Sinkende Verbraucherpreise China kämpft gegen die Deflation
Die Preise in China sind so stark zurückgegangen wie zuletzt während der Finanzkrise vor 15 Jahren. Ein dauerhaft sinkendes Preisniveau kann Experten zufolge großen ökonomischen Schaden anrichten - was die gesamte Weltwirtschaft betrifft.
Die Verbraucherpreise in China sind im Januar verglichen mit dem Vorjahresmonat deutlich gesunken. Die Statistiker errechneten einen Rückgang von 0,8 Prozent, wie die chinesische Statistikbehörde in Peking mitteilte.
Experten hatten mit einem geringeren Minus gerechnet. Einen ähnlich starken Rückgang hatte es zuletzt vor rund 15 Jahren zur Zeit der damaligen weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise gegeben.
Arbeitsfreie Tage schieben Konsum an
Damit bleibt der Deflationsdruck in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt weiter hoch. Das Statistikbüro begründete den Unterschied im Jahresvergleich mit dem Frühlingsfest, das 2023 auf den 22. Januar gefallen war und in diesem Jahr erst am kommenden Samstag stattfindet.
Das Fest, das sich nach dem Mondkalender richtet und auch als chinesisches Neujahr bekannt ist, ist zusammen mit seinen arbeitsfreien Tagen ein wichtiger Konsumtreiber in dem Land. Millionen Menschen reisen in dieser Zeit oder kaufen für die Feierlichkeiten ein.
Sinkende Preise können Entlassungen bedeuten
Im Vergleich zum Dezember 2023 stiegen die Verbraucherpreise um 0,3 Prozent und damit den zweiten Monat in Folge. Die Deflationstendenzen lasten auf der chinesischen Wirtschaft. Die meisten Ökonomen halten eine Deflation - das Gegenteil von Inflation, also ein dauerhaft sinkendes Preisniveau - für volkswirtschaftlich gefährlicher als leicht steigende Preise.
Zwar profitieren die Verbraucher auf den ersten Blick, weil sie weniger für Waren und Dienstleistungen bezahlen müssen. Eine Deflation drückt aber in der Regel auch auf die Gewinne der Unternehmen und birgt damit die Gefahr einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale mit Lohnkürzungen und Entlassungen.
Investoren ziehen Kapital ab
Chinas Wirtschaft kämpft seit Monaten mit den Folgen der Corona-Pandemie. Der Konsum in dem Land mit rund 1,4 Milliarden Menschen ist jedoch schwach. Auch ausländische Investoren haben weniger Vertrauen in die Wirtschaft und ziehen ihr Geld ab, was zuletzt an fallenden Kursen an den Börsen in China zu beobachten war.
Am Mittwoch tauschte Peking ohne Begründung den Chef der Wertpapieraufsichtsbehörde aus. Zudem bremst eine schwere Immobilienkrise die chinesische Wirtschaft. Die Regierung steuerte zuletzt gegen, etwa indem Vorschriften für Banken hinsichtlich Bargeldreserven gelockert wurden, was die Kreditvergabe erleichtern soll.
Die sinkenden Preise in China stehen in starkem Gegensatz zum Rest der Welt, wo spätestens seit Russlands Angriff auf die Ukraine und den Folgen für den globalen Energiemarkt die Inflation ein großes Problem darstellt.
Aufträge bei Siemens-Sparte brechen ein
Eine Deflationsspirale in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hätte auch global große Auswirkungen - allem voran für die stark exportabhängigen deutschen Unternehmen. Der Industriekonzern Siemens etwa rechnet damit, dass Chinas Konjunkturflaute das Geschäft noch länger belastet.
Das vergleichsweise schwache Wachstum im Land ist ein wesentlicher Grund dafür, dass die Aufträge in der wichtigen Siemens-Automatisierungssparte Digital Industries im ersten Quartal um ein Drittel einbrachen, das Ergebnis sank um 20 Prozent. Allein aus China kamen 40 Prozent weniger Aufträge. Auch in der Gebäude- und Infrastruktur-Sparte Smart Infrastructure sei das Geschäft in China "aufgrund der verhaltenen Nachfrage weiterhin gedämpft", sagte Finanzvorstand Ralf Thomas.