Krieg gegen die Ukraine ++ UN-Vollversammlung fordert russische Reparationen ++
Die UN-Vollversammlung hat eine Resolution verabschiedet, die eine Grundlage für spätere Reparationszahlungen Russlands an die Ukraine darstellen soll. Die ukrainische Bahn fährt wieder nach Mykolajiw. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.
- Russland verhängt Sanktionen gegen Schauspieler Jim Carrey
- Polen übernimmt Anteile von Gazprom-Tochter
- Kreml: "Konstruktive Gespräche" über Getreideabkommen
- EU beschließt Start von Ausbildungsmission
- Selenskyj besucht Cherson
- US-Finanzministerin Yellen kündigt neue Sanktionen an
Ende des Liveblogs
Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse.
USA: Russischer Rückzug aus Cherson verlief geordnet
Der Rückzug der russischen Truppen aus Cherson im Süden der Ukraine verlief nach Einschätzung des US-Militärs vergleichsweise geordnet. Er sei nicht chaotisch wie in anderen Frontabschnitten gewesen, sagt ein hochrangiger Offizier, der nicht namentlich genannt werden möchte.
Precht räumt Fehlannahme ein: Ukraine stärker als gedacht
Buchautor und TV-Philosoph Richard David Precht hat eingeräumt, zu Beginn des Ukraine-Krieges Fehleinschätzungen aufgesessen zu sein. "Die Ukraine in eine Position der Stärke zu bringen, ist viel besser geglückt, als nahezu alle Beobachter, auch ich, zu hoffen gewagt haben", sagte Precht beim Ständeshaustreff der "Rheinischen Post" in Düsseldorf. "
Damals haben die Militärexperten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle die gleiche Prognose gestellt und gesagt, dass die Ukraine diesen Krieg binnen Tagen, Wochen oder vielleicht ein, zwei Monaten verlieren wird." "Wir wissen jetzt erst, wie unglaublich stark die ukrainische Armee von Anfang an gewesen ist, bevor die Waffenlieferungen kamen", behauptete Precht. "Insofern bin ich natürlich von einer Fehlannahme ausgegangen, dass es sich nicht lohnt, sich zu verteidigen, wenn der Krieg in ein, zwei Wochen verloren ist. Man kann sehen, wie man sich täuschen kann."
Precht gehörte noch Ende Juni zu den Unterzeichnern eines offenen Briefes mit der Forderung, den Ukraine-Krieg durch Verhandlungen möglichst rasch zu beenden. Zudem stellten die Prominenten in Frage, ob Waffenlieferungen des Westens der richtige Weg seien. Dafür waren sie unter anderem vom damaligen Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, scharf kritisiert worden.
Ukrainischer Armeechef: Werden keine Kompromisse akzeptieren
Das ukrainische Militär wird nach Worten seines Oberkommandierenden Walerij Saluschnyj keine Kompromisse bei der Befreiung des Landes von der russischen Besatzung akzeptieren. Das teilte Saluschnjy nach einem Telefonat mit US-Generalstabschef Mark Milley mit. "Unser Ziel ist es, das gesamte ukrainische Land von der russischen Besatzung zu befreien", schrieb Saluschnyj auf Telegram.
Auf diesem Weg werde man nicht stehen bleiben. "Das ukrainische Militär wird keine Verhandlungen, Vereinbarungen oder Kompromissentscheidungen akzeptieren. Es gibt nur eine Bedingung für Verhandlungen: Russland muss alle besetzten Gebiete verlassen."
Saluschnjy gilt als der Mann, der den erfolgreichen Widerstand der ukrainischen Armee gegen die russische Invasion organisiert hat. Seine Worte richten sich gegen immer wieder vereinzelt geäußerte Ratschläge westlicher Unterstützer, die Ukraine solle eine Verhandlungslösung nicht ausschließen.
Auch Russland betont angesichts militärischer Niederlagen wieder stärker seinen vorgeblichen Willen zu Verhandlungen. Allerdings halten russische Truppen trotz Gebietsverlusten gut acht Monate nach Kriegsbeginn immer noch knapp ein Fünftel des Nachbarlandes besetzt.
