Krieg gegen die Ukraine ++ Mützenich mahnt zur Diplomatie ++
SPD-Fraktionschef Mützenich mahnt, die Möglichkeiten der Diplomatie zur Beendigung des Krieges weiter im Blick zu behalten. In Charkiw und Cherson schlagen russische Raketen ein. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen.
- Raketeneinschläge in Charkiw und Cherson
- Ukrainischer Verteidigungsminister befürchtet russische Offensive
- Erster "Leopard 2"-Panzer unterwegs in Ukraine
- Selenskyj bewertet Lage an der Front als schwierig ein
- Verschärftes Ölembargo gegen Russland in Kraft
Ende des Liveblogs
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Berichte: Ukrainischer Verteidigungsminister wechselt Ressort
Nach Spekulationen um den in die Kritik geratenen ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat die Nachfolgediskussion volle Fahrt aufgenommen. Der Vorsitzende der Parlamentsfraktion der Partei "Diener des Volkes" von Präsident Wolodymyr Selenskyj, David Arachamija, teilte auf Telegram mit, dass Resnikow auf den Posten des Ministers für strategische Industrie versetzt werde. Neuer Verteidigungsminister solle der bisherige Chef des Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, werden. "In dieser Phase sollten die Sicherheitsbehörden von professionellen Sicherheitsbeamten und nicht von Politikern geleitet werden", schrieb Arachamija. Eine offizielle Stellungnahme zu dem möglichen Personalwechsel gab es jedoch nicht.
Erst am Spätnachmittag hatte Resnikow erklärt, er wolle seinen Platz erst räumen, wenn ihm dies von Präsident Selenskyj angetragen werde. "Die Entscheidung, ob jemand Verteidigungsminister wird oder nicht, wird laut Verfassung von einer Person getroffen - dem Oberbefehlshaber und Präsidenten der Ukraine Wolodymyr Selenskyj", sagte er. Dieser hat sich bisher nicht geäußert. Resnikow war nach einer Reihe von Skandalen um Korruption und Geldverschwendung in seinem Ministerium in die Kritik geraten.
Mützenich setzt weiter auf Diplomatie
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat dazu gemahnt, die Möglichkeiten der Diplomatie zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine weiter im Blick zu behalten: "Diplomatie heißt ja nicht unmittelbar Verhandlungen mit Russland", betonte er im Bericht aus Berlin. Denn Moskau sei weiterhin bestrebt, seine Kriegsziele mit militärischen Mitteln zu erreichen. Es gehe aber darum, jetzt das Umfeld zu schaffen, in dem später Verhandlungen stattfinden könnten, so Mützenich.
"Deswegen bin ich schon der Meinung, dass auch Diplomatie von Europa aus unterstützt werden muss." So habe Bundeskanzler Olaf Scholz beispielsweise darauf gedrungen, zum G7-Gipfel auch Länder einzuladen, die möglicherweise Einfluss auf Russland hätten. Zudem seien auch die direkten Gespräche des Kanzlers in Peking eine erfolgreiche diplomatische Initiative gewesen, betonte Mützenich.
Russische Raketen treffen Charkiw und Cherson
In der ostukrainischen Großstadt Charkiw ist nach Behördenangaben beim Einschlag einer russischen Rakete ein Universitätsgebäude schwer beschädigt worden. Dort sei ein Wachmann verletzt worden, teilte die Staatsanwaltschaft in Charkiw mit. Beim Einschlag einer weiteren Rakete in der Nähe eines Wohnhauses seien vier Menschen verletzt worden, hieß es.
Die Ermittler veröffentlichten Bilder, die den Angaben zufolge Zerstörungen an der Universität zeigten. Sie teilten mit, dass ein Verfahren wegen Kriegsverbrechen eingeleitet worden sei. Demnach gab es keine militärischen Anlagen in der Nähe. Auch in der südukrainischen Stadt Cherson meldeten die Behörden neuen Beschuss von russischer Seite. Dabei sei ein Schulgebäude in Brand geraten. Verletzte habe es dort nicht gegeben.
Ukraine erwartet russische Offensive
Die Ukraine erwartet diesen Monat eine größere russische Offensive. Sein Land verfüge aber über Reserven, um die Angreifer zurückzuhalten, obwohl nicht alle neuesten Militärgüter des Westens rechtzeitig eintreffen werden, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow. Russland könne den neuen Angriff aus symbolischen Gründen rund um den ersten Jahrestag der Invasion starten. Das russische Militär sei jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereit.
