Neue Jobs trotz Stagnation Deutsche Industrie stellt auf Vorrat ein
Der Trend ist so erfreulich wie rätselhaft: Trotz schwächelnder Konjunktur schafft Deutschlands Industrie mehr und mehr neue Jobs. Eine mögliche Erklärung: Aus Angst vor einem Fachkräftemangel saugen sich die Firmen auf Vorrat mit neuen Leuten voll.
Trotz Konjunktur-Schwäche und Ukraine-Krise haben Deutschlands Industriebetriebe von Mai auf Juni gut 12.000 neue Jobs geschaffen - so viele wie seit fast einem Jahr nicht mehr. Insgesamt arbeiteten damit Ende Juni 5,285 Millionen Menschen im verarbeitenden Gewerbe, 56.000 mehr als vor Jahresfrist.
Ökonomen wird der ungebremste Jobanstieg allmählich unheimlich, denn "auch in schwächeren Wachstumsphasen geht der Beschäftigungsaufbau fast unvermindert weiter", wie DIHK-Chefökonom Alexander Schumann feststellt - ein Phänomen, dass bis vor ein paar Jahren als undenkbar gegolten hätte.
Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass Betriebe aus Furcht vor einem Mangel an Fachkräftigen quasi auf Vorrat einstellen. "Die Mittelständler wissen, dass es nicht einfacher wird, gute junge Leute zu bekommen, und holen sie jetzt an Bord", meint Schumann. Er warnt allerdings, dass das "nicht ewig so weitergehen kann".
DIHK senkt Wachstumsprognose
Tatsächlich hat sich die Konjunktur zuletzt merklich eingetrübt. So vermeldete das Statistische Bundesamt am Donnerstag, dass die deutsche Wirtschaftsleistung von April bis Juni um 0,2 Prozent zurückgegangen sei. Zudem lastet speziell die Krise in der Ukraine auf der Exportindustrie. Zwar waren die harten Wirtschaftssanktionen gegen Russland im Juni noch nicht verhängt - allerdings litt das Russland-Geschäft auch da bereits unter den politischen Spannungen.
Trotz der unsicheren Großwetterlage - nicht nur in Osteuropa, sondern auch im Nahen Osten - bleibt Schumann optimistisch, was die zweite Jahreshälfte betrifft. Branchen, die von den Sanktionen betroffen seien, würden zwar "jetzt schon vorsichtiger", so der Ökonom. Aber dadurch werde nicht gleich die gesamte Industrie in Mitleidenschaft gezogen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag geht davon aus, dass die Industriebetriebe 2014 unterm Strich rund 60.000 neue Jobs schaffen. Die Zahl der Erwerbstätigen in der gesamten Wirtschaft dürfte um 300.000 steigen, obwohl der DIHK nur noch mit einem Konjunkturplus von rund 1,5 Prozent rechnet statt der bisher veranschlagten 2,0 Prozent.