Schufa-Pläne Widerstand gegen "Bonushopper"-Datenbank
Können Energieversorger demnächst mit Hilfe der Schufa ermitteln, welche Kunden häufig ihren Anbieter wechseln - und solche "Bonushopper" dann gezielt ablehnen? Fünf Bundesländer sind gegen solche Pläne.
Von Lea Busch und Peter Hornung, NDR
Der Landesdatenschutzbeauftragte von Mecklenburg-Vorpommern, Heinz Müller, hat eine klare Meinung zu Datenbanken, wie sie Schufa und die Münchner Wirtschaftsauskunftei Crif Bürgel planen: "Solche Sammeldateien sind vom Datenschutzrecht nicht gedeckt".
Anbieterwechsel künftig erschwert?
Wie der NDR und die "Süddeutsche Zeitung" vor zwei Wochen berichtet hatten, planen die Schufa und ihr bayerischer Mitbewerber, für Energieversorger Datenbanken einzurichten, in die branchenweit Strom- und Gaskunden und -kundinnen gespeichert werden sollen.
Damit könnten die Unternehmen systematisch Kunden ablehnen, die häufig wechseln und deshalb für die Firmen wirtschaftlich unattraktiv sind. "Doch nicht alles, was man gerne machen möchte, ist auch erlaubt", so Müller mit Blick auf die Datenbanken.
Datenschützer auf Seiten der Verbraucher
Ähnlich ablehnend hatte sich zuvor die Kieler Landesdatenschutzbeauftragte Marit Hansen geäußert. Sie könne nach eigener Aussage "nicht nachvollziehen", warum solche Daten gespeichert werden sollten. Es sei das gute Recht von Verbraucher und Verbraucherinnen, ihre Anbieter regelmäßig zu wechseln.
"Die bloße Ausübung von Marktrechten scheint mir nicht zu reichen, um so einen Datentopf aufzumachen", sagte der Datenschutzbeauftragte von Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann, im SWR. Auch die Vertreter Hamburgs und Baden-Württembergs stehen den Datenbanken kritisch gegenüber.
Fünf Bundesländer gegen Hessen
Damit haben die Behörden von fünf Bundesländern klar gegen ihre hessischen Kollegen Position bezogen. Der hessische Landesdatenschutzbeauftragte hatte der Schufa-Datenbank grünes Licht gegeben.
Sie sei rechtlich zulässig, weil Firmen durch den verschärften Wettbewerb massiv unter Druck seien, hatte Behördenvertreter Michael Kaiser vor zwei Wochen im Interview mit dem NDR-Politikmagazin Panorama 3 erklärt. Das Interesse des Verbrauchers, einen Vertrag mit attraktivem Bonus zu bekommen, "würde ich als nicht so hoch einschätzen wie das Interesse eines Energieversorgers, seine Insolvenz zu vermeiden."
Datenschutzbehörden ringen um Einigkeit
Die Behörden von zehn Bundesländern wollten auch auf Nachfrage zunächst keine Position beziehen. Anfang November werde in einem Arbeitskreis der bundesweiten Datenschutzkonferenz über dieses Thema gesprochen, so die niedersächsische Datenschutzbehörde. Man wolle diesen Beratungen nicht vorgreifen.
Den Recherchen zufolge steht dahinter die Befürchtung, dass die Landesdatenschützer als zerstritten wahrgenommen werden. Dennoch sind mindestens drei weitere Datenschutzbehörden auf Konfrontationskurs mit Hessen und lehnen die geplanten Datenbanken ab. Der Ausgang der Abstimmung ist offen. Es gibt keine Mehrheitsentscheidung - die Datenschützer müssen sich bei ihren Beratungen einig werden.
Datenbank ohnehin noch nicht marktfähig?
Die Schufa hatte zu ihrer "E-Pool" genannten Datenbank erklärt, sie sei bislang nicht "marktfähig". Man verfolge die Idee aber grundsätzlich weiter. Die Datenbank wurde den Recherchen zufolge bis Mitte August 2020 im Internet sowie in einer aktuellen Unternehmensbroschüre beworben. Die Internetseite war erst entfernt worden, nachdem NDR und "SZ" zu den Hintergründen dieser Datenbank angefragt hatten.
Bei der Vorstellung in einer Firmenbroschüre habe es sich um ein "redaktionelles Versehen" gehandelt. Das Münchner Unternehmen Crif Bürgel wollte sich auf Nachfrage nicht zu Details äußern. Ein Sprecher erklärte lediglich, dass man "generell keine Auskunft über mögliche zukünftige Projekte" gebe.