Fragen und Antworten zu E10 Holpriger Start

Stand: 08.03.2011 09:53 Uhr

Viele Autofahrer fühlen sich schlecht über E10 informiert und meiden den Kraftstoff. Im Ausland ist Sprit mit einem vergleichbaren oder noch höheren Ethanolanteil jedoch seit langem ohne Probleme im Einsatz. tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen zu Gefahren, Chancen und der Verträglichkeit des Kraftstoffs.

Wofür steht E10?

Das "E" steht für Ethanol. Die Zahl "10" signalisiert, dass der Anteil von Bio-Ethanol in der neuen Kraftstoffsorte bei bis zu zehn Prozent liegt. Bislang wurden lediglich fünf Prozent Ethanol beigemischt.

Warum wird E10 eingeführt?

Der Ethanol-Anteil im Benzin soll dazu beitragen, dass durch den Autoverkehr weniger klimaschädliches CO2 ausgestoßen wird. Bis 2020 sollen laut EU-Beschluss zehn Prozent des Energieverbrauchs im Verkehr aus nachwachsenden Energieträgern stammen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt Deutschland unter anderem auf die Einführung von E10. Ein weiterer erhoffter Effekt besteht darin, die Abhängigkeit vom knapper und damit auch teurer werdenden Erdöl zu verringern.

Umstritten ist allerdings die Öko-Bilanz der neuen Benzinsorte. Bio-Ethanol wird in Deutschland aus Getreide wie Weizen und Roggen oder aus Zuckerrüben hergestellt. Bei der Verbrennung wird nur so viel CO2 freigesetzt, wie die Pflanzen vorher bei ihrem Wachstum aufgenommen und gebunden haben. Beim Vergleich mit der Verbrennung fossiler Kraftstoffe wie Erdöl muss aber auch der Energieeinsatz beim Anbau und der Herstellung berücksichtigt werden. Einige Naturschutzverbände sprechen von einer Mogelpackung. Denn für die Ethanolproduktion seien zusätzliche Ackerflächen nötig, was sogar höhere Kohlendioxid-Emissionen anfallen lassen könnte. Aus Umweltsicht sei "Agrosprit" nicht besser als herkömmliches Benzin.

Wer ist für die Einführung von E10 verantwortlich?

Die Europäische Union legte mit einer Richtlinie im Jahr 2009 die Grundlage für die E10-Einführung. Sie schreibt den Mitgliedsstaaten aber nicht vor, auf E10 umzustellen. Die Richtlinie legt lediglich fest, dass in der EU Ottokraftstoffe mit einem Ethanolanteil zwischen null und zehn Prozent verkauft werden dürfen. Die von der Bundesregierung 2010 beschlossene Verordnung, die sich auf die EU-Richtlinie bezieht, verpflichtet die Tankstellen zwar nicht zum Verkauf von E10. Allerdings setzt sie die Branche in Verbindung mit der seit 2006 gesetzlich vorgeschriebenen Mindestquote für den Anteil von Biokraftstoffen unter Handlungsdruck. Um die Vorgaben erfüllen zu können, muss Super E10 nach Darstellung der Mineralölwirtschaft zur Standard-Benzinsorte zu werden. Wenn die Anbieter die Quote für Biokraftstoffe nicht erfüllen, müssen sie Strafe zahlen. Diese Kosten würden die Anbieter vermutlich an die Kunden weitergeben.

Bis wann wird E10 deutschlandweit eingeführt?

Seit Januar führen die Tankstellen in Deutschland schrittweise die neue Kraftstoffsorte mit höherem Ethanol-Anteil ein. Einige Mineralölkonzerne planen, dass bereits Ende März bundesweit an all ihren Tankstellen die neue Benzinsorte verfügbar ist. Bei anderen Konzernen ist damit zu rechnen, dass die Kunden erst deutlich später E10 tanken können.

Woran erkennt man E10 an der Tankstelle?

An den Zapfsäulen jeder Tankstelle muss die Kraftstoffsorte mit höherem Ethanol-Anteil durch die Zusatzbezeichnung "E10" deutlich gekennzeichnet werden. So steht etwa die Bezeichnung "Super" für die herkömmliche Benzinsorte mit einer Ethanol-Beimischung von fünf Prozent. Der neue Kraftstoff mit bis zu zehn Prozent Ethanol trägt die Bezeichnung "Super E10".

Verträgt mein Auto E10?

Nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) vertragen 93 Prozent aller Autos in Deutschland E10. Bei den Fahrzeugen deutscher Hersteller liegt demnach der Anteil sogar bei 99 Prozent. Laut Bundesumweltministerium können 90 Prozent der Autos mit Benzinmotor "ohne Einschränkungen" E10-Kraftstoffe tanken. Umgekehrt bedeutet dies aber, dass Millionen der in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge den neuen Sprit nicht vertragen. Jeder Autofahrer sollte sich darüber informieren, ob sein Wagen den neuen Kraftstoff nutzen kann. Auskünfte darüber erteilen Hersteller und Händler. Zusätzlich gibt es im Internet verschiedene Übersichten zur E10-Verträglichkeit, insbesondere von der Deutschen Automobil Treuhand und vom ADAC. Modelle, die die Hersteller nicht für die E10-Nutzung freigegeben haben, konnten entweder nicht getestet werden oder sind nachweislich anfällig für Schäden durch die neue Benzinsorte.

Wie kann E10 dem Auto schaden?

