Broker an der New Yorker Börse
Marktbericht

Mäßige Verluste US-Märkte rutschen ins Minus

Stand: 20.10.2022 22:32 Uhr

Die US-Börsen konnten zwischenzeitlich höhere Gewinne nicht halten und rutschten noch ins Minus. Dow Jones & Co. fehlt zwischen Zinsängsten und neuen Quartalsberichten derzeit der Kompass.

An der New Yorker Aktienbörse haben die großen Indizes ihre anfänglichen Gewinne nicht behaupten können und rutschten im Verlauf ins Minus. Am besten hielt sich der Leitindex Dow Jones, der moderat um 0,3 Prozent nachgab auf 30.333 Punkte. Im Tageshoch hatte der Index immerhin noch rund 500 Punkte höher gelegen bei 30.825 Zählern.

Die Nasdaq verlor rund 0,61 Prozent und der marktbreite S&P-500 ging bei 3665 Zählern aus dem Handel, ein Tagesverlust von 0,8 Zählern. Nach deutlichen Gewinnen zum Wochenanfang droht dem Markt damit ein ernüchternder Wochenschluss.

Als Dämpfer erwies sich die Regierungskrise in Großbritannien nach dem Rücktritt von Premierministerin Liz Truss. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien verbindet traditionell eine besondere Partnerschaft, was am Abend auch Präsident Joe Biden explizit betonte.

"Truss war zweifellos ein komplettes Desaster, und ich bin mir nicht sicher, wer genau das Land zu diesem Zeitpunkt beruhigen wird", schrieb Marktanalyst Craig Erlam vom Brokerhaus Oanda. Es werde zwar Rufe nach Neuwahlen geben, aber das könne dem Land inmitten einer Krise keine Sicherheit oder Führung geben. "Es hat den Anschein, dass nur schlechte Optionen auf dem Tisch liegen."

Neben den latenten Zins- und Rezessionsängsten mitten in der Zinswende gerät die angelaufene Berichtssaison der Unternehmen verstärkt in den Fokus der Anleger. Dabei kommen viele wichtige Bilanzen wie die von Apple und Microsoft erst nächste Woche.

Analysten bleiben sich auch uneinig, wie die bisherigen Berichte zu deuten sind. "Bislang haben etwa zwei Drittel der Unternehmen aus dem S&P 500, die ihre Ergebnisse vorgelegt haben, die Gewinnerwartungen übertroffen", schrieb Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets.

Der Chefmarktstratege beim Vermögensverwalter B. Riley Wealth, Art Hogan, sagte dagegen, diese Ergebnisse seien "in die Kategorie 'besser als befürchtet'" einzuordnen.

Computer-Urgestein IBM hat den Umsatz im dritten Quartal trotz eines schwierigen Marktumfelds deutlich gesteigert und die Analystenschätzungen damit übertroffen. Die Aktie legte über 4,7 Prozent zu.

Auch das Zahlenwerk von Telekomriese AT&T kam sehr gut an. Vor allem das Kundenwachstum fiel höher aus als erwartet, so dass Firmenchef John Stankey in diesem Jahr nun mit einem Gewinn von mindestens 2,50 Dollar je Aktie rechnet nach bisher 2,46 bis 2,48 Dollar.

Auch Tesla steht im Fokus, allerdings fiel die Aktie 6,65 Prozent zurück. Trotz hoher Inflation und weltweiter Konjunktursorgen hat der E-Autobauer den Gewinn im dritten Quartal kräftig gesteigert. Unterm Strich verdiente Tesla in den drei Monaten bis Ende September 3,29 Milliarden Dollar und damit mehr als doppelt so viel wie vor einem Jahr. Die Erlöse nahmen um 56 Prozent auf den Rekordwert von 21,45 Milliarden Dollar zu, blieben aber unter den Markterwartungen.

Die heimischen Aktienmärkte haben sich am Nachmittag zwar im Sog einer sich erholenden Wall Street noch etwas aufgerappelt, insgesamt blieb das Handelsgeschehen aber auch heute von viel Unsicherheit geprägt. Denn weiterhin sorgt eine hohe Inflationsdynamik dafür, dass die Anleger vorsichtig bleiben. Dies dürfte nach Meinung vieler Experten so lange der Fall bleiben, bis sich zählbare Erfolge der Notenbanken im Kampf gegen die Inflation einstellen. Die lassen bisher aber noch auf sich warten.

Auch wenn einige Investoren bereits darüber spekulieren, wann eine Bodenbildung im Zinszyklus erreicht und die Börsen wieder durchstarten könnten, scheint es dafür noch zu früh. So ziehen die Rentenrenditen in Erwartung weiter steigender Zinsniveaus derzeit kräftig an. In Deutschland rentierte die zehnjährige Bundesanleihe in der Spitze heute bei bei 2,45 Prozent, in USA bisher bei 4,18 Prozent.

