
Rossmann, dm, Müller Wie Drogerien zur Supermarkt-Konkurrenz werden
Wein und Bio-Gemüse, Nudeln und Klopapier: Mit ihren Vollsortimenten erobern die großen Drogerien Marktanteile und setzen dabei auf Kundentreue statt auf Schnäppchenjagd.
Die Deutschen lieben ihre Drogerien. Etwa fünf Millionen Menschen kaufen hier täglich ein, Tendenz steigend. Die größten Gruppen an Kundinnen und Kunden strömen dabei zu dm. Sie brachten dem Marktführer in Deutschland 2023 einen Umsatz von 11,4 Milliarden Euro. Rossmann kommt im gleichen Jahr auf einen Umsatz von 9,3 Milliarden Euro, Müller landet mit 4,6 Milliarden Euro auf Platz drei.
Drei bekannte Namen sind in Deutschland führend bei den Drogeriemärken. Hinter dm, Müller und Rossmann stehen reiche Familien, die im Kampf um die Kundschaft mit ganz unterschiedlichen Strategien erfolgreich sind. Allen drei ist aber gemeinsam, dass sie ihre Umsätze von Jahr zu Jahr steigern.
Kein Preiskampf
Während Supermärkte und Discounter den Kampf um die Kunden mit hohen Rabatten gewinnen wollen, zeigt dm, das es auch anders geht. Die Drogeriekette hat sich noch nie an Rabattschlachten beteiligt. "Ausgerechnet der Branchen-Krösus konnte in Deutschland die Nummer eins werden, ohne Woche für Woche mit Preisabschlägen zu locken", sagt Carsten Kortum, Professor an der Dualen Hochschule Heilbronn, über dm. Stattdessen gibt es Dauerniedrigpreise. An den Preisschildern können die Kunden ablesen, wann die letzte Preiserhöhung war.
Rossmann hat einen anderen Weg gewählt. Hier gibt es nicht nur zweimal pro Monat die Angebotswoche, sondern zusätzlich zehn Prozent auf den Einkauf für alle, die die App der Drogerie benutzen. Laut Rossmann nutzen neun Millionen Kunden das Angebot.
Müller macht es ähnlich wie Rossmann und arbeitet mit wöchentlichen Angeboten und zusätzlichen Coupons in der App. Trotz dieser Sparmöglichkeiten ist die Kundenloyalität bei dm am höchsten, sagt Kortum. Der Grund sei ein Gefühl: "Wenn ich als Kunde einkaufe, ist egal, welchen Zeitpunkt ich habe - ich kriege immer den günstigsten Preis". Das vermittle dm, da das Unternehmen auf dieses "Rauf-runter-Prinzip" verzichte.
Starke Entwicklung bei den Eigenmarken
Noch mehr Vertrauen haben die Drogerien mit ihren Eigenmarken gewonnen. Diese gelten bei vielen Konsumenten als besonders hochwertig. Balea von dm gilt in der Branche als Musterbeispiel: Die Marke binde Kunden und sei "längst dem Eigenmarkenstatus entwachsen", sagt Kortum. Müller hat nach eigenen Angaben 50 Eigenmarken mit über 8.000 Einzelartikeln, Rossmann und dm haben jeweils 28 Eigenmarken mit 5.500 Artikeln im Sortiment.
Experte Kortum sieht ein großes Versäumnis darin, dass die Lebensmitteleinzelhändler keine starke Eigenmarke für Körperpflege aufgebaut haben. Dies sei im Vergleich Supermarkt gegen Drogerie "ein deutlicher Wettbewerbsnachteil." Denn so haben die Drogerien leichtes Spiel, Kunden an sich zu binden: Wer sich mit Kosmetik- oder Pflegeprodukten ausstatten will, ist beinahe gezwungen, eine Filiale der Spezialisten zu besuchen.
Anteil der Lebensmittel wächst
Doch die Drogerien ruhen sich nicht in ihrer Komfortzone aus, sondern starten längst den nächsten Angriff. Der Umsatzanteil der Drogerien am Geschäft mit Food- und Nearfood-Artikeln steigt. Lebensmittel nehmen in den Regalen der Drogerie-Filialisten zunehmend Raum ein. Vor allem Bioprodukte sowie Süßwaren breiten sich im Sortiment aus.
Müller geht sogar noch weiter: Da viele Warenhäuser geschlossen und Lücken im Parfümerie-, Haushalts-, Schreibwaren und Spielzeugsegment hinterlassen haben, möchte Müller sich künftig hier noch breiter aufstellen. Mit 190.000 Artikeln - Rossmann kommt auf 23.000 Artikel, bei dm sind es gerade mal 12.500 - bietet die Drogerie das größte Sortiment der drei Wettbewerber an. Mit Folgen: Müller ist aktuell die Nummer Eins im stationären Spielwarenhandel, und beim Parfüm sind sie längst ein ernstzunehmender Mitbewerber von Marktgröße Douglas geworden.