Ukraine: Wichtiges Kraftwerk in Cherson vor russischem Rückzug zerstört
Nach Angaben der Ukraine haben russische Truppen vor ihrem Abzug aus der Stadt Cherson ein wichtiges Kraftwerk zerstört. "Die Energieanlage, die das gesamte rechte Ufer der Region Cherson und einen bedeutenden Teil der Region Mykolajiw mit Strom versorgte, ist praktisch zerstört", erklärte der Leiter des staatlichen Stromversorger Ukrenergo, Wolodymyr Kudryzkyj, im Onlinedienst Facebook.
Die Zerstörung sei ein Folge "der ohnmächtigen Wut der Besatzer vor ihrer Flucht", fügte er hinzu. Der größte Teil der befreiten Region Cherson sei bereits seit dem 6. November ohne Strom, sagte Kudryzkyj. "Wir tun unser Bestes, um die Menschen so schnell wie möglich wieder mit Strom zu versorgen."
Die Ukraine habe bereits "die Liste der notwendigen Ausrüstung (...) an unsere internationalen Partner weitergegeben. Polen und Frankreich haben bereits geantwortet", erklärte er. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt, russischen Truppen hätten vor ihrem Rückzug aus Cherson "die gesamte kritische Infrastruktur - Kommunikation, Wasserversorgung, Heizung, Strom - zerstört".
Am Freitag hatte Russland den Abzug seiner Truppen vom Westufer des Dnipro-Flusses für abgeschlossen erklärt. Die Stadt Cherson war die einzige regionale Hauptstadt, die Moskaus Truppen unter ihre Kontrolle gebracht hatten, und für Russlands Pläne von großer strategischer Bedeutung.
UN-Vollversammlung fordert russische Reparationen
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen will Russland für den Einmarsch in die benachbarte Ukraine zur Verantwortung ziehen. In einer mit 94 zu 14 Stimmen beschlossenen Resolution wird die Invasion als Verstoß gegen internationales Recht verurteilt. Es gab 73 Enthaltungen.
Die Resolution empfiehlt den UN-Mitgliedern, in Zusammenarbeit mit der Ukraine ein internationales Verzeichnis zu erstellen, in das Informationen über Zerstörungen, Tote oder Verletzte aufgenommen werden sollen, für die Russland verantwortlich ist. Es müsse ein internationaler Reparationsmechanismus eingerichtet werden, hieß es. Anders als Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates ist die Resolution der Vollversammlung rechtlich nicht bindend.
Ukrainische Bahn fährt wieder nach Mykolajiw - Cherson geplant
Nach fast neun Monaten Unterbrechung wegen des russischen Angriffskrieges fährt die ukrainische Eisenbahn wieder in die südliche Stadt Mykolajiw. Der erste Nachtzug sollte am Abend aus der Hauptstadt Kiew abfahren, wie die ukrainische Staatsbahn mitteilte. Der Bahnverkehr nach Mykolajiw war im Februar eingestellt worden, als russische Truppen auf die Hafenstadt vorrückten. Wegen der Befreiung der benachbarten Stadt Cherson hat sich die militärische Lage für Mykolaijw inzwischen entspannt. Auch Cherson solle binnen zehn Tagen wieder an das ukrainische Bahnnetz angeschlossen werden, kündigte Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow auf Facebook an.
Britischer Verteidigungsminister lobt deutsche Militärhilfen
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace hat den deutschen Beitrag zur militärischen Unterstützung der Ukraine gelobt. "Deutschland hat in den vergangenen acht Monaten viel ungerechtfertigte Kritik einstecken müssen", sagte Wallace nach einem Treffen mit Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht in London. Deutschland habe durchgehend einen soliden Beitrag geleistet und die Ukraine mit wichtigen Waffenlieferungen unterstützt, so der Politiker.
