Niederschlagsmengen und Tiefdruckzugbahn

Wetterthema Tief Anett

Stand: 12.09.2024 14:09 Uhr

Intensive Regenfälle werden für die kommenden Tagen im südöstlichen Mitteleuropa erwartet. Wir blicken auf die Wetterentwicklung und die prognostizierten Niederschlagsmengen.

Von Rainer Behrendt

Ausgelöst werden die Regenfälle von Tief „Anett“, welches in der Nacht zum Donnerstag im Nordwesten Italiens entstanden ist. Mit einer nördlichen Strömung bis zum Mittelmeer vorstoßende polare Kaltluft hat seine Entwicklung im Windschatten der Alpen ausgelöst. Das Tief wandert in den nächsten Tagen zunächst ostwärts über den Balkan, um dann einen nordwestlichen Kurs einzuschlagen, wie unsere Abbildung zeigt. Tiefdruckentwicklungen können nach immer wieder kehrenden typischen Zugbahnen eingeteilt werden. Die von Tief „Anett“ fällt in die Kategorie Fünf-b-Zugbahn.

Solche Entwicklungen führen häufig zu ergiebigen, manchmal auch zu extremen Niederschlägen. Dies hat mehrere Gründe. Wegen der großen Temperaturunterschiede der beteiligten Luftmassen – polare Kaltluft auf der einen, warme Mittelmeerluft auf der anderen Seite, können auf dieser Zugbahn sehr kräftige Tiefs entstehen. Viel Feuchtigkeit vom zuletzt stark überwärmten Mittelmeer begünstigen dies in unserem Fall in außerordentlichem Maß. Weiterhin wandern die Tiefs oft nur langsam, wodurch deren Niederschlagsgebiete über längere Zeit immer wieder die gleichen Regionen betreffen. Schließlich liegen im Umfeld der Fünf-b-Zugbahn einige ausgeprägte Gebirgszüge, wie etwa die Alpen, die Sudeten oder die Karpaten. Dort können sich ausgeprägte Staulagen einstellen. Extreme Niederschläge werden typischerweise in diesem Zusammenhang beobachtet, gelegentlich auch bei unwetterartigen Gewittern, welche sich innerhalb der feucht-warmen Luft vom Mittelmeer her entwickeln.       

Von den östlichen Alpen und der Adria bis hinauf ins südwestliche Polen werden bis Sonntagabend verbreitet zwischen 50 und 100 l/m² Niederschlag erwartet, vom Südosten Bayerns über das nördliche Österreich, Tschechien und den Westen der Slowakei bis in den Süden Polen gebietsweise 100 bis 350 l/m². Gleiches gilt für einzelne Regionen südlich der Alpen. Nach der gezeigten Modellprognose sollen die Niederschläge in einem Wert von 362 l/m² im Altvatergebirge in den östlichen Sudeten gipfeln. Vor allem in den höheren Lagen der Alpen fallen die Niederschläge teilweise als Schnee, auf einigen Berggipfeln Österreichs sind bis 1,5 Meter Neuschnee zu erwarten. Wegen der intensiven Regenfälle drohen in den genannten Gebieten starke Überflutungen, Erdrutsche und entsprechendes Hochwasser an Bächen und Flüssen! Die Schneefälle können zu Verkehrsbehinderungen, Schneebruch und einer erhöhten Lawinengefahr führen.