Netflix-Erfolg bei den Oscars Weniger ist mehr
Mit Netflix hat ein Streaming-Anbieter bei den Oscars abgeräumt. Nach einem schwierigen Jahr 2022 ist das Studio mit einer neuen Strategie erfolgreich: weniger Filme, die aber aufwändiger und besser produziert.
Von Emal Atif, tagesschau.de
Der Markt der Streaming-Dienste ist hart umkämpft. Doch Netflix schafft es, hervorzustechen. Bei der diesjährigen Oscar-Verleihung wurde das Unternehmen nicht nur mit insgesamt sechs Preisen belohnt, sondern war mit 14 Nominierungen auch das Filmstudio mit den zweitmeisten Nominierungen. Als weiterer Streaming-Anbieter konnte sich lediglich Apple TV+ eine der begehrten Statuen sichern.
2022 Horror-Börsenjahr für Netflix
Das Ganze ist kein Zufall. Nach dem brutalen Börsenjahr 2022 will das Unternehmen seine Strategie ändern. Im April vergangenen Jahres sorgte die Meldung, dass Netflix im ersten Quartal 200.000 Abo-Mitglieder verloren hat, für einen heftigen Kurssturz, von dem sich die Aktie bis heute nicht komplett erholt hat.
Das Unternehmen kämpft mit der zunehmenden Konkurrenz auf dem Markt. Angesichts der weltweit hohen Inflationsraten versuchen die Verbraucher außerdem zu sparen. Das bekamen nicht nur Netflix, sondern auch Konkurrenten wie Disney+, HBO und Apple TV+ zu spüren.
Neue Strategie: "Größer, besser, weniger"
Netflix hat verschiedene neue Ideen entwickelt, unter anderem die Strategie "größer, besser, weniger". Das bedeutet, das Unternehmen setzt auf weniger Filme, die dafür besser und größer werden sollen - mehr Blockbuster also. Nischenfilme sind weit weniger rentabel.
"Vor nur wenigen Jahren hatten wir Schwierigkeiten, auf dem Markt mit kleinen Kunstfilmen monetär mitzuhalten", sagte Netflix-Co-Chef Ted Sarandos in einer Konferenz mit Analysten zum Ergebnis im April. "Heute veröffentlichen wir einige der beliebtesten und meistgesehenen Filme der Welt." Da möchte man weiter ansetzen.
Mehr sparen - kein Premiumsport
Bereits im vergangenen Jahr hat Netflix weniger Geld für TV-Sendungen und Filme ausgegeben als in den Vorjahren und erzielte auch deshalb mehr Gewinn als erwartet wurde.
Es ist auch eine bewusste Entscheidung, sich aus dem teuren Bereich der Premium-Sportrechte rauszuhalten, anders als etwa der Rivale Amazon Prime. Sarandos betonte dabei, dass das Unternehmen "nicht gegen Sport" sei, sondern "pro Gewinn".
Kurzfristig helfen diese Entscheidungen selbst bei weniger oder gleich bleibenden Kundenzahlen, den Gewinn zu steigern. Langfristig könnten aber möglicherweise so noch mehr Nutzer abwandern.
Kostenpflichtiges Account-Sharing
Einige Branchenkenner trauen Netflix jedoch zu, auch bei den Nutzerzahlen wieder zu alter Stärke zurückzufinden. Beth Kinding, Vorstandsvorsitzende und führende Tech-Analystin des I/O Fonds, erwartet, dass Netflix noch in diesem Jahr zu seinen beeindruckenden Nutzerzahlen-Wachstumsraten des Pandemie-Jahres 2021 zurückkehren könnte.
Der Grund: In diesem Jahr will Netflix das bislang mögliche Teilen von Zugangsdaten für ein Konto verbieten und Nutzer für das Account-Sharing zahlen lassen. Das könnte sowohl die Nutzerzahlen als auch Erlöse deutlich steigern, vermuten Branchenkenner.
In einigen Ländern gibt es die Regelung schon. Unklar ist noch, wann und in welchem Umfang Netflix die neuen Regeln auch in Deutschland anwendet.
Netflix setzt auf Werbe-Abos
Doch das ist nicht die einzige Neuerung. Nach dem Einbruch der Nutzerzahlen im vergangenen Jahr hat Netflix mit einem Grundsatz gebrochen und bietet nun vergünstigte Abos mit Werbung an.
Mit Erfolg: Zuletzt stiegen die Abo-Zahlen deutlich. Netflix-Mitgründer Reed Hastings sagt, er bereue es, dass er nicht schon früher damit angefangen habe. Werbe-Abos seien eine gute Taktik. Denn dann könne man Verbrauchern niedrigere Preise anbieten.
Die Konkurrenz auf dem Markt wird immer stärker und viele Anbieter bieten ähnliche Inhalte an. Anders als die Konkurrenz, schafft es Netflix, bei den großen Filmfestspielen zu den Favoriten zu gehören.
Und auch wenn Rivalen wie Disney+ und Amazon Prime Video ihre Nutzerzahl schnell ausgebaut haben, sind sie - anders als Netflix - noch unprofitabel. Allerdings können in einer Branche mit so viel Bewegung die Marktführer auch schnell wieder wechseln.