Händler an der NYSE
Marktbericht

Dow & Co. legen zu Vorschusslorbeeren für die Fed

Stand: 17.03.2022 21:30 Uhr

Die US-Märkte standen überwiegend im Zeichen der Zinswende vom Vortag. Dabei vertrauten die Anleger auf die Fähigkeit der Notenbank, eine Rezession zu vermeiden. Die Indizes legten zu.

Anders als in Europa, wo der Ukraine-Krieg die Märkte in seinen Bann zieht, stand bei den US-Anlegern die gestern auch offiziell eingeläutete Zinswende zunehmend im Fokus. Die Notenbank Federal Reserve hatte wie erwartet in einem ersten Schritt die Leitzinsen um 0,25 Prozent erhöht.

Zwar wurden Äußerungen aus Russland negativ aufgenommen, nach denen sich noch keine substanzielle Annäherung in den Verhandlungen mit der Ukraine abzeichnet, die Anleger waren im Verlauf aber mehr und mehr mit der Nachlese des Fed-Zinsentscheids beschäftigt. "Es bleibt abzuwarten, ob der Optimismus hinsichtlich eines möglichen Friedensschlusses übertrieben ist", hieß es von Händlerseite.

Gewinne gab es bei allen großen Indizes in etwa der gleichen Größenordnung von rund 1,2 Prozent. Der Leitindex Dow Jones legte 1,23 Prozent zu auf 34.480 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index stieg ebenfalls um 1,23 Prozent auf 4411 Punkt. Die Tech-Börse Nasdaq rückte um 1,33 Prozent auf 13.614 Punkte vor, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 1,16 Prozent auf 14.118 Stellen.

"Der Markt versucht immer noch, ein Gefühl dafür zu bekommen, was diese neuesten Nachrichten der Fed für die Zukunft bedeuten", sagte Portfolio-Manager Adam Phillips vom Vermögensverwalter EP Wealth Advisors. Momentan sehe es so aus, dass es immer noch Vertrauen in die Fähigkeit der Fed gebe, eine Rezession zu vermeiden.

Unternehmensmeldungen waren dünn gesät. Gewinner waren Energiewerte, aber auch Düngemittelaktien. Bei letzteren setzten die Anleger auf eine erfolgreiche Kompensierung von ausbleibenden Rohstofflieferungen aus Osteuropa. Die Preise für Kali, ein wichtiges Ausgangsmaterial für stickstoffhaltige Düngemittel, sind in die Höhe geschossen, seit Wirtschaftssanktionen gegen Russland nach dessen Einmarsch in die Ukraine verhängt wurden. Ölriese Chevron gehörte im Dow Jones erneut zu den größten Gewinnern.

Insgesamt zeigten sich die US-Anleger heute somit gelassen nach der Zinserhöhung der Fed. Aber die Erkenntnis, dass diese zunächst behutsam die Zinswende eingeleitet und damit den Erwartungen der Märkte entsprochen hat, ist nicht mehr als ein erster Schritt. Welches weitere geldpolitische Tempo sie anschlagen wird, dürfte die Börsen noch lange beschäftigen.

Nach dem Kursfeuerwerk des Vortages ging es heute am heimischen Aktienmarkt wesentlich gemäßigter zu. Der DAX gab am Ende des Tages 0,36 Prozent nach auf 14.388 Punkte, konnte aber im späten Geschäft seine Verluste noch eingrenzen. Immerhin startete der DAX heute bei 14.509 Punkten im Tageshoch, eher es bis auf 14.243 Zähler im Tagestief bergab ging.

Nach der jüngsten Hausse von rund 2000 Punkte seit dem Montag letzter Woche wären auch deutlichere Gewinnmitnahmen in normalen Zeiten eigentlich nicht ungewöhnlich. Aber normale Zeiten gibt es derzeit leider nicht.

