Matthias Deiß und Dmytro Kuleba
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Krieg gegen die Ukraine ++ Kuleba ruft zu gemeinsamem Handeln auf ++

Stand: 17.12.2023 23:11 Uhr

Der ukrainische Außenminister Kuleba hat im Bericht aus Berlin die europäischen Länder dazu aufgerufen, sich gemeinsam gegen Russland stark zu machen. Die Ukraine meldet einen Toten nach einem Luftangriff. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

17.12.2023 • 23:11 Uhr

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine "historische Woche" gefeiert, die ihn von Westafrika über Südamerika und die USA bis nach Skandinavien und zum Schluss auch nach Deutschland in das US-Hauptquartier für Europa geführt hatte. Zu guter Letzt hatte die EU beschlossen, mit der Ukraine und auch Moldau Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. "Der Verhandlungsprozess wird nicht einfach sein, aber das Wichtigste ist, dass wir uns historisch gesehen für eine Sache entschieden haben: Die Ukraine wird immer ein Teil unseres gemeinsamen europäischen Hauses sein", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache.

Der russische Präsident Wladimir Putin wird nach Einschätzungen von Militärexperten nicht nachlassen, die Ukraine weiter anzugreifen. Das Hochfahren der Kriegswirtschaft im kommenden Jahr könnte Russland dabei einen wichtigen Vorteil bei Waffen und Munition verschaffen. Für die Ukraine bedeute das Handlungsbedarf, erklärt der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba im Bericht aus Berlin. Auch das angegriffene Land müsse seine Produktion hochfahren, gemeinsam mit seinen Partnern. "Wie eine Militärkoalition. Wie Waffenbrüder", so Kuleba.

"Wir müssen entschieden bleiben. Wir müssen zusammenhalten", mahnte der Außenminister an. Es gehe bei dem Krieg um die Sicherheit von ganz Europa. Angesprochen auf die Blockade weiterer EU-Hilfsgelder durch Ungarns Ministerpräsidenten Orban sagte Kuleba: "Die Ukraine kann das alles verkraften." Der ukrainische Präsident Selenskyj sei zudem mit hoffnungsvollen Signalen von seiner USA-Reise zurückgekehrt. Dabei könne die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen der Ukraine in die EU die USA dazu bewegen, weitere Hilfen möglich zu machen, so Kuleba.

Dymtro Kuleba, Außenminister Ukraine, eine starke Ukraine dient der Verteidigung Europas

Bericht aus Berlin

Russland hat seine Luftangriffe auf die Ukraine auch am Wochenende fortgesetzt. Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach zwar von Erfolgen der Flugabwehr, trotzdem gab es vielerorts Verletzte und Schäden - unter anderem in Odessa und in der Hauptstadt Kiew. Immer wieder werden auch Kinder Opfer der Angriffe. Experten gehen davon aus, dass viele von ihnen traumatisiert sind und über Jahre psychologische Betreuung benötigen werden.

Als Folge des Krieges leiden Millionen Kinder in der Ukraine an Traumata

Birgit Virnich, ARD Kiew, tagesschau, 17.12.2023 13:15 Uhr

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in seiner ersten Wahlkampfrede vor der Präsidentenwahl 2024 angekündigt, Russland zu einem "souveränen und unabhängigen" Staat machen zu wollen. "Russland wird entweder ein souveräner und autarker Staat sein, oder es wird überhaupt nicht existieren", sagte Putin auf dem Kongress der Regierungspartei Geeintes Russland.

Putin hatte Anfang Dezember seine Kandidatur für eine fünfte Amtszeit als Präsident angekündigt. Die Wahl findet im kommenden März statt, rund zwei Jahre nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine. Angesichts des anhaltenden Vorgehens der Behörden gegen die Opposition in Russland wird ein sicherer Sieg des Amtsinhabers erwartet. Gemäß der 2020 verabschiedeten Verfassung kann Putin theoretisch bis 2036 im Amt bleiben.

In der Nähe des russischen Orts Terebreno an der Grenze zur Ukraine haben sich russischen Angaben zufolge Truppen beider Seiten Schusswechsel geliefert. Gouverneur Wassili Gladkow nannte auf Telegram keine Einzelheiten, betonte aber, die russischen Behörden hätten die Situation unter Kontrolle.

In einem von kremlkritischen russischen Journalisten eingerichteten Telegram-Nachrichtenkanal, Baza, hieß es, die Kämpfe zwischen russischen Truppen und einer "ukrainischen Ablenkungsgruppe" hätten gegen 11 Uhr in der Nähe von Terebreno begonnen, wo etwa 200 Menschen leben. Die Menschen flüchteten in Schutzräume.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat eine stärkere Militärpräsenz im russisch-finnischen Grenzgebiet angekündigt und diesen Schritt mit dem NATO-Beitritt Finnlands begründet. Moskau werde im Nordwesten des Landes den "Militärdistrikt Leningrad" einrichten und dorthin eine "gewisse Anzahl an Einheiten" verlegen, sagte Putin in einem im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Interview. Dem Westen warf Putin vor, das zuvor bündnisneutrale Finnland in die NATO "hineingezogen" zu haben.

