Auf Bitten Japans Olympische Spiele werden verschoben
Das IOC wollte sich mit der Entscheidung noch Zeit lassen, nun hat die japanische Regierung gehandelt. Sie bat um eine Verschiebung der Spiele um ein Jahr - das IOC stimmte dem zu.
Angesichts der Corona-Pandemie haben die japanische Regierung und das Internationale Olympische Komitee (IOC) beschlossen, die Olympischen Spiele in Tokio zu verschieben. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe erklärte, er habe IOC-Präsident Thomas Bach um diesen Schritt gebeten - Bach sei zu "100 Prozent" einverstanden gewesen. Auch das IOC bestätigte die Entscheidung.
Der Schritt sei angesichts der Coronavirus-Pandemie unvermeidlich, sagte Abe dem TV-Sender NHK, weil die ursprünglich für Juli und August angesetzten Wettkämpfe unter den gegebenen Umständen nicht vollständig ausgetragen werden könnten. Die Spiele sollten nun spätestens im Sommer 2021 stattfinden.
IOC wirft Zeitplan um
Das IOC wollte die Entscheidung über das Stattfinden der Spiele ursprünglich jetzt noch nicht fällen. Vielmehr hatte es noch am Sonntag angekündigt, erst innerhalb der kommenden vier Wochen über eine Verschiebung zu entscheiden.
Seitdem erhöhte sich der Druck auf das IOC und Japan als Ausrichterland allerdings nochmals: Unter anderem kündigten Kanada und Australien an, in diesem Sommer keine Athleten nach Tokio zu schicken. Auch der Präsident des Weltleichtathletik-Verbands, Sebastian Coe, forderte eine Verschiebung der Spiele.
Auch in Japan selbst war die Bevölkerung nach einer Umfrage gegen eine Austragung der Spiele in diesem Sommer. Nach einem Bericht der japanischen Zeitung "Sankei" waren rund 70 Prozent der Japaner dafür, die Olympischen Spiele nicht diesen Juli stattfinden zu lassen.
Erst vor wenigen Tagen war das olympische Feuer in Japan eingetroffen.
Erstmalige Verschiebung in Friedenszeiten
Die Olympischen Sommerspiele sind in Friedenszeiten noch nie ausgefallen oder verschoben worden. Zuletzt hatte es während des Zweiten Weltkrieges 1940 und 1944 keine Spiele gegeben. 1940 sollten sie ursprünglich ebenfalls in Tokio stattfinden, wurden später nach Helsinki verlegt, ehe sie wegen des Kriegsausbruchs ganz abgesagt wurden.
Für viele Sportler schafft die Entscheidung Klarheit und dürfte für sie eine Erleichterung wie Enttäuschung zugleich bedeuten. Einerseits haben sie sich seit Jahren mit entsprechenden Trainingsplänen auf das größte Sportereignis der Welt vorbereitet. Andererseits können die meisten Athleten seit Wochen wegen der Corona-Krise nicht mehr angemessen trainieren. Viele Qualifikationswettbewerbe wurden verschoben oder abgesagt. Einzelne Athleten hatten aus Sorge um ihre Gesundheit und einen fairen Wettbewerb in den vergangenen Tagen ihre Teilnahme von sich aus abgesagt.
Die Plaza des Paralympischen und Olympischen Dorfes in Tokio: Was aus dem Dorf nach der Verschiebung wird, ist eine der ungeklärten Fragen.
Die wirtschaftliche Dimension
Die Verschiebung der Spiele hat auch eine immense wirtschaftliche Dimension. Das Organisationskommitee der Spiele hatte die Kosten Ende vergangenen Jahres auf 11,5 Milliarden Euro geschätzt. Diese Kosten dürften sich seitdem noch erhöht haben, unter anderem, weil danach entschieden wurde, den Marathonwettweberb von Tokio nach Sapporo zu verlegen, Nach Angaben des japanischen Rechnungshofs hat die japanische Regierung allein 6,5 Milliarden Euro für die nötigen Vorbereitungen zur Verfügung gestellt.
Was die Verschiebung nun in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutet, wie sie sich auf TV- und Werbeverträge auswirkt, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig unklar. Möglicherweise holen sich die Ausrichter einen Teil der Kosten von den Versicherern zurück: Münchener Rück und Swiss Re sind jeweils mit dreistelligen Millionenbeträgen an einem Konsortium beteiligt, das für einen Ausfall der Spiele finanziell einspringen würde. Bei einer Verschiebung würden aber allenfalls Teilbeträge fällig.
Hinzu kommt, dass viele Wohnungen des olympischen Dorfes bereits unmittelbar nach dem ursprünglich geplanten Ende des Wettbewerbs vermietet sind.