Denn Russland hat die Hoffnungen der Anleger auf eine baldige Waffenruhe in der Ukraine heute wieder zunichte gemacht. Nach Angaben des Kreml laufen die Gespräche inmitten der Kämpfe über ein eventuelles Friedensabkommen auf Hochtouren, Darstellungen über deutliche Fortschritte seien aber nicht wahr.

Die Freude der Anleger über angebliche Fortschritte sei verfrüht gewesen, sagte Marktanalyst Fawad Razaqzada vom Broker ThinkMarkets. "Die Märkte waren heiß darauf, bei positiven Nachrichten nach oben zu laufen. Der Ausverkauf kam dann, als die Anleger erkannten, dass die beiden Seiten in Bezug auf einen Waffenstillstand und ein Ende des Kriegs weit voneinander entfernt sind."

Update Wirtschaft vom 17.03.2022

Stefan Wolff, HR, tagesschau24

Fakt ist, noch immer sind neben dem menschlichen Leid auch die wirtschaftlichen Folgen des Krieges nicht wirklich abzusehen, so dass die jüngste DAX-Hausse kein Selbstläufer war und ist.

Erste Einschätzungen aber sind wenig ermutigend. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) halbierte jedenfalls die ohnehin schon gedämpfte Wachstumsprognose für 2022. Insgesamt kosteten die ökonomischen Verwerfungen infolge des Ukraine-Krieges Deutschland in diesem und im kommenden Jahr rund 90 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung, kalkuliert das IfW.

Die steigenden Energiepreise im Zuge des Ukraine-Kriegs sorgen auch für Probleme in der deutschen Chemiebranche, einer Schlüsselindustrie des Landes. Die Hoffnung der chemisch-pharmazeutischen Industrie auf einen positiven Wirtschaftsverlauf in diesem Jahr habe mit der Invasion Russlands in der Ukraine ein jähes Ende gefunden, teilte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) mit. 70 Prozent der Unternehmen hätten große Probleme durch die hohen Energiepreise. 85 Prozent könnten die steigenden Kosten gar nicht oder nur teilweise an ihre Kunden abwälzen.

Für 2022 erwartet nun mehr als die Hälfte der Unternehmen laut einer aktuellen Mitgliederumfrage des VCI einen Rückgang bei Produktion und Umsatz. Seine bisherige Prognose für das laufende Jahr zog der VCI zurück. "Jegliche Prognose wäre im hohen Maß spekulativ", erklärte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.

Die jüngsten Kriegshoffnungen hatten zuletzt auch die Rally der Ölpreise gedämpft. Damit war heute nach den jüngsten Äußerungen aus dem Kreml Schluss. Der Markt bleibt damit weiterhin extrem schwankungsintensiv. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent wieder mehr als 107 Dollar und damit über zehn Prozent mehr. Ähnlich wie der Preisanstieg für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) auf mehr als 102 Dollar.

Der Krieg treibt also weiter die Sorgen auf der Angebotsseite, derzeit der Hauptpreistreiber beim schwarzen Gold. "Dass die Ölpreise heute steigen, könnte mit den neuen Prognosen der IEA zum Ölmarkt zusammenhängen", meinen die Rohstoffanalysten der Commerzbank. Dieser werde von der IEA nämlich deutlich angespannter eingeschätzt als bislang. "Grund hierfür ist ein kräftiger Rückgang der Ölproduktion in Russland, die ab April wegen der Sanktionen und des freiwilligen Kaufboykotts vieler Abnehmer drei Millionen Barrel pro Tag niedriger ausfallen soll", so die Fachleute.  

Der Euro war heute klar im Aufwind. Im US-Handel kostet die Gemeinschaftswährung am Abend 1,1094 Dollar, ein deutliches Plus von rund 0,6 Prozent. Die Lage in der Ukraine bleibt das dominierende Thema auch am Devisenmarkt. Die Verunsicherung ist angesichts der unvermindert fortgesetzten Kampfhandlungen hoch. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1051 (Mittwoch: 1,0994) Dollar fest.

