Mehr als 20 Termine an einem Tag Aktionärsschützer kritisieren Hauptversammlungsflut
Mehr als 20 Unternehmen aus der DAX-Familie laden am selben Tag zur Hauptversammlung. Aktionärsschützer bemängeln, dahinter stecke Kalkül. Kritische Aktionäre könnten so von den Veranstaltungen ferngehalten werden.
Deutsche Bank, Energieversorger E.ON oder Immobilienkonzern Vonovia - nur drei von mehr als 20 Konzernen, die ihre Aktionärinnen und Aktionäre am Mittwoch zur alljährlichen Hauptversammlung einladen. Für Aktionärsvereinigungen wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, DSW, heißt es dann: sich aufteilen. Ist die Flut an Hauptversammlungen Zufall oder Kalkül?
Klaus Nieding, Anlegeranwalt der DSW, sagt: "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Das kann aber kein Zufall sein und ist aus meiner Sicht auch ein Stück weit Flucht vor den Aktionären."
Die Kritik: Wenn nur wenige Aktionäre an den Hauptversammlungen teilnehmen können, droht auch weniger Gegenwind. Die börsennotierten Konzerne sehen das natürlich anders. Beim Immobilienkonzern Vonovia etwa stehe der Termin seit rund fünf Jahren schon fest, heißt es auf Nachfrage der ARD Finanzredaktion. Telefonica Deutschland oder der Diagnostikspezialist Stratec verweisen zudem auf ein kurzes Zeitfenster nach dem Jahresabschluss.
Unternehmen wollen Versammlung aktuell halten
Christina E. Bannier, Professorin für Banking und Finance an der Uni Gießen, sagt: "Hier ballen sich die Termine, sodass viele Unternehmen dann automatisch in den Zeitraum April, Mai vielleicht auch noch Juni reinrutschen für ihre Hauptversammlung." Sie könnten das Ganze auch noch etwas nach hinten ziehen, so Bannier. "Aber das möchten die meisten Unternehmen nicht so gerne, weil sie natürlich auch die Hauptversammlung möglichst aktuell halten wollen."
Wo die Unternehmen früher Messehallen buchen mussten, laden viele Konzerne heute ihre Aktionäre zu virtuellen Versammlungen ein. Auch diese Entwicklung kommt bei Anlegerschützern nicht gut an. Es gebe große Unterschiede zwischen den Formaten, sagt Christian W. Röhl, Investor und selbst Stimmrechtsvertreter für Anleger: "Manche machen es immer noch so, dass man Fragen drei Tage im Vorfeld einreichen muss, so wie die Deutsche Bank. Das ist für meine Verhältnisse nach wie vor ein No-Go. Andere Unternehmen zeigen, dass dieses Format durchaus lebendig sein kann, durch Live-Fragen und Live-Nachfragen - fast so wie in einer Präsenz-Hauptversammlung."
Im Online-Format sind echte Konfrontationen oder sogar Protest kaum möglich. Doch ganz egal ob in Präsens oder als Online-Format - Röhl sieht Möglichkeiten, wie sich zumindest die Termine der Hauptversammlungen künftig besser koordinieren ließen: "Foren dafür hätte man ja, wie beispielsweise das deutsche Aktieninstitut, was ja als Lobby der börsennotierten Aktiengesellschaften, genau diesen Dialog moderieren könnte." Nur ein Vorschlag, um die Rechte der Aktionärinnen und Aktionäre in Deutschland zu stärken.