

Ein wichtiger Aspekt seien dabei Hinweise aus der Bevölkerung, sagte Rosenberg. Eng werde dabei auch mit den anderen Sicherheitsbehörden zusammengearbeitet. In vielen Fällen handele es sich aber um "kleine Quadrocopter oder Ähnliches, die dann darüber fliegen und sofort wieder weg sind, bevor überhaupt einer sie gesehen hat", sagte Rosenberg weiter. "Da sind wir dran, weil es eine tatsächliche Bedrohung ist."

Die durch ihren Liveprotest gegen den Militäreinsatz in der Ukraine bekannt gewordene russische Fernsehjournalistin Marina Owsjannikowa ist mit ihrer Tochter aus Russland geflohen. "Sie sind jetzt in Europa. Es geht ihnen gut", sagte ihr Anwalt Dmitri Sachatow der Nachrichtenagentur AFP. Owsjannikowa werde sich zu einem späteren Zeitpunkt öffentlich zu ihrer Flucht äußern, dies sei momentan aber nicht sicher, sagte Sachatow.

Vor zwei Wochen war Owsjannikowa in Russland auf eine Fahndungsliste gesetzt worden, was darauf hindeutete, dass die 44-Jährige untergetaucht war. Gegen Owsjannikowa war im August wegen der "Verbreitung von Falschinformationen" über die russische Armee Anklage erhoben worden. Ihr drohen bis zu zehn Jahre Haft. Ein Moskauer Gericht stellte die Journalistin unter Hausarrest, der bis zum Beginn ihres Prozesses dauern sollte. Sie durfte auch keine Kommunikationsmittel nutzen.

International bekannt geworden war Owsjannikowa, als sie Mitte März während einer Livesendung ihres Arbeitgebers, eines Kreml-treuen Senders, hinter der Nachrichtensprecherin ein gegen den Militäreinsatz in der Ukraine gerichtetes Protestplakat in die Kamera hielt.

Die Außenminister der Europäischen Union haben eine militärische Ausbildungsmission für die Ukraine beschlossen. Sie solle den ukrainischen Streitkräften helfen, ihren "mutigen Kampf" gegen Russland fortzusetzen, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande des Außenrats in Luxemburg. Wie von Borrell vorgeschlagen, stockten die EU-Länder zudem die Militärhilfe für die Ukraine auf. Nach seinen Angaben stehen nun insgesamt 3,1 Milliarden Euro zur Verfügung, rund 500 Millionen Euro mehr als bisher. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte zuvor bestätigt, dass rund 15.000 Soldaten aus der Ukraine auf EU-Gebiet ausgebildet werden sollen. Deutschland will dem Vernehmen nach rund 5000 Soldaten schulen. Die EU wolle "die Ukraine bestmöglich bei ihrem Selbstverteidigungsrecht unterstützen", betonte Baerbock.

Die neue "EU Military Assistance Mission" (EUMAM) Ukraine ist laut Diplomaten der mit Abstand größte Ausbildungseinsatz der EU für ein Drittland. Die Mission ist vorerst auf zwei Jahre angelegt. Polen stellt demnach das größte Hauptquartier, ein kleineres soll in Deutschland entstehen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nahm per Videoschalte an den Luxemburger Beratungen teil. Er sprach nach Borrells Angaben während eines russischen Angriffs aus einem Bomben-Schutzraum zu seinen EU-Kollegen.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht hatte zuvor bereits angekündigt, dass sich Deutschland in größerem Umfang an der Mission beteiligen wird. Es sei wichtig, dass ukrainische Soldaten an den von Deutschland und anderen Staaten gelieferten "hochkomplexen Waffensystemen" ausgebildet werden, sagte Lambrecht im ZDF-"Morgenmagazin". Finanziert wird die EUMAM Ukraine aus der sogenannten EU-Friedensfazilität. Das ist ein von den Mitgliedstaaten direkt finanzierter Fonds außerhalb des EU-Haushalts im Umfang von insgesamt 5,7 Milliarden Euro. Daraus bezahlt die EU auch gemeinsame Waffenkäufe an die Ukraine. Für diesen Zweck sind nun rund drei Milliarden Euro vorgesehen.