Angetrieben wurde der Euro aber auch von Aussagen von führenden Vertretern der EZB. Diese wurden heute am Markt als Hinweis auf eine erste Zinserhöhung seit Beginn der Corona-Pandemie noch in diesem Jahr gewertet.

So hatte EZB-Präsidentin Christin Lagarde auf einer Fachtagung in Frankfurt deutlich gemacht, dass die Inflation mittelfristig nicht unter das Niveau fallen dürfte, das vor der Corona-Krise herrschte. Das EZB-Ratsmitglied Klaas Knot schloss in einer Rede in Amsterdam sogar zwei Zinserhöhungen im laufenden Jahr wegen der hohen Inflation nicht aus.

Christine Lagarde

EZB-Chefin Christine Lagarde

Die britischen Währungshüter erhöhten heute den geldpolitischen Leitzins um einen Viertel Punkt auf 0,75 Prozent. Die Entscheidung der Bank of England (BoE) war so erwartet worden. Die BoE stemmt sich damit wie die Fed mit einer weiteren Zinsanhebung gegen die hochschießende Inflation im Land.

Zurückhaltende Aussagen der Bank zu möglichen weiteren Zinserhöhungen setzten im Gefolge dem Pfund Sterling zu. Die britische Währung verbilligt sich um rund 0,7 Prozent zum Euro. Auch zum Dollar gibt es Verluste, die aber nicht so stark ausfallen. Da die Wirtschaft durch den Energiepreisschub stark belastet wird, äußerte sich die Bank of England zu weiteren Zinsschritten vorsichtiger als zuletzt.

"Der Ukraine-Krieg hat die Notenbank nicht von der Inflationsbekämpfung abgehalten", kommentierte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe die Beschlüsse. Hinsichtlich weiterer Zinsanhebungen habe die Notenbank allerdings kalte Füße bekommen. "Eine Zinspause im Mai ist deshalb wahrscheinlicher geworden."

In den USA ist die Industrieproduktion im Februar wie erwartet gestiegen. Sie legte um 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat zu, wie die US-Notenbank Fed in Washington mitteilte. Analysten hatten diesen Anstieg erwartet. Im Januar war die Produktion um 1,4 Prozent geklettert.

Sie wird immer noch durch Lieferengpässe und einen Mangel an Arbeitskräften belastet. Die Lieferengpässe könnten durch den Ukraine-Krieg künftig wieder verschärft werden. Die Kapazitätsauslastung stieg im Februar von revidiert 77,3 Prozent im Vormonat auf 77,6 Prozent. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Anstieg auf 77,9 Prozent gerechnet.

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges rechnet der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall schon in diesem Jahr mit einem kräftigen Umsatzplus. Bisher habe man bei militärischen Gütern für 2022 im Vergleich zum Vorjahr mit einem Umsatzplus von zehn Prozent gerechnet. Nun gehe man von 20 Prozent aus, sagte Konzernchef Armin Papperger. Aus dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, das die Bundesregierung zur Ertüchtigung der Bundeswehr bereitstellen will, werde Rheinmetall schon in diesem Jahr erste Umsätze erzielen. Es lägen schon "erhebliche Anfragen" aus Deutschland vor.

Der Rückversicherer Munich Re sieht durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine zunächst nur begrenzte direkte Folgen für das eigene Geschäft. Munich Re sei in der Ukraine und in Russland nur geringfügig mit Versicherungsgeschäft vertreten, schrieb der Konzern in seinem Geschäftsbericht für 2021. Das Kriegsrisiko sei zudem in allen relevanten Geschäftssparten ausgeschlossen. Erst zur Wochenmitte hatte der DAX-Konzern den Rückzug auf dem Russland-Geschäft angekündigt.