Russland verhängt Sanktionen gegen Jim Carrey
Russland hat den Hollywood-Schauspieler Jim Carrey und die Schriftstellerin Margaret Atwood aus Kanada wegen ihrer proukrainischen Haltung mit Sanktionen belegt. Sie stehen zusammen mit 100 kanadischen Politikern, Wissenschaftlern, Künstlern und Unternehmern auf einer Strafliste, die das russische Außenministerium veröffentlichte. Ihnen wurde vorgeworfen, an der "Herausbildung des aggressiven antirussischen Kurses" in Kanada beteiligt zu sein. Viele der Kanadier auf der Liste sind ukrainischer Abstammung und arbeiten in Exilorganisationen mit.
Für die 100 Personen wie für andere Kanadier, die früher mit Sanktionen belegt wurden, gilt unter anderem ein Einreiseverbot nach Russland. Schauspieler Carrey hat mehrfach seine Solidarität mit der Ukraine bekundet. Atwood hat an Protesten gegen den Krieg teilgenommen.
dpa: Russland akzeptiert angeblich Kriegskritik in G20-Erklärung
Russland ist laut der Nachrichtenagentur dpa offenbar bereit zu akzeptieren, dass in die Abschlusserklärung des G20-Gipfels eine Passage zur Verurteilung des Krieges gegen die Ukraine aufgenommen wird. Nach Angaben eines westlichen Diplomaten werde der russische Angriff dabei klar als Krieg bezeichnet und nicht wie von Kremlchef Wladimir Putin als militärische Spezialoperation, heißt es.
Russlands Zustimmung zu dem Textentwurf gelte als mögliches Zeichen dafür, dass Moskau bezüglich der Ukraine in der G20-Gruppe nicht einmal mehr auf die Unterstützung des Partners China zählen könnte. Einen Hinweis auf Zugeständnisse Russlands hatte zuvor bereits Außenminister Sergej Lawrow gegeben. Der Vertreter von Putin bei dem Gipfel sagte in einem Video seines Ministeriums, man werde die Abschlusserklärung annehmen.
Kanada kündigt weitere Militärhilfen für Ukraine an
Kanada sagt der Ukraine weitere Militärhilfe in Höhe von 500 Millionen kanadische Dollar (etwa 364 Millionen Euro) zu. Das Geld solle unter anderem für Militärgüter, Treibstoff und Arzneimittel verwendet werden, heißt es in einer Erklärung von Ministerpräsident Justin Trudeau während des G20-Gipfels auf Bali. Zudem würden Sanktionen gegen 23 Russen verhängt, die an systematischen Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen seien. Dazu gehörten Polizeibeamte, Richter und Gefängnismitarbeiter. Kanada hat bislang 3,4 Milliarden kanadische Dollar Militärhilfe an die Ukraine geleistet.
USA verhängen weitere Sanktionen gegen Russland
Die USA verhängen weitere Sanktionen gegen Russland. Betroffen seien 14 Personen, 28 Einrichtungen und acht Flugzeuge, heißt es auf der Internetseite des US-Finanzministeriums. Ziel sei ein internationales Netzwerk, das Technologie zur Unterstützung des russischen militärisch-industriellen Komplexes beschafft habe.
Polen übernimmt Anteile von Gazprom-Tochter
Die polnische Regierung übernimmt die Anteile des russischen Konzerns Gazprom am durch Polen verlaufenden Abschnitt der Gaspipeline Jamal. Polen habe die Gazprom-Tochter, die die Anteile hält, unter Zwangsverwaltung gestellt. Ziel sei es, "die Sicherheit der kritischen Infrastruktur" zu wahren, erklärte das polnische Entwicklungsministerium. Eine Enteignung sei laut Verfassung nicht möglich, weshalb man sich für eine Zwangsverwaltung entschied.
Die Jamal-Pipeline ist eine von drei Hauptleitungen, die auch Deutschland mit Erdgas aus Russland versorgen. Die mehr als 4000 Kilometer lange Pipeline verläuft von den Jamal-Gasfeldern in Sibirien durch Russland, Belarus und Polen bis zum Oderbruch in Brandenburg. Für die deutsche Gasversorgung hat sie allerdings eine geringere Bedeutung als die Pipelines Nord Stream 1 und Transgas.