Die Tauschmöglichkeit von ukrainischen Hrywnja in Euro für Flüchtlinge soll in Deutschland Ende Oktober auslaufen. "Zuletzt haben nur noch sehr wenige Transaktionen stattgefunden", teilten Finanzministerium, Bundesbank und Geschäftsbanken mit. Anfangs sei die Nachfrage noch rege gewesen. Das Angebot solle am 30. Oktober enden. "Der letzte Bankarbeitstag zum Umtausch ist somit im Regelfall der 28. Oktober 2022."

Die ukrainischen Getreideexporte haben nach Angaben der Regierung in Kiew im Oktober fast wieder das Vorkriegsniveau erreicht. In den ersten 17 Tagen des Monats seien sie trotz der russischen Angriffe und der anhaltenden Blockade einiger Schwarzmeerhäfen nur um 2,4 Prozent niedriger gewesen als im gleichen Zeitraum des Jahres 2021, wie Daten des Landwirtschaftsministeriums zeigen. Demnach hat die Ukraine im Oktober bisher 2,12 Millionen Tonnen Getreide exportiert, hauptsächlich Mais und Weizen - gegenüber 2,17 Millionen Tonnen im Vorjahreszeitraum.

Unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei hatte Russland Ende Juli einem Abkommen mit der Ukraine zugestimmt, die Blockade von drei Schwarzmeerhäfen aufzuheben.

17.10.2022 • 12:39 Uhr

Ukrainer sollen Strom sparen

Der ukrainische Netzbetreiber Ukrenergo forderte die Ukrainer über Telegram auf, sparsam mit Strom umzugehen - vor allem am Abend, um so das Energiesystem zu entlasten. Bei den neuen russischen Luftangriffen ist nach ukrainischen Angaben die Energieinfrastruktur in den zentralen und nördlichen Regionen des Landes beschädigt worden. Die Situation im Stromnetz sei allerdings unter Kontrolle und Reparaturteams seien dabei, die Schäden zu beheben, so Ukrenergo. Das Unternehmen schloss die Einführung von Notabschaltungen nicht aus.

Der FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner hat im Streit um den verlängerten Betrieb von Atomkraftwerken seine Forderungen bekräftigt. "Seit der Invasion Russlands in der Ukraine befinden wir uns in einem Energiekrieg. Das ist kein Grund, dauerhaft zur Kernenergie zurückzukehren, aber kurzfristig muss alles an(s) Netz, was Kapazitäten schafft", schrieb Lindner auf Twitter. Er reagierte damit nach eigenen Angaben darauf, dass ein Video mit Äußerungen vom Januar verstärkt im Internet geteilt wird. Er hatte damals - vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine - seine Absage an die Atomkraft in einer Rede begründet. Die FDP will nun einen längeren Weiterbetrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke.

Russlands Verteidigungsministerium teilte mit, es habe mit "Hochpräzisionswaffen" einen Großangriff auf militärische Ziele und die Energieinfrastruktur der Ukraine durchgeführt. Dabei seien alle Ziele nach Plan getroffen worden. Im Süden der Ukraine sei in der Region Kherson ein ukrainischer Versuch vereitelt worden, die russische "Verteidigungslinie" zu durchbrechen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bei den neuen russischen Luftangriffen auf ukrainische Städte sind Behördenangaben zufolge mehrere Menschen getötet worden. Todesopfer habe es nicht nur in Kiew gegeben, auch in anderen Städten, teilte Innenminister Denys Monastyrskyj mit, ohne Einzelheiten zu nennen. Allein in Kiew sollen mindestens drei Menschen bei einer russischen Drohnenattacke auf ein Wohngebäude getötet worden sein. 19 Menschen seien aus dem Gebäude gerettet worden, berichtet Kyrylo Tymoshenko, Vizechef des ukrainischen Präsidentenbüros.

Die Vereinten Nationen (United Nations, UN) fordern ein Ende von Drohnen-Angriffen auf die ukrainische Zivilbevölkerung. Der neue UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sagte, es gebe Berichte von Kollegen vor Ort über solche Angriffe. Es sei absolut wichtig, dass die Zivilbevölkerung nicht angegriffen werde. Das aber sei in dicht besiedelten städtischen Gebieten sehr schwierig, so der Österreicher laut Angaben der Nachrichtenagentur Reuters vor der Presse. Die Achtung des internationalen Menschenrechts sei unabdingbar. Daher müsse deeskaliert werden.