Verteidigungsminister Resnikow sieht den Jahrestag der russischen Invasion als möglichen Anlass für eine neue Offensive.
Die von den USA zugesicherten Raketen mit größerer Reichweite werde das ukrainische Militär nicht einsetzen, um russisches Territorium anzugreifen, versprach Resnikow. Es würden nur russische Ziele in den besetzten Gebieten angegriffen. "Wir schießen nur auf russische Einheiten auf vorübergehend besetztem ukrainischem Territorium."
Training für Flugabwehrsystem beginnt
Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe beginnt die Ausbildung am französisch-italienischen Flugabwehrsystem "SAMP-T Mamba". Soldaten seien dabei, dafür die Ukraine zu verlassen. Das Training soll "im Frühjahr" beendet sein, berichtet die Zeitung "Kyiv Independent".
Bennett: Putin will Selenskyj nicht töten
Kremlchef Wladimir Putin hat dem ehemaligen israelischen Ministerpräsident Naftali Bennett nach dessen Angaben zu Beginn des Ukraine-Kriegs versprochen, den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht zu töten. Bennett erzählte bei einem Gespräch mit einem israelischen Journalisten, Putin habe dieses Versprechen bei einem Vermittlungsgespräch in Moskau im März vergangenen Jahres gemacht.
Der damalige israelische Ministerpräsident Bennett war der erste westliche Spitzenpolitiker, der Putin nach Kriegsbeginn in Moskau besuchte. Anschließend reiste er nach Berlin weiter und beriet sich dort mit Bundeskanzler Olaf Scholz über den Ukraine-Konflikt. Es folgten noch weitere Vermittlungsbemühungen zwischen Russland und der Ukraine, die letztlich aber erfolglos blieben.
Leichen von zwei Briten übergeben
Bei dem jüngsten Gefangenaustausch mit Russland hat die Ukraine gestern auch die Leichen von zwei bei einem Hilfseinsatz getöteten Briten zurückerhalten. "Wir haben es geschafft, die Leichen von toten ausländischen Freiwilligen zurückzuhalten", teilte der Leiter des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, auf Telegram mit. Die beiden dort namentlich genannten Briten im Alter von 28 und 48 Jahren hatten im Osten der Ukraine geholfen, Zivilisten aus Kampfgebiete herauszuholen. Jermak veröffentlichte auch ein Video und Fotos von den freigelassenen 116 ukrainischen Gefangenen.
Bachmut nach britischer Einschätzung eingekreist
Die umkämpfte ukrainische Stadt Bachmut ist nach Einschätzung britischer Militärexperten immer stärker von russischen Truppen eingeschlossen. Das ging aus dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London. Demnach sind inzwischen die beiden wichtigsten Zufahrtsstraßen zu der Stadt im Oblast Donezk direkt von russischem Beschuss bedroht, und eine weitere Straße wird von Wagner-Söldnern kontrolliert. "Obwohl den ukrainischen Truppen mehrere alternative Überland-Routen für den Nachschub zur Verfügung stehen, ist Bachmut zunehmend isoliert", so die Mitteilung.
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.
Erster "Leopard 2"-Panzer aus Kanada unterwegs in die Ukraine
Der erste der vier von Kanada versprochenen "Leopard 2"-Panzern ist auf dem Weg in die Ukraine. Ein Flugzeug der kanadischen Luftwaffe "startete in Halifax mit dem ersten 'Leopard 2'-Kampfpanzer, den wir der Ukraine liefern", erklärte die kanadische Verteidigungsministerin Anita Anand auf Twitter. "Kanada ist solidarisch mit der Ukraine und wir werden die ukrainischen Streitkräfte weiterhin mit der Ausrüstung versorgen, die sie für einen Sieg brauchen", fügte die Ministerin hinzu.
In einem weiteren Beitrag auf Twitter veröffentlichte Anand ein Video, das die Beladung des Flugzeugs mit dem Panzer und den Start der Maschine zeigt. Kanada hatte Ende Januar verkündet, vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges vier "Leopard 2"-Kampfpanzer aus deutscher Produktion an die Ukraine liefern zu wollen.