Am Ende ging der DAX bei 12.767 Punkten aus dem Handel, ein Tagesgewinn von 0,2 Prozent. Besser schlug sich der MDAX, der industrie- und exportlastige Index der mittelgroßen Werte, der deutlich um 1,25 Prozent auf 23.273 Punkte anzog.

Sorge bereitet den Anlegern weiterhin die anhaltende Teuerung. So legten die deutschen Erzeugerpreise wegen explodierender Energiepreise um durchschnittlich 45,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1949.

"Der weiterhin hohe Inflationsdruck lässt die Anleger an einer baldigen Pause im Zinserhöhungszyklus zweifeln", sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst vom Handelshaus CMC Markets. Höhere Zinsen belasten den Aktienmarkt, da sich Anleihen dann als Anlagealternative anbieten und attraktiver werden. Gleichzeitig kann eine zu harte Geldpolitik das Wirtschaftswachstum abwürgen und auch die Kreditnachfrage bremsen.

Update Wirtschaft vom 20.10.2022

Dorothee Holz, HR, tagesschau24

Die Gemeinschaftswährung notiert am Abend bei 0,9785 US-Dollar und damit etwas höher als am Vorabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 0,9811 (Mittwoch: 0,9778) Dollar fest.

Die Dollar-Stärke, die den Euro zur Wochenmitte noch belastet hatte, setzte sich damit heute nicht weiter fort. Vielmehr gab die US-Währung zu fast allen anderen wichtigen Währungen nach. Laut dem am Mittwochabend veröffentlichten Konjunkturbericht der US-Notenbank Fed wird die amerikanische Wirtschaft durch die vergleichsweise starke Inflation und durch steigende Zinsen gebremst.

Derweil verschaffte das Aus der britischen Premierministerin Liz Truss dem kriselnden Pfund eine Verschnaufpause. Im Verhältnis zu vielen wichtigen Währungen zog es kräftig an, nachdem die konservative Premierministerin nach nur wenigen Wochen im Amt ihren Rücktritt bekannt gegeben hatte. Die von ihr geplanten Steuersenkungen hatten zuvor zu Verwerfungen am Kapitalmarkt geführt.

"Trotzdem stehen dem Pfund aufgrund der politischen Unsicherheit, hoher Inflation sowie einer anstehenden Rezession vorerst weiter volatile Zeiten bevor", schrieb Sonja Marten, Devisenexpertin der DZ Bank.

Das Geschäftsklima in der US-Region Philadelphia hat sich im Oktober von niedrigem Niveau aus nur etwas aufgehellt. Der auch an der Börse beachtete Indikator für die Industrie (Philly-Fed-Index) legte um 1,2 Punkte auf minus 8,7 Zähler zu, wie die regionale Zentralbank heute in Philadelphia mitteilte. Volkswirte hatten für Oktober mit einer deutlich stärkeren Aufhellung auf minus 5,0 Punkte gerechnet.

Der Philly-Fed-Index misst die wirtschaftliche Aktivität in der Region Philadelphia. Ein Wert über null Punkten deutet auf einen Anstieg der Wirtschaftsaktivität hin, ein Wert wie aktuell unter null signalisiert einen Rückgang.

Der US-Arbeitsmarkt zeigt sich überraschend robust. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sank in der vergangenen Woche um 12 000 auf 214.000, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag mitteilte. Experten hatten mit einem Anstieg auf 233.000 gerechnet. Damit bleibt das Niveau der Hilfsanträge im längeren Vergleich niedrig.

Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gelten als kurzfristiger Indikator für die Entwicklung des Arbeitsmarkts. Obwohl die größte Volkswirtschaft der Welt unter einer Konjunkturschwäche leidet, klagen viele Unternehmen über einen Mangel an Arbeitskräften. Die US-Notenbank Fed orientiert sich bei geldpolitischen Entscheidungen stark an der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

Die Ölpreise haben anfänglich starke Gewinne im Verlauf größtenteils wieder abgegeben. Spekulationen über eine Reduzierung der Maßnahmen Chinas zur Bekämpfung des Coronavirus stützten heute lange Zeit die Notierungen. Der weltweit größte Rohölimporteur gibt zur Pandemie-Eindämmung strenge Beschränkungen vor. Das bremst die Konjunktur und senkt die Nachfrage nach Kraftstoff. Lockerungen wirken dementsprechend kurstreibend.