Der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, hat in einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags kritisiert, Warnungen der Sicherheitsbehörden in Bezug auf Russland seien zu lange ignoriert worden. "Was für uns das Ergebnis professioneller nachrichtendienstlicher Arbeit ist, hat weite Teile der deutschen Bevölkerung aufgerüttelt, da es im öffentlichen Diskurs der letzten Jahrzehnte bedauerlicherweise üblich geworden war, reale Bedrohungen immer wieder zu ignorieren und zu verdrängen - und entsprechende Warnungen der Sicherheitsbehörden als Panikmache und Wichtigtuerei abzutun", kritisierte Kahl.

Die russische Aggression gegen die Ukraine sei für den Auslandsgeheimdienst daher nicht überraschend gekommen. Darauf, dass Russlands Präsident Wladimir Putin - wie schon in Tschetschenien, Georgien, Syrien, auf der Krim und im Donbass - auch weiterhin Gewalt anwenden werde, um seine politischen Ziele durchzusetzen, habe der BND immer hingewiesen, so Kahl.

Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben die EU aufgefordert, zusammen mit internationalen Partnern ein Sondertribunal wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine einzurichten. "Die EU muss handeln, um sicherzustellen, dass die Suche nach Gerechtigkeit und Rechenschaft für Russlands schreckliche Verbrechen in der Ukraine im Mittelpunkt unserer Politik steht", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister der drei EU- und NATO-Mitgliedsländer. "Die wichtigsten Drahtzieher, Anstifter und Unterstützer dieser mörderischen Aggression können der Justiz nicht allein wegen der Lücke in der internationalen Strafgerichtsbarkeit entkommen."

Nach Ansicht der baltischen Außenminister würde die Einrichtung eines Sondertribunals die Rolle des Strafgerichtshofs ergänzen. "Während der ICC (International Criminal Court) Einzelpersonen wegen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich verfolgen würde, wäre das Verbrechen der Aggression die Kernaufgabe des Sondertribunals", erläuterten sie in ihrem gemeinsamen Schreiben.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte im September vor den Vereinten Nationen die Einrichtung eines Sondertribunals gefordert, um Russland für Verbrechen in dem Krieg gegen sein Land zur Rechenschaft zu ziehen. Die EU-Kommission hatte darauf zurückhaltend reagiert. 

17.10.2022 • 11:02 Uhr

Mindestens ein Todesopfer in Kiew

Wie Bürgermeister Vitali Klitschko twitterte, ist die Leiche einer Frau aus den Trümmern eines Hauses im Kiewer Bezirk Shevchenkivskyi geborgen worden. Dort sei es infolge eines Drohnenangriffs zu einer Explosion gekommen. Eine weitere Person liege unter den Trümmern. Such- und Rettungsaktionen dauerten an. Drei Opfer seien ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Klitschko im Gespräch am Ort eines Einschlags in Kiew.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko macht sich an einer der Einschlagsstellen ein Bild.

Das ukrainische Militär hat seit Sonntagabend nach eigenen Angaben 37 russische Drohnen abgeschossen - das seien um die 85 Prozent der Drohnen, die bei den jüngsten Angriffen zum Einsatz gekommen seien, sagte ein Sprecher der ukrainischen Luftwaffe laut Angaben der Nachrichtenagentur Reuters. Er nannte das demnach ein "ziemlich gutes Ergebnis". Sämtliche Drohnen seien von Süden aus in die Ukraine eingeflogen.

Nach ukrainischen Angaben setzt Russland Drohnen iranischer Bauart ein. Der Iran hat dementiert, Russland mit Drohnen versorgt zu haben.

ARD-Korrespondent Vassili Golod berichtet von insgesamt vier Explosionen im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Anders als in der vergangenen Woche habe er Geräusche gehört, die nicht an Düsenjets erinnern, sondern an Rasenmäher. So klängen Drohnen - die laut ukrainischen Angaben Kiew angegriffen haben. Er habe auch die Information, dass viele davon hätten aus der Luft geholt worden sein können, so Golod weiter.

Er habe schwarzen Rauch gesehen, der aufgestiegen ist, Rettungskräfte bei der Arbeit und beschädigte Gebäude. Die Atmosphäre in der Stadt habe sich seit vergangenem Montag verändert. Die Sorge der Menschen wachse - einerseits, direkt getroffen zu werden, andererseits, dass kritische Infrastruktur beschädigt wird.

