EU-Gipfel in Brüssel Wenig Details, viele Fragen
Nicht weniger als einen glaubhaften Weg aus der Euro-Krise wollen die Staats- und Regierungschefs beim Gipfel am Abend erarbeiten. Es geht um einen Schuldenschnitt für Griechenland, um die Beteiligung der Banken und um die Frage, wie der Krisenfonds EFSF effektiver werden kann. Wieviel, wie hoch, wie teuer - vieles ist unklar.
Von Christoph Prössl, WDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Am Place Schumann in Brüssel, dort wo das Ratsgebäude steht, in dem sich die Staats- und Regierungschefs treffen, hat die belgische Polizei die Absperrgitter am Sonntag gleich stehen lassen. Und die Übertragungswagen von Fernsehstationen aus entlegeneren EU-Ländern fuhr auch niemand weg - es hätte sich nicht gelohnt. Gipfel am Sonntag, Gipfel am Mittwoch - und dazwischen eine Anspannung, als wäre es eine einzige Veranstaltung.
Wenige Details sind bekannt
"Es ist unser Wille, dass am Mittwoch eine Einigung getroffen wird, die die Finanzkrise beruhigen wird", sagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Sonntag, und Bundeskanzlerin Angela Merkel neben ihm nickte bedeutungsschwer. Möglichst wenige Details sollten in der Nacht zum Montag aus den Gesprächen an die Öffentlichkeit dringen. Journalisten, Händler und Analysten sollen das Rettungspaket, auf das alle warten, nicht schon vor der Bekanntgabe zerpflücken können. Und außerdem: Viele Details wurden am Montag und Dienstag immer noch verhandelt. Doch das Warten hat bald ein Ende, die Bescherung naht.
"In der aktuellen Diskussion müssen wir ganz bestimmte Schritte gehen, die zueinander gehören, und die sich ergänzen", sagte die Kanzlerin. "Eine Bankenrekapitalisierung alleine macht keinen Sinn", sagte sie mit Blick auf die Pläne, das Eigenkapital der Banken zu erhöhen, um sie krisenfest zu machen. "Vielmehr muss gleichzeitig geschaut werden, dass die Probleme von Griechenland langfristig auf eine realistische Basis gestellt werden und gelöst werden." Und Merkel weiter: "Um das zu schaffen, muss man in der Eurozone wiederum den Schutz aller anderen Länder vorbereiten." Mit anderen Worten: Italien soll sich also fit machen und endlich ein ordentliches Sparpaket beschließen.
Verhandlungen mit den Banken über Schuldenschnitt
In einzelnen Punkten hat es in den vergangenen Tagen durchaus Bewegung gegeben. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker verhandelte mit den Banken über einen Schuldenschnitt. 40 Prozent seien die Banken bereit zu geben, heißt es. 50 bis 60 Prozent wollen die Euroländer aushandeln. In der Abschlusserklärung des heutigen Gipfels werden mit größter Wahrscheinlichkeit keine Zahlen genannt werden.
Weiter Nebel um Hebel
Beim Thema Hebel für den Rettungsfonds sollen sich die Staats- und Regierungschefs offenbar auf zwei Modelle einigen. Erstens soll es eine Teilabsicherung von neu ausgegebenen Staatsanleihen geben. Zweitens soll der Gipfel einen Sondertopf einrichten für das Kapital europäischer und nichteuropäischer öffentlicher und privater Investoren. Sozusagen ein Konto für Spenden. Auch hier gilt: Konkrete Zahlen darüber, auf wieviel Milliarden Euro der Hebel die Wirkung verstärkt, wird es nicht geben.
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nicht eingebunden. Das bekräftigte Sarkozy bereits am Sonntag, obwohl die Franzosen sich zunächst dafür ausgesprochen hatten. Doch Deutschland setzte sich hier durch. Die EZB soll auch nicht aufgerufen werden, weitere Anleihen von Staaten in Schwierigkeiten aufzukaufen. Das stellte Merkel gestern klar.
Viel mehr Klarheit gibt es nicht, nur das noch: Bei der Stärkung der Banken waren sich die Finanzminister einig: Die Institute sollen eine Eigenkapitalbasis von neun Prozent haben. Wenn die Banken das Geld nicht selber aufbringen können, soll der Staat einspringen. Mehr Einigkeit erwarten die Staats- und Regierungschefs von den Finanzministern derzeit nicht: Ein Treffen der Finanzminister, das am Vormittag beginnen sollte, sagte die polnische Ratspräsidentschaft kurzerhand ab. Die Krise ist jetzt alleine Chefsache.