Der erhöhte Anteil von Bioethanol kann bei den anfälligen Autos zu Korrosion führen. Das betrifft offenbar vor allem Aluminiumteile im Motor. Gleichzeitig können Treibstoffleitungen, Dichtungen und andere Gummi- und Kunststoffteile schneller porös werden. Langfristig gibt es zudem Befürchtungen, dass bestimmte Motorenteile schneller verschleißen. Automobilexperte Wolfgang Meinig sagte der tagesschau, dass durch E10 das Schmieröl im Motor verwässert werde und sich dadurch die Schmiereigenschaften reduzierten. Diese könne zu Mängeln führen oder einen häufigeren Ölwechsel erforderlich machen. Autombilexperte Stefan Bratzel sieht daher die Hersteller in der Pflicht, Kunden darauf hinzuweisen, wenn Öl häufiger gewechselt werden müsse als bisher.

Wer haftet bei Schäden des Motors?

Diese Frage ist bislang nicht eindeutig geklärt. Der Mineralölwirtschaftsverband weist jede Verantwortung von sich. Nur die Hersteller könnten sicher Auskunft darüber geben, ob ein Auto die neue Benzinsorte verträgt. Folglich könnten auch nur die Hersteller haften, wenn es zu Problemen komme. Ein Sprecher des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller sagte tagesschau.de, dass die Hersteller alle Modelle freigegeben hätten, für die sie im Schadensfall auch geradestehen wollten. Allerdings werde es bei Problemen stets eine Einzelfallprüfung geben, bei der der Zusammenhang eines Schadens mit der Nutzung von E10 festgestellt werden müsse. Der ADAC geht davon aus, dass die Autofahrer diesen Zusammenhang beweisen müssten. Dies werde aber in der Regel nicht möglich sein. Laut ADAC-Ansicht müssten demnach die Besitzer am Ende die Reparaturkosten aus eigener Tasche bezahlen.

Kann E10 auch Rasenmähern schaden?

Prinzipiell kann es auch bei benzinbetriebenen Rasenmähern, Motorsägen und ähnlichen Geräten zu Problemen bei der Nutzung von E10 kommen. Auskünfte über die Verträglichkeit der verschiedenen Produkte mit der neuen Benzinsorte erteilen die jeweiligen Hersteller.

Bieten Tankstellen das bisherige Super-Benzin weiter an?

Voraussichtlich nicht. Zwar schreibt die EU den Mitgliedsstaaten vor dafür zu sorgen, dass bis 2013 auch Benzin mit einem Ethanolanteil von höchstens fünf Prozent an den Tankstellen angeboten wird. Deutschland ging sogar darüber hinaus. Wer Super E10 anbietet, muss laut Verordnung unbefristet an derselben Tankstelle als Alternative auch Kraftstoff der Qualität Super mit einem Ethanolgehalt von höchstens fünf Prozent anbieten. Allerdings will die Mineralölbranche Super E10 künftig als Standardsorte etablieren. Das bisherige Super-Benzin mit 95 Oktan und einem Ethanolanteil von fünf Prozent soll dann verschwinden. Als Alternative für Autos, die den Kraftstoff nicht vertragen, will die Branche aus Kostengründen nicht mehr das bisherige Super-Benzin, sondern nur noch deutlich teurere Super Plus mit 98 Oktan und fünf Prozent Ethanolanteil verkaufen.

Funktioniert E10 im Ausland?

Frankreich hat E10 im Jahr 2009 eingeführt und konnte seither den Marktanteil der Benzinsorte deutlich steigern. Die Regierung veröffentlichte bei der Einführung eine Liste mit den Modellen, die E10 vertragen - das sind etwa 60 Prozent der Fahrzeuge. Die Niederlande begannen ebenso wie Deutschland im Januar mit der E10-Einführung - allerdings zunächst nur an wenigen Tankstellen. In den USA gilt Benzin mit einem Ethanolanteil von zehn Prozent bereits seit langem als Standard. In Brasilien ist sogar Kraftstoff mit 20 bis 25 Prozent Ethanol üblich. Automobilexperten verweisen darauf, dass die dort verkauften Modelle - auch der deutschen Hersteller - den noch deutlich höheren Ethanolanteil problemlos vertragen.

Macht E10 Autofahren teurer?

Die Autofahrer müssen auf jeden Fall mit leicht höheren Kosten rechnen. Denn der etwas geringere Energiegehalt von Ethanol führt dazu, dass dieselbe Leistung nur bei einem höheren Verbrauch zu erreichen ist. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Autos mit E10-Kraftstoffen knapp zwei Prozent mehr verbrauchen als mit den bislang üblichen Benzinsorten. Nach Angaben der Mineralöbranche führt die Umstellung selbst zu keinem Preisanstieg: Demnach wurde Super E10 zum gleichen Preis angeboten wie zuvor das Super-Benzin mit geringerem Ethanolanteil. Mittelfristig könnten auf die Autofahrer weitere Kosten hinzukommen, etwa durch einen häufigeren Ölwechsel und einen schnelleren Verschleiß von Motorenteilen.

Warum ist die Aufregung nach der Einführung von E10 so groß?

Obwohl weniger als zehn Prozent der Autos E10 nicht vertragen, entschieden sich nach der Einführung zunächst 60 bis 70 Prozent der Autofahrer in Deutschland gegen die neue Benzinsorte. Sie tankten stattdessen Super Plus, was bei dieser Sorte zu Produktionsengpässen führte. Für die daraus abzulesende Verunsicherung machen viele Beteiligten eine schlechte Informationspolitik anlässlich der E10-Einführung verantwortlich. Die EU schreibt den Mitgliedsstaaten vor, die Verbraucher über den geeigneten Einsatz der verschiedenen Kraftstoffmischungen zu informieren. Wer genau diese Aufgabe übernimmt, bleibt aber jedem Land selbst überlassen.