Der Sportartikelkonzern Adidas muss seine Gewinn- und Umsatzerwartungen zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten zurückschrauben. Der Gewinn aus dem fortgeführten Geschäft werde in diesem Jahr nur noch bei 500 Millionen Euro liegen, teilte die Nummer zwei auf dem Weltmarkt am Abend nach XETRA-Schluss in Herzogenaurach mit. Das wäre ein Rückgang um zwei Drittel gegenüber dem Vorjahr - und 800 Millionen Euro weniger als noch im Juli erwartet. Dabei spielen auch Einmalaufwendungen von rund 500 Millionen Euro eine Rolle, unter anderem wegen des Rückzugs aus Russland.

Der Umsatz werde in diesem Jahr nur um etwa fünf Prozent wachsen, zuletzt hatte der DAX-Konzern noch mit fünf bis neun Prozent gerechnet. Das Geschäft in China kommt anders als erhofft nicht in die Gänge: Auch im dritten Quartal gingen die Umsätze dort massiv zurück. Die Adidas-Aktie gab nachbörslich nach.

Der Autobauer Mercedes-Benz hat den im August angekündigten Einkauf von Lithium beim deutsch-kanadischen Startup Rock Tech Lithium besiegelt. Eine Liefervereinbarung über jährlich 10.000 Tonnen Lithiumhydroxid ab 2026 sei unterzeichnet worden, teilte Mercedes mit. Das sei genug Rohstoff für Batterien von rund 150.000 Elektroautos.

Der weltgrößte Rückversicherer Münchener Rück dringt vor dem jährlichen Branchentreffen in Baden-Baden auf höhere Preise. Das Umfeld für Erst- und Rückversicherer sei angesichts der steigenden Inflation, der drohenden Rezession, zunehmender Naturkatastrophen und Cyberangriffe "so kompliziert wie selten zuvor", erklärte die Münchener Rück. Der Konzern sei weiterhin bereit, Risiken zu zeichnen. "Inflationserwartungen und sich ändernde Risiken müssen in unseren Preisen für Versicherungsdeckungen abgebildet werden", forderte der unter anderem für das Europa-Geschäft zuständige Vorstand Thomas Blunck.

Die Lufthansa rechnet auch für das kommende Jahr mit Kapazitätsproblemen an den Flughäfen und im Luftraum. Laut aktuellen Planungen strebt der MDAX-Konzern im Jahr 2023 ein Angebot an, das im Schnitt rund 85 Prozent des Volumens aus dem Vorkrisenjahr 2019 umfasst. Diese Steigerung um rund zehn Prozentpunkte werde schon alle Beteiligten an die Grenzen dessen bringen, was sie an Wachstum bewältigen können, sagte Vorstandschef Carsten Spohr der Deutschen Presse-Agentur.

Die Gewinne der Deutschen Börse haben dank der Zinserhöhung und des Anstiegs im Handel mit Gasprodukten die Prognosen der Analysten übertroffen. Der den Anteilseignern zurechenbare Gewinn sei im dritten Quartal auf 373 Millionen Euro gestiegen, teilte der Börsenbetreiber mit. Das war ein Plus von 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Der schwäbische Batteriehersteller Varta ist in die Verlustzone gerutscht. Im dritten Quartal sei ein Verlust vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 2,5 Millionen Euro aufgelaufen, teilte das MDAX-Unternehmen in Ellwangen mit. Ein Jahr zuvor hatte noch ein operatives Ergebnis von 70,2 Millionen Euro zu Buche gestanden.

Grund für die Lage seien sehr hohe Rohstoff- und Energiepreise, die sich vor allem im wachsenden Geschäft mit Haushaltsbatterien niederschlügen. In der Mikrobatterien-Sparte, die höhere Margen habe und weniger Material brauche, verzögerten sich dagegen Kundenprojekte. Das habe den Umsatz zwischen Juli und September um 14 Prozent auf 194 Millionen Euro gedrückt.

Ende September hatte Varta bereits die Gewinnprognose für das Gesamtjahr gekippt. Damals hatte es geheißen, zwei große Aufträge verzögerten sich. Das Unternehmen beliefert unter anderem Apple mit Batterien für die "Airpods"-Kopfhörer. Nach neun Monaten liegt der Umsatz mit 571 Millionen Euro acht Prozent unter Vorjahr, das bereinigte Ebitda ist um fast zwei Drittel auf 66 (182,5) Millionen Euro eingebrochen.

Der Telekomzulieferer Nokia kann sich zwar weiter auf den schwungvollen Ausbau der Mobilfunknetze seiner Kunden verlassen - die schwächelnde Lizenzsparte sorgt bei den Finnen aber noch immer für Probleme. Im dritten Quartal zog der Umsatz des Netzwerkausrüsters um 16 Prozent auf 6,24 Milliarden Euro an. Unter dem Strich zog der Gewinn um 22 Prozent auf 428 Millionen Euro an.