Selenskyj entzieht Ex-Politikern ukrainische Staatsbürgerschaft
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mehreren ehemaligen pro-russischen Politikern des Landes die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen. "Ich habe die entsprechenden Dokumente unterzeichnet, um unseren Staat vor denjenigen zu schützen, die auf der Seite des Aggressors stehen", sagte Selenskyj in einer Videoansprache. Seit Februar vergangenen Jahres hatte die Ukraine bereits einer Reihe von Personen die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen sowie Hunderte von russischen und belarussischen Staatsbürgern und Unternehmen mit Sanktionen belegt.
Selenskyj räumt "schwierige Lage" an der Front ein
Die Lage an der Front in der Ukraine wird nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj "schwieriger". "In den 346 Tagen dieses Krieges habe ich oft gesagt, dass die Lage an der Front schwierig ist und dass sie immer schwieriger wird", sagte der ukrainische Präsident in seiner täglichen Videoansprache. "Jetzt sind wir wieder an einem solchen Punkt. Einem Punkt, an dem die Besatzer zunehmend ihre Kräfte mobilisieren, um unsere Verteidigung zu durchbrechen", fügte Selenskyj hinzu. Die Lage in "Bachmut, Wuhledar, Lyman und anderen Regionen" sei schwierig.
Laut der Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar konnte die Ukraine einen Angriff auf Bachmut erfolgreich abwehren: "In dieser Woche haben die russischen Besatzungstruppen alle Anstrengungen unternommen, um unsere Verteidigung zu durchbrechen und Bachmut einzukesseln." Aber dank der "Widerstandsfähigkeit unserer Soldaten" sei ihnen dies nicht gelungen, fügte sie hinzu.
Neue Öl-Sanktionen gegen Russland gelten
Ölprodukte aus Russland dürfen von heute an nicht mehr in die Europäische Union importiert werden. Grundlage der Einfuhrbeschränkung ist eine im vergangenen Juni von den 27 Mitgliedstaaten beschlossene Sanktionsverordnung wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Sie trat bereits kurz nach dem Beschluss in Kraft, sah aber für das Ölprodukte-Embargo eine lange Übergangsfrist vor. Der Import von russischem Rohöl in die EU ist bereits seit dem vergangenen Dezember weitgehend verboten. Bei dem Ölprodukte-Embargo gibt es lediglich eine Ausnahmeregelung für Kroatien.
Scholz: Gemeinsames Vorgehen verhindert Eskalation
Bundeskanzler Olaf Scholz ist Befürchtungen entgegengetreten, Deutschland könnte mit der Lieferung von Kampfpanzern in den Krieg Russlands gegen die Ukraine hineingezogen werden. Er sagte der "Bild am Sonntag": "Jede Waffenlieferung haben wir sorgfältig abgewogen, eng mit unseren Verbündeten koordiniert, allen voran mit Amerika. Dieses gemeinsame Vorgehen verhindert eine Eskalation des Krieges." In Telefonaten mache er dem russischen Präsidenten Wladimir Putin "sehr deutlich", dass Russland die alleinige Verantwortung für den Krieg habe. Putin habe dabei weder ihm - Scholz - noch Deutschland gedroht.
Die Bundesregierung hatte der Ukraine "Leopard 2"-Panzer aus Bundeswehrbeständen zugesagt. Auch andere Länder wie die USA hatten angekündigt, Kampfpanzer an Kiew zu liefern. Scholz war wegen des Zögerns in der Kampfpanzer-Frage stark in Kritik geraten. Putin hatte Deutschland vorgeworfen, sich in einen Krieg mit Russland hineinziehen zu lassen. "Es ist unfassbar, aber eine Tatsache: Wir werden erneut mit dem deutschen Panzer 'Leopard' bedroht", sagte er. Wie im Zweiten Weltkrieg werde wieder auf dem Boden der Ukraine mit deutschen Waffen gegen Russland gekämpft. Anders als von Putin dargestellt gab es damals aber keine "Leopard"-Panzer.
Befragt zu Putins Äußerungen sagte Scholz: "Seine Worte stehen in einer Reihe abstruser historischer Vergleiche, die er nutzt, um seinen Angriff auf die Ukraine zu rechtfertigen. Dieser Krieg ist aber durch nichts zu rechtfertigen. Russland führt einen erbarmungslosen Krieg gegen die Ukraine." Auf die Frage, ob es eine Absprache mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gebe, dass die Waffen aus dem Westen nur auf ukrainischem Territorium eingesetzt würden und Russland damit nicht auf seinem Gebiet angegriffen werde, sagte Scholz: "Darüber besteht Konsens."