H&M macht Zalando Konkurrenz und bietet online erstmals auch Kleidung anderer Marken an. Zunächst würden solche Waren nur über die schwedische und deutsche Plattform verkauft, teilte ein Firmensprecher mit. Kunden könnten unter anderen Kleidung von Lee, Wrangler oder Kangol erwerben. Später werde das Angebot auf weitere Märkte ausgeweitet und mit weiteren Marken ergänzt.

Aktuell ist Zalando Europas größter Online-Modehändler, der sich verstärkt auch als Mode-Plattform versteht, über die andere Händler, Modemarken oder stationäre Läden ihre Waren veräußern können. H&M ist hinter der Zara-Mutter Inditex die weltweit zweitgrößte Modekette.

Der Internetkonzern United Internet wird in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld für den Netzausbau ausgeben. Im laufenden Jahr will der Konzern insgesamt bis zu einer Milliarde Euro ausgeben - das wären mehr als dreimal so viel wie 2021. Wie geplant sollen rund 400 Millionen Euro in das Netz der Tochter 1&1 fließen. Nach einer Startphase mit begrenztem Funktionsumfang noch in diesem Jahr sollen 1&1-Kunden ab Sommer 2023 dann deutschlandweit Netz haben.

Der europäische Fernsehkonzern RTL schüttelt die Corona-Krise mit einem Rekordgewinn für 2021 ab. Dank anziehender Werbung und Verkäufen von Beteiligungen stieg das Konzernergebnis kräftig auf 1,45 Milliarden Euro und die Umsätze kletterten um 10,3 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro. Die Dividende soll von 3,00 auf 5,00 Euro pro Aktie steigen.

Das Biotech-Unternehmen Morphosys ist im Schlussquartal 2021 tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Operativ sei im vierten Quartal ein Verlust von 325 Millionen Euro angefallen nach einem Minus von 75,2 Millionen Euro vor Jahresfrist. Dem habe ein Konzernumsatz von 52,9 Millionen Euro gegenübergestanden. Im Gesamtjahr 2021 habe es einen operativen Verlust von 508,3 Millionen nach einem Gewinn 2020 von 18 Millionen Euro gegeben, der Umsatz sei auf 179,6 von 327,7 Millionen Euro gesunken.

Der Ukraine-Krieg trifft den Industriekonzern Thyssenkrupp. Dieser sieht seine Geschäftsentwicklung erheblich beeinträchtigt, insbesondere im Stahlsegment. Das Unternehmen setzt deswegen einen Teil seiner Prognose für das laufende Geschäftsjahr aus - den Ausblick auf den freien Barmittelzufluss, eine von Analysten stark beachtete Kennziffer. Zudem wurde die Entscheidung über eine mögliche Verselbständigung der Stahlsparte zunächst auf Eis gelegt. Die Aktie brach ein und war schwächster Wert im MDAX.

Der Apple-Zulieferer Foxconn nimmt laut einem internen Dokument, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, seine Produktion in Shenzhen teilweise mit Hilfe einer "Covid-Blase" wieder auf. Wie der weltgrößte Hersteller von Auftragselektronik mitteilte, wurde dafür gesorgt, dass einige Mitarbeiter in einer Blase leben und arbeiten - eine Regelung, die von der lokalen Regierung wegen des Anstiegs von Coronavirusinfektionen gefordert wurde. Wie zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen bestätigten, soll die Maßnahme noch bis mindestens Sonntag aufrechterhalten werden.

Der Online-Händler Amazon hat den milliardenschweren Kauf des Hollywood-Filmstudios Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) zum Abschluss gebracht. Durch die Übernahme werde Amazons Streaming-Geschäft mit mehr als 4000 Filmtiteln - darunter Klassiker der Blockbuster-Reihen "James Bond" und "Rocky" - sowie zahlreichen TV-Serien verstärkt, teilte das Unternehmen mit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 Börse am 17. März 2022 um 18:13 Uhr.