Bislang hielt Gazprom einen Anteil von 48 Prozent an dem Unternehmen Europol Gaz, das den Pipeline-Abschnitt betreibt. Die übrigen 52 Prozent gehören dem polnischen Staat. Die Gasleitung führt ausgehend von Sibirien durch Belarus und Polen bis nach Deutschland. Allerdings liefert Russland bereits seit April kein Gas mehr durch die Pipeline. Im Mai verhängte die russische Führung zudem Sanktionen gegen Europol Gaz und weitere Energiefirmen in Reaktion auf die westlichen Sanktionen gegen Moskau.
CIA-Direktor trifft russischen Geheimdienstchef
Der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, trifft den russischen Geheimdienstchef Sergej Narischkin in der türkischen Hauptstadt Ankara. Bei dem Gespräch wollte Burns den Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR vor den "Konsequenzen eines russischen Atomwaffeneinsatzes" in der Ukraine warnen, wie der Nationale Sicherheitsrat der USA erklärte. "Er führt keinerlei Verhandlungen. Er spricht nicht über eine Beilegung des Kriegs in der Ukraine", betonte ein Sprecher. Die Ukraine sei im Vorfeld über Burns' Reise informiert worden. Auch der Kreml habe das Treffen mittlerweile bestätigt, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.
Biden: Rückeroberung Chersons "bedeutender Sieg" für die Ukraine
US-Präsident Joe Biden hat die Rückeroberung der Gebietshauptstadt Cherson durch die Streitkräfte der Ukraine als "bedeutenden Sieg" bezeichnet. Die ukrainische Armee sei "wirklich wunderbar", sagte Biden in Nusa Dua auf der indonesischen Insel Bali. "Ich kann nur applaudieren." Die USA würden auch weiter helfen, damit die Ukrainer sich selbst verteidigen können. Washington werde aber nicht in irgendwelche Verhandlungen treten ohne Kiew. "Es gibt nichts zur Ukraine ohne die Ukraine. Es ist eine Entscheidung, die die Ukraine treffen muss", sagte Biden mit Blick auf wiederholte Vorschläge Russlands zu Verhandlungen.
Frankreichs Präsident will weiter mit Putin reden
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will weiter mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin sprechen. Er werde ihn nach dem Ende des G20-Gipfels anrufen, teilte der Élysée am Rande des Treffens in Indonesien mit. "Es gab eine Reihe von Spannungen und eine Isolierung", hieß es im Umfeld des Präsidenten mit Blick auf die Absage Putins, am Gipfel teilzunehmen.
Macron hatte zu Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mehr als andere EU-Staats- und Regierungschefs den Kontakt zu Putin beibehalten und zu verhandeln versucht. Seit Bekanntwerden zahlreicher mutmaßlicher Kriegsverbrechen auf russischer Seite ist der Kontakt spärlicher geworden. Macron bekräftigt jedoch regelmäßig, dass er es für wichtig halte, den Gesprächskanal offen zu halten.
China will mögliche Friedensgespräche unterstützen
Chinas Staatschef Xi Jinping hat sich "höchst besorgt über die gegenwärtige Situation in der Ukraine" geäußert. Bei seinem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden auf der indonesischen Insel Bali sagte Xi Jinping nach chinesischen Angaben, China unterstütze eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland. Auch sollten die USA, die Nato und die EU einen umfassenden Dialog mit Russland führen.
Von chinesischer Seite wurde die von Biden genannte gemeinsame Warnung vor einem Einsatz von Atomwaffen allerdings nicht erwähnt. China hat den Einmarsch Russlands in der Ukraine bis heute nicht kritisiert und gibt Präsident Wladimir Putin politisch Rückendeckung.
