Merkel wirbt für Rettungspaket "Europa scheitert, wenn der Euro scheitert"

Stand: 27.02.2012 16:57 Uhr

Kanzlerin Merkel hat in ihrer Regierungserklärung im Bundestag angekündigt, dass Deutschland noch in diesem Jahr elf Milliarden Euro in den ESM einzahlt. Eindringlich warb sie um Zustimmung für das Griechenland-Rettungspaket. Doch auch aus dem Regierungslager sind wieder Nein-Stimmen zu erwarten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Bundestag eindringlich für den Stabilitätskurs der Bundesregierung geworben. "Europa scheitert, wenn der Euro scheitert. Europa gewinnt, wenn der Euro gewinnt", sagte Merkel in einer Regierungserklärung vor der Abstimmung über das zweite Rettungspaket für Griechenland.

Zugleich forderte sie Griechenland erneut zu umfassenden Strukturreformen auf. Griechenland müsse die in Athen gefassten Beschlüsse umsetzen, damit den Griechen eine Perspektive für eine wirklich bessere Zukunft eröffnet werde. Merkel verwies auf die wirtschaftliche Erholung in Irland und Portugal, die bereits Reformen umgesetzt hätten. Die von den Euro-Staaten in den letzten Monaten vereinbarten Maßnahmen würden dafür sorgen, dass die Euro-Länder künftig nicht mehr ungestraft gegen den Stabilitätpakt verstoßen könnten: "Damit muss nun endgültig Schluss sein."

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"Abenteuer darf ich nicht eingehen, das verbietet mein Amtseid."

Die Schuldenkrise sei gleichwohl mit der Abstimmung des Rettungspakets noch nicht ausgestanden: "Der Prozess wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen." Die Krise sei "die schwerste Bewährungsprobe in der europäischen Geschichte". Den zwischen den Euro-Staaten vereinbarten Fiskalpakt bezeichnete Merkel als einen wichtigen Schritt hin zur fehlenden politischen Einheit Europas.

Schneller Geld für den ESM

Merkel kündigte außerdem an, dass Deutschland in den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM bereits im laufenden Jahr elf Milliarden Euro einbringen will. Das ist die Hälfte des vereinbarten deutschen Anteils. Bisher war geplant, dass Deutschland diese 22 Milliarden Euro in fünf Tranchen einbringt.

Steinbrück sieht drittes Griechenland-Paket

Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) äußerte sich skeptisch über die Erfolgsaussichten des Griechenland-Pakets. Eine Stabilisierung Griechenlands könne nur gelingen, wenn das Land ein sehr starkes Wachstum erziele. Dies sei angesichts des "Abwärtssogs" aus Arbeitslosigkeit, sinkender Steuereinnahmen und einbrechender Konjunktur unwahrscheinlich. "Der Bundestag wird sich in absehbarer Zeit mit einem dritten Griechenland-Paket befassen werden", sagte Steinbrück.

Für die Linkspartei kritisierte Fraktionschef Gregor Gysi die Reformvorgaben für Griechenland und verglich sie mit den Reparationsforderungen an Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg. "Sie machen bei Griechenland Versailles, die brauchen aber Marshall", sagte Gysi. Die "verheerende Kürzungspolitik" bei Mindestlöhnen und Einkommen werde Griechenland in die Katastrophe führen.

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"Die Strategie des Zeitkaufens der Bundesregierung mit der bloßen Refinanzierung des Landes und Spardiktat ist gescheitert."

Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach sich für die stärkere Nutzung von EU-Strukturfonds für Griechenland aus: "Das ist eine Form von Marshall-Plan, die wir für richtig halten würden", sagte er. Kauder appellierte vor allem an die Abgeordneten der Regierung, geschlossen für das Paket zu stimmen.

SPD und Grüne hatten ihre Zustimmung zum Hilfspaket signalisiert. Damit scheint die Verabschiedung sicher. Unklar ist aber, ob es zu einer eigenen Mehrheit der Regierungskoalition reicht.

Friedrich will zustimmen

Der für seine Griechenland-Äußerungen in die Kritik geratene Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich kündigte an, er werde dem Paket zustimmen. Er habe an die Griechen lediglich die Botschaft senden wollen, diese müssten ihre Verpflichtungen zur Sanierung ihrer Staatsfinanzen einhalten. Mehrere Abgeordnete der Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP haben jedoch angekündigt, gegen das neue Hilfspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro stimmen zu wollen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle rechnet mit bis zu fünf Gegenstimmen aus seiner Partei.

Das geplante Bundestags-Votum zum Euro-Rettungsschirm
Mehrere Koalitionspolitiker fordern, Schwarz-Gelb müsse bei der Abstimmung über die Griechenland-Hilfe die Kanzlermehrheit erreichen, Kanzlerin Merkel spricht dagegen von einer eigenen Mehrheit: Im letzten Fall müssten die Regierungsfraktionen ohne Oppositionshilfe die Mehrheit der anwesenden Abgeordneten erreichen. Für die Kanzlermehrheit wäre mehr als die Hälfte aller möglichen 620 Bundestagsstimmen erforderlich, also 311 - unabhängig davon, wie viele Abgeordnete tatsächlich anwesend sind. Abgeordnete der schwarz-gelben Koalition können die Kanzlerin übrigens nicht anonym in eine Koalitionskrise stürzen - der Bundestag wird über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms namentlich abstimmen.