"Es hat laute Explosionen gegeben", Vassili Golod, ARD Kiew, zu den russischen Luftangriffen

tagesschau24 09:00 Uhr

Die Europäische Union will eine mögliche Beteiligung des Irans am Krieg in der Ukraine untersuchen. "Wir werden nach konkreten Beweisen für die Beteiligung suchen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell laut der Nachrichtenagentur Reuters bei seiner Ankunft zum Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba werde daran teilnehmen, so Borrell. Laut ukrainischen Angaben greift Russland auch mit Drohnen iranischer Bauart an. Der Iran stritt ab, solche Lieferungen an Russland getätigt zu haben.

17.10.2022 • 09:38 Uhr

Luftalarm in Kiew aufgehoben

In Kiew wurde der Luftalarm nach mehr als drei Stunden aufgehoben. Das meldet die Nachrichtenagentur dpa. Die Stadtverwaltung rief die Menschen am Montagvormittag demnach dazu auf, dennoch weiter vorsichtig zu sein und im Falle von erneutem Alarm sofort Schutzräume aufzusuchen. Wie schon eine Woche zuvor war das Stadtzentrum von den Explosionen betroffen. Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von einem Drohnenangriff. Aus einem getroffenen Wohnhaus seien bislang 18 Menschen gerettet worden, schrieb Klitschko auf Telegram. Vorläufigen Informationen zufolge seien aber noch zwei Bewohner verschüttet. Zu möglichen Todesopfern könne er noch keine Angaben machen.

Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist die Ukraine in der Nacht und den ganzen Morgen angegriffen worden. "Der Feind kann unsere Städte angreifen, aber er wird uns nicht brechen", schrieb Selenskyj auf Telegram.

Berichte über russische Angriffe gab es neben Kiew auch aus den Gebieten Sumy, Dnipropetrowsk und Odessa. Kremlnahe russische Militärblogger berichteten von einem Beschuss insbesondere der Energieinfrastruktur des Landes.

Das Ehepaar Muratow an einer gesperrte Straße in Kiew

"Wir sind von den Explosionen aufgewacht" - das Ehepaar Muratow an einem der Einschlagsorte in Kiew.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht hat die jüngsten russischen Luftangriffe auf zivile Ziele in der Ukraine scharf verurteilt. "Was da mit der Bevölkerung geschieht, ist unfassbar. Es ist so belastend", sagte sie im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Die Lieferung moderner Luftverteidigungssystemen sei daher momentan entscheidend. "Luftverteidigung ist derzeit das Wichtigste, was die Ukraine braucht, um sich gegen diese Terrorangriffe zu wehren", so Lambrecht. Russland habe seine Strategie geändert und greife gezielt Infrastruktur und zivile Ziele an.

Die Lieferung der restlichen drei von insgesamt vier Luftabwehrsystemen des Typs Iris-T SLM aus Deutschland wird nach Angaben der Ministerin allerdings erst "im Laufe des nächsten Jahres" erfolgen können. Schneller könnten diese von der Industrie nicht bereitgestellt werden, sagte Lambrecht in dem Interview. Dies sei eine Folge des Sparkurses der vergangenen Jahre. Die Systeme stünden nicht "im Lager". Deutschland hatte vor wenigen Tagen ein erstes hochmodernes Luftabwehrsystem Iris-T SLM an die Ukraine geliefert, insgesamt ist die Bereitstellung von vier Systemen geplant.

Lambrecht kündigte zudem an, die Ukraine auch mit Winterausrüstung zu unterstützen. Dazu zählten Zelte oder Stromaggregate.

Wie zuletzt mehrere Male soll das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja erneut vom nationalen Stromnetz getrennt worden sein. Ersatzdieselgeneratoren wurden eingeschaltet, schrieb der ukrainische Betreiber Energoatom auf seiner Website. Zuvor habe Russland "erneut Umspannwerke kritischer Infrastruktur in von der Ukraine kontrolliertem Gebiet (beschossen)", was zur Trennung von der letzten Kommunikationsleitung geführt habe.

Russische Truppen besetzen das größte Atomkraftwerk Europas seit kurz nach dem Einmarsch in die Ukraine vor fast acht Monaten.

