Krieg gegen die Ukraine ++ Scholz bekräftigt Solidarität mit Ukraine ++
Bundeskanzler Scholz hat Deutschlands Solidarität mit der Ukraine bekräftigt. Nach Angaben des Armeechefs hat sich die militärische Lage in der Ostukraine erheblich verschlechtert. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.
- Deutschland liefert drittes "Patriot"-System an Ukraine
- Armeechef: Lage im Osten spitzt sich zu
- USA und Großbritannien weiten Importverbot für russische Metallprodukte aus
- Immer mehr russische Deserteure und Asylsuchende
Ende des Liveblogs
Hiermit schließen wir unseren Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse
Selenskyj betont Führungsrolle Deutschlands
Nach der Entscheidung der Regierung in Berlin zur Lieferung eines weiteren Patriot-Flugabwehrsystems an die Ukraine hat deren Präsident Wolodymyr Selenskyj die Bedeutung Deutschlands für die Unterstützung des angegriffenen Landes betont. "Die Führungsrolle Deutschlands ist wirklich spürbar, und dank dieser Führungsrolle werden wir in der Lage sein, Tausende Menschenleben zu retten und der Ukraine mehr Schutz vor dem russischen Terror zu bieten", sagte Selenskyj in einer Videoansprache.
Zugleich richtete er weitere Worte des Dankes an Bundeskanzler Olaf Scholz: "Olaf, Herr Bundeskanzler, noch einmal vielen Dank für die Flugabwehr." Selenskyj deutete an, dass im Telefonat mit Scholz auch über weitere Waffenlieferungen gesprochen worden sei. "Wir arbeiten mit Deutschland auch an einem zusätzlichen IRIS-T-System, das ebenfalls ein starkes Luftabwehrsystem ist, und an Raketen für unsere bestehenden Luftabwehrsysteme."
Bislang hat Deutschland zwei Patriot-Systeme an die Ukraine geliefert. Das System habe sich im Kampf gegen die russische Aggression bewährt, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit. Selenskyj hatte zuletzt immer wieder Patriot-Flugabwehrsysteme für den Schutz des Luftraums gegen russische Raketen- und Drohnenangriffe gefordert. Um den Luftraum abzuriegeln, seien 25 Systeme mit jeweils 6 bis 8 Batterien nötig, sagte Selenskyj Anfang April.
Moskau meldet Eroberung eines Ortes nahe Awdijiwka
Die russische Armee hat die Eroberung einer Ortschaft nahe der ostukrainischen Stadt Awdijiwka bekanntgegeben. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, die russischen Soldaten hätten das südlich von Awdijiwka gelegene Perwomajske "befreit". Russland hatte Awdijiwka im Februar nach langen Kämpfen vollständig unter seine Kontrolle gebracht.
Die Ukraine bestätigte den Verlust des Dorfs bisher nicht. Die ukrainische Armee hatte am Freitag noch erklärt, sie habe Angriffe auf das Dorf abgewehrt.
Scholz bekräftigt Solidarität mit Ukraine
Angesichts der massiven russischen Angriffe auf die Ukraine und insbesondere deren Energieinfrastruktur hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem Telefonat mit Präsident Wolodymyr Selenskyj Deutschlands "anhaltende und unverbrüchliche Solidarität" mit der Ukraine bekräftigt.
Kurz nach der Ankündigung des Bundesverteidigungsministeriums, der Ukraine ein drittes "Patriot"-Flugabwehrsystem zu liefern, teilte die Bundesregierung mit, Scholz habe mit Selenskyj über "Möglichkeiten der weiteren Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung" gesprochen. Beide Seiten seien sich einig gewesen, dass dafür auch "weitere Anstrengungen von Partnern" erforderlich seien, hieß es weiter.
Scholz sagte demnach zu, dass Deutschland die Initiative der Schweiz für eine hochrangige internationale Friedenskonferenz tatkräftig unterstützen und auf eine möglichst breite globale Teilnahme hinwirken werde. Die Konferenz soll nach Angaben der Schweizer Regierung Mitte Juni in Luzern stattfinden. Russland wird an der Konferenz nicht teilnehmen.
