Korrektur an der Börse Was derzeit für Aktien spricht - und was nicht
In diesem Jahr stand der DAX so hoch wie nie zuvor: Das Rekordhoch liegt bei 18.567 Punkten. Seit Ostern sind die Aktienmärkte allerdings ins Rutschen gekommen. Ist das Ende der Kursrally erreicht?
Auf 18.567 Punkten stand der DAX schon in diesem Jahr. Seit Ostern fallen die Kurse aber von ihren Höchstständen zurück. Die Krise im Nahen Osten belastet auch die Aktienmärkte, die Hoffnung könnte sich als verfrüht erweisen. Blicke man aber auf das große Ganze, falle auf, dass vor allem in den USA viele Unternehmen recht gut mit den Bedingungen zurechtkommen, sagt Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktstrategie der Baader Bank.
Das zeigen laut Halver auch die aktuellen Quartalsberichte: "Amerika hat eine starke Konjunktur. Sie brauchen nicht diese Zinssenkungen. Und die Marktteilnehmer sind offensichtlich dankbar, dass die US-Unternehmensgewinne besser werden und damit auch die Aussichten für den amerikanischen Aktienmarkt. Überhaupt scheint die Weltkonjunktur immer besser Fuß zu fassen, was für die Aktienmärkte sehr positiv ist."
Tech-Werte ziehen den Gesamtmarkt nach oben
Die Weltwirtschaft läuft insgesamt besser. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte das kürzlich bestätigt. Diese Dynamik spiegelt sich an der Börse wider: Sechs Monate lang ging es überwiegend aufwärts, insbesondere in den USA. Die Aktienkurse der so genannten Magnificent Seven - die großen Technologie-Konzerne Tesla, Meta, Amazon, Alphabet, Nvidia, Apple und Microsoft - haben enorm zugelegt und den gesamten Markt mitgezogen. Vor allem das Thema Künstliche Intelligenz hat die Fantasie der Investoren angeregt und die Werte nach oben getrieben.
Doch in der vergangenen Woche kam die Ernüchterung: Tech-Titel verloren an der Börse insgesamt 950 Milliarden US-Dollar an Wert. Das ist so viel, wie die neun größten DAX-Konzerne zusammen auf die Börsenwaage bringen. Das ist nach Einschätzung von Oliver Roth ein Risiko. Roth leitet den Handel für Oddo BHF Corporates & Markets in Frankfurt: "Da gibt es eine große Klumpenbildung. Fakt ist aber auch, dass viele diese Unternehmen sich auf KI projizieren und da ist noch viel, was erreicht werden kann. Hier steigen die Investitionen."
In Deutschland beeinflusst die Industrie die Kurse
Auch am Deutschen Aktienmarkt machen nur wenige Titel Kurse, wie man hier an der Börse sagt. Das bedeutet: Nur wenige Aktien ziehen mit ihren Kursgewinnen den Markt nach oben oder drücken - bei Verlusten - den gesamten Index ins Minus. Hierzulande im DAX sind es nicht so sehr Technologiewerte, sondern klassische Industrie-Unternehmen. Denn diese großen Unternehmen machen die meisten Umsätze auf dem globalen Markt. Und der läuft zunehmend besser.
Für Analyst Roth ist wichtig, dass die Konjunktur auch in Deutschland und Europa an Fahrt aufnimmt, aber er denkt dabei vor allem schon an das kommende Jahr: "Da spielen wir ein neues Spiel nämlich Wachstum sowohl in Europa wie auch mehr Dynamik in den USA. Das zumindest ist die Erwartung und die macht die Musik."
Positive Signale aus der deutschen Wirtschaft
Tatsächlich mehren sich die Signale, dass sich die Wirtschaft hierzulande sukzessive erholt: So zeigte der ifo-Geschäftsklima-Index, dass die deutschen Unternehmen vor allem die Aussichten für die kommenden sechs Monate besser als bisher beurteilen. "Von nun an sollte die deutsche Wirtschaft wieder wachsen, nachdem sich die Unternehmen an die höheren Leitzinsen gewöhnt haben und die Energiekosten wieder gefallen sind", erklärte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.
In der Berichtssaison liefern Unternehmen wie die Deutsche Bank, die Deutsche Börse oder Adidas solide Ergebnisse, wenngleich andere Unternehmen wie Sartorius noch straucheln. Auch die Stimmung der Verbraucher steigt. Viele erhalten höhere Einkommen und sind deshalb bereit, auch wieder mehr Geld auszugeben.
In Europa müssen die Zinsen runter
Erwartungen, Aussichten, Zukunft: Das sind wichtige Kurstreiber. Starker konjunktureller Gegenwind, eine schleppende Wirtschaftsentwicklung würde hingegen gegen Aktien sprechen. In Europa ist außerdem eine wichtige Voraussetzung, so Finanzmarktexperte Roth, dass die Zinsen sinken: "Man könnte sich auch ein anderes Szenario vorstellen. Das würde alles, was bislang eingepreist wäre, über den Haufen werfen. Grundsätzlich glaube ich aber an einen robusten Aktienmarkt."
Die Erfahrung zeigt: Auf lange Sicht sind Kursverluste von zehn Prozent alle sechs Monate normal. So viel hat der deutsche Aktienmarkt von seinem Rekordhoch noch nicht eingebüßt. Seit Jahresbeginn ist er immer noch gut acht Prozent im Plus.
Fazit: Noch prägen Inflation, eine schwache wirtschaftliche Lage und hohe Zinsen das Geschehen. Doch der Blick in die Zukunft ist positiver. Kommt die Wirtschaft mehr und mehr in Fahrt, haben auch Aktien womöglich wieder Konjunktur.