Ukrainischen Angaben zufolge hat Russland neben der ukrainischen Hauptstadt Kiew auch andere Regionen im Land beschossen. Berichte über Explosionen gab es aus den Gebieten Sumy, Dnipropetrowsk und Odessa. Kremlnahe russische Militärblogger berichteten laut der Nachrichtenagentur dpa von einem Beschuss insbesondere der Energieinfrastruktur des Landes. Solche Attacken hatte Russlands Präsident Wladimir Putin angekündigt.

Die ukrainische Luftabwehr hatte bereits vor einer Woche zahlreiche russische Raketen- und Drohnenangriffe abgewehrt. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko rief die Menschen auf, unbedingt in den Schutzbunkern zu bleiben. Er sprach von einem Drohnenangriff auf Kiew. Es war zunächst unklar, ob es Opfer gab und wie groß das Ausmaß der Zerstörungen ist. Mehrere Gebäude wurden beschädigt.

Die Drohnenangriffe zeigten Russlands Verzweiflung in dem Krieg, sie würden dem Angreifer aber nicht helfen, sagte der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak. "Wir brauchen mehr Systeme für die Luftverteidigung und so bald wie möglich", sagte Jermak. "Wir haben keine Zeit für langsames Handeln." Im Süden des Landes setzt die Ukraine bereits das vor wenigen Tagen von Deutschland gelieferte Flugabwehrwehrsystem Iris-T ein.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Nachschubprobleme der russischen Truppen im Süden der Ukraine haben sich nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes infolge der Explosion auf der Krim-Brücke am 8. Oktober verschärft. Die Versorgungswege durch die annektierte Halbinsel Krim seien schwierig, die Lage der russischen Truppen in der gegenüberliegenden südukrainischen Region Cherson angespannt. Daher werde die Versorgung auf dem Landweg durch die Region Saporischschja immer wichtiger, twitterte das britische Verteidigungsministeriums in seinem täglichen Update. Die russischen Truppen in der Südukraine würden vermutlich jetzt ihren Nachschub über die Hafenstadt Mariupol verstärken.

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

Der Chef der ukrainischen Bahn, Alexander Kamyshin, hat Einschläge in der Nähe des Kiewer Hauptbahnhofs bestätigt. Wie ARD-Korrespondentin Andrea Beer berichtet hatte, hatte es unter anderem auch an einer Stelle nahe des Verkehrsknotenpunktes Detonationen gegeben.

Kamyshin schrieb auf Twitter von "Beschuss in der Nähe des Kiewer Hauptbahnhofs." Es gebe keine Opfer. Passagiere seien sicher, schrieb Kamyshin zudem - verbunden mit dem Hastag "Weiterlaufen".

Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew gibt es laut Bürgermeister Vitali Klitschko zwei weitere Explosionen. Betroffen sei der Stadtbezirk Schewtschenkiwskji. Auch Reporter der Nachrichtenagentur Reuters berichten davon, dass weitere Detonationen zu hören sind. Der Bezirk wurde bereits vergangene Woche von mehreren Luftangriffen getroffen.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko hat auf Twitter ein Foto gepostet, das die Überreste einer Drohne zeigen soll, mit der die ukrainische Hauptstadt am Morgen beschossen worden sein soll. Dazu schrieb er: "Das Wrack einer der Kamikaze-Drohnen, die heute Morgen Kiew angegriffen haben."

In einer Energieanlage in der Region Dnipropetrowsk ist dem dortigen Gouverneur zufolge ein großes Feuer ausgebrochen. In der Nacht sei dort eine Rakete eingeschlagen, schrieb Valetyn Resnitschenko auf Telegram. "Drei feindliche Raketen wurden von unseren Luftverteidigungskräften zerstört", so der Gouverneur. "Eine Rakete hat eine Energieinfrastrukturanlage getroffen. Es gibt ein großes Feuer. Alle Dienste auf dem Gelände arbeiten."

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Kiew soll dem Leiter des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, zufolge mit Kamikaze-Drohnen angegriffen worden sein. Jermak verband diese Information mit der erneuten Forderung, der Ukraine schnellstmöglich weitere Luftabwehrsysteme zu liefern.