Biden und Xi kritisieren Russlands Atomwaffendrohungen
US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping haben nach US-Angaben russische Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine verurteilt. Beide Seiten stimmten auch überein, dass "ein Atomkrieg niemals geführt werden sollte", wie das Weiße Haus nach einem Treffen der Präsidenten auf der indonesischen Insel Bali mitteilte.
EU beschließt Start von Ausbildungsmission
Die Außenminister der EU-Staaten haben den Start einer Ausbildungsmission für ukrainische Streitkräfte beschlossen. Die Pläne für den Einsatz sehen vor, dass zunächst etwa 15.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in Deutschland, Polen und anderen EU-Ländern ausgebildet werden.
Die EU will damit mithelfen, dass sich die ukrainischen Truppen künftig noch besser als bislang gegen die Angreifer aus Russland verteidigen können. Der Beschluss für den Beginn der Ausbildungsmission wurde bei einem Treffen der Außenminister in Brüssel getroffen, wie Diplomaten der Nachrichtenagentur dpa bestätigten. Als Startdatum wurde dieser Dienstag festgelegt.
Die Bundeswehr plant im Rahmen der EU-Mission eine Gefechtsausbildung für Kompanien und Taktikübungen für einen Brigadestab und die untergeordneten Bataillonsstäbe. Zudem soll es ein Training für Trainer, Sanitätsausbildungen und Waffensystemschulungen in enger Kooperation mit der Industrie geben. Insgesamt könnte in Deutschland in den kommenden Monaten eine Brigade mit bis zu 5000 ukrainischen Soldatinnen und Soldaten trainiert werden.
NATO-Chef: Nur Ukraine entscheidet über Verhandlungen
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat bekräftigt, dass allein die Ukraine über mögliche Friedensverhandlungen mit Russland entscheidet. Es sei nicht Sache der westlichen Partner, um die Ukraine zu Verhandlungen zu drängen. "Nur die Ukraine entscheidet, was für sie akzeptable Bedingungen sind", sagte Stoltenberg. Es sei die Aufgabe der NATO-Partner, das Land weiter zu unterstützen.
Polen bereitet sich auf mehr Flüchtlinge im Winter vor
Angesichts des herannahenden Winters bereitet sich Polen auf die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus der Ukraine vor. Für den sofortigen Einsatz habe man "deutlich mehr als 100.000 Plätze" in Sammelunterkünften vorbereitet, sagte Integrationsministerin Agnieskza Scigaj dem Sender Radio Plus. Derzeit gebe es an der polnisch-ukrainischen Grenze noch keine Anzeichen dafür, dass die Zahl der Flüchtlinge wieder zunehme.
UN-Humanitärhilfen erreichen Cherson
Ein erster humanitärer UN-Konvoi hat die Menschen in der befreiten ukrainischen Großstadt Cherson erreicht. An Bord waren unter anderem Nahrungsmittel, Trinkwasser, Hygieneartikel, Küchenutensilien sowie Bettzeug, warme Decken und Solarlampen, wie das UN-Nothilfebüro OCHA in Genf berichtete.
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.
Insgesamt seien mehr als 6000 Menschen versorgt worden. Eine Klinik erhalte Medikamente und Material zur Behandlung von mehr als 1000 Patientinnen und Patienten. Nach ukrainischen Angaben sind noch etwa 80.000 von ehemals rund 280.000 Einwohnerinnen und Einwohner in der Stadt. Es war der erste UN-Konvoi, der die Menschen in Cherson erreichte, seit Russland die Stadt Anfang März überfallen und eingenommen hatte. Weitere Konvois seien für die nächsten Tage geplant.
Litauen liefert Ukraine zwölf Panzer
Die Ukraine hat aus Litauen zwölf weitere gepanzerte Fahrzeuge vom Typ M113 als Militärhilfe für den Krieg gegen Russland erhalten. Das EU- und NATO-Land habe zehn Panzermörser samt Munition vom Kaliber 120 Millimeter und zwei Feuerleitpanzer an Kiew übergeben, teilte das Verteidigungsministerium in Vilnius mit. Damit habe der Baltenstaat bereits insgesamt 62 M113-Fahrzeuge für unterschiedliche Zwecke an die Ukraine geliefert.