Deutschland liefert drittes "Patriot"-System an Ukraine
Zur Stärkung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland liefert die Bundesregierung ein weiteres Luftabwehrsystem vom Typ "Patriot". Das teilte das Verteidigungsministerium mit. Es kommt aus Beständen der Bundeswehr und soll unverzüglich übergeben werden.
Raketenschlag gegen russisch besetzte Stadt Luhansk
Bei Raketenangriffen auf die von russischen Truppen besetzte Großstadt Luhansk sind offiziellen Angaben zufolge mehrere Menschen verletzt worden. Einschläge habe es in der Nähe des Busbahnhofs und einer Maschinenbaufabrik gegeben, schrieb der russische Politiker Wladimir Rogow, Vorsitzender der Bewegung "Wir sind mit Russland zusammen", auf seinem Telegram-Kanal. Demnach wurden drei Zivilisten verletzt und mehrere Wohnhäuser beschädigt. Ukrainische Medien wiederum berichteten, der Angriff habe einer Militäreinheit und einer Ansammlung von Militärfahrzeugen in der Nähe der Fabrik gegolten.
Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen. Luhansk wird bereits seit 2014 von moskautreuen Separatisten kontrolliert. Im Februar 2022 erkannte Kremlchef Wladimir Putin die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk zunächst als unabhängige Staaten an und begann dann auch unter dem Vorwand, dort russische Staatsbürger zu schützen, seinen Krieg gegen die Ukraine.
Armeechef: Militärische Lage in der Ostukraine "erheblich verschlechtert"
Die militärische Lage im Osten der Ukraine spitzt sich nach Angaben der Armeeführung zu: "Die Lage an der Ostfront hat sich in den vergangenen Tagen erheblich verschlechtert", sagte Armeechef Oleksandr Syrsky. Seit der Präsidentschaftswahl in Russland vor einem Monat habe die russische Armee ihre Offensive "deutlich verstärkt". Die Ukraine wolle daher "die problematischsten Verteidigungszonen mit elektronischer Kriegsführung und Luftverteidigung verstärken", kündigte Syrsky an.
Bereits vor Tagen hatte die ukrainische Armee von einer "schwierigen und angespannten" Lage rund um die Stadt Tschassiw Jar gesprochen. Das Gebiet liege "unter Dauerfeuer". Tschassiw Jar liegt etwa 20 Kilometer westlich von Bachmut, das im Mai vergangenen Jahres nach monatelangen Kämpfen von russischen Truppen erobert wurde. "Der Feind greift unsere Stellungen in den Sektoren Lyman und Bachmut mit von gepanzerten Fahrzeugen unterstützten Kampfgruppen an", sagte Syrsky. Im Gebiet Pokrowsk versuchten russische Truppen, die ukrainischen Verteidigungslinien mit Dutzenden von Panzern und gepanzerten Truppen zu durchbrechen.
USA und Großbritannien weiten Importverbot für russische Metallprodukte aus
Die USA und Großbritannien weiten ein Einfuhrverbot für Metallprodukte russischer Herkunft aus. "Diese neue Maßnahme verbietet die Einfuhr von Aluminium, Kupfer und Nickel russischer Herkunft in die Vereinigten Staaten und schränkt die Verwendung dieser Metalle an den globalen Metallbörsen und im außerbörslichen Derivatehandel ein", erklärte das US-Finanzministerium. Die neuen Verbote für wichtige Metalle würden in Zusammenarbeit mit Großbritannien weiterhin auf die Einnahmen abzielen, die Russland generieren könne, um "seinen brutalen Krieg gegen die Ukraine" fortzusetzen", erklärte US-Finanzministerin Janet Yellen.