An mehreren Stellen der Stadt gibt es laut ARD-Korrespondentin Andrea Beer große Feuer und heftigen Rauch. Getroffen worden sei unter anderem auch eine Stelle nahe des Hauptbahnhofs von Kiew. Ärzte und Rettungskräfte seien vor Ort. Über Tote und Verletzte lägen bislang keine Informationen vor. Einige Bürogebäude wurden getroffen, wie Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko in mehreren Onlinemedien angab.

Andrea Beer, ARD Kiew, 17.10.2022 07:08 Uhr

Das Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist erneut von Explosionen erschüttert worden. Laut Angaben des Bürgermeisters Vitali Klitschko gibt es Luftalarm, die Menschen sollten Schutz suchen. Am Himmel sei ein Feuerball zu sehen gewesen, berichtete eine Reporterin der Nachrichtenagentur dpa. Womöglich war die ukrainische Luftabwehr aktiv gegen neue russische Raketenangriffe. Bestätigt wurde dies nicht. Es war zunächst auch unklar, ob es - wie vor einer Woche - Zerstörungen gab. Details folgten später, sagte Klitschko. Die Nachrichtenagentur AFP berichtet von drei Explosionen.

Vor einer Woche hatte Russland mit Raketen im Berufsverkehr das Zentrum von Kiew beschossen. Zuvor war es zu einer Explosion auf der Brücke zu der von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim gekommen. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte dem ukrainischen Geheimdienst einen "Terroranschlag" auf die Brücke vorgeworfen und dann die Raketen abschießen lassen. Dabei starben in Kiew und anderen Städten in der Ukraine mehr als ein Dutzend Menschen, mehr als 100 wurden verletzt.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Außenminister der Europäischen Union wollen heute den Startschuss für eine militärische Ausbildungsmission für die Ukraine geben. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihre Kollegen wollen in Luxemburg die Pläne zur Ausbildung von rund 15.000 ukrainischen Soldaten in der EU besiegeln. Die neue Mission in der Ukraine ist vorerst auf zwei Jahre angelegt. Deutschland will dem Vernehmen nach etwa 5000 Soldaten ausbilden. 

Nach Angaben des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte beschießen russische Streitkräfte weiterhin ukrainische Stellungen an mehreren Fronten, darunter Städte in den Regionen Charkiw, Donezk und Cherson.

Die schwersten Kämpfe fänden nördlich von Bachmut statt, schrieb der ukrainische Militärexperte Oleh Schdanow. Die ukrainischen Streitkräfte hätten in den vergangenen 24 Stunden russische Vorstöße auf die Städte Torske und Sprine zurückgeschlagen. "(Die Russen) haben beschlossen, durch Torske und Sprine zu ziehen." Die Frontlinie verschiebe sich ständig. "Unser Kommando verlegt Verstärkungen dorthin, Männer und Artillerie, um der russischen Überlegenheit in diesen Gebieten zu begegnen."

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben nach UN-Angaben vier Millionen Kinder in Osteuropa und Zentralasien in die Armut getrieben. "Kinder tragen die größte Last der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges", erklärte die UN-Kinderhilfsorganisation UNICEF. Durch den Konflikt und die dadurch angeheizte Inflation sei die Zahl armer Kinder in Osteuropa und Zentralasien innerhalb eines Jahres um 19 Prozent gestiegen.

Die UNICEF stützt sich bei ihrem Bericht auf Daten aus 22 Ländern. Demnach sind die Auswirkungen des Krieges auf Kinder in Russland und der Ukraine besonders stark. Auf Russland entfallen laut Bericht drei Viertel des Zuwachses an in Armut lebenden Kindern, dort stieg die Zahl armer Kinder durch die Kriegsfolgen um 2,8 Millionen. In der Ukraine stieg die Zahl armer Kinder wegen des Krieges laut Unicef um eine halbe Million. An dritter Stelle liegt Rumänien, wo die Zahl von in Armut lebenden Kindern um 110.000 stieg.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister, begrüßt die geplante europäische Trainingsmission für ukrainische Soldaten in Mitgliedsländern der Europäischen Union. Die EU-Unterstützungsmission sei "angesichts des anhaltenden Krieges neben der Lieferung von militärischem Material ein sehr wichtiger Schritt, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine substanziell zu stärken", sagte der CDU-Politiker der "Welt" vor einem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. Entscheidend sei aber, dass das Training eng mit den NATO-Verbündeten abgestimmt werde: "Die Aktivitäten von EU und NATO müssen komplementär sein."