"Litauen kommt weiterhin seinen Verpflichtungen nach", wurde Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas in der Mitteilung zitiert. Litauen hat der Ukraine nach eigenen Angaben seit dem russischen Angriff Ende Februar umfassende militärische Hilfe geleistet. Unter den gelieferten Waffen waren etwa Stinger-Flugabwehrraketen, Panzerabwehr- und Flugabwehrwaffen und Mörser.
Deutschlandweite Proteste für Abrüstung angekündigt
In mehreren deutschen Städten wollen Friedensaktivisten am Samstag gegen die weitere Aufrüstung der Bundeswehr protestieren. Unter dem Motto "Stoppt das Töten in der Ukraine! - Aufrüstung ist nicht die Lösung" seien bislang fast 20 unterschiedliche Protestaktionen geplant, weitere könnten noch hinzukommen, heißt es in einem gemeinsamen Aufruf der Organisationen. "Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand mit einem Rückzug des russischen Militärs aus der Ukraine. Es braucht Friedensverhandlungen", heißt es zum Aktionstag. Die "aktuelle Rüstungsspirale", an der auch Deutschland beteiligt sei, müsse gestoppt werden.
Unter anderem kritisieren die Organisationen das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sowie die angekündigte dauerhafte Erhöhung des Militäretats vor dem Hintergrund "einer noch immer grassierenden Corona-Pandemie, eines fortschreitenden Klimawandels und einer ökonomischen Krise, die immer mehr Menschen in die Armut führt." Bislang sind demnach Protestaktionen in Berlin, Bamberg, Bonn, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Halle (Saale), Hamburg, Heide/Dithmarschen, Ingolstadt, Karlsruhe, Kassel, Limburg, Mainz, München, Neuwied und Tübingen geplant.
Kreml: Gespräche über Getreideabkommen "recht konstruktiv"
Russland hat die Gespräche mit den Vereinten Nationen über eine Verlängerung des Getreideabkommens als "recht konstruktiv" bezeichnet. Die Arbeiten an einer Verlängerung des bis zum Wochenende laufenden Abkommens dauerten aber noch an, teilt das Präsidialamt in Moskau mit.
Am Freitag hatten sich hochrangige UN-Vertreter mit einer russischen Delegation in Genf getroffen, um über Vorbehalte und Forderungen der Regierung in Moskau bezüglich des Abkommens zu sprechen. Die UN hatten gemeinsam mit der Türkei im Juli das Abkommen vermittelt, das trotz des russischen Angriffskrieges ukrainische Getreide-Ausfuhren über das Schwarze Meer ermöglichen soll. Dadurch sollen globale Lebensmittelengpässe zulasten vor allem ärmerer Staaten verhindert werden.
Russische Zeitung: russisch-amerikanische Gespräche in Ankara
Russische und amerikanische Offizielle sollen sich zu Gesprächen in der türkischen Hauptstadt Ankara getroffen haben. Das berichtete nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters die russische Tageszeitung "Kommersant" in Bezug auf eine nicht näher genannte Quelle. Nach Angaben des Blattes soll Sergej Naryschkin, der Chef des Auslandsnachrichtendienstes SWR, der russischen Delegation angehören.
Der Kreml wollte die Nachricht weder bestätigen noch dementieren.
Selenskyj besucht Cherson
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in der zurückeroberten Stadt Cherson im Süden des Landes eingetroffen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich dabei auf Augenzeugen. Selenskyj dankte dabei der NATO und anderen Verbündeten für ihre Unterstützung im Kampf gegen Russland. Die Lieferung amerikanischer HIMARS-Mehrfachraketenwerfer hätte einen großen Unterschied gemacht, so Selenskyj. Zu Soldaten sagte er: "Wir kommen voran. Wir sind bereit für den Frieden, den Frieden für unser ganzes Land." Die russischen Truppen waren in der vergangenen Woche aus Cherson abgezogen.
