E10-Chaos Die EU ist diesmal nicht schuld
Das Chaos an den deutschen Zapfsäulen hat sicherlich einige Väter - die EU gehört diesmal nicht dazu, jedenfalls nicht direkt. Sie schreibt den Umstieg auf E10 nicht vor. Entsprechende Berichte in den deutschen Medien entbehrten jeder Grundlage, so der Umweltsprecher der EU-Kommission Joe Hennon.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Was er in den deutschen Medien gelesen habe über eine zehn Prozentige Beimischungspflicht für Ethanol, das stimme einfach nicht, so Hennon. Zwar gebe es seit 2009 eine EU-Richtlinie über die Qualität von Kraftstoffen; die legt aber lediglich fest, dass in den EU-Staaten ab diesem Jahr Kraftstoffe mit einer Ethanolbeimischung von mehr als fünf Prozent angeboten werden können - aber nicht angeboten werden müssen. Hennon betonte, dass der Anteil von Ethanol im Kraftstoff zur Zeit zwischen null und zehn Prozent liegen könne. Also sei Deutschland in seiner Entscheidung frei.
Was in der Kraftstoff-Richtlinie allerdings eindeutig vorgeschrieben ist, ist die Rücksichtnahme auf die Besitzer älterer Autos, deren Motoren mit E10 nicht klar kommen. "Für ältere Autos müssen die Mitgliedsstaaten garantieren, dass weiter Benzin mit einem Ethanolgehalt von maximal fünf Prozent zur Verfügung steht", sagte Hennon. Und das gilt mindestens bis 2013.
Mehr erneuerbare Energien als Ziel
Es war der deutsche Gesetzgeber, der aus diesen Vorgaben die obligatorische Einführung von E10 machte - Strafgeldandrohungen inklusive. Allerdings stand die Bundesregierung - und hier kommt Brüssel zumindest mittelbar ins Spiel - durchaus unter Handlungsdruck. Denn eine andere EU-Vorgabe schreibt dem Verkehrssektor eine stärkere Nutzung von erneuerbaren Energien vor. Bis 2020, so hat es die Union im Rahmen ihres großen Klimaschutzpakets beschlossen, muss der Anteil von Biokraftstoffen am gesamten Energieverbrauch im Verkehr auf zehn Prozent gesteigert werden. Derzeit liegt dieser Anteil noch nicht einmal bei fünf Prozent. Aber wie dieses Ziel erreicht wird, bleibt aber den Mitgliedsstaaten überlassen.
Marlene Holzner, die Sprecherin von EU-Energiekommissar Günther Oettinger zählt da verschiedene Möglichkeiten auf. Man könne mehr Hybridautos einsetzen oder effizientere Motoren forcieren, die weniger Benzin bräuchten. "Oder man kann mehr mit Bussen fahren oder sich auch entscheiden, gerade bei Treibstoffen für Busse und LKW dort den Prozentsatz für Bioäthanol noch oben zu schreiben."
Aber die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich für den Weg E10 für PKW entschieden - und dabei ganz offensichtlich sogar gegen eine EU-Vorgabe verstoßen. Denn die Richtlinie über die Treibstoffqualität verpflichtet die Mitgliedsstaaten nämlich, dafür zu sorgen, dass die Verbraucher angemessen über die Einsatzmöglichkeiten von E10 informiert werden. Und dass das gelungen ist, kann wohl keiner behaupten.