Die Maßnahmen würden Russlands Einnahmen verringern und gleichzeitig Partner und Verbündete vor unerwünschten Effekten schützen. Sie haben zur Folge, dass Metallbörsen etwa in London oder Chicago kein neues Aluminium, Kupfer und Nickel aus russischer Produktion mehr annehmen dürfen, hieß es vom US-Finanzministerium. "Unser entschlossenes Vorgehen mit den USA (...) wird den Kreml daran hindern, mehr Geld in seine Kriegsmaschinerie zu leiten", erklärte der britische Finanzminister Jeremy Hunt. Metalle sind nach Energie das zweitgrößte Exportgut Russlands. Britischen Angaben zufolge ist der Wert der Exporte von 25 Milliarden Dollar (rund 23 Milliarden Euro) im Jahr 2022 auf 15 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr zurückgegangen.
Immer mehr russische Deserteure und Asylsuchende
Seit September 2022 hat das unabhängige russische Medienprojekt Mediazona mehr als 7.300 Fälle vor Gericht dokumentiert, bei denen es um unerlaubtes Entfernen von Soldaten von der Truppe geht. Das meldet die Nachrichtenagentur AP. Beim härtesten Vorwurf, der Fahnenflucht, habe sich die Zahl der Fälle im vergangenen Jahr versechsfacht. Eine Rekordzahl von Soldaten, die auf der Suche nach einem Ausweg sind, meldet auch Idite Lesom, eine russische Aktivistengruppe in der ehemaligen Sowjetrepublik Georgien: Mehr als 500 Hilferufe von Desertationswilligen habe sie allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres bekommen, sagt der Leiter der Gruppe, Grigori Swerdlin. Mehr als 500 Soldaten habe seine Gruppe bislang bei der Flucht geholfen.
Auch wenn westliche Länder russischen Kriegsverweigerern Asyl in Aussicht stellen, erweise es sich für Deserteure in der Praxis doch schwierig, Zuflucht zu suchen. Die meisten haben einen Reisepass, der nur Reisen innerhalb einer Handvoll ehemaliger Sowjetstaaten erlaubt. In den USA erhielten im Haushaltsjahr 2022 weniger als 300 Russen den Flüchtlingsstatus. Deutschland gewährte in weniger als zehn Prozent von insgesamt 5.246 im vergangenen Jahr bearbeiteten Anträgen Schutz.
Die Zahl der Zufluchtssuchenden wächst indes weiter. Im Haushaltsjahr 2023 meldeten die US-Grenzbehörden mehr als 57.000 Russen, 2021 waren es 13.000. Auch die Zahl der Asylanträge in den USA stieg sprunghaft an. Ebenso in Frankreich: Dort nahmen die Anträge von 2022 auf 2023 um mehr als 50 Prozent zu. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr nach Angaben des Bundesinnenministeriums 7.663 Erstanträge auf Asyl von russischen Staatsbürgern gestellt, gegenüber 2.851 im Jahr 2022. Wie viele Soldaten darunter waren, ist aus den Daten nicht ersichtlich.
US-Beamte: China unterstützt Russlands Kriegsanstrengungen
Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters haben zwei hochrangige US-Beamte China beschuldigt, Russlands Kriegsanstrengungen in der Ukraine zu unterstützen. China helfe Moskau bei seiner größten militärischen Aufrüstung seit der Sowjetära und hätte dazu Drohnen- und Raketentechnologie, Satellitenbilder und Werkzeugmaschinen bereitstellt. Dagegen habe die chinesische Botschaft in den USA erklärt, dass China keine Waffen an irgendeine Partei geliefert hat und auch "kein Produzent oder Beteiligter an der Ukraine-Krise" ist.
Die Beamten, die unter der Bedingung der Anonymität sprachen, sagten, dass US-Präsident Joe Biden das Thema mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in ihrem jüngsten Telefongespräch angesprochen habe und dass es ein Diskussionsthema mit den Verbündeten der USA in Europa und auf der ganzen Welt sei.
Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen
Bundeskanzler Scholz geht davon aus, dass man Kiew noch lange im Verteidigungskampf gegen Russland unterstützen muss. Polen appelliert an die NATO-Mitglieder, ihre Produktion von Munition anzukurbeln. Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen.