Corona-Krise in Europa EU vor Rezession von "historischem Ausmaß"
Die Corona-Pandemie zwingt die europäische Wirtschaft zur Vollbremsung. Die EU-Kommission rechnet mit einem beispiellosen Einbruch von 7,7 Prozent in der Eurozone. Der Schock treffe alle Länder - aber nicht im gleichen Ausmaß.
Die EU-Kommission erwartet wegen der Corona-Krise eine Rezession historischen Ausmaßes. Laut der EU-Frühjahrsprognose könnte die Wirtschaft im Euroraum dieses Jahr um 7,7 Prozent schrumpfen und sich auch im nächsten Jahr nicht vollständig erholen. "Europa erlebt einen ökonomischen Schock, wie es ihn seit der großen Depression nicht mehr gegeben hat", sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.
"Alle EU-Länder sind betroffen und es wird erwartet, dass alle Länder in diesem Jahr eine Rezession erleben werden", sagte Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis. Im nächsten Jahr dürfte es dann nach den Schätzungen der Kommission wieder um 6,3 Prozent bergauf gehen. Derzeit könnte man das Ausmaß des Abschwungs durch die Folgen des Coronavirus aber nur vorläufig abschätzen. Für die 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union insgesamt sagt die Prognose für 2020 ein Minus von 7,5 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) voraus und für 2021 ein Wachstum von etwa 6 Prozent.
Kommission sieht Einheit des Binnenmarkts bedroht
Der Schock der Pandemie trifft der Prognose zufolge zwar alle EU-Staaten, doch die Tiefe der Rezession dürfte ungleich ausfallen. Das erwartete Minus bei der Wirtschaftsleistung reicht von 4,25 Prozent in Polen bis zu 9,75 Prozent in Griechenland. Die Erholung 2021 werde ebenfalls verschieden ausfallen und die Verluste unterm Strich nicht wettmachen, erklärte Gentiloni.
Wichtige Faktoren seien das Tempo bei der Aufhebung der Corona-Auflagen, die Abhängigkeit der Volkswirtschaften vom Tourismus und die finanziellen Spielräume im Haushalt. "Eine solche Divergenz stellt eine Bedrohung für den Binnenmarkt und die Eurozone dar", sagte Gentiloni. Dennoch könne sie durch entschlossenes, gemeinsames europäisches Handeln abgemildert werden.
Die Corona-Krise - eine Bedrohung für die Eurozone?
Deutlicher Anstieg der Arbeitslosenquote
Im gesamten Euroraum wird der Prognose zufolge die Arbeitslosigkeit spürbar zulegen - auf 9,6 Prozent im Jahresschnitt 2020, nach 7,5 Prozent 2019. Im nächsten Jahr dürfte die Quote dann wieder auf 8,6 Prozent fallen. Für die gesamte EU wird ein Anstieg auf 9 Prozent von 6,7 Prozent im vergangenen Jahr vorhergesagt. 2021 soll die Rate bei acht Prozent liegen. Vor allem junge Leute dürften es nach Einschätzung der Kommission viel schwerer haben, einen ersten Job zu finden.
Die Inflationsrate werde 2020 auf 0,2 Prozent fallen und im nächsten Jahr im Schnitt bei 1,1 Prozent liegen. Aber auch dies wäre weiter unter der Marke von knapp zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank (EZB) als ideal für die Konjunktur ansieht.
Krise treibt Schuldenstände auf neue Höhen
Weil die Mitgliedsstaaten zur Krisenbewältigung Milliarden ausgeben, werden die Defizite nach Erwartung der EU-Kommission stark steigen. Der aggregierte Wert für das Staatsdefizit aller Mitgliedsstaaten, das 2019 nur noch bei 0,6 Prozent des BIP lag, wird demnach 2020 auf 8,5 Prozent in die Höhe schnellen.
Für 2021 wird dann ein Wert von 3,5 Prozent erwartet. Der Schuldenstand der Staaten der Eurozone insgesamt wird damit laut Prognose von 86 Prozent 2019 auf 102,75 Prozent des BIP steigen.
Wie lautet die Prognose für Deutschland?
Für Deutschland erwartet die Kommission einen Absturz des BIP von 6,5 Prozent in diesem Jahr und eine Erholung von 5,9 Prozent für 2021. In Frankreich dürfte es demnach zunächst um 8,2 Prozent nach unten gehen und dann um 7,4 Prozent wieder nach oben. Italien, das besonders stark von der Pandemie betroffen ist, sagt die Brüsseler Behörder sogar ein Konjunkturloch von 9,5 Prozent voraus. Im nächsten Jahr werde es dann 6,5 Prozent Wachstum geben. Auch in Spanien sind die Aussichten mit einem Minus von 9,4 Prozent in diesem Jahr düster, bevor das BIP 2021 wieder um sieben Prozent zulegen dürfte.
Die EU-Kommission weist darauf hin, dass die Prognose mit außergewöhnlich großen Unsicherheiten behaftet ist. Grundlage sei die Erwartung, dass die Corona-Beschränkungen ab Mai schrittweise gelockert werden. Falle die Pandemie schwerwiegender und länger aus, könnte dies zu einem noch größeren Einbruch der Wirtschaftsleistung führen.