Bill Gates

Bill Gates wird 65 Milliardär, Philanthrop, Hassfigur

Stand: 28.10.2020 06:35 Uhr

Bill Gates schuf mit Microsoft den mächtigsten Softwarekonzern der Welt. Dann machte er die Bill & Melinda Gates Foundation zur größten privaten Stiftung. Für die einen ist der Milliardär eine Hassfigur, für andere ein großer Wohltäter. Heute wird er 65.

Von Thomas Spinnler, boerse.ARD.de

Der Jubilar wird oft als Philanthrop, als Menschenfreund bezeichnet – also als jemand, der freiwillig Gutes für seine Mitmenschen tut, und dafür keine Gegenleistung erwartet. Ob das auf Gates zutrifft? Sicher ist jedenfalls, dass man mit Menschenfreundlichkeit und der Orientierung am Wohl der Anderen in der Regel kein globales Technologie-Imperium erschaffen wird.

Ebenso schwer wird es fallen, dabei noch ein Privatvermögen anzuhäufen, das nach Berechnungen des Magazins "Forbes" mittlerweile eine Höhe 116 Milliarden Dollar erreicht hat. Aber genau das ist dem aktuell zweitreichsten Menschen der Erde gelungen.

Ein junger Mann mit Weitblick

Zu Beginn seiner Karriere sah es nicht danach aus: Dabei war Bill Gates schon als Jugendlicher an der damals nicht besonders avancierten Computertechnologie interessiert. Er hatte bereits zu Anfang der 70er Jahre ihre Bedeutung für die Zukunft der Gesellschaft erfasst und setzte sich zum Ziel, dass Computer einmal von jedermann genutzt werden. Diese Idee verfolgte er hartnäckig.

1975 brach Gates sein Harvard-Studium ab, um mit seinem Freund Paul Allen das Unternehmen Microsoft aufzubauen. Schon damals zeigte sich seine Fähigkeit, Chancen zu erkennen und zu nutzen. 1980 erhielt er den Auftrag, das Betriebssystem für den ersten PC von IBM zu liefern. Für 50.000 Dollar erwarb er ein Betriebssystem, das Microsoft umgestaltete.

Der clevere Geschäftsmann behielt sich das Recht vor, das System auch an andere PC-Hersteller verkaufen zu können. Der Grundstein für den Erfolg von Microsoft, den Erfolg von Gates und letztlich auch für den Erfolg der Software-Industrie war gelegt.

Microsoft-Programme für Jedermann

Mit dem Büroprogrammpaket Office und dem Betriebssystem Windows trieb der Microsoft-Boss das Personal Computing schließlich weiter voran. Das Unternehmen stieg zu einem auf seinem Gebiet praktisch konkurrenzlosen Software-Imperium auf, Gates hatte sein Ziel eines Rechners für alle erreicht.

Ein gewiss nicht unerwünschter Nebeneffekt: Praktisch jedermann benutzte auch Microsoft-Programme. Addiert man die Marktanteile der Windows-Betriebssysteme für den PC zusammen, kommt man aktuell immer noch auf fast 90 Prozent. 

Gates gilt als rücksichtsloser Geschäftsmann. Um die starke Stellung von Microsoft zu zementieren, hat das Geburtstagskind die Konkurrenz auch unsanft aus dem Weg geräumt. Der Bestand des Unternehmens stand in den 90er Jahren im sogenannten "Browser-Krieg" auf dem Spiel, als Microsoft in einem Antitrust-Verfahren kurz vor der Zerschlagung stand.  

Vernetzt in Washington

Microsoft lieferte den Internet Explorer seinerzeit mit dem Windows-Betriebssystem und schaltete damit den zuvor erfolgreicheren Konkurrenten Netscape praktisch aus. Die damalige US-Justizministerin Janet Reno klagte: "Microsoft nutzt sein Monopol auf ungesetzliche Weise, um seine Alleinherrschaft zu verteidigen und zu erweitern."

Im Juni 2000 ordnete ein Richter an, dass Microsoft in zwei getrennte Unternehmen zerschlagen werden solle. Ein Berufungsgericht hob das Urteil im Juni 2001 auf, hielt aber den Vorwurf aufrecht, Microsoft habe sein Monopol illegal ausgenutzt. Im September 2001 kündigte die neue US-Regierung unter George W. Bush an, nicht mehr auf Zerschlagung des Konzerns zu dringen. Microsoft kam mit Auflagen davon und blieb bis heute eine Geldruckmaschine.    

Jüngst äußerte sich Gates zu diesem Thema im US-Sender CNBC: "Ich denke, mein größter Fehler war es, dass ich mir nicht darüber im Klaren war, wie wichtig es ist, in Washington vernetzt zu sein."