Kiew entzieht mehreren westlichen Journalisten die Akkreditierung
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben mehreren westlichen Journalisten nach ihrer Berichterstattung aus dem jüngst zurückeroberten Gebiet Cherson die Akkreditierung entzogen. "In jüngster Zeit haben einige Medienvertreter die bestehenden Verbote und Warnungen ignoriert und ohne Zustimmung der Kommandeure und zuständigen PR-Abteilungen des Militärs ihre Berichterstattung aus Cherson aufgenommen, noch bevor die Stabilisierungsmaßnahmen abgeschlossen waren", begründete der Generalstab per Facebook die Zwangsmaßnahme.
Aus dem Eintrag geht nicht hervor, welche Journalisten betroffen sind. Medienberichten zufolge jedoch sollen mindestens sechs Korrespondenten der Fernsehsender CNN und Sky News ihre Akkreditierung verloren haben.
London: Winter wird Kampfhandlungen beeinflussen
Der bevorstehende Winter wird die Kämpfe in der Ukraine nach britischer Einschätzung deutlich beeinflussen. "Veränderungen bei Tageslichtstunden, Temperatur und Wetter bedeuten einzigartige Herausforderungen für die kämpfenden Soldaten", teilte das Verteidigungsministerium in London mit.
"Alle Entscheidungen, die der russische Generalstab trifft, werden teilweise vom Einbruch des Winters abhängig sein." Weil die Tageslichtstunden deutlich abnehmen, werde es weniger Offensiven und dafür mehr statische Verteidigungslinien geben. Die Winterbedingungen mit mehr Regen und starken Winden sowie Schneefall führten zu Kälteverletzungen und würden die ohnehin schon niedrige Moral der russischen Streitkräfte vor zusätzliche Herausforderungen stellen, so das Ministerium weiter.
Sie bedeuteten aber auch Probleme für die Wartung der Ausrüstung. "Grundübungen wie die Waffenreinigung müssen den Gegebenheiten angepasst werden, und das Risiko von Waffenfehlfunktionen steigt", hieß es in London. Gleichzeitig betonte die Behörde, dass auch ukrainische Soldaten von den Konditionen betroffen seien.
Deutsche Städte und Gemeinden fordern mehr Mittel für Geflüchtete
Angesichts stark steigender Flüchtlingszahlen schlagen Deutschlands Städte und Gemeinden Alarm. "Wir sehen deutlich, dass die Aufnahmekapazitäten in vielen Städten ausgeschöpft sind", sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, der "Süddeutschen Zeitung". Der Verband mahnt umgehende Hilfen an. "Bund und Länder müssen mehr eigene Immobilien unbürokratisch und mietfrei für die Unterbringung von Geflüchteten bereitstellen", forderte Dedy.
"Mit Blick auf den Winter und den andauernden Krieg in der Ukraine ist es wahrscheinlich, dass noch mehr Geflüchtete nach Deutschland kommen", sagt Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, voraus. Für diese Entwicklung spreche schon die Art der Kriegsführung, denn Russland zerstöre gezielt Infrastruktur, sagte Landsberg. Auch aus anderen Ländern und Regionen - etwa aus Afghanistan oder Afrika - würden wieder mehr Menschen nach Deutschland kommen, führte Landsberg fort.
Russland will Getreideexport mehr als verdoppeln
Die russische Regierung will im kommenden Jahr nach eigenen Angaben den Getreideexport mehr als verdoppeln. Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium hätten sich auf eine Ausfuhrquote von 25,5 Millionen Tonnen verständigt, teilte Vizeregierungschefin Viktoria Abramtschenko auf ihrem Telegram-Kanal mit. In diesem Jahr beläuft sich die Quote auf elf Millionen Tonnen.
Der Anstieg erfolgt nach Angaben Abramtschenkos wegen der Rekordernte in Russland. Russland wird demnach in diesem Jahr mit mehr als 150 Millionen Tonnen einen historischen Rekord bei der Getreideernte aufstellen. Das Land ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Die auch infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gestiegenen Lebensmittelpreise haben international die Angst vor einer Hungerkatastrophe in den ärmsten Ländern geschürt.
