Verkehrsinfrastruktur Brückensanierung wird teurer als gedacht
Die Sanierung maroder Brücken im deutschen Straßennetz dürfte viel teurer werden als bisher gedacht. Die zuständige Autobahn GmbH hat einen milliardenschweren Mehrbedarf angemeldet.
Welche Folgen der Ausfall einer Autobahnbrücke haben kann, bekommen die Anwohner von Lüdenscheid täglich zu spüren. Seit die Rahmedetalbrücke im Dezember 2021 plötzlich aus Sicherheitsgründen gesperrt werden musste, rollt der Verkehr der Sauerlandlinie unablässig durch das Stadtgebiet im Märkischen Kreis.
Der Neubau der mittlerweile gesprengten Brücke soll Ende 2027 abgeschlossen sein. Im Mai 2026 soll ein erstes Teilstück eröffnet werden, das den Verkehr der A45 wieder über vier verengte Fahrspuren ermöglicht.
10.000 Brücken sanierungsbedürftig
Auch der volkswirtschaftliche Schaden der Vollsperrung ist enorm. Im März 2022 reagierten die Verantwortlichen mit einem "Brückengipfel" von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), Infrastrukturexperten und der Bauwirtschaft, um solche Totalausfälle und Dauerstaus künftig zu vermeiden.
Das folgende Maßnahmenpaket des Verkehrsministers sah eine deutliche Beschleunigung der Brückensanierung vor. Der "Sanierungsstau" betreffe 4.000 Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen, so Wissing. Die Mittel dafür sollten von 4,5 Milliarden Euro auf 5,7 Milliarden Euro im Jahr 2026 erhöht werden.
Insgesamt gibt es nach Angaben des Ministeriums rund 40.000 Autobahn- und Bundesstraßen-Brücken mit 52.000 Teilstücken. Davon müssten mehr als 10.000 modernisiert werden.
Ziel "gänzlich unrealistisch"
Doch der ehrgeizige Plan, das Tempo auf 400 Brückensanierungen pro Jahr zu verdoppeln und den Sanierungsstau bis 2032 bewältigt zu haben, droht zu scheitern. Im Januar bezeichnete der Bundesrechnungshof dieses Ziel als "gänzlich unrealistisch".
Das liege an fehlendem Personal und Fehlplanungen bei der zuständigen Autobahn GmbH, die beispielsweise auch weniger dringliche Projekte priorisiere. Im vergangenen Jahr habe die bundeseigene Gesellschaft nur 238 Projekte abgeschlossen, wohingegen jährlich 438 Brückensanierungen notwendig seien, so die Kontrolleure.
Mehrbedarf von rund 5,5 Milliarden Euro
Wie jetzt bekannt wurde, erwartet die Autobahn GmbH selbst für die Sanierung maroder Brücken und die Modernisierung des Autobahnnetzes erheblich höhere Kosten als bisher gedacht. Auf Anfrage der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" teilte das Unternehmen mit, es habe einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von insgesamt rund 5,5 Milliarden Euro für die Jahre 2025 bis 2028.
Diese müssten zu den bisher schon eingeplanten Mitteln von jährlich 8,6 Milliarden Euro aufgebracht werden, um Bau und Planung zu gewährleisten und dringend benötigtes Personal einzustellen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass einige Projekte nicht wie geplant umgesetzt werden, so die "FAZ".
Das Brückenmodernisierungsprogramm sei ein wesentlicher Kostentreiber, ergänzte der Sprecher der Autobahn GmbH. Eine schnellere Planung für die Erneuerung der Brücken habe für die Gesellschaft Vorrang.
Bund kommt bei Infrastukturaufgaben nicht hinterher
Die Nachricht ist ein weiterer Rückschlag für die Bemühungen des Bundes, dem Investitionsstau in der deutschen Verkehrsinfrastruktur Herr zu werden. Für die ursprünglich geplante Generalsanierung der deutschen Bahnstrecken musste das ursprüngliche Ziel von 40 Milliarden Euro zusätzlich bis 2027 wegen der Haushaltsprobleme deutlich gekürzt werden. Das Schienennetz hat sich unterdessen nach Einschätzung der Bahn weiter verschlechtert.
Angesichts des massiven Investitionsbedarfs hat Bundesverkehrsminister Wissing jüngst einen neuen Infrastrukturfonds vorgeschlagen, aus dem der Erhalt von Schienen, Straßen und Wasserwegen auch mit privaten Kapitalgebern finanziert werden soll. Der Vorstoß steht aber noch am Anfang der Diskussion.