Finnland war dem Militärbündnis im April 2023 beigetreten, nachdem es den Beitritt infolge der im Februar 2022 begonnen russischen Militäroffensive in der Ukraine beantragt hatte. Putin sagte nun, Finnland und Russland hätten zuvor "keine Streitigkeiten" gehabt, sämtliche Gebietsfragen seien "seit Langem geklärt". Der NATO-Beitritt Finnlands werde nun aber "Probleme" schaffen. Finnland und Russland teilen eine 1340 Kilometer lange Landgrenze.

Der russische Präsident Putin bezeichnete Warnungen von US-Präsident Joe Biden vor einem russischen Angriff auf die NATO nach einem Sieg über die Ukraine als "völligen Unsinn". Russland habe kein Interesse an einem Kampf gegen die NATO. Biden versuche nur, seine "fehlerhafte Politik" gegenüber Russland zu rechtfertigen.

Der US-Präsident hatte kürzlich gewarnt, dass Kreml-Chef Putin seine Angriffe bei einem Sieg in der Ukraine nicht beenden würde, sondern dass er ein NATO-Land angreifen könnte.

Russland hat nach Angaben aus Kiew in der Nacht die Ukraine mit einer ballistischen "Iskander"-Rakete, einem Marschflugkörper sowie Drohnen angegriffen. Die Flugabwehr habe den Marschflugkörper sowie 20 Angriffsdrohnen über den Regionen Odessa, Cherson, Saporischschja und Chmelnizkij abgefangen und zerstört, teilte die ukrainische Luftwaffe auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit.

Trümmer einer abgefangenen Drohne seien auf ein Wohngebiet gestürzt und explodiert, teilte Gouverneur der südukrainischen Region Odessa, Oleh Kiper, auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Mehrere Häuser seien beschädigt worden. Eine Person sei tot geborgen worden. Die Flugabwehr habe neun iranische "Schahed"-Drohnen abgeschossen.

Es sei der dritte russische Luftangriff auf die Region in dieser Woche gewesen. Den Angaben zufolge wurden die Geschosse von der von Russland annektierten Halbinsel Krim und dem besetzten Teil der südukrainischen Region Cherson abgefeuert.

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Die für eine dauerhafte Stationierung in Litauen geplante Brigade der Bundeswehr soll im Jahr 2025 mit einem formellen Appell in Dienst gestellt werden. Dazu soll nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa im zweiten Quartal des kommenden Jahres ein Vorkommando in das Gebiet des NATO-Partners verlegt werden. Dieses soll dann weiter wachsen, sodass spätestens zum Jahresende der Aufstellungsstab im Land ist. Deutschland unterstützt damit Litauen bei seinem Sicherheitsbedürfnis nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine.

Am Abend will Verteidigungsminister Boris Pistorius in der litauischen Hauptstadt Vilnius eintreffen, um morgen mit seinem Amtskollegen Arvydas Anusauskas einen Fahrplan für die Stationierung zu unterzeichnen.

Litauen und Deutschland werden sich in dem Papier verpflichten, die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Aufstellung einer einsatzbereiten und kriegstüchtigen Brigade zu schaffen. Nach Militärangaben geht es bei der Litauen-Brigade um die dauerhafte Verlegung von insgesamt etwa 5.000 Männern und Frauen.

Die russische Flugabwehr hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums 35 Drohnen unschädlich gemacht, die aus der Ukraine in Richtung Russland geschickt worden waren. Sie seien abgefangen oder zerstört worden, bevor sie ihre Ziele über den Regionen Lipezk, Rostow und Wolgograd erreicht hätten, teilte das Ministerium auf Telegram mit.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Bundesregierung aufgefordert, in der Diplomatie bezüglich der Ukraine auch in Zukunft eine Führungsrolle zu übernehmen. Kuleba lobte Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Interview der "Bild am Sonntag" dafür, beim EU-Gipfel ein ungarisches Veto gegen die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Kiew verhindert zu haben. Dies werde "als ein Akt deutscher Führung im Interesse Europas in die Geschichte eingehen". 

Er könne nur hoffen, "dass dies auch eine breitere und unumkehrbare Kehrtwende in der deutschen Haltung" bedeute, fügte Kuleba hinzu. Noch im Mai seien seine Appelle an Deutschland, in der Frage der EU-Beitrittsverhandlungen die Führung zu übernehmen, "meist auf taube Ohren" gestoßen. 

Scholz hatte beim EU-Gipfel dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban vorgeschlagen, für eine Kaffeepause den Saal zu verlassen, damit die versammelten Staats- und Regierungschefs ohne ihn über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine abstimmen könnten.

Die Ukraine hat nach eigener Darstellung zahlreiche russische Angriffe zurückgeschlagen. Nach schweren Unwettern sind im Süden Russlands sowie in besetzten Teilen der Ostukraine Hunderttausende Menschen ohne Strom.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 17. Dezember 2023 um 10:40 Uhr in den Nachrichten.