Monatelang waren die Häfen der Ukraine, eines weiteren wichtigen Getreideexporteurs auf dem Weltmarkt, blockiert. Das im Sommer ausgehandelte Abkommen zur Ausfuhr ukrainischen Getreides läuft am kommenden Samstag aus, dessen Fortsetzung steht auf der Kippe. Mit der Ankündigung, die eigenen Getreideausfuhren zu steigern, könnte Russland politisch in Afrika und Asien punkten. Moskau selbst beklagt zugleich, dass westliche Sanktionen russische Exporte von Getreide und Düngemitteln behindern.
EU-Ausbildungsmission soll beschlossen werden
Die EU-Außenminister wollen heute bei einem Treffen in Brüssel den Start einer Ausbildungsmission für ukrainische Streitkräfte beschließen. Die in den vergangenen Wochen erarbeiteten Pläne sehen vor, dass zunächst etwa 15.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in Deutschland, Polen und anderen EU-Ländern ausgebildet werden. Die EU will so dabei helfen, dass sich die ukrainischen Truppen künftig noch besser als bislang gegen die Angreifer aus Russland verteidigen können.
Die Bundeswehr plant im Rahmen der EU-Mission eine Gefechtsausbildung für Kompanien und Taktikübungen für einen Brigadestab und die untergeordneten Bataillonsstäbe. Zudem soll es ein Training für Trainer, Sanitätsausbildungen und Waffensystemschulungen in enger Kooperation mit der Industrie geben.
Insgesamt könnte in Deutschland in den kommenden Monaten so eine Brigade mit bis zu 5000 ukrainischen Soldatinnen und Soldaten trainiert werden.
Neue US-Sanktionen
US-Finanzministerin Janet Yellen hat neue US-Sanktionen gegen ein Netzwerk von Einzelpersonen und Unternehmen angekündigt, die an der Beschaffung von Militärtechnologie für Russland beteiligt sind. "Dies ist Teil unserer größeren Bemühungen, Russlands Kriegsanstrengungen zu stören und ihm (Wladimir Putin) durch Sanktionen und Exportkontrollen die benötigte Ausrüstung zu verweigern", sagte sie.
14 Personen und 28 Unternehmen seinen im Visier der Sanktionen, darunter auch Finanzvermittler. Die Maßnahmen sollen heute offiziell bekannt gegeben werden.
Wieder Proteste in der Republik Moldau
In Chisinau, der Hauptstadt der Republik Moldau, haben Tausende wegen einer winterliche Energiekrise und der hohen Inflation demonstriert. Sie machten die Regierung für die Lage verantwortlich, forderten Neuwahlen und den Rücktritt der prowestlichen Präsidentin Maia Sandu. Die frühere Sowjetrepublik, ein Nachbarland der Ukraine mit etwa 2,6 Millionen Einwohnern, hatte zuletzt einen sehr am Westen orientierten Pfad eingeschlagen.
In den vergangenen zwei Monaten gab es wiederholt Protesten gegen die Regierung. Sie wurden von einer populistischen Partei initiiert, die von dem Oligarchen Ilan Schor geführt wird, der derzeit im Exil in Israel lebt. Ihm wird die Verwicklung in einen Bankdiebstahl nachgesagt. Zudem befindet er sich auf einer Sanktionsliste der USA, die der Ansicht sind, dass er russischen Interessen dient und in diesem Zusammenhang versucht, politische Unruhe in Moldau zu verursachen. So wolle er das Bestreben des Landes untergraben, der EU beizutreten. Am Donnerstag hatte die Regierung beim Verfassungsgericht ein Verbot seiner Partei beantragt.
Die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft des Landes ermittelt zudem zur Finanzierung der Proteste, die teils aus russischen Quellen gespeist sein sollen. Moldau ist beim Erdgas von Russland abhängig - die Lieferungen nach Moldau wurden jüngst halbiert.