Die Außenminister der EU-Staaten beraten heute unter anderem über die weitere Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine. Bei dem Treffen soll auch ein Ausbildungseinsatz für die ukrainischen Streitkräfte beschlossen werden. Über die Ausbildungsmission sollen ab Mitte November Trainingsprogramme für rund 15.000 Soldaten angeboten werden. Um das Risiko zu minimieren, dass Russland die Mission angreift, werden die Trainings nicht in der Ukraine, sondern in Ländern wie Polen und Deutschland organisiert.

McAllister erwartet nach eigener Aussage, dass die EU-Trainingsmission heute beschlossen wird und dann zügig im November starten kann. "Wir haben schon Zeit verloren. Je schneller das Training beginnt, desto besser." Mit Blick auf Waffenlieferungen brachte der Ausschuss-Chef einen neuen Vorschlag ins Spiel: "Zur weiteren Unterstützung ist ein Vorschlag des Europäischen Parlaments, dass sich die Ukraine vorübergehend moderne Waffen vom Westen ausleiht. Die EU könnte Gelder zur Verfügung stellen, aus denen die Mietkosten bezahlt werden.»"

Das Rote Kreuz wehrt sich gegen Kritik aus Kiew, dass es zahlreiche Kriegsgefangene noch nicht besucht hat. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) habe moralische Verpflichtungen, hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche gesagt und umgehende Besuche verlangt. "Es hilft weder den Kriegsgefangenen noch ihren Familien, wenn dem IKRK die Schuld dafür gegeben wird, dass ihm der uneingeschränkte und sofortige Zugang verweigert wird", teilte das IKRK mit.

Elf Mitarbeiter, darunter ein Arzt, stünden in der von Russland besetzten Region Donezk für solche Besuche bereit, hätten aber bislang keine Erlaubnis erhalten. Diese müsse von den beteiligten Staaten kommen. Sie seien nach den Genfer Konventionen verpflichtet, dem IKRK Zugang zu gewähren. Das IKRK verlange seit fast acht Monaten vergeblich, sämtliche Orte, an denen Kriegsgefangene interniert seien - darunter das Gefangenenlager Oleniwka - ungehindert und regelmäßig besuchen zu können.

Am Freitag hatte das IKRK berichtet, dass es Hunderte Kriegsgefangene auf beiden Seiten gesehen habe, aber vermutlich Tausende weitere nicht. Es appellierte an beide Seiten, Russland und die Ukraine, diese Besuche zu ermöglichen.

Der designierte neue Botschafter der Ukraine in Deutschland, Oleksii Makeiev, erwartet einen Sieg seines Landes im Abwehrkampf gegen die russische Invasion. "Die deutsche Bevölkerung unterstützt die Ukraine so stark, dass ich sicher bin, dass wir gemeinsam mit Deutschland und allen anderen europäischen Partnern den Krieg gewinnen werden! Je schneller, desto besser", sagte er der "Bild"-Zeitung. Sein Botschaftsteam und er würden "jeden Tag einen enormen Beitrag zum Sieg leisten", versicherte er.

Sein Vorgänger Andrij Melnyk war am Wochenende nach fast acht Jahren als Botschafter in Deutschland in die Ukraine zurückgekehrt. Über ihn sagte Makeiev: "Andrij hat einen tollen Job gemacht, und ich werde immer wieder auf seine Expertise zurückkommen. Wir haben den Übergang nahtlos gestaltet und den Wechsel am Wochenende vollzogen." Makeiev wird heute an seiner neuen Wirkungsstätte in Berlin erwartet. Der Wechsel an der Spitze der Botschaft wird formell aber erst mit Makeievs Akkreditierung bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vollzogen, für die es noch keinen offiziellen Termin gibt. Makeiev war bisher Regierungsbeauftragter für die Sanktionen gegen Russland.

Russland will trotz der westlichen Unterstützung für die Ukraine an seinen Kriegszielen festhalten. Im AKW Saporischschja verschlechtert sich die Lage nach Angaben des ukrainischen Atombehörden-Chefs mit jeder Woche. Die Entwicklungen zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 17. Oktober 2022 um 09:00 Uhr.