"Augenöffnend und herzzerreißend"

Gates ist längst aus der Unternehmensleitung ausgeschieden: Im Jahr 2000 trat er als Vorstandschef zurück, acht Jahre später kehrte er dem Tagesgeschäft endgültig den Rücken. Mit der gleichen Energie, die Microsoft groß gemacht hat, widmet er sich wohltätigen Zwecken und seiner Bill & Melinda Gates Stiftung, die 1999 gegründet wurde. Auf einer Reise durch Ostafrika sei dem Ehepaar zum ersten Mal extreme Armut begegnet, wie sich Melinda Gates erinnert: "Es war sowohl augenöffnend als auch herzzerreißend." 2018 verfügte die Stiftung über ein Vermögen von fast 47 Milliarden Dollar.

Die Stiftung ist in zwei separate Einheiten geteilt. Das Stiftungsvermögen verwaltet der Bill & Melinda Gates Foundation Trust. Zu den Unternehmen, in die der Trust investiert, gehören beispielsweise Walmart, Coca-Cola, Apple, Amazon, Caterpillar UPS oder Fedex. Den mit Abstand größten Anteil mit mehr als sieben Milliarden Dollar (Stand Juni 2020) macht die Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway des Milliardärs- und Philanthropen-Kollegen Warren Buffett aus.   

Gut vernetzt in der Politik

Aus diesen Geldern schöpft der andere Teil der Stiftung, um die wohltätigen Zwecke zu unterstützen, die Gates verfolgt. Im Bereich Gesundheit fördert sie die Erforschung und Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen. Auch der Kampf gegen den Hunger in der Welt und Bildungspolitik steht auf der Agenda.

Die Liste der von ihm projektweise unterstützten Organisationen und Unternehmen ist lang. Man findet darauf große Pharmakonzerne wie Pfizer oder Bayer genauso wie kleinere deutsche Biotechunternehmen wie CureVac, Biontech oder die WHO und Unicef.

Den Fehler, nicht genügend in der Politik vernetzt zu sein, begeht Gates heute nicht mehr. Denn ohne enge Kontakte in Politik und Wirtschaft ist gemeinnützige Arbeit im gewohnt großen Gates-Stil undenkbar. Gates trifft die wirtschaftlich und politisch Mächtigen der Welt, zu denen er selbst zählt.

Globales Feindbild Gates

Besonders aufgrund seines Engagements im Bereich von Impfstoffen ist er in Pandemiezeiten zur Zielscheibe von Kritik geworden. Für Verschwörungstheoretiker brachte er es bis zu einer Art globalem Feindbild: Er wolle die Menschheit per Mikrochip steuern und stecke hinter dem Coronavirus, lauten abstruse Thesen.  

Aber sein Engagement wird auch kritisch betrachtet. Unter anderem sehen manche die Neutralität der Weltgesundheitsorganisation WHO gefährdet, da die Bill und Melinda Gates Stiftung der zweitgrößte Beitragszahler ist. An vierter Stelle steht die "Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung" (GAVI). Bei dieser öffentlich-privaten Partnerschaft gehört die Bill & Melinda Gates Stiftung ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern und Finanzierern. Kritiker monieren eine unerwünschte Nähe zur Pharmaindustrie, die letztlich zu den Profiteuren von Gates Gaben zähle. Als Investor profitiere wiederum Gates von den Profiteuren.

Andere erkennen ein Demokratiedefizit, weil superreiche Philanthropen dank ihrer Macht und ihres auch politischen Einflusses mindestens mitentscheiden würden, wo die Schwerpunkte ihrer zweckgebundenen Hilfen gesetzt werden, während beispielsweise strukturelle Verbesserungen von Gesundheitssystemen vernachlässigt würden.

Das Geld verschenken

Das Thema Philanthropie wirft Fragen auf, mit denen sich auch der bedeutendste Philosoph der Aufklärung, Immanuel Kant, in seiner "Metaphysik der Sitten" befasst hat: "Das Vermögen wohlzutun, was von Glücksgütern abhängt, ist größtenteils ein Erfolg aus der Begünstigung verschiedener Menschen durch die Ungerechtigkeit der Regierung, welche eine Ungleichheit des Wohlstandes, die anderer Wohltätigkeit notwendig macht, einführt", behauptet Kant.

"Verdient unter solchen Umständen der Beistand, den der Reiche den Notleidenden erweisen mag, wohl überhaupt den Namen der Wohltätigkeit, mit welcher man sich so gern als Verdienst brüstet?" Darüber könnte es sich vielleicht lohnen nachzudenken - selbst, wenn man mit einem pragmatischen Standpunkt zufrieden ist und meint: "Hauptsache es wird geholfen."

Weitere Kursinformationen zu Microsoft

Geschmälert hat das philanthropische Engagement das Vermögen von Bill Gates jedenfalls kaum, weil die Microsoft-Aktie seit Jahren zuverlässig an Wert gewinnt. "Dass ich überhaupt auf einer Reichenliste stehe, heißt, dass ich mein Geld nicht schnell genug verschenke", hatte der zweitreichste Mensch der Welt 2018 in einem Interview mit "Spiegel-Online" gesagt. Trotz seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten ist Bill Gates heute davon genauso weit entfernt wie vor zwei oder 20 Jahren.

Mit Material von dpa und Reuters

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 28. Oktober 2020 um 05:43 Uhr.